Protokoll der Sitzung vom 22.09.2005

Koalitionsvertrag die Förderung auf dem Niveau von 2004 festgeschrieben.

Vor dem Hintergrund, dass wir gegenwärtig in Ostdeutschland die höchsten Gaspreise in der gesamten Bundesrepublik haben, ist es zu begrüßen, dass die Verbraucherzentrale Sachsen einen Musterbrief erarbeitet hat, um damit gegen unbillige Gaspreiserhöhungen vorzugehen.

Skandalös ist in diesem Zusammenhang das Verhalten einiger Gasanbieter gegenüber den Verbrauchern.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

So schildert der „Döbelner Anzeiger“ am 16. September 2005 folgenden Fall: Der Eigentümer eines Miethauses in Roßwein informierte die MITGAS darüber, dass er nicht bereit sei, die seiner Ansicht nach unberechtigte Preiserhöhung zu akzeptieren. Er forderte die MITGAS auf, die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Preiserhöhung durch eine nachvollziehbare und nachprüfbare vollständige Offenlegung ihrer Kalkulationsgrundlagen nachzuweisen, und erklärte, er halte eine maximal zweiprozentige Erhöhung für angemessen.

Es folgte ein lebhafter Schriftwechsel. Für die MITGAS ist die Preiserhöhung natürlich angemessen und billig. Vor knapp zwei Wochen teilte die MITGAS den Mietern mit – ich unterstreiche: den Mietern, die in keinem Vertragsverhältnis mit der MITGAS stehen –, dass die MITGAS am 28. September 2005 die Gasversorgung einstellen wird. Großzügigerweise bot die MITGAS an, gegen Zahlung der ausstehenden Summe und nach Abschluss eines Vertrages mit den Mietern über den Gasbezug den Gashahn dann doch nicht abzudrehen.

Auf weitere Details möchte ich nicht eingehen. Fakt ist aber, dass die Gasversorger – hier am Beispiel der MITGAS zu sehen – ihre Monopolstellung schamlos ausnutzen. Wir müssen dieses Verhalten mit allen politischen, rechtlichen und öffentlichen Mitteln bekämpfen.

In Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale wurde in Hamburg ein erster Erfolg erzielt. Der dortige Monopolist E.on Hanse muss nach vorläufiger Einschätzung des Hamburger Landgerichts seine Preisgestaltung transparenter machen.

Die zweite Möglichkeit, diesem Preisdiktat Einhalt zu gebieten, ist die Entkoppelung des Gaspreises von der Entwicklung des Ölpreises, wie wir in unserem Antrag fordern. Bei dieser Forderung sind wir uns sowohl mit den Verbraucherzentralen als auch mit den Kartellbehörden einig. Ich bin zuversichtlich, dass die Entkoppelung kurzfristig zu Preissenkungen führen kann. Dadurch würde sich die Kaufkraft für die Verbraucher erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Wirtschaft würde gesteigert. Dies muss unser gemeinsames Ziel sein.

Ich will aber nicht verschweigen, dass die Entkoppelung gewisse Risiken in sich birgt, da wir auf dem Gasmarkt in Deutschland nur 15 Gasimporteure, eine hohe Abhängig

keit sowie eine langfristige Infrastrukturbindung vorfinden. Das Risiko hoher Preisschwankungen kann man auch auf dem nicht gebundenen britischen Gasmarkt beobachten.

Ein weiterer Weg ist die Prüfung der Preisentwicklungen durch die Landes- und Bundeskartellbehörden. Es ist eine der ständigen Aufgaben der Landeskartellbehörde, die Entwicklung der Erdgaspreise in Sachsen im Rahmen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht zu prüfen. Sie prüft aufgrund der jüngsten Preiserhöhung bei Erdgas derzeit erneut. Sollte der Verdacht bestehen, dass eine marktbeherrschende Stellung missbraucht wird, wird die Landeskartellbehörde – so hoffe ich – weitere Untersuchungen einleiten.

Das Bundeskartellamt führt derzeit ein Vorverfahren zur Frage der Koppelung des Gaspreises an den Ölpreis durch und prüft, ob diese Koppelung überhaupt noch gerechtfertigt ist. Allerdings wird es aufgrund der Komplexität dieses Verfahrens noch eine gewisse Zeit dauern, bis Ergebnisse vorliegen.

Ein weiterer Vorwurf des Bundeskartellamtes an die 15 Gasimporteure ist, dass es diese langfristigen Lieferverträge, teilweise bis zu 25 Jahren, den lokalen Verteilern oder Stadtwerken unmöglich machen, den Lieferanten zu wechseln und dadurch bessere Konditionen auszuhandeln, um diese an die Kunden weiterzugeben. Das Bundeskartellamt will die Ferngasunternehmen verpflichten, Lieferverträge auf vier Jahre zu begrenzen. Das begrüße ich sehr, denn aufgrund der langfristigen Lieferverträge können keine neuen Gasanbieter in den Markt treten und für Wettbewerb und niedrigere Preise sorgen.

Mit dem In-Kraft-Treten des Energiewirtschaftsgesetzes am 13. Juli dieses Jahres und der Bildung von Netzagenturen auf Bundes- und Länderebene mit dem Ziel einer möglichst sicheren, preisgünstigeren und verbraucherfreundlicheren Gasversorgung ist ein weiterer Schritt auf dem Wege zur weiteren Liberalisierung der Gaswirtschaft und weg von der Monopolstellung der Gasversorger getan.

Wie in der Stromwirtschaft soll jetzt auch den Gashaushaltskunden die Möglichkeit gegeben werden, sich ihren Gasversorger auf dem Gasmarkt frei zu wählen. Meine Damen und Herren, die Weichenstellung zur Herstellung eines Gasmarktes ist getan. Aus diesem Grunde werden wir auch den Änderungsantrag der FDP ablehnen. Den Antrag der Linksfraktion.PDS lehnen wir ebenfalls ab, da die entsprechenden Schritte bereits eingeleitet wurden.

Zum Schluss möchte ich noch einen Blick über die Grenzen Deutschlands wagen. Dort sind – wie hier – die Gewinner hoher Energiepreise die Energiekartelle und die Spekulanten, die die derzeitige Knappheit auf den Energiemärkten zu Spekulationszwecken missbrauchen. Selbst der konservative französische Finanzminister fordert – nicht zu Unrecht – eine Sondersteuer auf die Gewinne der Energiekonzerne, die wegen des Rekordpreises derzeit besonders hoch ausfallen.

Unser gemeinsamer Antrag ist ein kleiner Schritt hin zur Eindämmung der Marktmacht der Energiewirtschaft. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich erteile der Linksfraktion.PDS das Wort. Frau Abg. Kipping.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Lämmel, Sie haben zweifelsohne manches Richtige gesagt, aber wenn man einmal vergleicht, was Sie heute gesagt haben und was Sie noch vor ein paar Wochen in der Aktuellen Debatte gesagt haben, so ist dieser Vergleich, würde ich sagen, doch wirklich ein Lehrstück in puncto späte Einsicht durch Wahlkampf. Aber gut!

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Weil Sie, Herr Lämmel – und in diesem Punkt widerspreche ich Ihnen –, die Deregulierung und den freien Wettbewerb jetzt so sehr gepriesen haben, wollte ich Sie noch einmal auf Folgendes hinweisen: Freier, völlig unregulierter Wettbewerb führt schneller zu Monopolstrukturen, die schädlich für Verbraucher sind, als uns lieb ist. Um das zu wissen, muss man noch nicht einmal bei Marx nachlesen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Da Sie gesagt haben, der Staat müsse sehen, wo er selber zur Energiepreissenkung beitragen könne, möchte ich Sie noch auf einen Punkt hinweisen: Auch die von Ihnen befürwortete Erhöhung der Mehrwertsteuer wird zum Anstieg der Energiepreise und vor allen Dingen zur Erhöhung der Spritpreise führen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Und noch mehr Geld in die Kassen spielen!)

Deshalb kommen Sie jetzt auch nicht an dieser Frage vorbei.

Aber kommen wir zum Antrag. Es spricht für sich, dass die Vorschläge meiner Fraktion, der Linksfraktion, bereits Wirkung gezeigt haben.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Die SPD-/CDU-Koalition hat bereits in Reaktion auf unseren Antrag, den wir am 9. September eingebracht haben, drei Tage später einen etwas weicheren und zahmeren Antrag formuliert und eingebracht, und die Staatsregierung ist auch schon initiativ geworden.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Hört, hört!)

Ein Punkt wird auch deutlich: Wir sind uns in einer Frage einig, nämlich wenn es um die Entkopplung des Gaspreises vom Erdölpreis geht. So weit, so gut. Aber wenn Sie, meine Damen und Herren von CDU und SPD, jetzt ernsthaft denken, es reiche aus, einfach die Staatsregierung um einen Bericht zu bitten, einfach nachzufragen, worin die Gründe für die Gaspreisexplosion liegen, dann

ist das angesichts der dramatischen Situation viel zu wenig. Die Gründe sind doch bekannt. Lassen Sie uns die Gründe einfach beim Namen nennen! Es geht hier schlicht und ergreifend um schamlose Gewinnmitnahmen – und das für die Unternehmen –,

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Gewinnmitnahmen, die leider von der Bundesregierung, aber auch von der Staatsregierung in Sachsen bis heute toleriert wurden. Ich meine, ein läppischer Berichtsantrag reicht angesichts dieser Situation nicht aus; es bedarf eines klaren Handlungsauftrages. Deswegen stellen wir hier und heute unseren Antrag zur Abstimmung.

Aber lassen Sie mich noch einmal ausführen, warum wir die Situation als dramatisch bezeichnen:

Erstens. Sachsen hat bundesweit die höchsten Gaspreise. Ich möchte dazu einmal aus der Vergleichstabelle der Gaspreise in Deutschland, die von der WDR-Redaktion zusammengestellt wurde, zitieren:

„Im niedersächsischen Staate ist das Gas am preiswertesten. Dort fallen bei einer Abnahme von 20 000 kWh pro Jahr Kosten von 870 Euro an. In Leipzig und Chemnitz ist diese Gasmenge am teuersten. Da fallen Kosten von fast 1 300 Euro an.“

Also, Haushalte in Leipzig und Chemnitz müssen demnach für die gleiche Menge rund 300 Euro pro Jahr mehr verkraften. Ich finde, das ist ein Zustand, mit dem wir uns nicht einfach abfinden sollten.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Es ist schon erwähnt worden, die Gaspreise sind exorbitant gestiegen. Beispielsweise hat die Gasversorgung Sachsen Ost GmbH, die nach eigenen Angaben über 100 000 Haushalte versorgt, im Laufe nur eines Jahres den Gaspreis um ein Viertel erhöht. Ich wiederhole: um ein Viertel erhöht. Wenn man solche Gaspreiserhöhungen anbringt, muss man schon ordentliche Gründe nachweisen. Fast schon besser war es da in Chemnitz. Dort ging es gerade mal um eine Gaspreiserhöhung um 16,5 % im Laufe eines Jahres. Das Ärgerliche daran ist nur, dass Sie, Herr Staatsminister Jurk, und Sie, Herr Ministerpräsident Milbradt, dabei relativ tatenlos zugesehen haben.

(Staatsminister Thomas Jurk: Quatsch!)

Sie hätten Instrumente zur Intervention zur Verfügung gehabt. Die Landeskartellbehörden hätten viel schneller und vor allen Dingen viel energischer eingreifen können.

(Staatsminister Thomas Jurk: Stimmt überhaupt nicht! Das ist doch Wahlkampf!)

Herr Jurk, Sie haben es doch auch als Erfolg verkauft, dass es Ihnen gelungen ist, die ESF-Mittel, die ursprünglich für Bildung gedacht waren, umzuwidmen und jetzt für den Straßenbau zu verwenden.

(Staatsminister Thomas Jurk: Das stimmt doch nicht!)

Davon abgesehen, dass ich diese Schwerpunktsetzung nicht teile,

(Staatsminister Thomas Jurk: Warum beschwindeln Sie denn die Leute? Das ist doch Schwindel! Das ist unglaublich!)

hätte ich mir gewünscht, dass Sie einen Teil dieses Engagements aufbringen würden, wenn es darum geht, gegen die Gaspreiserhöhung aus Gewinnsucht vorzugehen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Es ging mir um die Frage, wo die Regierung initiativ wird und wo sie bei ihrem Einsatz sehr fantasiereich ist. Wenn es darum geht, gegen Gaspreise vorzugehen, fehlt mir diese Fantasie leider.