Wen es interessiert, für den liegt alles schriftlich fixiert bei meinem Anwalt vor. Wer guten Willens ist – und ich unterstelle, es gibt noch solche –, der oder die sollte das mal mit Nachdenklichkeit lesen.
Um mein Recht werde ich aber kämpfen. Gegen Rechtsbruch werde ich weiter vorgehen und bin ich ja bereits nicht ohne Erfolg vorgegangen.
Dazu gehört freilich zuallererst, Herr Dr. Martens, ein geordnetes und rechtsstaatliches Verfahren. Das fehlt hier und deshalb gehe ich zu ordentlichen Gerichten. Ohne ein solches Verfahren, Herr Dr. Martens, ist eine Wahrheitsfindung nicht möglich und der Willkür Tür und Tor geöffnet. Es geht nicht darum, sich hinter Verfahrensfragen zu flüchten.
Sie aber zum Beispiel duldeten und verteidigen beim Verfahren, das hier angewendet wird, Luschigkeit und Orientierung am gewünschten Ergebnis. Nicht die Wahrheitsfindung selbst, sondern die Wahrheitsfindung in einem geordneten Verfahren ist die rechtsstaatliche Errungenschaft. Dazu gehört auch eine ordentliche Beweisaufnahme und nicht die Flucht in die angebliche Vergesslichkeit von Zeugen, die ihre Vernehmung praktisch gegenstandslos macht. Aber das haben Sie gestern gesagt.
Ich dachte, ich wäre im Rechtsstaat bei ordentlichen Verfahren angekommen. Deshalb war und bin ich bereit, sehr kritisch über Vergangenheit nachzudenken. Wenn das aber für mich nicht gelten soll, dann ist mein Drang zum Nachdenken zumindest gefährdet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es Ihnen nicht ersparen: Ich habe weder wissentlich für die Staatssicherheit gearbeitet noch der Staatssicherheit Informationen übergeben. Es hat mich nie jemand offen als Mitarbeiter der Staatssicherheit angesprochen und solche Informationen oder Mitarbeit gefordert. Mehr ist
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin schon sehr betroffen. 16 Jahre nach der friedlichen Revolution müssen wir uns immer noch mit den verheerenden Nachwirkungen und dem ekelhaften Nachlass des Stasi- und Spitzelstaates DDR befassen. Noch mehr macht mich allerdings der bisherige Verlauf der Debatte betroffen.
Von Herrn Bartl und von Herrn Dr. Hahn kein einziges Wort zur Sache, abgesehen von jämmerlichen Ausflüchten, von Verschwörungstheorien, Vorwürfen und juristischen Spitzfindigkeiten.
Keine Antwort auch von Herrn Prof. Porsch. Herr Kollege Porsch, Sie waren ein sehr angesehener Kollege der Universität Leipzig, ausgewiesener Wissenschaftler, weltweit bekannt, ein bekannter Politiker – und jetzt so viel Larmoyanz und so wenig Größe!
Jeder einfache DDR-Bürger wusste, dass die bewaffneten Organe – zu denen gehörten die Stasi und die Kripo – und die Partei und der Staatsapparat ein einziges verflochtenes System waren, in dem die Informationen hin- und hergingen. Aber selbst wenn Sie Ihrer eigenen selbst gestrickten Legende glauben – wer gab Ihnen eigentlich das Recht zum Vertrauensbruch gegenüber wem auch immer? Und warum nicht hier oder früher einmal ein Wort, eine Geste der Entschuldigung an die Betroffenen?
Ich will mich nicht länger mit dem Einzelfall abgeben. Ich bin enttäuscht auch von den Mitgliedern der Linksfraktion. Ich frage mich: Was motiviert sie zu diesen höhnischen Zwischenrufen, zu dem Gelächter und Geschrei, gestern genauso wie heute? Was motiviert sie, um Himmelswillen? Ist das falsch verstandene Nibelungentreue, trotzige Wagenburgmentalität? Diese Frage habe ich mir schon gestern Abend gestellt. Ich habe versucht, jedem, vor allem den jüngeren Mitgliedern, direkt in die Augen zu sehen. Ich habe keine Antwort gefunden, denn die meisten von ihnen schlugen die Augen nieder, als ich sie anblickte.
Ich fürchte und ich glaube, das ist so. Die Ursache liegt darin, dass es nie eine richtige Auseinandersetzung innerhalb der PDS mit dem Stasi-Syndrom gegeben hat.
Ja, Herr Dr. Hahn, auch keine moralische. Im Gegenteil. Mir wurde einmal von einem Ihrer Mitglieder gesagt – das ist noch gar nicht so lange her: Moral hat mich noch nie interessiert. Ich war damals sehr niedergeschlagen, denn gerade von Jüngeren habe ich schon mehr Ideale erwartet. Genau das Fehlen jeglicher Ideale und jeglicher Moral bei einigen Leuten hat den Spitzelstaat überhaupt erst möglich gemacht.
Ich wende mich an die jüngeren Mitglieder, aber gerne auch an die alten. Informieren Sie sich doch endlich einmal darüber, was damals wirklich geschehen ist! Sehen Sie sich doch auch im konkreten Fall die Unterlagen jetzt an, denn die sind offen. Schauen Sie sich diese an!
Stellen Sie Fragen, aber glauben Sie nicht allen beschönigenden Antworten Ihrer Altvorderen! Stellen Sie kritische Fragen und suchen Sie nach Antworten, auch in der Moralfrage, und ziehen Sie endlich einmal Ihre eigenen Schlussfolgerungen.
(Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Sie sind die großen Moralapostel!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sehe mich gehalten, hier einigen unzutreffenden Behauptungen entgegenzutreten. Ich will daran erinnern: Wir haben uns, anders als die PDS-Fraktion heute, damals, als es um unseren einstigen Fraktionsvorsitzenden, Herbert Goliasch, ging, selbstverständlich an das gehalten, was uns der Artikel 118 der Sächsischen Verfassung vorschreibt. Das ist uns weiß Gott nicht leicht gefallen. Das widerlegt aber den Vorwurf, dass es uns um politisch motivierte Verfolgung geht.
Überhaupt will ich klarstellen, dass sich der Sächsische Landtag hier nicht die Funktion eines Gerichtes anmaßt. Herr Bartl schlägt uns immer wieder Paragrafen um die Ohren, die für Gerichtsverfahren gelten. Worum es geht, ist die Entscheidung, ob die Mitglieder des Landtages der Beschlussempfehlung des Bewertungsausschusses folgen wollen, Abgeordnetenanklage nach Artikel 118 der Sächsischen Verfassung zu erheben. Abgeordnetenanklage, nicht Abgeordnetenverurteilung! Sie versuchen nämlich immer, den Eindruck zu erwecken, wir könnten heute oder demnächst beschließen, dass ein Abgeordneter per Beschluss des Landtages aus dem Sächsischen Landtag entfernt wird. Das ist nicht so, dazu braucht es ein Gerichtsurteil des Verfassungsgerichtshofes. Es soll ein
Verfahren eröffnet werden, ein rechtsstaatliches Verfahren mit Beweiserhebung und Zeugenvernehmung und was man dazu braucht, mit Verteidigung und allem, was der Rechtsstaat gebietet.
Dazu hatten wir gestern eine geschlossene Sitzung, in der uns der Bewertungsausschuss Auskunft darüber gab, auf welcher Grundlage er seine Empfehlung gegeben hat. Es waren im Wesentlichen die von der Birthler-Behörde übersandten Akten, die nicht nur den Verdacht auf IMTätigkeit des Herrn Prof. Porsch erhärtet haben, sondern vielmehr nahezu Gewissheit erbracht haben, dass es so war. Aber wir haben kein Wort der Erklärung und Erwiderung zur Sache gehört. Bis jetzt nicht. Damit konnte diese Gewissheit bzw. der starke Verdacht kaum erschüttert werden. Ich nehme an, dass es den meisten Abgeordneten hier so geht, dass wir immer noch der Bewertung des Ausschusses mehr Glauben schenken müssen als Ihnen mit Ihrer schwachen Erwiderung, Sie hätten das alles nie wissentlich getan; denn die Beschlussempfehlung hat uns ja eines anderen belehrt.
Gehört haben wir lediglich eine lange und breite Erklärung des Abg. Bartl, auch heute wieder, zu Verfahrensfragen. Er meint, die Beschlussempfehlung sei fehlerhaft zustande gekommen. Da können Sie doch eigentlich froh sein, wenn die ganze Sache dann an Verfahrensfragen scheitert. Wir haben nicht wissentlich dagegen verstoßen. Warum sind Sie denn hier immer mit Schaum vorm Mund zu Gange und werfen uns das alles vor? Es wird ja Ihrem Mandanten oder Ihrem Fraktionskollegen am Ende sogar zugute kommen, wenn es denn so ist. Aber ob die Feststellungen der Beschlussempfehlung stimmen, dazu haben wir gestern kein Wort gehört außer dem, was Herr Prof. Porsch heute wieder erklärt hat.
Die vom Bewertungsausschuss vorgetragenen Erkenntnisse – ich wiederhole es noch einmal – sprechen eine andere Sprache, und sie sind die Entscheidungsgrundlage für die Abgeordneten des Sächsischen Landtages. Die Entscheidung, ob diese Anklage nach Artikel 118 weiter verfolgt werden soll, trifft jeder Abgeordnete nach seinem eigenen Gewissen, auch heute.
Sollte es eine Mehrheit im Landtag geben – heute reicht dazu eine einfache Mehrheit –, wird die Angelegenheit in den Immunitäts- und Geschäftsordnungsausschuss überwiesen. Dort wird in mehreren Sitzungen eine Anklageschrift erarbeitet, die dem Landtag wieder zur Entscheidung vorgelegt werden wird oder muss. Wenn diese an das Verfassungsgericht übersandt werden soll, brauchen wir in der Tat die Zustimmung von zwei Dritteln der Abgeordneten des Landtages.
Aber Ihre Entrüstung ist nicht stichhaltig, wenn Sie behaupten, für eine Zweidrittelmehrheit brauchten wir die Mithilfe der NPD. Dazu ist zu sagen, dass wir hier keinesfalls Absprachen mit anderen Fraktionen treffen werden, sondern die Sache ist die Gewissensentscheidung eines jeden Abgeordneten.
Im Übrigen müsste die Zweidrittelmehrheit nicht zwangsläufig mit Hilfe von Abgeordneten der NPD zustande kommen, wenn auch bei der PDS-Fraktion das Gewissen Vorrang vor Parteidisziplin hätte.
Zum Schluss noch einmal ganz deutlich: Das Verfassungsgericht wird entscheiden, ob die fortdauernde Innehabung des Mandates untragbar erscheint und insofern eine Aberkennung des Mandates angemessen ist.
Das Verfassungsgericht und nicht der Landtag! Deswegen hören Sie auf, den Menschen Sand in die Augen zu streuen.
Ich erteile dem Abg. Petzold das Wort. – Darf ich darum bitten, dass sich Redner, die noch die Absicht haben zu sprechen, vorher melden. – Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Spätestens seit August des vergangenen Jahres haben sich die Vorwürfe gegen Prof. Porsch in Bezug auf eine mögliche Mitarbeit für das Ministerium für Staatssicherheit in einem Ausmaß verdichtet, dass der Landtag gar nicht mehr umhin konnte, sich seines Falles anzunehmen.
Der in der DDR verfolgte Schriftsteller Lutz Rathenow erhob schon vor über einem Jahr in der „Sächsischen Zeitung“ schwere Vorwürfe gegen Prof. Porsch und sagte damals, dass IM Christoph – laut Stasi-Unterlagenbehörde der Tarnname von Peter Porsch – nicht nur abgeschöpft worden sei, sondern der Stasi aktiv zugeliefert habe. Rathenow sagte wörtlich zur „Sächsischen Zeitung“: „Die mir bekannten Aktenteile deuten auf eine lustvolle, engagierte Zusammenarbeit mit der Stasi hin.“