Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was haben wir jetzt eigentlich mit dem Antrag in Drucksache 4/2422 vorliegen? Das ist ja in erster Linie ein Berichtsbegehren der Koalitionsfraktionen. Was haben wir bis jetzt gehört? Im Grunde genommen in aller erster Linie Zitate aus der Stellungnahme, die die Staatsregierung gegeben hat, aus Sicht meiner Fraktion auch ausreichend gegeben hat.
Wir begrüßen den Ausbau der Bundesautobahnen in Sachsen. Ich kann Ihnen aus persönlichem Erleben sagen, dass ich die Autobahn A 17, die jetzt bis Pirna freigegeben
Als Nationaldemokraten möchten wir natürlich trotzdem daran erinnern, dass wir in der Verkehrspolitik gerne auch eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene sehen würden. Da sind wir noch nicht so weit fortgeschritten wie mit dem Ausbau der Autobahnen. Hier besteht sicherlich noch Nachholbedarf.
Wie gesagt, aus den dargelegten Gründen und dem aus unserer Sicht ausreichenden Bericht der Staatsregierung erübrigt sich hier eine umfängliche Debatte zu diesem Thema. Da die Koalition im Ausbau der Autobahnen ein gewisses Steckenpferd sieht, wird auch aller Einfluss, den die Sächsische Staatsregierung in Berlin hat, geltend gemacht werden. Groß ist der Einfluss des Sächsischen Landtages gegenüber dem Bund sicherlich nicht. Wir werden uns dem Antrag nicht verweigern, halten ihn aber eigentlich mit der Stellungnahme der Staatsregierung schon für beantwortet.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich bin der Auffassung, dass sich eigentlich mit dem Bericht der Staatsregierung auch dieser Antrag der Koalitionsfraktionen erledigt hat. Ich halte Ihnen zugute, Herr Staatsminister Jurk, dass Sie die Aufforderung in Punkt 5 nicht benötigen und sich als Staatsregierung von sich aus für den Ausbau der Autobahn und für die Einhaltung der gemachten Zusagen einsetzen werden. Ich denke, das würden Sie auch tun, wenn der Landtag es heute nicht beschließen würde.
Nachdem wir das Thema nun einmal vorliegen haben, möchte ich die Gelegenheit nutzen, noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Leistungen im Bundesautobahnbau in den letzten Jahren hier in Sachsen nicht möglich gewesen wären ohne die Bereitstellung von Geldern aus der Bundesrepublik und die entsprechenden Fördermaßnahen. Wenn ich ab und zu in meine alte Heimat nach Baden-Württemberg zurückfahre, dann muss ich feststellen, dass sich die eine oder andere Autobahn in BadenWürttemberg in deutlich schlechterem Zustand befindet als viele Bundesautobahnen hier in Sachsen. Das sollten wir auch einmal dankend zur Kenntnis nehmen.
Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass nicht alle Autobahnprojekte, über die wir sprechen – Herr Dr. Müller hat eben das Teilstück nach Pirna angesprochen –, in der politischen Diskussion so richtig unstrittig waren. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als ich vor einigen Jahren in Dresden gewohnt habe, dass wir, CDU und FDP, ein Bürgerbegehren losgetreten und die rot-rotgrüne Mehrheit im Stadtrat, die etwas anderes beschlossen hatte, per Volksentscheid dazu gezwungen haben, diesem Autobahnbau zuzustimmen. Ich denke, auch das
Was ich in diesem Antrag etwas vermisse, sind die Straßen, die nicht Bundesautobahnen sind. Da es in diesem Antrag um Bundespolitik geht, meine ich die Bundesstraßen. Es ist angesprochen worden, dass der Anschluss der strukturschwachen Gebiete an das Fernstraßennetz in Sachsen nach wie vor im Argen liegt. Es geht nicht nur darum, sich für den Bundesautobahnbau einzusetzen, sondern es geht auch darum, sich beim Bund dafür einzusetzen, dass die Bundesstraßen, die ja die Hauptverkehrsadern sind – von den Bundesautobahnen weg in die strukturschwachen Gebiete –, zügig ausgebaut werden. Angesichts der Bevölkerungsentwicklung, die wir im Freistaat haben, aber auch angesichts der Tatsache, dass sich wirtschaftliche Tätigkeit, die Schaffung von Arbeitsplätzen immer stärker in Ballungsräumen konzentriert, ist es für uns sehr, sehr wichtig, dass wir eben genau in diesem Bereich gute Verkehrsanbindungen schaffen, damit die Menschen aus den ländlichen Räumen die Möglichkeit haben, zu Arbeitsplätzen in den Städten zu kommen.
Ich hoffe, dass die Staatsregierung das auf der Agenda hat und auch tun wird, ohne dass es nötig ist, einen Änderungsantrag zu diesem Antrag zu stellen; deswegen möchte ich das auch gern unterlassen.
Ein weiterer Punkt ist sehr wichtig in der Diskussion, weil wir gestern etwas spöttisch von der Linksfraktion die Bemerkung hinsichtlich der Umwidmung der ESF-Mittel in EFRE-Mittel gehört haben. Es ist wichtig, heute zu konstatieren, dass ohne diese Umwidmung, die jetzt glücklicherweise bestätigt wurde, verschiedene wichtige Verkehrsinfrastrukturprojekte in Sachsen, die bei uns nicht auf der Agenda stehen, nicht verwirklicht werden könnten.
Deswegen ist es wichtig, heute zufrieden zu sein, dass diese Umwidmung gelungen ist, dass wir eben in den nächsten Jahren wichtige Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur Sachsens vornehmen können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Koalition setzt ein verkehrspolitisches Thema auf die Tagesordnung. Es geht, wie schon mehrfach ausgeführt, um einen Berichtsantrag zum Ausbau der Autobahn in Sachsen. Eigentlich – möchte ich jetzt den Kolleginnen und Kollegen sagen, die mir zuhören, wie Herr Dulig – hätte ich erwartet, dass wir endlich von der Koalition mal einen Antrag oder eine Initiative zur Neubewertung, zur Neuausrichtung der Verkehrspolitik in Sachsen vorgelegt
Im Koalitionsvertrag haben CDU und SPD vereinbart, bis Mitte 2005 – es ist jetzt schon, wenn man es wohlwollend auslegen würde, wirklich am Ende der Mitte – Prioritätenlisten für Schiene, Bundesfernstraßen und Staatsstraßen vorzulegen. Dies läuft auf eine Überarbeitung des Fachlichen Entwicklungsplanes Verkehr von 1999 hinaus. Dies ist auch dringend erforderlich, da dort ein überbordender Staatsstraßenausbau mit Kosten von über zwei Milliarden Euro vorgesehen ist.
Jedem, der denken kann, ist klar, dass diese Wunschliste des Herrn Dr. Rohde und der vielen CDU-Bürgermeister nicht zu verwirklichen ist. Ich denke, das hat Sie auch in den Koalitionsverhandlungen dazu bewogen, diese Prioritätenliste in den Vertrag hineinzuschreiben. Die Koalition hat es aber bis heute nicht geschafft, diese Liste vorzulegen. Diese wäre aber für die mittelfristige Finanzplanung wesentlich. Stattdessen müssen wir uns heute mit einem schlichten Autobahn-Berichtsantrag begnügen.
Die bündnisgrüne Landtagsfraktion hat zum Straßenbau klar Stellung bezogen. Die Zeiten des Straßenbaus in Sachsen mit seiner Geldverschwendung müssen der Vergangenheit angehören. Wir haben im Haushalt beantragt, die Straßenbaumittel um 30 Millionen Euro zu kürzen. Wir wollen dieses Geld lieber in die Förderung von Forschung und Entwicklung bei kleinen und mittleren Unternehmen stecken. Wir wollen also vom Straßenbau in die unmittelbare Unternehmensförderung umsteuern. Wir sehen uns mit dieser Forderung im Einklang etwa mit der Dohnanyi-Kommission, aber auch mit vielen anderen Wirtschaftswissenschaftlern.
Alle Untersuchungen und Unternehmensbefragungen zeigen nämlich, dass die Straßenverkehrsverbindungen nicht mehr die Bedeutung haben, die ihnen die CDU in der Öffentlichkeit immer noch zuschreibt. Dort hat man ja den Eindruck, dass jeder Meter betonierte Landschaft einen Arbeitsplatz schafft. Stattdessen handelt es sich um eine gigantische Geldverschwendung auf Kosten der Umwelt und auf Kosten der Haushalte.
Frau Raatz, wenn Sie jetzt zum wiederholten Male – wie auch Ihre Kollegen von der CDU – von einer steigenden Verkehrsnachfrage aufgrund der EU-Osterweiterung sprechen, so mag das ja auf den ersten Blick für den gesunden Menschenverstand nachvollziehbar sein. Nur, alle Daten, die mir zur Verfügung stehen – sowohl auf regionaler als auch auf Landesebene –, zeigen, dass der Verkehr seit einigen Jahren stagniert. Wir müssen uns angesichts der demografischen Entwicklung darauf einstellen, dass wir hier auch das Straßensystem, das gesamte Verkehrssystem umsteuern, und die Zeiten des maßlosen Ausbaus sollten eigentlich vorbei sein.
Es handelt sich um einen reinen Autobahnbau-Antrag; da macht es sich auch gut, noch etwas umweltbewusstes Salböl darüber zu gießen. Deshalb möchte die Koalition auch die „technischen Lösungen“ beim „Lärmschutz“ und beim „Wildtierschutz“ berichtet erhalten. Ich muss Ihnen sagen, darüber bin ich wirklich gestolpert. Wenn wir über Umwelt und über Straßenbau und Straßenverkehr reden – was fällt einem als Umweltpolitiker ein? – Der Klimaschutz. Der kommt bei Ihnen nicht vor. Ich verweise noch einmal darauf: Ungefähr 25 % der sächsischen Gesamtemissionen von CO2 werden durch den Straßenverkehr verursacht und ich bin es eigentlich leid, dass wir uns in Sonntagsreden alle einig sind – Klimaschutz ist wichtig, da müssen wir etwas machen – und dann in den Alltagsanträgen hier im Plenum so einen platten AutobahnbauAntrag vorlegen.
1. Die technischen Lösungen interessieren mich als Politiker nur höchst peripher. Viel mehr interessiert mich, ob damit die negativen Auswirkungen des Autobahnbaus auf die menschliche Gesundheit und die Fauna – die haben Sie nämlich ganz vergessen – vermieden werden können. Dazu wollen Sie keinen Bericht.
2. Warum will die Koalition keinen Bericht über sämtliche schädlichen Gesundheits- und Umweltauswirkungen?
Autos sind nicht nur laut, Herr Dulig, sie stoßen auch Schadstoffe aus, und zwar – jetzt kommt der Lacher – nicht nur Feinstaub, sondern auch andere.
Schließlich: Eine der maßgeblichen nachteiligen Umweltauswirkungen betrifft die Zerschneidungswirkungen der Autobahnen. Ich habe davon schon im Zusammenhang mit dem Gebiet Königsbrück gesprochen, nur beispielhaft. Die A 17, die ja von Kollegen schon wieder gelobt wurde, zerschneidet im Osterzgebirge das größte mitteleuropäische Habitat der Kleinen Hufeisennase – für die Nichtkenner: das ist eine Fledermaus –
und am Kamm eines der größten Birkhuhngebiete Europas außerhalb der Alpen sowie einen wichtigen Zugvogelkorridor.
In dieser sachlich nicht gerechtfertigten Auswahl der Umweltwirkungen des Autobahnnetzes zeigt sich das nur symbolhafte Interesse der Koalition an Umwelt und Naturschutz. Man tut so, als ob man etwas tut.
Mich ärgert schon, Herr Jurk – jetzt komme ich dazu –, dass die Ausgleichsmaßnahmen der Öffentlichkeit als
große Sonderleistungen dargestellt werden, obwohl sie notwendig sind, um den Autobahnbau überhaupt rechtmäßig zu bekommen. Die Beweislast liegt bei den Autobahnbauern, nicht bei der Natur. Dabei gleichen die so genannten Minderungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen die Eingriffe in naturschutzfachlicher Sicht keinesfalls aus, auch wenn sie nach sächsischer Ausgleichs- verordnung rechtlich als ausgeglichen gelten.
Zudem ist die Wirksamkeit der A- und E-Maßnahmen nach allen Erfahrungen sehr bescheiden. Meist wird nur eine Entwicklungspflege im Planfeststellungsbeschluss angeordnet, mit der nach allerhöchstens fünf Jahren Schluss ist. Dann sind die Unteren Naturschutzbehörden zuständig, die für die Überwachung eigentlich gar keine Kräfte mehr haben. Studien zeigen, dass der Erfolg der A- und E-Maßnahmen, gemessen an den ursprünglichen naturschutzfachlichen Zielen, weit unter 50 % liegt.
Wir werden diese Dinge – auch wenn es Ihnen nicht gefällt – im Plenum noch öfters zu behandeln haben, gerade im Zusammenhang mit der ausstehenden Novelle des Sächsischen Naturschutzgesetzes; dort wird ja einiges dazu zu sagen sein.
Diese Berichte sind egal, sie sind aber auch gut, wir können uns dort enthalten. Bei dem Punkt 5 wollen wir aber gern dagegen stimmen. Deswegen bitte ich insoweit um getrennte Abstimmung, Herr Präsident.