Eine weitere gute Möglichkeit, sich über Ausbildungsberufe zu informieren, ist der Besuch einer Ausbildungsmesse. Als ein Beispiel möchte ich den erst in der vergan
genen Woche durchgeführten vierten Berufsorientierungsmarkt in Zwickau erwähnen. Er fand auf Initiative der Akteure des Projektes „Lernende Region Zwickau“, Vertretern vieler Schulen in der Region, Unternehmern, Schülern- und Elternräten, dem Regionalschulamt Zwickau, der Landkreise und Stadtverwaltungen, der Hochschule, öffentlichen Institutionen und den Mitgliedern des Arbeitskreises „Schule und Wirtschaft“ unter meiner Schirmherrschaft statt. Über 50 ausstellende Unternehmen und über 3 000 Besucher sind ein fester Bestandteil der Aktivitäten zur Berufsorientierung in unserer Region.
Ich denke, es ist angebracht, auch denen, die mit ihrem Einsatz, mit ihren Ideen, mit viel Kreativität und der notwendigen Beharrlichkeit in der Berufsorientierung sachsenweit tätig sind, zu danken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die dritte Etappe befasst sich mit meinem Lieblingsthema: betriebliche Praktika. Dass ich für eine neue Form des polytechnischen Unterrichtes stehe, ist vielen hier im Hause bekannt. Gerade in dieser Säule der Berufsorientierung gilt es, weitere Anstrengungen zu unternehmen. Wichtig ist vor allem, die vorhandenen Berufsausbildungszentren stärker in den Fokus zu rücken. Hier geht es nicht um neue Projekte, sondern um maximale Auslastung der vorhandenen Kapazitäten. Besonders wichtig finde ich die Aussage der Staatsregierung: „Um insgesamt die Transparenz über die zahlreichen regionalen Berufsorientierungsprojekte zu erhöhen, plant das SMWA eine Ausschreibung zur sachsenweiten Bestandsaufnahme, verbunden mit einer transferfähigen Aufbereitung der besten Projekte.“ – Damit ist das Ziel unseres Antrages erreicht.
Es geht uns darum, die vielen Initiativen zu bündeln, denn jeder Praktikumsplatz kann helfen, Wege aufzuzeigen, damit allen jungen Menschen klar wird, dass es sich lohnt, in Sachsen zu lernen, zu studieren, zu arbeiten und zu leben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Abschließend ein paar Erfahrungen, die ich selbst gemacht habe: Die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg ist erstens die nötige Neugier, Lust auf etwas Neues und die eigene Initiative. Zweitens – ein Grundsatz –-: Fragen kostet nichts. Drittens: Fragen ist kein Zeichen von Dummheit, sondern zeugt vielmehr von Aufgeschlossenheit und Wissbegierde. Viertens – ein entscheidender Punkt –-: die angemessenen Umgangsformen als Gast in Ausbildungseinrichtungen und Unternehmen. Dazu gehören höfliches und hilfsbereites Auftreten, die passende Kleidung, sorgsamer Umgang mit dem Eigentum, aber auch Pünktlichkeit, Ordnung und Zuverlässigkeit. Sie sind nun einmal im Berufs- und Praktikumsleben das beste Rüstzeug, um erfolgreich zu sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für viele Jugendliche ist die Entscheidung zur Berufswahl die erste Entscheidung, die sie eigenverantwortlich treffen. Vor allem ist es so, dass sie bei dieser Verantwortung in den letzten Jahren spüren, dass ein gewisser Druck auf ihnen lastet und dieser Druck einhergeht mit den Problemen des Mangels an Ausbildungsplätzen im betrieblichen Bereich. Ein wesentliches Problem ist die Berufsfindung selbst. Die scheinbare Fülle von Möglichkeiten und die oftmals im Widerspruch dazu stehende persönliche Situation erwecken bei manchem zunehmend den Eindruck, als könne er sich gar nicht richtig entscheiden.
Längst ist es leider Gottes die Regel, dass familiäre Bindungen und familiäre Vorprägungen nicht mehr entscheidend sind für die Berufswahl. So sind solche Aussagen nicht mehr der Maßstab für berufliche Orientierung:“ In unserer Familie waren alle Bäcker oder Metzger!“ Es kommt zunehmend zu einer Veränderung in den Berufsfeldern und vor allem – bedingt durch technologische und ökologische Faktoren – auch zu Normierungsbestrebungen bei Berufsfeldern. Berufe entstehen mit neuer Berufsbezeichnung, das oftmals Gewohnte rückt in den Hintergrund. Aktuelle Informationen und Wissensvermittlung sind gefragt. Erfahrungen, die vorher die Eltern hatten, spielen nicht mehr die Rolle. Oftmals ist eine Überforderungssituation die Folge. Erschwert wird die Entscheidung für einen Beruf durch die ständigen Veränderungen in unserer Arbeitswelt, die sich natürlich auch in den beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten widerspiegeln.
Es kommt häufiger vor, dass für Jugendliche und ihre Eltern die Überschaubarkeit und die Planbarkeit in der Berufswelt hintanstehen, sodass sie kaum noch die Möglichkeit sehen, sich diesen Herausforderungen gewachsen zu fühlen. Zuletzt erschwerend wirkt sich auf die Realisierung eines Berufswunsches aus, dass nach wie vor keine ausreichenden Ausbildungsplätze im betrieblichen Bereich vorhanden sind, obwohl – dies möchte ich ganz deutlich sagen – gerade in Sachsen große Anstrengungen unternommen worden sind, um zumindest allen Ausbildungswilligen ein Angebot zu unterbreiten. Unternehmen sind hier stärker gefordert, weil wir bereits heute über den drohenden Fachkräftemangel nachdenken müssen. Wir müssen daran denken, dass wir auch zukünftig wettbewerbsfähig bleiben.
Die Folge solcher komplexen Zusammenhänge sind oftmals Orientierungslosigkeit oder Fehlentscheidungen, die dann – auch hierüber gibt es Zahlen, die sehr bedrohlich sind – in Ausbildungsabbrüchen münden. Ungefähr jeder fünfte Auszubildende hat in den vergangenen Jahren in Sachsen die Ausbildung abgebrochen. Im Jahre 2004 waren es 48 172.
Ein Grund hierfür dürfte natürlich sein, dass es eine Abweichung zwischen der Vorstellung, die man von dem Beruf hatte, und der erlebten beruflichen Realität gibt.
Damit die Jugendlichen den Übergang in die Arbeitswelt erfolgreicher bewältigen können, ist eine konsequente Vorbereitung auf den Prozess der beruflichen Entscheidung dringend geboten. Genau an dieser Stelle setzt nach meiner Auffassung die Verantwortung der Schule ein. Denn ein Anspruch schulischen Lernens sollte es sein, dass Jugendliche auf die Bewältigung der künftigen Probleme und Entscheidungssituationen vorbereitet werden.
Neben den vielen Aktivitäten, Initiativen und erfolgreichen Projekten, die im Zusammenhang mit Schule und Wirtschaft stehen, geht es darum, Berufsfeld- und vor allem auch Arbeitsweltorientierung zu geben und – wie bereits erwähnt – vor allem auch darum, darin eine durchgängige Aufgabe der schulischen Bildung zu sehen. Projekte können das nicht ersetzen, sondern sie befördern und unterstützen das nur. Das liegt nicht nur in der Begrenztheit dieser einzelnen Initiativen, sondern auch daran, dass wir im Moment kein flächendeckendes Angebot dafür haben.
Insofern glaube ich, dass die Schulen gefordert sind, neben ihrem normalen Unterricht und den normalen und sinnvollen Lernprozessen viel stärker auf das praktische Leben und damit eben auch nicht unwesentlich auf das Arbeitsleben einzugehen. Hierfür gibt es bereits zahlreiche gute regionale Beispiele. Daran sollten wir anknüpfen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Aus meiner Sicht ist es nicht damit getan, ab und an entsprechende Projekte anzubieten. Vielmehr müssen wir in die Lernprozesse viel stärker die Bedürfnisse junger Menschen einfließen lassen. Wir müssen sie orientieren und müssen ihnen vielfältige Möglichkeiten anbieten, damit sie bei ihrer Sinn- und Selbstfindung unterstützt werden. Dazu ist natürlich zunächst einmal eine Veränderung der Lern- und auch der Schulkultur notwendig. Ich sage in diesem Hause nichts Neues, dass wir als SPD-Fraktion seit Jahren gefordert haben, dass es da zu einer Veränderung kommt. Teile dieser Forderungen finden sich in der Koalitionsvereinbarung mit unserem Partner wieder.
Die Arbeit ist allerdings wie immer vor Ort zu leisten, wobei viele Initiativen der Wirtschaft immer ein guter Anlass sein können, sie publik zu machen. Denn diese guten Beispiele tragen dazu bei, Veränderungen im Bildungsprozess anzuschieben.
Wir brauchen eine stärkere Öffnung der Schule hin zu den Unternehmen, aber im Gegenzug auch eine Öffnung der Unternehmen für die Schule. Die guten Angebote, die bereits existieren, zum Beispiel der „Tag der offenen Tür“, Praktika oder die Woche der Unternehmen, sind gute und richtige Ansätze. Wir müssen bestehende gute regionale Projekte und Initiativen ausbauen, denn die Kooperation in diesem Bereich hat sich bewährt. Wir sollten diese positiven Beispiele für ganz Sachsen nutzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die frühzeitige Berufsorientierung ist aus meiner Sicht nicht nur für den sächsischen Mittelstand von existenzieller Bedeutung. Verbunden mit einer Personalplanung wird sie genau den Anforderungen an die Zukunft gerecht. Wir brauchen verstärkt den Kontakt zwischen Wirtschaft und Sozialpartnern sowie mit Schulen, um der demografischen Entwicklung zu begegnen.
Um auch zukünftig innovative und wettbewerbsfähige Produkte anbieten zu können, brauchen wir gut ausgebildetes Personal. Wir dürfen uns eben nicht auf den guten Zahlen ausruhen, die heute von der Presse im Rahmen der Initiative „Neue soziale Marktwirtschaft“ veröffentlicht wurden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schule soll Schülerinnen und Schülern umfassende Fähigkeiten und Fertigkeiten mit auf den Weg geben, soll ihnen helfen, diese zu entwickeln, soll Interessen und Neigungen entdecken und entwickeln helfen und umfassend die Fähigkeit geben, sich im Leben und in der Gesellschaft zu orientieren, und das eben auch in Bezug auf Berufswahl und beruflichen Werdegang.
Wenn wir über berufliche Orientierung sprechen, muss auch erwähnt werden, dass es ein Problem unserer sächsischen Schule ist, dass die Schülerinnen und Schüler mit ihren Eltern schon in der 4. Klasse entscheiden müssen, in welche Richtung die Kinder einmal gehen, ob sie studieren oder eine Ausbildung machen sollen. Im Alter von zehn Jahren halten wir das für verfrüht und auch im Sinne der Berufsorientierung für den falschen Weg.
Wir meinen, alle Schülerinnen und Schüler sollten sich umfassend beruflich bilden können, sollten schulformübergreifend die Möglichkeit haben, sich zu orientieren. Alle notwendigen Informationen für diese Orientierung sollten ihnen zugänglich sein. Eine solch umfassende Berufsorientierung kann natürlich nicht in einem Unterrichtsfach vermittelt werden, sondern muss in einer eigenverantwortlichen Schule gelebt, gepflegt und von Anfang an praktiziert werden.
So ist es zum Beispiel möglich, schon ab der 5. Klasse in Arbeitsgemeinschaften oder in Kooperationen Kontakte oder Informationsaustausch mit umliegenden Unternehmen, Medien oder später auch Universitäten auszubilden. Beispielsweise können Zeitungsprojekte mit lokalen
Zeitungen sinnvoll in den Unterricht eingebaut werden und fächerübergreifend im normalen Lernprozess sinnvoll sein, aber gleichzeitig auch Informationen über die Arbeitsweise von Medien vermitteln und zur Entwicklung von Neigungen und Orientierungen beitragen. Fächerübergreifende Projekte zum Beispiel zur Produktion eines Hörspiels lassen die jungen Menschen ihre Fähigkeiten im Umgang mit Medien verbessern, was sowohl für den fachlichen Lernprozess als auch für die berufliche Orientierung sinnvoll sein kann.
An den Schulen angebotene Arbeitsgemeinschaften, in denen technische und technologieorientierte Projekte in Zusammenarbeit mit Unternehmen und Universitäten durchgeführt werden, gehören selbstverständlich zur Schulkultur. Sie bieten die Möglichkeit, sich auch in technischer Richtung zu orientieren und dort Fähigkeiten zu entdecken.
Die Kooperationen mit Universitäten und Hochschulen können gerade auch an Gymnasien Interessierten helfen, wissenschaftlichen Neigungen nachzugehen.
Natürlich können auch projektorientierte Patenschaften von Unternehmen mit einzelnen Klassen ein Weg sein, einen direkten Kontakt mit Unternehmen vor Ort aufzubauen und dadurch den Jugendlichen die Möglichkeit zu geben zu sehen: Diesen Beruf kann ich ergreifen, und ich kann ihn hier ergreifen. Ich muss nicht aus der Region weggehen. – Das sollte für uns auch ein wichtiges Ziel sein.
Neben dieser erfahrungsbezogenen Berufsorientierung sind natürlich auch konkrete praktische Informationsveranstaltungen und -methoden möglich und nötig. Viele Schulen praktizieren das schon. Hier laden die Lehrerinnen und Lehrer, die Berufsberaterinnen und Berufsberater Profis aus bestimmten Berufsbildern ein, die dann in die Schule kommen, damit interessierte Schüler die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen und sich auf diese Art und Weise konkret mit Berufsbildern auseinander zu setzen. Man kann in den Schulen auch Berufsmessen durchführen, zu denen die Schule die Unternehmen aus der Region einlädt, sich vorzustellen, ins Gespräch zu kommen und Kontakte aufzubauen. Das sind Möglichkeiten, die zum Teil schon praktiziert werden, aber natürlich noch ausgebaut werden müssen und können.
Auch der Besuch im Berufsinformationszentrum, der zurzeit eine der wichtigsten Säulen der Berufsorientierung ist, soll natürlich nicht wegfallen, muss aber durch weitere Maßnahmen ergänzt werden.
Meine Damen und Herren! Wir sind der festen Auffassung, dass es nicht ausreicht, das Berufspraktikum einmal in der Schulkarriere durchzuführen. Die Verordnung gibt die Möglichkeit, dieses Praktikum auch zweimal durchzuführen. Es gibt Schulen, die das so handhaben. Es sollte aber für alle Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit geben, sich in verschiedenen Bereichen zu erfahren. Wir denken, dass zum Beispiel das Sozialpraktikum in der 8. Klasse durchaus eine Möglichkeit ist, sich in diesem Bereich zu testen. Das wäre auch für eine geschlechts
neutrale und verantwortungsbewusste Berufsorientierung von großem Nutzen. In die gleiche Richtung zielt auch der Girl’s Day.
Diese Möglichkeiten hängen stark von den Initiativen vor Ort ab. Hier müssen wir eigenverantwortliche Schulen befähigen, sich solche Kooperationen zu suchen, Berufsberaterinnen und Berufsberater entsprechend fortbilden und ihnen die Anerkennung geben, damit sie bei diesen Initiativen unterstützt werden.
Damit kommen wir auf die altbekannten Probleme der Rahmenbedingungen an den Schulen zurück. Ich kann nicht 100 % Motivation von Lehrerinnen und Lehrern erwarten, ihnen aber nur 85 % Arbeitszeit und Geld geben. Das läuft einander zuwider. Wir denken, dass für eine engagierte und verantwortungsbewusste Arbeit an den Schulen die entsprechenden Rahmenbedingungen von der Landesebene politisch gesetzt werden müssen.
Deswegen kann und soll die Berufsorientierung auch auf Landesebene in Arbeitsgemeinschaften koordiniert werden. Dort müssen Rahmenbedingungen gesetzt werden. Wir wollen aber eigenverantwortliche Schulen vor Ort stützen, um da, wo es Möglichkeiten gibt, auf Landesebene Rahmenbedingungen zu setzen. Wenn beispielsweise zwei Praktika pro Schülerin und Schüler in einer Schulkarriere festgeschrieben werden, halten wir das für einen wichtigen Schritt auf Landesebene. Wir denken, es sollten die entsprechenden Fortbildungsmaßnahmen ergriffen werden, denn ein Berufsbildungszentrum allein kann es nicht sein. Wir brauchen umfassende Berufsorientierung von Anfang an in verschiedenen Methoden. Da sollten wir einfach noch einen Schritt weiter gehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An die Vertreter der Regierungsfraktionen von CDU und SPD möchte ich die ganz ehrliche Frage richten, ob sie mit diesem Antrag auf ein bloßes Informationsersuchen und der bereits vorliegenden Antwort der Staatsregierung den Sächsischen Landtag endgültig in die Augsburger Puppenkiste verwandeln wollen.
Auf dem schwarz-roten Spielplan scheint nämlich das altbekannte parlamentarische Schmierenstück zu stehen: politische Bewegung vortäuschen, wo wirtschaftlicher Stillstand herrscht, Interesse heucheln, wo das Desinteresse regiert, und Fortschritt suggerieren, wo nur der Rückschritt waltet.
Die Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD, die Herren Hähle und Weiss, waren wohl der Meinung, man müsse endlich einmal einen Schaufensterantrag zum Problem