Protokoll der Sitzung vom 07.10.2005

Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich sage, die Entwicklung der Flughäfen Leipzig-Halle und Dresden hätte in der jüngeren Vergangenheit hinsichtlich des Verkehrsaufkommens überzeugender ausfallen können. Aber erstens gab es schwierige Rahmenbedingungen – ich erinnere an die Terroranschläge vom 11. September 2001 – und zweitens konzentrierten sich die Verkehrsflughäfen richtigerweise überwiegend auf Verbindungen an die Lufthansa-Drehkreuze und auf Tourismuszentren. Zudem handelte die Staatsregierung.

Die Mitteldeutsche Flughafen AG ist mit ihren Flughafentöchtern nun deutlich besser am Markt positioniert. Als Beispiel möchte ich natürlich zuerst die Ansiedlung von DHL nennen. Die Partner haben den Vertrag am 21. September 2005 unterschrieben. Damit ist endgültig sicher: DHL kommt. Wenn die Zahl der erwarteten Arbeitsplätze, wie in der Diskussion dargestellt, reduziert wurde, so gehe ich davon aus, dass sich DHL natürlich stufenweise am Standort Leipzig/Halle entwickeln wird und dann die ursprünglich geplanten Arbeitsplatzzahlen in der Ausbaustufe tatsächlich erreicht werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird deutlich, was erfolgreiche Ansiedlungs- und Luftverkehrspolitik für den Wirtschaftsstandort und für den Arbeitsmarkt bedeuten. Der Frachtverkehr ist jedoch nicht der einzige Wachstumsmarkt im Luftverkehr. Deshalb sprechen die Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden verstärkt so genannte Low-Cost-Carrier an. Denn: Unser luftverkehrspolitisches Ziel Nummer eins sind stabile und kostengünstige Linienverbindungen. Unsere Erfolge in der jüngeren Zeit im Low-Cost-Markt sind beachtlich.

Frau Kipping, sind Sie schon so weit mit der Frage?

Ich bin noch nicht so weit mit dem Drücken. – Bitte.

Herr Staatsminister Jurk, Sie haben schon einmal gesagt, dass Sie denken, dass in der Endphase 3 500 Arbeitsplätze realistisch sind. In der Antwort, die Sie auf unsere Große Anfrage unterschrieben haben, klingt es so, als ob Sie sich hinter das Poptransgutachten stellen, von dem Sie sagen, die Zahl von 1 800 Arbeitsplätzen ist plausibel, und bei dem Sie die Zahl von 3 000 Arbeitsplätzen für zu hoch gegriffen einschätzen. Ist diese Einschätzung, die Sie vor wenigen Tagen in Ihrer Antwort getroffen haben, jetzt hinfällig?

Ich gehe davon aus, dass das, was ursprünglich geplant wurde, auch erzielt wird.

Die Antwort, die Sie vor wenigen Tagen gegeben haben, können wir also zu den Akten legen, sie ist hinfällig?

Nein, überhaupt nicht. Sie zitieren aus einer Anfrage, die offensichtlich eine andere Fragestellung zum Inhalt hat.

(Katja Kipping, Linksfraktion.PDS: Ich gebe sie Ihnen noch einmal!)

Vom Flughafen Leipzig/Halle kann man mit Air Berlin inzwischen nach London, Palma und mit Germanwings nach Köln und Bonn fliegen. Im nächsten Frühjahr kommt Hapag-Lloyd-Express mit dem Zielort Stuttgart dazu.

Auch von Dresden sind München mit DBA und KölnBonn mit Germanwings erreichbar. Zudem startet im Herbst noch eine neue Verbindung mit Germanwings nach Hamburg.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Luftverkehrskonzept und Luftverkehrsmarkt sind ein Gesamtpaket. Es dient dem Ziel, den Wirtschaftsstandort Sachsen zu stärken. Sicher sind wir auch im mitteldeutschen Raum an Zusammenarbeit interessiert. Deshalb freue ich mich auch sehr, dass sich die FDP-Minister in der Landesregierung von Sachsen-Anhalt sehr engagiert eingebracht haben. Ich bin sehr dankbar, dass Sachsen-Anhalt zu seinen Zusagen im Rahmen des Ausbaus von DHL steht. Vielleicht erkundigen Sie sich, Herr Dr. Martens, noch einmal bei Ihren Parteifreunden in Magdeburg. Ich habe den Eindruck gehabt, dass die FDP sehr wohl interessiert und informiert ist. Wie auch immer. Sie haben heute gehört, es gibt ein entsprechendes Konzept. Sie werden sicherlich versuchen, sich dort einzubringen. Darauf freue ich mich.

An Herrn Lichdi gerichtet, will ich sagen, selbstverständlich gibt es auch einen Passus zu der Frage Umweltrelevanz in diesem Konzept.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sollten weiter daran arbeiten, erfolgreich in Sachsen Unternehmen anzusiedeln und die Angebote an Linienverbindungen für Menschen und Unternehmen auszubauen. Insofern: „Es entwickelt sich, das Flugwesen!“

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Das war die Staatsregierung. Ergibt sich daraufhin noch einmal Redebedarf? – Herr Prof. Bolick, bitte.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Schlusswort!)

Herr Bolick, sind Sie beim Schlusswort?

Gut, es ist das Schlusswort. Einverstanden. Ich hatte nur gefragt, ob noch allgemeiner Redebedarf besteht. Das wäre ja auch möglich.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Grunde sind wir uns alle darüber einig, dass das Konzept sinnvoll ist. Das ist erst einmal positiv festzustellen.

Frau Kipping, Sie haben viel angemerkt, allerdings sind keine Alternativen gekommen. Ich würde Ihnen einmal eine Alternative nennen. Wissen Sie, dass wir in Mitteldeutschland, also dem Raum, den wir in dem Konzept gerade betrachten, bis 1945 über 60 % der Flugzeugindustrie Deutschlands konzentriert hatten? Wenn diese Entwicklung weitergegangen wäre, bräuchten wir über Probleme wie mangelnde Auslastung und zu große Investitionen überhaupt nicht reden.

(Beifall bei der CDU)

Dann wäre möglicherweise Frankfurt/Main in der Problemlage, wie jetzt Leipzig ist.

Ich komme zu der Geschichte mit der Kerosinsteuer. Eine Steuer bringt noch keine Umweltentlastung. Das ist jedem klar. Eine Steuer bringt nur Geld in die Kasse, so wie bei der Ökosteuer. Die hat auch keine Umweltentlastung gebracht, aber erst einmal ein paar Milliarden Euro zusätzlich in den Haushalt. Technische Innovationen bringen Umweltentlastung. Der Wirtschaftsausschuss war vor einigen Jahren in Toulouse. Ihre Kollegen Herr Zais und Frau Mattern waren mit dort.

Herr Bolick, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Einen kleinen Moment noch. – Dort haben wir uns angeschaut, wie Innovationen aussehen, wie gerade der neue A 380, den wir uns in der Entwicklung und schon in einigen Komponenten ansehen konnten, Kerosin spart. Ich glaube, nur das kann der Weg sein. Ansonsten müssten Sie sagen, wir wollen eigentlich überhaupt nicht, dass geflogen wird, aber ich glaube, dass trauen Sie sich nicht.

Frau Kipping von der Linksfraktion.PDS.

Herr Prof. Bolick, ich wollte nachfragen, damit keine Missverständnisse im

Raum stehen bleiben: Haben Sie sich gerade ernsthaft positiv auf die Zeit vor 1945 bezogen?

(Stöhnen bei der CDU und der NPD)

Ich habe mich nicht positiv auf die Zeit vor 1945 bezogen. Ich kann Ihnen sagen, mein Vater war in der Flugzeugindustrie zu einer Zeit, als überhaupt noch kein Krieg im Anrollen war. Da war die Flugzeugindustrie schon in der Region ansässig. Ich kann mich erinnern, dass mein Vater in den fünfziger Jahren von der Betriebsparteiorganisation des Betriebes, in dem er gearbeitet hat, angesprochen worden ist, ob er nicht wieder bereit ist, beim Aufbau der Flugzeugindustrie der Deutschen Demokratischen Republik mitzuhelfen.

(Beifall und Oh-Rufe bei der CDU und der NPD)

Er ist dann auch einige Jahre dort gewesen.

Herr Bolick, gestatten Sie noch eine zweite Zwischenfrage?

Können Sie noch einmal den Zusammenhang darstellen, was die Flugzeugindustrie vor 1945 mit dem jetzt auf der Tagesordnung stehenden Luftverkehrskonzept zu tun hat.

Ich habe gedacht, Sie können das logisch folgern. Nach 1945 hatten wir ein Regime, das die wirtschaftliche Entwicklung nicht vorangebracht hat, sondern im Wesentlichen kaputt gemacht hat. Deshalb haben wir die Probleme, von denen wir jetzt reden.

(Beifall und Oh-Rufe bei der CDU und der NPD – Caren Lay, Linksfraktion.PDS: Jetzt wollen wir was sehen!)

Kollege Dr. Martens, Sie haben sicher inzwischen gemerkt, dass ich nicht das Konzept vorgestellt, sondern versucht habe, die Rahmenbedingungen zu interpretieren, – –

Herr Bolick, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Ja. – – die in so ein Konzept gehören. Ich kenne es also auch noch nicht. Wir können den Antrag heute noch nicht beerdigen, sondern es muss weitergehen.

Wie schwierig es ist, mit drei Ländern unter einen Hut zu kommen, haben Sie selber gerade mit dem Beispiel Altenburg angesprochen. Das liegt nicht unbedingt an unserem Wirtschaftsministerium. Sie haben dazu eine Meinung, ich habe dazu auch eine Meinung, denn ich komme aus der Region und rede viel mit den Altenburgern, aber wenn man das Problem unter dem Gesichtspunkt des Konzeptes sieht, stellt sich das anders dar. Es ist ja bekannt, wie Thüringen reagiert hat. Inzwischen kann ich sagen, dass im Entwurf des Konzeptes der Bestand

von Altenburg vorgesehen ist. Insofern haben wir keine Probleme.

Jetzt die Zwischenfrage, bitte. Herr Kollege Nolle.

Herr Kollege Bolick, Sie haben eben etwas über die wirtschaftliche Entwicklung nach 1945 gesagt. Darüber kann man sich sicher unterhalten. Sind Sie bereit zuzugestehen, dass der Niedergang der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland schon vor 1945 angefangen hat?

Darüber sind wir uns doch einig! Ich habe nur diesen Stichtag genommen, weil auch Ihr Parteikollege Dohnanyi in einem Papier, das ich sehr toll fand und in dem auch noch sehr wesentliche andere Wirtschaftsdaten standen, diesen Stichtag 1945 genommen hat. Auf dieses Material habe ich mich gestützt. Etwas anderes steht mir nicht zur Verfügung. Wir könnten auch 1947 nehmen, da war auch noch ein bisschen was da, aber viel später war nichts mehr da.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Schmalfuß?

Herr Kollege Bolick, eine Frage: Welche Rolle spielt der Verkehrslandeplatz Jahnsdorf im Luftverkehrskonzept?