Protokoll der Sitzung vom 11.11.2005

Während in anderen Bundesländern die Mittel zur Förderung der Verbraucherzentralen kontinuierlich sinken, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben CDU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart, die unabhängige Verbraucherinformation und die individuelle Verbraucherberatung durch die Verbraucherzentrale Sachsen e. V. auf dem Niveau des Haushaltsansatzes 2004 zu sichern. Entsprechend wurde das im Haushalt 2005/2006 beschlossen.

Ausgangspunkt unserer heutigen Debatte ist die Studie zum Verbraucherschutzindex, die im Auftrag des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen im Jahr 2004 erstellt wurde. Sachsen hatte dort keine guten Ergebnisse vorzu

weisen. Das Anliegen der Studie, das Engagement der Länder im Verbraucherschutz vergleichend darzustellen, um über diese Evaluation den föderalen Wettbewerb in Gang zu setzen, wird von der Staatsregierung ausdrücklich begrüßt. Allerdings – das möchte ich betonen – bedürfen die Ergebnisse der Interpretation. Die Verbraucherzentrale Sachsen hat diese Studie nach ihrer Veröffentlichung kritisiert – so wie die Verbraucherzentralen in allen anderen Bundesländern auch. Diese Kritik teile ich weitgehend.

Die in der Studie gewählten Ansätze, Bewertungskriterien und Gewichtungen waren für die Verbraucherzentrale Sachsen und die sächsischen Ministerien nicht nachvollziehbar.

Inzwischen wurden die Kritikpunkte mit dem Bundesverband und der Beratungsfirma, welche die Studie durchgeführt hat, ausgiebig diskutiert. Die Mängel dieser ersten Studie werden in der gerade begonnenen zweiten Studie deshalb hoffentlich vermieden.

In der Studie 2004 erhält Sachsen in der Bewertung der Kontrollbehörden vor allem deshalb schlechte Noten, weil sich einige nachgeordnete Behörden wegen ungeeigneter oder nicht eindeutiger Fragestellungen nicht an der Befragung beteiligt haben.

Dass Sachsen in einigen Bereichen Spitzenpositionen einnimmt, wird dagegen nicht erwähnt. Dadurch wird das Ergebnis völlig verzerrt. So wird zum Beispiel das gute Abschneiden der amtlichen Lebensmittelüberwachung Sachsens überhaupt nicht erkennbar.

Die vielfältigen Aktivitäten im Bereich des technischen Verbraucherschutzes in Sachsen waren übrigens gar nicht Gegenstand der Studie. Auch hier können sich jedoch die Erfolge im Freistaat Sachsen sehen lassen. Die Zusammenarbeit und der Erfahrungsaustausch mit Bayern und Thüringen führten dazu, dass die Marktüberwachung im Freistaat Sachsen sehr effizient durchgeführt werden kann.

Im Bereich des gesundheitlichen und des technischen Verbraucherschutzes haben sich in den vergangenen Jahren entscheidende Veränderungen durch die Umsetzung europäischer Prinzipien der Lebensmittel- und Produktsicherheit vollzogen. Kontrollen im Lebensmittelbereich finden jetzt über die gesamte Lebensmittelkette statt – vom Erzeuger bis zur Abgabe an den Verbraucher. Darin eingeschlossen sind die Überwachung der Tierbestände bis hin zu Kontrollen von Imbisseinrichtungen und Gaststätten.

Was die Kontrolldichte bei Lebensmittelbetrieben und die Zahl amtlich untersuchter Proben bezogen auf die Einwohnerzahl angeht, belegt Sachsen regelmäßig Spitzenplätze im bundesweiten Vergleich. Zunehmend finden Kontrollen in Lebensmittelbetrieben und Probenahmen auf der Grundlage von Risikobewertungen statt. Daneben werden die Lebensmittelkontrollbehörden künftig nach einem landeseinheitlichen Qualitätsmanagementsystem arbeiten.

Da es auch im Untersuchungsbereich auf zukunftsfähige Konzepte ankommt, wurden beispielsweise in der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen hochmoderne Dioxinuntersuchungskapazitäten aufgebaut. Verbraucher können sich auf den von behördlicher Seite zur Verfügung gestellten Internetangeboten umfassend zu aktuellen Themen der Lebensmittel- und Produktsicherheit informieren. Es gibt dort beispielsweise Verbrauchertipps zu aktuellen Problemen bis hin zu Informationen zur Behördentätigkeit und über gefährliche Produkte.

Im Bereich der Lebensmittel- und Produktsicherheit gibt es europaweit abgestimmte Schnellwarnsysteme für gefährliche Produkte. Um im Krisenfall rechtzeitig und wirksam reagieren zu können, wird derzeit für die amtliche Lebensmittelüberwachung ein Notfallplan erarbeitet. Im vorgelagerten Teilbereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes, der Tierseuchenbekämpfung, gibt es bereits entsprechende Systeme.

Auch was die Bewertung der Verbraucherzentralen angeht, sollten die positiven Ergebnisse der Studie stärker in den Vordergrund gerückt werden. Die Verbraucherzentrale Sachsen belegt in der geografischen Erreichbarkeit und bei der Finanzierung Spitzenplätze im Länderbereich. Außerdem wird ein sehr gutes Internetangebot hervorgehoben.

Die Verbraucherzentrale Sachsen hat inzwischen einen umfangreichen Modernisierungsprozess eingeleitet. Das diesbezügliche Modernisierungskonzept war bereits im September Diskussionsgegenstand hier im Sächsischen Landtag. Erwähnen möchte ich als Beispiel für die jüngsten Aktivitäten der Verbraucherzentrale Sachsen die Sammelklagen gegen Gasversorger wegen der Erhöhung der Gaspreise.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verbraucherschutz ist eine Querschnittsaufgabe und Bestandteil vieler klar definierter Rechtsbereiche. Neben Fragen der Lebensmittelsicherheit, der Ernährung, der landwirtschaftlichen Erzeugung von Nahrungsmitteln finden sich Aspekte des Verbraucherschutzes im Arbeitsschutzrecht, im Baurecht, im Umweltrecht oder im Verkehrsrecht, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.

Über Fragen der Ressortzuständigkeit wird innerhalb der Staatsregierung immer wieder diskutiert – auch darüber, ob es sinnvoll ist, manches zusammenzulegen. Im Zusammenhang mit der anstehenden Funktionalreform werden diese Fragen gerade in Bezug auf den nachgeordneten Bereich erneut auf den Tisch kommen. Auf jeden Fall müssen die Aufgaben innerhalb der Regierung gut abgestimmt werden. Die Studie zum Verbraucherschutzindex versteht sich als Anregung, über effiziente verbraucherpolitische Strukturen nachzudenken. In diesem Sinne sollten wir die Ergebnisse interpretieren.

Die Staatsregierung hat die Ergebnisse der Studie zum Anlass genommen, weitere Effizienzsteigerungen der Verwaltung und vor allem öffentlichkeitswirksame Maßnahmen im Hinblick auf mehr Transparenz und

Bürgerorientierung in Angriff zu nehmen. So wird es zukünftig einen Verbraucherschutzbericht der Sächsischen Staatsregierung geben.

Das Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit hat dazu die Initiative ergriffen mit dem Ergebnis, dass eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe gebildet wurde. Das Landesamt für Mess- und Eichwesen wurde gebeten, künftig die für den Verbraucherschutz relevanten Ergebnisse seiner Arbeit zusammenzufassen und zu veröffentlichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch der Verbraucherschutz wird in einer sich rasch verändernden Gesellschaft innovativ sein müssen. Neue Gefahren erkennen und sie am besten schon im Vorfeld abwenden, ist das eine – Transparenz schaffen ist das andere. Der Bürger als Verbraucher muss auch jene Mittel an die Hand bekommen, um als mündiger Verbraucher handeln zu können. Dazu muss er gut informiert sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden dazu weitere Initiativen ergreifen.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Wenn das nicht der Fall ist, dann, bitte, das Schlusswort der Linksfraktion.PDS. Frau Lay, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Jurk sagte es schon ganz richtig: Verbraucherschutz ist heute wichtiger denn je, denn angesichts der zahlreichen neuen Anforderungen, die auf Konsumentinnen und Konsumenten zukommen – zum Beispiel durch die Liberalisierung der Energie- und Telekommunikationsmärkte sowie von Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge –, wird es in Zukunft immer wichtiger werden, Verbraucherinnen und Verbraucher auf gleiche Augenhöhe mit den Unternehmen zu bringen und sie in ihren Rechten zu stärken.

Insofern begrüße ich es, dass wir uns hier – wenn wir einmal von Differenzen, was die namentliche Zuordnung, die Zuständigkeit und die Bündelung der Ministerien betrifft, absehen – offensichtlich doch parteiübergreifend einigen können, dass wenigstens die notwendigsten Schritte getan werden können, damit Sachsen in Zukunft eben nicht mehr den letzten Platz erhält, sondern einen der vorderen Plätze belegen kann.

Ich möchte anerkennen, Herr Jurk, dass Sie es besser machen wollen als Ihr Vorgänger, und ich glaube auch gerne, dass Sie bemüht sind, keine weiteren Fehler auf diesem Gebiet zu machen, denn Sie wissen ja auch, dass wir Sie ansonsten daran erinnern und darauf aufmerksam machen würden.

Da soll noch jemand behaupten, dass sich eine konstruktive Oppositionsarbeit nicht lohnt. Wir sehen es: Veränderung beginnt mit Opposition,

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

und wir sind als Linksfraktion auch stolz darauf, dass wir in dieser Frage einen Beitrag dazu leisten konnten, Sachsen zu modernisieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und der FDP)

Meine Damen und Herren! Bevor wir zur Abstimmung kommen, bitte ich, dass der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD eingereicht wird. – Frau Schmidt, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen legen diesen Änderungsantrag vor. Er formuliert weitergehende Beschlüsse als im vorliegenden Antrag der Linksfraktion.PDS.

Im Punkt 1 soll nicht nur berichtet werden, ob ein Krisenmanagement vorliegt, sondern es soll über die Aktivitäten des Verbraucherschutzes und das Krisenmanagement berichtet werden. Das ist sicherlich aus aktuellem Anlass nachvollziehbar.

Zum Punkt 2. Es ist künftig nicht nur regelmäßig ein Verbraucherschutzbericht vorzulegen, sondern dieser soll, Herr Minister, auch die Verstöße gegen die Verbraucherschutzvorschriften des Freistaates enthalten.

Außerdem soll, drittens, im regelmäßigen Bericht der Eichbehörden auf Verstöße hingewiesen werden, wie zum Beispiel Verstöße gegen die Fertigpackungsverordnung.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

Wird dazu das Wort von den Fraktionen gewünscht? – Frau Lay, bitte.

Sehr geehrte Frau Kollegin Schmidt! Ihre Begründung, dass Ihr Antrag weiter geht als unserer, finde ich wirklich sehr abenteuerlich.

(Beifall des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Sie wissen, gerade im ersten Punkt, dass die Nachfragen, die wir stellen, und die Berichte, die wir anfordern, deutlich über das hinausgehen, was Sie wollen. Ich habe vorhin versucht, einen konsensorientierten Beitrag zu leisten, und will in dieser Frage jetzt nicht kleinlich sein. Wir sind uns in den zentralen Forderungen, was den Bericht über das Krisenmanagement, die Erstellung eines Verbraucherberichts und einen Bericht der Eichämter anbelangt, einig. Insofern erkläre ich für meine Fraktion, dass wir den Änderungsantrag der Koalition übernehmen. Eine Abstimmung über unseren Antrag erledigt sich damit.

Meine Damen und Herren! Damit bringe ich den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD, Drucksache 4/3405, zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Wer ist

dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist der Änderungsantrag einstimmig beschlossen. Eine weitere Abstimmung erübrigt sich.

Meine Damen und Herren! Tagesordnungspunkt 3 ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Fragestunde

Drucksache 4/3280

Die Fragen wurden auch der Staatsregierung übermittelt. Gleichzeitig ist Ihnen die Reihenfolge der Behandlung der eingereichten Fragen bekannt gemacht worden.

Ich bitte die Abg. Frau Simon, Linksfraktion.PDS, ihre Frage an die Staatsregierung zu stellen; Frage Nr. 2.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich habe eine Frage zu Polizeiposten in der Oberlausitzer Grenzregion.