Protokoll der Sitzung vom 11.11.2005

Bereits im Juli 2003 fragte meine Kollegin Regina Schulz, ob die Gemeinden, die erst gegen ihren Willen um ihre Schule gebracht wurden, nachfolgend auch noch die Fördermittel zurückzuzahlen hätten. Statt sich klar und deutlich zu seiner Verantwortung zu bekennen, dozierte der damalige Minister Mannsfeld lieber über die Sächsische Haushaltsordnung und verniedlichte das Problem auf Einzelfälle und Einzelfallprüfungen. Mehr fiel dem jetzigen Minister am 23. Juni 2005 auch nicht ein, als ich am konkreten Beispiel der erst im Jahr 2002 mit Fördermitteln sanierten und zu Beginn des jetzigen Schuljahres geschlossenen Schule in Berthelsdorf erneut nachfragte. Er meinte zwar, dass er nicht die Absicht habe, Kommunen zu schaden oder sie zu ruinieren, aber sehr glaubwürdig war das natürlich nicht; denn gerade die Schulschließungen sind ein enormer Schaden für die betroffenen Kommunen, dabei nicht zu vergessen, dass nicht nur die vom Freistaat bewilligten Fördermittel vergeudet wurden, sondern auch die kommunalen Eigenanteile, was angesichts der chronischen Finanznot besonders schwer wiegt.

Das Bemühen des Kultusministers, sich nicht festzulegen, erweckte eher den Eindruck, dass sich die Regierung sämtliche Rückforderungsmöglichkeiten offen halten will, um sie je nach Kassenlage, im kleineren oder größeren Umfang, zu nutzen. Das ist natürlich völlig inakzeptabel.

Zu dieser Einschätzung sind offensichtlich inzwischen auch die Fraktionen von CDU und SPD gelangt. Ihr gemeinsamer Antrag lässt erkennen, dass bei ihnen das Problembewusstsein deutlich stärker ausgeprägt ist als im Kultusministerium. Das wollen wir in diesem konkreten Fall insbesondere der CDU-Fraktion auch zugute halten, obwohl deren Vorsitzender den Landtag erst kürzlich als „Schwatzbude“ bezeichnete und wir natürlich alle wissen,

dass ihr nicht nur laut Geschäftsordnung die umfangreichste Zeit zum Schwatzen selbst zusteht, sondern sie diese auch ganz gerne ausschöpft.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Zuruf von der CDU: So ein Quatsch! )

Die im vorliegenden Antrag vorgeschlagene Lösung ist als sehr zweckmäßig zu bezeichnen, auch wenn sie hätte längst schon getroffen sein können. Sie schafft für die betroffenen Kommunen klare Verhältnisse und unterstützt den Erhalt ihrer Schulgebäude für öffentliche Zwecke, damit vielleicht auch als erneute Nutzung für eine Schule.

Es hätte Minister Flath gut zu Gesicht gestanden, diese klare Position bereits als Antwort auf meine damalige Nachfrage zu beziehen. Er hätte sich auch erspart, nun durch den Antrag der beiden Koalitionsfraktionen vorgeführt zu werden. Aber vielleicht ist dies für ihn auch ein Anstoß, nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Bautzen zur Schule in Schönfeld jetzt sofort aktiv zu werden. Schulwege von über 88 Minuten gibt es nicht nur dort, sondern leider landesweit. Er könnte damit nicht nur Klagen zuvorkommen, sondern auch für so manche Kommune durch die Weiter- oder Wiedernutzung ihrer Schule die Frage der Rückzahlung von Fördermitteln gegenstandslos machen. Das würde ihm sicherlich keiner übel nehmen. Aus unserer Sicht wäre dies ohnehin die beste Lösung.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort. Herr Leichsenring, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach einem Jahr in diesem Landtag habe ich ja gewisse Bescheidenheit gelernt,

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Ach!)

zum Beispiel was die Erfolgsaussichten von Anträgen betrifft, die von der Opposition kommen.

Dass die so genannten demokratischen Fraktionen verabredet haben, hier alle NPD-Anträge geschlossen abzulehnen, ist mir persönlich relativ wurst. Das sage ich Ihnen so. Das kennzeichnet natürlich einen Tiefpunkt in der parlamentarischen Kultur. Aber wenn Sie ehrlich sind, meine Damen und Herren, so viel hat sich an Ihrer Strategie wiederum gar nicht geändert; denn wie ist die Praxis, wenn man sich so einmal die Jahre seit 1990 anschaut, wie viele Anträge hat denn die PDS durchgebracht? Das ist wahrscheinlich auch fast am Daumen einer Hand abzuzählen. Insofern ziehen Sie lieber die andere Spur auf, indem Sie alle Anträge, die Sie vorher ablehnen, dann selbst einbringen. Aber ich sagte, ich bin bescheiden geworden.

Ich bin ja sogar so bescheiden, dass ich mich darüber freue, wenn Sie ein halbes Jahr später ein Thema immerhin aufgreifen, auch wenn dies vielleicht für die Kommu

nen ungünstiger ist, das wir im Mai schon einmal eingebracht haben. Das ist wohl das Meiste, was man sich als Oppositionsfraktion in diesem Hause wünschen und erhoffen darf.

Natürlich ist der Ursprungsantrag von uns. Als er im Mai dieses Jahres eingereicht wurde, stieß er bei Ihnen auf wenig Gegenliebe. Noch in der Sitzung des Haushaltsausschusses am 28. September – das ist noch gar nicht so lange her – wurde von der Koalition und auch von den anderen – es ist in meinen Augen alles dasselbe – dieser Antrag einhellig abgelehnt.

Das Tollste ist: Für dieses Spielchen blamieren Sie Ihr eigenes Personal. In dieser Sitzung am 28.09., als unter TOP 5 unser Antrag behandelt wurde, Drucksache 4/1614, erklärte die Staatsregierung, wie sinnlos dieser Antrag sei, weil ohnehin bei jeder einzelnen Schule, die geschlossen würde, Einzelfallprüfung erfolgen würde und niemand ein Interesse daran haben könne, dass den Kommunen Schaden entstehe.

Genau 14 Tage nach dieser Sitzung, in der die Sinnlosigkeit unseres Antrages dokumentiert wurde – das ist im Protokoll nachzulesen –, verfassten Sie einen gleich lautenden Antrag, allerdings, wie gesagt, etwas unvorteilhafter für die Kommunen. Kommen Sie mir jetzt nicht mit irgendwelchen kleinen Änderungen. Dass es nicht identisch ist, ist klar, aber die Stoßrichtung ist dieselbe.

Weil der heutige Antrag von Ihnen für die Kommunen ungünstiger ist, haben wir Ihnen einen Änderungsantrag vorgelegt.

Es bleibt festzustellen, meine Damen und Herren: Es ist Ihre Schulpolitik, die zu dieser Situation führt. Es ist Ihre Politik, die den Bürgern in diesem Lande Angst vor der Zukunft macht. Es ist Ihre Politik, die junge Frauen ihren Kinderwunsch verdrängen lässt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Auweia!)

Ja, Sie haben abgewirtschaftet und haben noch nicht einmal die Größe, Ihren Hut zu nehmen. Das betrifft alle Fraktionen von da bis genau da.

(Beifall bei der NPD)

Geburtenraten sind immer auch ein Indikator dafür, wie viel Vertrauen ein Volk in seine Regierung setzt.

(Zuruf von der SPD)

Sehen Sie sich die Rangliste der Geburtenrate von Deutschland in der Welt an!

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren! Die Kommunen brachten damals für den Bau der Schulgebäude beträchtliche Eigenmittel auf. Dazu wurden sie von den Landespolitikern quasi verführt, nämlich durch die Bereitstellung von Fördermitteln. Wenn diesen Kommunen heute zugemutet wird, bei ihrer klammen Kassenlage möglichst noch

zusätzliche Mittel aufzuwenden, um die Fehlplanung der Landespolitiker zu kaschieren, so halte ich es schlicht für eine Unverschämtheit.

Warum mussten wir im Mai diesen Antrag stellen? Wir mussten es tun, weil genau diese Rückforderungen im Raum standen. Es wurde umgehend bestritten. Es hieß, es gäbe solche Pläne nicht. Warum in aller Welt dann heute dieser Antrag? Wieso – Herr Colditz, erklären Sie mir das bitte – ist dieser Antrag unstrittig und zustimmungsfähig, wenn er noch am 28. September im Ausschuss sinnlos war? Das müssen Sie mir erklären. Das können Sie aber nicht.

Niemand braucht sich über Politikverdrossenheit in diesem Lande zu wundern. Es ist nicht Politikverdrossenheit, es ist Politikerverdrossenheit, und zwar Verdrossenheit über Ihre Lügenpolitik. Das ist der Grund dafür!

(Zuruf von der SPD: Frechheit!)

Na gut, es ist unser Antrag und wir werden dem zustimmen, auch wenn Sie unseren Änderungsantrag erwartungsgemäß ablehnen werden. Sie haben erkannt, was wir wollten. Sie haben es für sich vereinnahmt und umformuliert. Wir haben aber im Prinzip das erreicht, was wir wollten. In diesem Sinne vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort. Herr Herbst, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt gelegentlich vernünftige Anträge aus der Koalition. Der uns vorliegende Antrag gehört dazu. Wir begrüßen den Antrag. Es wird Sie nicht überraschen, es ist eine alte Forderung der FDP vom Sommer dieses Jahres.

(Lachen bei der CDU und der SPD)

Die Informationen darüber konnten Sie unserer Kleinen Anfrage in Drucksache 4/1467 vom April

(Alexander Delle, NPD: Das haben Sie von uns abgeschrieben!)

entnehmen. Das war übrigens vor dem Antrag der NPD,

(Lachen bei der CDU und der SPD)

das muss man dazusagen.

Wir hatten damals gefragt, welche Fördermittel in Schulen geflossen sind, die auf der Schließungsliste stehen bzw. vom Mitwirkungsentzug betroffen sind. Die Antwort war: etwas mehr als 30 Millionen Euro. Das ist schon eine gewisse Summe.

Wir haben gefragt, wie die Staatsregierung damit bei Schulen, bei denen gegebenenfalls eine Rückzahlungsforderung besteht, umgeht. Uns wurde geantwortet: Ja, es gibt die Möglichkeit der Rückforderung, aber die Exekutive muss im Einzelfall entscheiden, das heißt, die Bewilligungsbehörde hat einen Ermessensspielraum, der die

Besonderheiten des Falls, die Zeitdauer der zweckentsprechenden Verwendung und die Interessen des Zuwendungsempfängers mit den öffentlichen Interessen abwägen soll.

Ich finde es trotzdem gut, dass wir politisch Klarheit schaffen, weil wir landesweit eine Entscheidungsgrundlage für die Behörden legen.

Gestatten Sie den Hinweis, dass das ein Stück weit ein Zeichen für eine zum Teil chaotische Schulnetzplanung und auch für eine Fördermittelverschwendung ist. Nicht alle Schulen, die Fördermittel bekommen haben, haben diese frühzeitig bekommen. Es war zum Teil absehbar, dass Mittel unter Umständen an Schulen gezahlt werden, die es in Kürze nicht mehr geben wird.

Dennoch denke ich, dass die Initiative richtig ist, weil eine Kommune, die ihren Schulstandort verliert, per se bestraft ist. Denn die Kommune wird dadurch nicht attraktiver und lebenswerter. Einen Ort dann quasi doppelt zu bestrafen, indem er auch noch eine Rückzahlung vornehmen muss, obwohl es vorher geprüft und genehmigt wurde – ich glaube, das kann nicht in unserem Sinne sein.

Wir haben zu dem CDU-/SPD-Antrag einen Änderungsantrag gestellt, weil der Text etwas unklar formuliert ist. In der Begründung ist es richtig formuliert, im Haupttext nicht, weil dort die Frage der Schulen, die nicht für öffentliche Zwecke genutzt, aber auch nicht veräußert werden können, offen bleibt. Das heißt, im Falle eines Leerstandes, also wenn eine Immobilie nicht sofort veräußert werden kann, muss man annehmen, dass dann auch die Fördermittel zurückzuzahlen sind.

Ich denke, wenn sich eine Kommune Mühe gibt, eine Schule zu verkaufen, aber aufgrund der Lage am Immobilienmarkt – Sie alle kennen das – diese Schule nicht veräußern kann, sollte sie nicht gezwungen sein, die Fördermittel zurückzugeben.