Protokoll der Sitzung vom 08.12.2005

Wir wollen beides nicht. Deshalb hat der Stadtrat auch beschlossen – das will ich zumindest hier anfügen –, mit den Stimmen der Bündnisgrünen und der CDU, gegen den Freistaat Klage zu erheben, wenn er bei der Nettobelastungsermittlungsverordnung in dieser Fassung bleibt. Ich denke, Sie sollten auch wissen, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen in den Kommunen es ein Stück weit anders sehen, als Sie es hier zelebrieren. Deshalb bin ich noch einmal ans Rednerpult gegangen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich frage, ob es aus den Fraktionen noch weiteren Redebedarf gibt. – Herr Abg. Dr. Gerstenberg von den GRÜNEN.

Gerstenberg reicht. – Werte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Ausführungen der Redner aus der Linksfraktion.PDS mit Kopfschütteln verfolgt. Wir hatten im Dresdner Stadtrat wirklich über alle Fraktionen eine einheitliche Position. Die haben Sie richtig beschrieben. Aber der Dresdner Stadtrat hat wie der Leipziger Stadtrat und der Chemnitzer Stadtrat eine Position der großen Städte hier in Sachsen. Dass es andere Positionen gibt, müssen wir zur Kenntnis nehmen. Die sind auch hier im Landtag vertreten.

Ich sage, es kommt darauf an, für die großen Städte eine Überprüfung und Verbesserung der Nettobelastungsermittlungsverordnung zu erreichen. Es kommt nicht darauf an, ganz tapfer ein Fähnchen hochzuhalten,

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS)

wie in unserem ursprünglichen Antrag, und damit unterzugehen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Genau!)

Wir haben hier eine Berichterstattung über objektive Unterschiede angefordert. Wir werden das nach allen Redebeiträgen sicherlich gleich erreichen. Wir haben erreicht, dass diese Verordnung im Hinblick auf eine Verbesserung, die sich zugunsten der großen Städte auswirken wird, überprüft wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Das ist ein deutlicher Fortschritt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS, steht am Mikrofon.)

Ich sage Ihnen: Was ich in Ihren Redebeiträgen heute erlebt habe, ist das, was ich einmal als eine verbissene Lust der Linksfraktion.PDS am Untergang beschrieben habe.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD – Ho, ho, ho bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Nicht so aufgeregt! – Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS, steht wieder am Mikrofon. – Volker Bandmann, CDU: Nun keine Zwischenfrage mehr! – Holger Apfel, NPD: Sie kann einen Redebeitrag halten! – Allgemeine Unruhe)

Ich wollte Sie fragen: Legen wir noch eine Pause ein oder führen wir das zu Ende? – Zur Diskussion steht nach wie vor dieser Antrag der GRÜNE-Fraktion. Frau Abg. Ernst, Linksfraktion.PDS, hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Gerstenberg, Herr Dr. Gerstenberg, ich bin natürlich ein bisschen enttäuscht von Ihnen und entsetzt, wie Sie sich hier aufführen, wie Sie bestimmte Beschlüsse, die Sie ja auch als Stadtratsmitglied gefasst haben, tatsächlich behandeln. Es ist für mich schon sehr schwierig.

Ich will Sie fragen: Was spricht denn dagegen, den Aspekt, den wir im Stadtrat beschlossen haben, hier auch vorzutragen, nämlich nach den tatsächlichen Kosten zu bezahlen? Dazu brauche ich keine Datenerhebung, sondern nur die Erhebung der tatsächlichen Kosten.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das zurückzunehmen, um einfach nur von der CDU und der SPD hier Ihren Antrag bestätigt zu erhalten, ist wirk

lich billig. Das spricht aber vermutlich für Ihre Art, Politik zu machen. Wie gesagt, ich kann Sie nur bedauern.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Gibt es weiteren Bedarf, sich dazu auszutauschen? – Das kann ich im Moment nicht sehen. Dann würde ich der GRÜNEFraktion das Wort für das Schlusswort erteilen. Frau Abg. Herrmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann diesen Widerspruch, der jetzt hier aufgemacht wird, nicht sehen.

Wir wollen mit dieser Änderung erreichen, dass die derzeitige Regelung überprüft und nach einer Überprüfung neu entschieden wird, wie die Kosten für die Kommunen erstattet werden. Natürlich kann das heißen – und das wünschen wir uns auch –, dass die tatsächlichen Kosten der Kommune erstattet werden. So wie wir es sehen, wird die Überprüfung in dieser Hinsicht so aussehen, dass sich die Unterschiede, die ich vorhin beschrieben habe, dort auch widerspiegeln.

Ich möchte noch eine Anmerkung machen. Es wurde innerhalb der Hartz-IV-Gesetze vom Bund absichtlich keine Regelung hinsichtlich Angemessenheit der Unterkunftskosten getroffen, um nämlich ganz genau den örtlich unterschiedlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Dieses Rechnung-Tragen zeigt sich eben auch darin, dass die Kommunen Gestaltungsspielräume haben und nicht einzelne Wohngebiete bevorzugt von ALG-IIEmpfängern bezogen werden müssen, sondern dass die Kommunen innerhalb ihrer kommunalen Landschaft ein differenziertes Wohnumfeld für die Betroffenen gestalten können.

Das wollte ich hier noch einmal sagen. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Wie gesagt, den großen Widerspruch, den die Linksfraktion.PDS sieht, kann ich nicht erkennen.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung. Ich mache Sie noch einmal darauf aufmerksam, dass wir jetzt über die Drucksache 4/3653 abstimmen. Das ist die Neufassung des ursprünglich eingereichten Antrages. Wer dieser Drucksache mit dem Thema „Nettobelastungsermittlungsverordnung für die Kosten der Unterkunft“ zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Die kann ich nicht erkennen. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich beschlossen worden. Damit entfällt die Abstimmung über den Ursprungsantrag. Die genannte Drucksache ist beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Erklärung zu Protokoll

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bittet die Staatsregierung zu untersuchen, welche Ursachen es geben mag, dass sich die Kosten der Unterkunft in den einzelnen Kreisen und Kreisfreien Städten unterschiedlich entwickeln.

Im Ergebnis soll überprüft werden, ob die so genannte Nettobelastungsermittlungsverordnung zum Sonderlastenausgleich Hartz IV angepasst werden muss, und zwar dahin gehend, dass anstelle von durchschnittlichen Unterkunftskosten pro Bedarfsgemeinschaft die tatsächlich vor Ort verausgabten Mittel berücksichtigt werden.

Zunächst einmal sind normierte bzw. Durchschnittsgrößen in Finanzausgleichssystemen durchaus üblich. Auch der Bund bedient sich in seiner Revisionsberechnung dieses Instruments. Die kommunalen Landesverbände haben nicht zuletzt deshalb dem jetzigen Ausgleichsverfahren zugestimmt.

In diesem Zusammenhang betone ich, dass unser Verteilungssystem Ergebnis schwieriger Gespräche mit den kommunalen Landesverbänden ist. Davon können wir also nicht leichtfertig abrücken.

In diesen Gesprächen haben wir auch vereinbart, den Vollzug des Sonderlastenausgleichs eng und zusammen mit unseren kommunalen Partnern zu begleiten. Schließlich betreten wir mit der Reform „Hartz IV“ Neuland und müssen erst noch Erfahrungen sammeln. Vor diesem Hintergrund hat mein Haus sowohl im Juli als auch im September dieses Jahres ausführliche Besprechungen mit den kommunalen Landesverbänden sowie Vertretern aller Kreise und Kreisfreien Städte durchgeführt.

Das nahezu einhellige Votum war, das System der vorläufigen Abschlagszahlungen im Sonderlastenausgleich zunächst fortzuführen und sich um eine Verdichtung der statistischen Daten zu bemühen.

Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang auch die These, dass die Mietkosten in den Städten höher seien und sich hieraus zwangsläufig höhere Kosten der Unterkunftskosten pro Bedarfsgemeinschaft ergäben. Diese

müssten im Sonderlastenausgleich vergütet werden, so die Befürworter dieser These.

Ich teile diese These nicht. Zum einen berücksichtigt sie nicht, dass Ballungsräume durch die Reform in der Regel stärker entlastet werden, da hier mehr Sozialhilfeempfänger leben als im ländlichen Raum.

Zum anderen unterstellt die These, dass die Unterkunftskosten je Bedarfsgemeinschaft der alleinige Faktor für die Höhe der Unterkunftskosten seien. Das wurde durch das Finanzministerium anhand von Statistiken überprüft. Im Ergebnis konnte das SMF keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Miethöhe und den von den Kommunen ausgezahlten Kosten der Unterkunft feststellen.

Das heißt, die Unterkunftskosten je Bedarfsgemeinschaft korrelieren nicht zwangsläufig mit dem Mietniveau. Auch andere Faktoren, wie zum Beispiel die Größe der Bedarfsgemeinschaften, spielen eine Rolle. Nach den Daten der Bundesagentur für Arbeit sind beispielsweise die Bedarfsgemeinschaften in den Landkreisen im Durchschnitt größer als in den Kreisfreien Städten.

Dennoch will ich mich gerne einer weiteren Überprüfung der Ursachen für unterschiedlich hohe Unterkunftskosten pro Bedarfsgemeinschaft stellen. Dies wird auf Basis der Ist-Zahlen von 2005 geschehen. Ich bin selbst neugierig, ob sich hier objektive Gründe finden lassen, die für die Streuung der Unterkunftskosten maßgeblich sind.

Unabhängig vom Berichtsantrag der Fraktion der GRÜNEN prüfen daher Sozialministerium und Finanzministerium, ob sich Erkenntnisse ergeben, inwieweit die Höhe der Unterkunftskosten je Bedarfsgemeinschaft selbst steuerbar ist.

Wenn wir objektive Unterschiede im Mietniveau oder bei der Größe der Bedarfsgemeinschaften und daraus resultierende Auswirkungen auf die Kosten der Unterkunft gesichert nachweisen, werden wir gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden nach möglicher Abhilfe suchen. In jedem Fall beobachten wir den Vollzug sehr genau.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 12

Nachträgliche Genehmigungen gemäß Artikel 96 Satz 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen zu über- und außerplanmäßigen Ausgaben und Verpflichtungen

Drucksache 4/3494, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses