Herr Staatsminister, weil ich gestern gerade die Rechnung bekommen habe: Wie begründen Sie, dass ich, erstens, per Gesetz gezwungen werde, mein Einfamilienhaus vermessen zu lassen, weil es im Kataster eingetragen werden muss,
ich dafür bezahle – das ist in Ordnung, der Vermesser muss seine Arbeit bezahlt bekommen –, und das Katasteramt noch einmal 68 Euro für die Eintragung ins Kataster verlangt? Dort ist es teurer geworden – nicht weil ich die Leistung leistungsgerecht bezahle.
Herr Prof. Porsch, der Zwischenruf von Herrn Bandmann ist okay: Das Vermessungsgesetz ist durch den Sächsischen Landtag beschlossen worden und es ist nur richtig und vernünftig, dass jedes Gebäude tatsächlich eingemessen sein muss und ins Kataster zu übernehmen ist.
Lassen Sie mich zum dritten Punkt kommen, der bei der Durchleuchtung der Aufgaben eine große Rolle spielt. Bei allen Aufgaben, die gegenwärtig in der staatlichen Verwaltung erfüllt werden müssen, ist zu überprüfen, ob sie kommunalisiert werden können. Ich halte dies nicht für eine Aufgabe, der wir uns freiwillig stellen; wir sind bereits durch unsere Sächsische Verfassung dazu aufgefordert, grundsätzlich Aufgaben auf die Träger der kommunalen Selbstverwaltung zu übertragen. Es wird sicherlich die eine oder andere Regelung von Bundes- und EURecht geben, die zu beachten ist, wenn man darüber
Ebenso geht es darum, meine Damen und Herren, dass eine transparente Zuständigkeit gegeben sein muss. Unsere Bürgerinnen und Bürger, aber genauso die Unternehmen müssen klar wissen, wie bestimmte Entscheidungen zustande kommen und vor allen Dingen, wie die Zuständigkeitsverteilung im Lande ist.
Lassen Sie mich zu einem nächsten wichtigen Punkt kommen, der Ortsnähe. Die Leistung der Verwaltung soll möglichst ortsnah angeboten werden. Ich bin sehr wohl der Auffassung, dass wir mit einem Blick in die Zukunft – denn wir wollen eine Struktur schaffen, die mindestens bis zum Jahr 2020 reicht – sehr stark die Rechentechnik, die Möglichkeiten von E-Government, berücksichtigen sollten.
Außerdem werden die Aufgaben danach bewertet werden müssen, ob sie langfristig wirtschaftlich realisiert werden können.
Vor diesen Kriterien wird der Verwaltungsaufbau nach einem neuen Leitbild zu gestalten sein. An dieser Stelle möchte ich ganz eindeutig sagen, dass wir im Moment einen dreistufigen Verwaltungsaufbau haben, und ich gehe nach der jetzigen Sachlage davon aus, dass wir weiterhin einen dreistufigen Aufbau haben sollten, nämlich eine Ministerialverwaltung, eine Mittelebene und eine kommunale Ebene. Sonderbehörden, meine Damen und Herren, sind grundsätzlich aufzulösen. Wir müssen sehen, dass wir diese Struktur nicht mit in die Zukunft nehmen sollten.
Und, meine Damen und Herren – das halte ich für eine ganz zentrale Aussage: Aufgaben des Freistaates sind weitestgehend auf Landkreise und Kreisfreie Städte zu verlagern.
Zu diesen Grundsätzen, möchte ich ausdrücklich erwähnen, besteht natürlich Einigkeit auch mit dem Präsidenten des Sächsischen Landkreistages, Herrn Dr. Schramm; ich darf an die Veranstaltung vom 2. Dezember erinnern. Diese Grundsätze hat er in seinem Redebeitrag ausdrücklich als zutreffend und unstrittig erklärt.
Es wird zu prüfen sein, ob die Landkreise eine hinreichende Verwaltungskraft haben; aber das kann man nur dann prüfen, wenn man zuordnen kann, was auf Landkreisebene tatsächlich alles anzusiedeln ist. Welche Aufgaben, die gerade vom Staat wahrgenommen werden, können auf die Landkreise übertragen werden? Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich noch einmal meine Position erwähnen: Erst wenn alle Aufgaben des staatlichen Bereichs auf eine mögliche Übertragbarkeit an die Kreise analysiert worden sind, kann vernünftigerweise über die Struktur der Kreise gesprochen werden.
Alles andere, was bislang läuft, ist lediglich ein Spekulieren über etwas, was der eine oder andere gern hätte. Lassen Sie uns diese Aktionen bitte hinter uns lassen! Lassen Sie uns nach vorn blicken und die Frage beantworten: Welche Aufgaben können überhaupt auf die Kreise übergehen? Dann muss geschaut werden, wie die richtige Struktur der Kreise auszusehen hat. Ich halte es für äußerst wichtig, dass wir wissen, dass es eine voreilige Diskussion über Landkreise und ihre Anzahl nicht geben darf.
Meine Damen und Herren! Wir müssen gerade im ländlichen Raum nach neuen Instrumenten suchen, wie Bürgernähe garantiert werden kann. Ich bin mir über eines völlig im Klaren: Es wird nicht nur die Variante geben, dass sich an bestimmten Stellen E-Government-Punkte befinden, wo sich die Bürger, wenn sie keinen eigenen Internetzugang haben, in die entsprechende Software einloggen können. Gerade im ländlichen Raum werden wir die Situation haben, dass die Verwaltung zum Bürger kommt, das heißt, dass in bestimmtem Rhythmus Verwaltungstage in den Kommunen angeboten werden, damit die Bürger dort ihre Aufgaben erledigen können.
Lassen Sie mich zum Ende etwas zum Eckwertepapier sagen, das der Lenkungsausschuss, dem Vertreter der Regierungsfraktionen, der Staatsregierung und natürlich beider Spitzenverbände angehören, gegenwärtig erarbeitet. Der Lenkungsausschuss wird der Staatsregierung das Eckwertepapier nach seiner Erarbeitung für die weitere Diskussion zuleiten.
Meine Damen und Herren! Ich betrachte die Verwaltungsreform als große Herausforderung, die wir aber nur gemeinsam mit der kommunalen Familie, also mit dem Landkreistag und dem Städte- und Gemeindetag, realisieren können. Lassen Sie diese große Aufgabe in den nächsten Monaten zu unserer Schwerpunktaufgabe werden!
Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die 1. Aktuelle Debatte zum Thema „Grundzüge einer zukunftsorientierten Verwaltungs- und Kreisreform im Freistaat Sachsen“, beantragt von der Fraktion der FDP, abgeschlossen.
Als Antragstellerin hat zuerst die Fraktion GRÜNE das Wort. Es folgen die CDU-Fraktion, die Linksfraktion.PDS, die SPD-Fraktion, die NPD-Fraktion, die FDPFraktion und die Staatsregierung, wenn gewünscht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist der letzte Tag der Konferenz von Montreal. Auf dieser soll entschieden werden, wie es die Welt nach Auslaufen des Kyoto-Protokolls im Jahre 2012 mit dem Klimaschutz halten will. Im Vergleich zu anderen war Deutschland relativ erfolgreich. Um das Kyoto-Ziel Deutschlands zu erreichen, müssen aber noch 20 Millionen Tonnen CO2Ausstoß eingespart werden. Umso mehr Sorgen mache ich mir daher über Vorstöße mancher gesellschaftlicher Gruppen, insbesondere des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, der offen die Aufgabe der deutschen Vorreiterrolle fordert.
Wir GRÜNE erwarten von Montreal – erstens – die Festlegung der Staatengemeinschaft auf das Ziel, den Anstieg der globalen Mitteltemperatur bis 2100 auf zwei Grad Celsius zu begrenzen; zweitens die Beibehaltung bindender Immissionsgrenzen im Kyoto-Protokoll; drittens die Einbeziehung des Flugverkehrs. Viertens dürfen die Reduktionsbemühungen nicht zu anderen ökologischen Sicherheitsbedrohungen führen – Stichwort: Neueinstieg in die Atomkraft. Fünftens erwarten wir eine Frist zum Abschluss verbindlicher Vereinbarungen bis 2008.
Ich hoffe, dass in diesem Hause nicht mehr bestritten wird, dass die Erwärmung der Atmosphäre auf die Verbrennung fossiler Ressourcen wie Öl, Kohle und Gas zurückzuführen ist. Es blieb allein dem Kollegen Heinz, den ich jetzt nicht sehe, vorbehalten, der den Klimawandel in der Plenardebatte auf eine Verschiebung der Erdachse zurückführte. Wenn wir uns in dieser Debatte wenigstens darauf einigen könnten, dass das nicht der Fall ist, dann wäre das schon ein Fortschritt.
Bohrungen im Antarktiseis ergeben, dass der CO2-Gehalt in der Atmosphäre in den letzten 650 000 Jahren noch nie so hoch war. Ich erwähne das, weil verschiedentlich gesagt wurde, dass es mit dem Klima immer auf und ab gegangen sei. Das ist richtig, aber nicht in diesen Zeiträumen und mit dieser Schnelligkeit. 2005 wird weltweit das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sein. Es gab noch kein Jahr, in dem so viele Hurrikanes entstanden sind, bisher 25 an der Zahl, einer schlimmer als der andere. Wir erinnern uns an „Catrina“, der mit
„Alles Tartarenmeldungen!“, werden Sie jetzt wieder sagen. Das Max-Planck-Institut Hamburg hat Ende September neue und präzisere Berechnungen vorgelegt, nach denen die globale Temperatur bis 2100 um mindestens 2,5 bis 4,1 Grad zunehmen wird. Der Meeresspiegel wird weltweit um bis zu 30 Zentimeter steigen und die Arktis im Sommer eisfrei sein. Es gibt durchaus noch schlimmere Szenarien.
Letzte Woche ist bekannt geworden, dass sich der Nordatlantikstrom in den letzten 50 Jahren um 30 % abgeschwächt hat. Die Forscher vermuten, dass der abnehmende Salzgehalt dafür verantwortlich ist. Dies führen sie auf mehr Niederschläge und mehr Schmelzwasser aus Grönland zurück. Zwar war eine Abschwächung von den Klimaforschern schon prognostiziert worden; jetzt ist sie aber gemessen worden. Der Umfang der Abschwächung übertrifft die Prognosen bei Weitem.
Was müssen die Ziele für einen ausreichenden Klimaschutz sein? Im schwarz-roten Koalitionsvertrag aus Berlin lese ich, dass die Bundesregierung den Anstieg der globalen Mitteltemperatur auf zwei Grad Celsius begrenzen wolle. Das ist das richtige Ziel. Ich begrüße das ausdrücklich. Das hätte ich ihnen gar nicht zugetraut.
Dafür müssen die weltweiten Emissionen bis 2050 um 50 % sinken. Im Augenblick sinken sie aber nicht, sondern sie steigen an. Das DIW hat kürzlich einen Anstieg um 4,5 % im Jahre 2004 errechnet. Das ist ein Viertel mehr als 1990. Insbesondere in China sind die Emissionen um 15 % gewachsen.
Was bedeutet das für Sachsen? Ich wiederhole nur die Erkenntnisse des LfUG. Selbst bei einer solchen Reduzierung müssen wir in Sachsen mit wesentlich wärmeren Wintern – ohne Schnee im Erzgebirge, Herr Günther! –, mit weniger Niederschlägen in der Vegetationsperiode und mit einem Anstieg der mittleren Temperatur um zwei Grad rechnen.
Wie sieht es nun in Sachsen aus? Wir haben ein tolles Energieprogramm von 2004. Darin heißt es, dass das EEG- und das KWK-Gesetz marktverzerrend seien und Sachsen sich die Option auf ein neues Akw offen halte. Herr Lehmann ist seiner Zeit also gar nicht so weit voraus. Die „Erneuerbaren“ sollen zwar wachsen, aber gemächlich. Sie sollen vor allem die Braunkohlenverstromung nicht gefährden. Vor allem deshalb muss Heuersdorf abgebaggert werden. Dies ist unnötig und dient nur der Steigerung der Gewinne der Mibrag.
Wir bedauern ausdrücklich die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes – auch wenn es Ihnen nicht gefällt, Herr Clemen –, der die Abbaggerung zulässt. Ich erkläre hier ausdrücklich die Solidarität meiner Fraktion mit den Heuersdorfern.
Wir haben auch ein dementsprechend tolles Klimaschutzprogramm. Es zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass es mehr als zwei Drittel der Emittenten ausnimmt und bei dem kleinen Rest von einem Drittel vielleicht in sehr maßvollen Schritten absenken möchte. Dieses Programm hat auch ganz tolle Ziele. Bis längstens 2010 sollen 3,7 Millionen Tonnen eingespart werden; wir haben jetzt schon 2,5. Man kann aber nur dann von Erfolgen sprechen, wenn man den größten Emittenten aus den Reduktionsverpflichtungen ausnimmt. Das tun Sie mit der Braunkohle. Herzlichen Glückwunsch, Herr Staatsminister! So zimmert man sich die Erfolge zurecht.