Zum 1. Dezember befanden sich insgesamt 201 weibliche Gefangene in der JVA in Chemnitz, darunter 44 Jugendliche. 163 Jugendliche und erwachsene Frauen waren im geschlossenen Vollzug, der eine Belegungs
fähigkeit von nur 126 Haftplätzen hat, untergebracht. Diese Überbelegung bedingt eine rechtlich zwar zulässige, aber äußert unbefriedigende generelle gemeinschaftliche Unterbringung der Frauen nicht nur in Doppel-, sondern sogar in größeren Hafträumen. Störungen in der Behandlung, subkulturelle Aktivitäten und eingeschränkte Differenzierungsmöglichkeiten sind die Folge. Gerade mit Blick auf die teilweise fortgeschrittene Behandlungsentwicklung bei männlichen Gefangenen wollen wir dies mit den sich in Zeithain ergebenden räumlichen und organisatorischen Möglichkeiten auch für weibliche Strafgefangene verändern.
Nach einer eventuellen Verlegung des Frauenvollzugs nach Zeithain soll das sanierte bisherige Frauenhafthaus in Chemnitz nicht ungenutzt bleiben. Wir prüfen derzeit mehrere Alternativen zur weiteren Nutzung, wobei die Überlegung einbezogen wird, dort einen Teilbereich des offenen Vollzugs oder einen Ausbildungs- oder Schulungsbereich einzurichten.
Herr Minister, ich habe eine Nachfrage. Sind die Kostenfolgen einer Verlegung des Frauenvollzugs von Chemnitz nach Zeithain schon berechnet oder überschlägig ermittelt, auch unter dem Aspekt der Folgekosten für verlustig gegangene Synergieeffekte?
Herr Bartl, wir sind mit den Planungen noch nicht fertig. Bei der abschließenden Entscheidung werden die Kostenfolgen selbstverständlich berücksichtigt. Über den jetzt erreichten Zwischenstand kann ich Ihnen keine detaillierte Auskunft geben. Das wäre ohnehin nur eine Momentaufnahme. Wir ziehen einen Strich darunter, wenn die Planungen fertig sind. Natürlich werden auch die Folgekosten berücksichtigt.
Meine Frage betrifft die Ungültigkeitserklärung der Wahlen des Bürgermeisters des Kurortes Oberwiesenthal vom Januar 2002. Das Verwaltungsgericht Chemnitz hat am 30.11.2005 die Wahl des Amtsinhabers Heinz-Michael Kirsten (CDU) zum Bürgermeister der Stadt Kurort Oberwiesenthal vom 20. Januar 2002 (!) wegen unzulässiger Wählerbeeinflussung für ungültig erklärt. Der derzeitige Amtsinhaber kündigte an, von der gegen diese Entscheidung zugelassenen Berufung zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen Gebrauch zu machen. Laut Auskunft der „Freien Presse“, Ausgabe vom 01.12.2005, erklärte die befragte Sprecherin des Verwaltungsgerichtes Chemnitz,
dass es „durchaus auch zwei Jahre dauern“ könne, bevor beim Oberverwaltungsgericht eine Entscheidung fällt.
1. Hält die Staatsregierung die Tatsache, dass eine Wahlanfechtung, vorliegend durch wahlberechtigte Gemeindebürger, mithin nahezu über die gesamte Amtsperiode des vermeintlich zu Unrecht gewählten Amtsinhabers bestandskräftig unentschieden bleibt, für vereinbar mit dem Demokratieprinzip bzw. mit sonstigen einschlägigen Grundsätzen und Regelungen der Landesverfassung?
2. Sieht die Staatsregierung gegebenenfalls gesetzgeberischen Handlungsbedarf, um derartige, für die Autorität und Handlungsfähigkeit auch betroffener Amtsinhaber maßgebliche Entscheidungen, für die der Rechtsweg zugelassen ist, künftig in vertretbaren Zeiträumen zu gewährleisten?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, zu Ihren Fragen sind zunächst zwei Dinge zu bemerken.
Erstens. Bei der seinerzeitigen Wahl sind auf den Amtsinhaber 55,4 % der abgegebenen gültigen Stimmen entfallen.
Zweitens. Herr Abgeordneter, Sie haben es leider unterlassen, in der Vorbemerkung zu Ihren Fragen den entscheidenden Verfahrensgesichtspunkt darzustellen. Das Verwaltungsgericht Chemnitz, das über die Ungültigkeit dieser Bürgermeisterwahl zu entscheiden hatte, hatte das Verfahren ausgesetzt, um dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen eine aus seiner Sicht für den weiteren Fortgang dieses Verfahrens entscheidende Frage vorzulegen. Gegenstand des Vorlagebeschlusses des Verwaltungsgerichts Chemnitz war die Frage, ob die Vorschriften über die Wahlprüfung insoweit mit Artikel 89 Abs. 1 Sächsische Verfassung vereinbar sind, als sie vorsehen, dass das Landratsamt als untere Verwaltungsbehörde Rechtsaufsichtsbehörde für kreisangehörige Gemeinden ist. Nachdem das Verwaltungsgericht Chemnitz ursprünglich Zweifel an der Vereinbarkeit des Landesrechts mit der Verfassung geäußert hatte, hat es diese hier maßgebliche Frage dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen vorgelegt.
Die Frage ist nun endgültig entschieden; denn mit Beschluss vom 18. August 2005 hat der Sächsische Verfassungsgerichtshof die Vereinbarkeit der von mir zitierten landesrechtlichen Vorschriften mit der Sächsischen Verfassung bejaht und damit Rechtsklarheit geschaffen. Erst nach dieser Entscheidung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes wurde auch das Verwaltungsgericht in den Stand versetzt, über die eigentliche wahlrechtliche Frage zu entscheiden.
Dieser Verfahrensgang macht deutlich, warum das Verwaltungsgericht erst jetzt in der Sache entscheiden konn
te. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die aufschiebende Wirkung der Wahlanfechtung bei der Bürgermeisterwahl bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl andauert, sodass der Klage eine aufschiebende Wirkung zukommt.
Das hier von Ihnen, Herr Abg. Bartl, angesprochene Beispiel einer Wahlanfechtung ist, wie Sie meiner Schilderung des Verfahrens gewiss entnehmen konnten, gerade nicht exemplarisch für vergleichbare Fälle einer Wahlanfechtung. Es ist aber – darauf möchte ich Ihr besonderes Augenmerk richten – exemplarisch für eine nach demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichtete Entscheidung.
Ihre Fragen lassen sich somit klar beantworten: Das Verfahren ist mit unseren Verfahrensprinzipien vereinbar. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht nicht.
Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass in – meines Wissens – allen Fällen, in denen eine Wahl von Bürgermeistern oder Landräten für ungültig erklärt wurde, weil im Nachhinein bekannt geworden war, dass sie für das Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet haben sollen, die Ungültigkeitserklärung der Wahl mit der sofortigen Suspendierung des betreffenden Bürgermeisters verbunden war? Wenn ja, weshalb wird hier, da vom Landratsamt eine Ungültigkeitserklärung wegen unzulässiger Wählerbeeinflussung bzw. Wählerbestechung festgestellt wird, nicht mit derselben Konsequenz die sofortige Suspendierung zur Anwendung gebracht?
Ich spreche von der Entscheidung des Landratsamtes. Warum wird er nicht suspendiert? Dagegen hätte er Rechtsmittel. Warum wird in diesen Fragen mit zweierlei Maß gemessen? Warum ist eine Wählerbeeinflussung bzw. Wählerbestechung weniger schwerwiegend als der Verdacht, MfS-belastet zu sein?
Herr Abg. Bartl, ich habe es Ihnen in meinen Darlegungen schon deutlich gemacht: Es handelt sich hier eben nicht um einen Fall, der mit den von Ihnen angeführten Fällen vergleichbar wäre. Es ist ein besonderer Fall.
Herr Abg. Bartl, ich habe klar dargelegt, warum es zu dieser Kette kommen musste und der Verfassungsgerichtshof einzuschalten war. Ich glaube, das beweist, wie deutlich anders als in den von Ihnen skizzierten Fällen die Sachlage in diesem Fall ist.
Um der Gleichberechtigung willen und weil der Nikolaus gerade erst vorbei ist, erfülle ich Ihnen den Wunsch.
Meine Damen und Herren! Die Fragestunde ist beendet. Wir gehen jetzt bis 14 Uhr in die Mittagspause.
Es ist genau 14:00 Uhr. Alle angekündigten Redner befinden sich im Saal. So können wir in der Tagesordnung fortsetzen mit
Die CDU beginnt mit der Aussprache, Frau Uta Windisch. Danach folgen SPD, Linksfraktion.PDS, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Füllung des Saales lässt darauf schließen, dass viele Angehörige des Hohen Hauses gern Tourismus praktizieren. Aber wenn es um eine solche Debatte geht, sind sie, aus welchen Gründen auch immer, nicht anwesend. Ich denke, das tut aber nichts zur Sache.
Die Koalitionspartner haben sich im Koalitionsvertrag klar dafür ausgesprochen, den Stellenwert der Tourismuswirtschaft als Wirtschaftsfaktor weiter zu erhöhen. Neben den steigenden Anforderungen an die Vielfalt und die Qualität von touristischen Angeboten hängt die Attraktivität der sächsischen Urlaubsregionen von einem toleranten und weltoffenen Klima ab. Steigerungspotenziale bei Gästezahlen sind fast ausschließlich nur noch bei Touristen aus dem Ausland gegeben. Ausländische Gäste waren und sind in Sachsen immer willkommen. Sie sollen sich hier wohl fühlen und keine Sorge haben müssen, dass sie wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Sprache oder sonstiger Äußerlichkeiten nicht willkommen sind.
„Sachsen – Land von Welt“: Der neue Slogan, mit dem der Freistaat international wirbt, drückt diese Intention treffend aus. Tourismuswerbung kostet Geld. Das ist bekannt. Nach wie vor kann die Tourismuswirtschaft nicht aus eigener Leistungsfähigkeit Werbung in großem Umfang bezahlen. Der Landtag hat sich auch im aktuellen Haushalt dazu bekannt, in angemessenem Umfang Mittel dafür bereitzustellen. Ich erinnere daran, dass in der Titelgruppe 5 38 85 hier für 2005 und für 2006 pro Jahr 6,4 Millionen Euro eingestellt sind. Davon sind allein 4,15 Millionen Euro für den Dienstleistungsauftrag des SMWA an die TMGS zur Durchführung einer professionellen touristischen Vermarktung Sachsens im In- und Ausland gebunden. Auftrag ist weiter nach diesem Dienst
leistungsvertrag die Fortschreibung und Umsetzung des Marketingplanes mit mittelfristiger Ausrichtung auf der Grundlage der Fortschreibung der Grundzüge sächsischer Tourismuspolitik. Die Koalitionsfraktionen haben sich zum Ziel gesetzt, die Attraktivität Sachsens als Urlaubs- und Tourismusland zu erhalten und weiter zu verbessern.
Die Zahl der Gästeankünfte und der Übernachtungen soll durch eine ständige Anpassung an die Veränderungen auf dem touristischen Markt sowie eine Verbesserung der Qualität der Angebote gesteigert werden. Nichts ist beständiger als der Wandel. Das ist bekannt. Deshalb und im Interesse der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Erschließung neuer Gästegruppen ist der Landesmarketingplan zu evaluieren und an die sich regelmäßig verändernden Trends anzupassen.
Im Ergebnis dieser Evaluierung sollen wechselseitig die wirtschaftlichen, die touristischen und die kulturellen Potenziale stärker für das gesamte Wirtschaftswachstum und für mehr Beschäftigung im Freistaat erschlossen werden. Hierzu hat es ja in der Vergangenheit zahlreiche Aktivitäten gegeben, über die wir hier auch schon des Öfteren gesprochen haben.
So hat die TMGS die Aufgabe, das Reiseland Sachsen am deutschen und internationalen Markt zu platzieren. Topthemen für Sachsen heißen nach wie vor Kunst, Kultur und Städtetourismus, Familienurlaub, Vitalurlaub und Wellness, Aktivurlaub und – was jetzt im neuen Plan einen besonderen Stellenwert einnimmt – die Vermarktung der ländlichen Regionen Sachsens. All diese Projekte sollen das Marketing des Tourismusstandortes Sachsen weltweit verbessern.
Gleichzeitig fehlen aber aus unserer Sicht eine Kontrolle und eine Übersicht über die tatsächlich durchgeführten Marketingprojekte. In der Fortschreibung der Grundzüge der sächsischen Tourismuspolitik ist dem Innovationsgedanken der Tourismusentwicklung an mehreren Stellen ausführlich nachgegangen worden. Die Umsetzung ist aus
meiner Sicht bisher allerdings noch nicht ausreichend erfolgt. So ist unter Punkt 5.3 fixiert, dass ein professionelles Controllingsystem zur Erfolgsbewertung der Fördergegenstände mit messbaren Zielen installiert werden soll; denn die Abrechnung eines Projektes unter Kriterien des Verwendungsnachweises der Mittel ist die eine Seite, aber eben nicht ausreichend, eine Betrachtung des Erfolges eines Marketingprojektes in angemessenem Zeitabstand die andere und aus meiner Sicht die wichtigere Seite, ist es doch für künftige Projektplanungen wichtig zu wissen, mit welchem Erfolg abgeschlossene Projekte gelaufen sind, wie sich zum Beispiel Kooperationen mit Ameropa, dem deutschen Bahnreiseveranstalter, auf die Buchungszahlen auswirken, welchen Erfolg insbesondere der Besuch von relativ teuren Auslandsmessen bringt und vieles andere mehr.
Weiter ist Gleiches bei den strategischen Empfehlungen für die Zukunft formuliert: "Die Evaluierung des Marketings nach festgelegten messbaren Zielen und Indikatoren als Controllinginstrumente, um regelmäßig über aktuelle Ergebnisse zur regionalen und internationalen Wettbewerbsposition zu verfügen."