Protokoll der Sitzung vom 09.12.2005

Weiter ist Gleiches bei den strategischen Empfehlungen für die Zukunft formuliert: "Die Evaluierung des Marketings nach festgelegten messbaren Zielen und Indikatoren als Controllinginstrumente, um regelmäßig über aktuelle Ergebnisse zur regionalen und internationalen Wettbewerbsposition zu verfügen."

Dem für 2006 erstmals zu erstellenden Tourismusbericht Sachsens sieht meine Fraktion mit Spannung entgegen.

Punkt 2 unseres Antrages haben wir noch einmal explizit daraufhin verstärkt, dass der engeren Verknüpfung des Tourismusmarketings im Ausland mit den Aktivitäten der Wirtschaftsförderung Sachsen und der Präsentation sächsischer Kunst und Kultur im Ausland ein höherer Stellenwert beigemessen wird. Hier hat es in den vergangenen Jahren durchaus Defizite gegeben. In der Verknüpfung von Tourismus, Kunst, Kultur und Wirtschaft schlummern große Synergiepotenziale, auch wenn der erfreuliche Aufwuchs der Zahlen bei den ausländischen Gästen mit einem Plus von 12,2 % bei den Übernachtungen von 2003 auf 2004 und immerhin noch 7 % von 2004 auf die ersten drei Quartale 2005 Erfolg versprechend ist.

Die Aktivität der TMGS, mit einem sächsischen Haus während der olympischen Winterspiele in Turin im Februar nächsten Jahres präsent zu sein, wird ausdrücklich begrüßt, eine große Chance, das Reiseland Sachsen einem breiten internationalen Publikum als interessante Destination nahe zu bringen.

Ziel- und Rahmenvorgaben für den sächsischen Tourismus insgesamt lassen sich deckungsgleich mit den Worten des EU-Kommissars für Industrie und Unternehmen zum Tourismusgipfel in Berlin in dieser Woche formulieren. Er sprach über die europäische Tourismus-Agenda der kommenden Jahre und formulierte unter anderem folgende Herausforderungen:

1. das Einstellen auf die Folgen des demografischen Wandels;

2. steigendes Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung;

3. die Notwendigkeit der Umgestaltung der ländlichen Räume, insbesondere unter dem Blickwinkel der touristischen Nutzung;

4. den Erhalt einer auf Nachhaltigkeit beruhenden Wettbewerbsfähigkeit sowie

5. die Schaffung eines weltoffenen Klimas bei hoher Sicherheitslage.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sehen der Antwort der Staatsregierung mit Interesse entgegen, die Grundlage für weitere auch parlamentarische Aktivitäten sein wird mit dem Ziel, die Entwicklung des Tourismus in Sachsen auch unter den schwieriger werdenden Rahmenbedingungen weiter positiv beeinflussen zu können.

Wir hoffen natürlich auf Unterstützung der anderen Fraktionen des Landtages für unseren Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. Für die SPD-Fraktion spricht Frau Dr. Raatz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Frau Windisch sagte gerade, Sachsen präsentiert sich erfolgreich als Kulturland, als Wirtschaftsstandort und nun neuerdings auch als Land von Welt. Jedenfalls von der Marke als „Sächsist“ haben wir uns erst einmal getrennt. Ich denke, darüber sind wir alle nicht ganz unglücklich.

(Beifall bei der SPD)

Das SMWA hat sich in einem offenen Prozess ab Juli 2003 der Fortschreibung der Grundzüge der Tourismuspolitik gestellt. Es ist klar, der Tourismus hat sich zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor in Sachsen entwickelt. Im Vergleich zum Jahr 2003 stieg die Zahl der Übernachtungen 2004 um 3,5 % und die Gästezahlen stiegen sogar um 6,1 %. Nach Berlin verbucht Sachsen nun im bundesweiten Ranking die zweithöchste Zuwachsrate an Übernachtungen. Traditionell stand bei den Regionen das Erzgebirge mit 17,4 % an der Spitze der Besuchergunst. Wenn man das Erzgebirge manchmal ein wenig belächelt, so gibt es doch nur wenige Marken in Sachsen, die weltweit bekannt sind. Dazu gehören Dresden und das Erzgebirge.

(Beifall bei der FDP)

Daraus müssen wir etwas machen, mehr als bisher. Rund ein Drittel aller Übernachtungen in Sachsen werden durch die drei großen Städte realisiert, wobei Dresden die Hauptkraft darstellt. Das ist sicherlich ein schöner Erfolg, aber es kann noch besser werden, denn Sachsen hat ein großes Potenzial, woraus wir noch sehr viel mehr machen können.

Frau Windisch ist schon auf den Koalitionsvertrag eingegangen. Wir haben dort vereinbart, die Attraktivität Sachsens als Urlaubs- und Tourismusland weiter zu verbessern. Dieses Ziel erfordert eine regelmäßige Evaluierung und Anpassung des Landesmarketingplans. Das ist Inhalt unseres heutigen Antrages. Gleichzeitig sollen die Instrumente und Institutionen im Tourismusbereich besser

verzahnt – auch das sagte meine Vorrednerin – und mit der Wirtschaftsförderung enger verknüpft werden, um vorhandene Synergiepotenziale besser nutzen zu können. In dieser Weise werden wir unserem Ziel etwas näher kommen, noch mehr Touristen nach Sachsen zu holen.

Immerhin sind bisher 92 000 Menschen in der Tourismusbranche beschäftigt. Gerade in strukturschwachen Gebieten ist der Tourismus der größte Arbeitgeber. Das ist ein wichtiger Faktor, um dem Tourismus den entsprechenden Stellenwert zu geben. Im Jahr 2004 wurde ein Umsatz von vier Milliarden Euro erzielt. Auch das ist eine Summe, die sich sehen lassen kann.

Bisher verläuft die touristische Entwicklung Sachsens zwar recht wellenförmig, aber stetig und kräftig nach oben. Um diesen grundsätzlich positiven Trend fortzusetzen, muss es zum einen gelingen, die Städte in den Bereichen Kultur sowie Tagungs- und Kongresstourismus nachhaltig als Wachstumsmotor zu stärken. Wir haben in Dresden das neue Kongresszentrum. Wir müssen sehen, ob wir das entsprechend Gewinn bringend einsetzen können. Zum anderen müssen Angebotssegmente wie Wandern, Wellness und Weintourismus weiter ausgebaut werden. Nur so werden wir neue Touristen nach Sachsen holen können. Die Tourismuskonzeption für Sachsen setzt dafür Schwerpunkte und formuliert den Handlungsbedarf. Ich denke, dass unser Wirtschaftsminister dazu noch Genaueres ausführen wird.

Vor kurzem wurde das Tourismusbarometer vom Ostdeutschen Sparkassenverband vorgestellt. Darin ist ein Trendbarometer enthalten, worin man finden kann, wie sich der Tourismus bis 2015 in den ostdeutschen Bundländern entwickeln wird. Man kann dort einiges ablesen und im Land gestalten. Die Urlaubsmotive sind ganz klar: Es ist Entspannung, was die Touristen suchen, und kein Stress. Sie wollen frei über ihre Zeit und über sich selbst verfügen können. Sportliche Aktivitäten sind nicht so sehr gefragt. Ich denke, dass wir dabei den Wintersport sicher nicht ausnehmen müssen, aber der Wintersport betrifft nur einen kleinen Teil unserer Touristen. Hier muss man sehen, welche Dinge man weiter mit Fördermitteln unterlegt.

Deutschland bleibt – das ist erfreulich – auch weiterhin das Hauptreiseland der Deutschen. Kurzzeiturlaube nehmen allerdings zu. Das muss aber nichts Negatives bedeuten. Im Zuge des demografischen Wandels werden die Senioren zukünftig an Bedeutung gewinnen. Hier müssen wir uns fragen, ob wir darauf eingestellt sind, denn dort ist das Geld. Wir müssen darauf achten, gerade diese Klientel mehr nach Sachsen zu holen. Frau Windisch sagte es, Kunst und Kultur zieht die Leute an. Städtetourismus ist genau das, was die Senioren suchen. Familien werden ein großes Segment bei den Reisenden bilden. Es werden aber die Ein-Kind-Familie oder Senioren mit Kindern nach Sachsen oder prinzipiell nach Deutschland reisen. Buchungen in Reisebüros bleiben weiterhin aktuell. Es ist nicht so, dass man alles per Internet machen muss. Allerdings sind die Leute sehr viel

anspruchsvoller. Sie wollen individuell beraten werden. Da müssen unsere Reisebüros – ich habe meine eigenen Erfahrungen in Freiberg gemacht – noch sehr viel dazulernen.

Eine wichtige Schlussfolgerung aus dem Tourismus- und Trendbarometer ist, dass die Ansprüche an Qualität, Komfort, Vielfalt und Service steigen, und das in allen Bereichen. Von der Informationsbeschaffung über Buchung, Anreise, Aufenthalt und Abreise werden sich die Anbieter behaupten, die eine optimale, zielgruppengerechte Spitzenleistung bieten können. Die gestartete sächsische Qualitätsoffensive hat ihre volle Berechtigung. Entsprechend diesen Anforderungen muss eine Vermarktung der Regionen und der Angebote erfolgen.

Auf den zweiten Teil unseres Antrags ist ebenfalls meine Vorrednerin schon eingegangen. Das heißt, dass wir Sachsen für ausländische Gäste noch attraktiver machen müssen. Wir haben Nachholbedarf. Der Vergleich mit den alten Bundesländern lässt hoffen, dass wir den Anschluss schaffen werden, aber da müssen wir, wie gesagt, noch einen Zacken zulegen.

Eine der wichtigen Forderungen an die Arbeit der Tourismusmarketinggesellschaft Sachsen ist, sich darum zu bemühen, die Zahl der ausländischen Gäste mit einem entsprechenden Marketing zu erhöhen. Reisende aus dem Ausland geben pro Person und Tag in Deutschland signifikant mehr Geld aus als Gäste aus dem Inland. Wenn man sich im Tourismusbarometer anschaut, wo die Touristen das Geld lassen, stellen wir fest, dass sie es in Dresden und Meißen lassen. Letzteres war für mich verwunderlich. Wenn man darüber nachdenkt, warum die Touristen ihr Geld in Meißen lassen, ist es gar nicht so weit weg: Sie kaufen dort natürlich Meißner Porzellan. Das gibt es nicht zum Cent-Preis. In Durchschnitt werden Summen von 600 Euro angeführt, die ein Tourist dort lässt. Das lässt nach oben hin einiges offen. Die Touristen legen Wert auf Qualität und auf etwas Spezielles aus dem Land. Auch daran kann man sich orientieren, wenn man weiterhin und vermehrt Touristen nach Sachsen holen möchte.

Dabei muss man sagen, dass seit dem Tätigwerden der TMGS erfolgreiche Steigerungsraten zu bemerken sind. Das heißt also, mit einem ordentlichen Marketing kann man einiges erzielen. Gerade im Hinblick auf die EUOsterweiterung bieten sich für Sachsen neue Märkte an. Neueste Untersuchungen haben ergeben, dass 7,5 % der Urlaubsreisen aus den Beitrittsländern nach Deutschland führen. Ebenfalls wird sich die Bedeutung der Länder Japan und China für den Deutschlandtourismus erhöhen. Wir müssen alles daransetzen, dass wir dieses Potenzial noch stärker für Sachsen gewinnen können.

Diese Chance haben wir schon im nächsten Jahr. Als ich gestern meinen Fernseher anschaltete, um zu sehen, was in Leipzig los ist, sah ich, dass sich diese Chance schon dieses Jahr bietet. Das ist ein kleiner Vorgeschmack auf die Fußballweltmeisterschaft 2006. Mit diesem Großereignis werden wir zu einem internationalen Besucher

magneten. Wenn wir daraus nichts machen, sind wir selbst schuld.

Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg, und ich bitte auf jeden Fall die Fraktionen um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der SPD, der CDU und des Staatsministers Thomas Jurk)

Danke schön. – Herr Tischendorf spricht für die Linksfraktion.PDS.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde schon zweimal angesprochen: „Sachsen – Land von Welt“. Unter dieser neuen Dachmarke wird die TourismusMarketing-Gesellschaft in den nächsten Jahren für ein weltoffenes Sachsen als lohnendes Reiseziel werben. Mir gefällt das Motto durchaus, eine gute Wahl, aber ich will auch ein bisschen Wasser in den Wein schütten: Weniger gut haben mir die Begleitumstände gefallen, die im Vorfeld der Beschlussfassung der TMGS zu diesem Thema in der Öffentlichkeit waren. Es war aus meiner Sicht geradezu abenteuerlich, wie der Ministerpräsident den in dieser Sache völlig überforderten Chef der Staatskanzlei, Hermann Winkler, so lange mit seiner Schnapsidee einer eigenen Dachmarke durch die Welt wandern ließ. Die vom Chef der Staatskanzlei angezettelte Diskussion war nicht nur fachlich völlig verquer, sie war schädlich; denn wenn es so gekommen wäre, wären die Gelder, die wir für ein ganz anderes Projekt, nämlich für die Bekämpfung des Rechtsextremismus eingeplant hatten, völlig fachfremd verwendet worden.

Mit Bekanntwerden der Dachmarkenidee der Staatskanzlei haben bei mir nicht wenige Vertreter der Tourismuswirtschaft und der Tourismusverbände angerufen und ich vermute, bei Ihnen auch. Die Meinungen waren sehr eindeutig. Unzweifelhaft hat man gefordert, diesen Schwachsinn endlich zu beenden. Ich denke, es ist auch an der Zeit, den Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und meiner eigenen Fraktion noch einmal zu danken. Es ist im vorigen Monat gelungen, diese Sache sozusagen vom Kopf auf die Füße zu stellen und wieder über eine richtige Dachmarke für Sachsen zu reden.

Kleine Nebenbemerkung, Herr Staatsminister Jurk: Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich in diese verquere Debatte eingeschaltet hätten. Ich habe Sie leider nicht gehört. Ich denke, als fachlich zuständiger Minister hätte Ihnen das gut zu Gesicht gestanden.

Aber es gibt ja, wenn wir beim Marketing sind, noch ein paar andere Baustellen, die es sich durchaus anzugehen lohnt. Ich wünschte mir, dass Sie sich da ein bisschen energischer in die Sache einmischen. Ich nenne noch einmal ein Beispiel: Das ist der Aufbau und die anschließende Vermarktung der Seen um Leipzig.

Es ist durchaus löblich, dass sich das Innenministerium des Problems angenommen hat. Wir sind aber der Auffassung, hier muss der Wirtschaftsminister die dringend notwendige Verständigung mit Sachsen-Anhalt selbst in die Hand nehmen. Es geht im Grunde genommen zum Beispiel in Leipzig auch darum, im Gesamtprozess der touristischen Vermarktung nicht den Begriff „Sächsisches Seenland“ zu installieren. Denn die Seen in SachsenAnhalt gehören – wenn Sie sich da auskennen – räumlich genauso dazu. Es sind aber keine sächsischen.

(Zuruf des Staatsministers Thomas Jurk)

Das sage ich Ihnen gleich, was es da für ein Problem gibt.

Zu klären ist, inwieweit die touristische Marke, die in Sachsen-Anhalt bereits installiert ist – das „Blaue Band“ –, ausgeweitet werden soll oder ob es für die Vermarktung der Seen um Leipzig eine länderübergreifende eigene Dachmarke gibt. Das ist eine offene Baustelle, die Probleme macht.

(Staatsminister Thomas Jurk: Fangen Sie in Leipzig erst einmal an!)

Das können wir dann gern diskutieren. Ich sehe das anders als Sie.

(Staatsminister Thomas Jurk: Ich höre zu!)

Weil es schon angesprochen wurde, ich sehe es etwas kritischer, Frau Windisch, wenn die TMGS scheinbar unter dem Druck der Staatsregierung beschließt, für die Olympischen Winterspiele in Turin ein so genanntes Sächsisches Haus zu finanzieren. Wir reden immerhin von einem Projekt, das rund 500 000 Euro kosten wird. Selbst bei einer optimalen Refinanzierung kommt maximal die Hälfte wieder zurück. An einen nachhaltigen Imagegewinn durch das Projekt will ich nicht so recht glauben wie Sie, zumindest ist er mir nicht deutlich geworden. Die Kosten dafür müssen aus dem ganz normalen Budget der TMGS gesichert werden und gehen für andere Projekte in den Regionen verloren.

Ich hätte mir an dieser Stelle von der Staatsregierung durchaus mehr marktwirtschaftliches Denken erhofft. Solch eine Idee sollte vordergründig durch private Unternehmen gesichert und dann erst mitfinanziert werden.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion.PDS)