Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie angekündigt, geht es um die grundsätzliche Einführung der Einwilligungslösung anstelle der Widerspruchslösung. Wir wollen
den § 23 Abs. 1 ändern. Hier haben schon verschiedene Fraktionen – wie FDP und Linksfraktion.PDS – zum Ausdruck gebracht, dass sie das auch wünschen, allerdings ändern sie nicht den § 23 Abs. 1 Nr. 4, wo es systematisch hingehört. Das ist nämlich die allgemeine Regelung der Widerspruchs- bzw. der Einwilligungslösung, die vor die Klammer gezogen ist. Die anderen Regelungen, die wir dann in diesem durchaus schwer zu lesenden Änderungsantrag noch einbringen, sind außer einer, die ich nachher einbringe, Folgeänderungen, die gesetzestechnisch bedingt sind.
Zur Begründung habe ich schon ausgeführt, dass es nicht angehen kann, dass Daten, die mit hoheitlicher Eingriffsverwaltung zum Zwecke der öffentlichen Datenverarbeitung durch öffentliche Behörden praktisch erhoben worden sind, auch an Private übermittelt werden können, ohne dass der einzelne Bürger das Recht hat, dem vorher zuzustimmen. Er hat nur das Recht des Widerspruchs. – Von daher bitte ich um Zustimmung.
Herr Präsident! Die Widerspruchsregelung reicht nach unserer Auffassung völlig aus. Dem Bürger ist damit nichts abgeschnitten. Würde man dem Antrag des Abg. Lichdi, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, folgen, würde das letztlich zur Lahmlegung der gesamten Effektivität dieses computergestützten Datenabgleichs führen. Im Einzelfall müsste jeder einzelne Bürger zunächst angeschrieben werden, er müsste sich melden. Der Kern dieses Gesetzentwurfs würde getroffen. Deswegen lehnen wir dies ab.
Es ist schon interessant, welchen Stellenwert bei Kollegen Bandmann verbriefte Grundrechte einnehmen.
Ich habe vorhin schon gesagt, dass es hier um das Grundrecht Schutz auf informationelle Selbstbestimmung geht. Ich habe ja in der Rede umfangreich dazu gesprochen, dass wir im Prinzip das Gleiche wollen wie die GRÜNEN. Wir haben es nur gesetzestechnisch anders gelöst. Das ist eine Frage des Geschmacks, an welcher Stelle man das vielleicht auch mehrfach bringt. Wir brauchen das Plenum mit diesen Feinheiten nicht übermäßig zu belasten. Auf alle Fälle können wir diesem Änderungsantrag gerne zustimmen.
Herr Friedrich hat noch einmal auf die Grundrechte hingewiesen. Für Klarheit für den Abgeordneten, der an der Beratung teilgenommen
hat, bin ich Herrn Lichdi dankbar, der korrekt wiedergegeben hat, dass wir diesen Gesetzentwurf in der Tat sehr sorgfältig beraten haben. Auf den Anmeldeformularen für den Bürger wird bereits auf die Widerspruchsmöglichkeit hingewiesen. Das heißt, der Bürger hat die Möglichkeit, was Sie hier beispielsweise ausgewiesen hatten, zum Beispiel für Telefonbuchverlage, seinen Widerspruch geltend zu machen. Das heißt, im Bereich der Grundrechte wird genau an dieser Stelle eben nicht eingegriffen. Deswegen ist die Begründung, die Herr Dr. Friedrich gebracht hat, an dieser Stelle falsch.
Ich spreche vielleicht das letzte Mal heute zu Kollegen Bandmann. Aber Ihre Argumentation ist ja nachgerade schizophren, ich darf das einmal hier sagen. Einerseits sagen Sie, die Bürger hätten ja die Möglichkeit zu widersprechen, weil das auf den Formularen steht. So schön, so gut. Dann aber sagen Sie einen halben Satz vorher: Würde unsere Lösung oder die Lösung, die die GRÜNEN vorschlagen, eingeführt, dann würde das ganze System zusammenbrechen, weil die Bürger ihre Rechte wahrnehmen. Was stimmt denn nun? Ihre Argumentation ist, gelinde gesagt, hirnrissig. Entschuldigung für diesen Ausdruck!
Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 4/4102 Nr. 1. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und einer größeren Anzahl von Stimmen dagegen ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt. Ich wiederhole noch einmal von der Korrektheit her: Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.
Ich lasse jetzt über Nr. 17 des Artikels 1 abstimmen. Wer der Nr. 17 des Artikels 1 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei 2 Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist der Nr. 17 mehrheitlich zugestimmt.
Ich lasse über Nr. 18 bis 23 des Artikels 1 abstimmen. Hier liegen keine Änderungsanträge vor. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dagegen und Stimmenthaltungen ist Nr. 18 bis 23 des Artikels 1 zugestimmt.
Wir kommen zu Nr. 24, Drucksache 4/4102. Hier gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE zu Nr. 2. Ich bitte um Einbringung, Herr Lichdi.
Herr Präsident! Das ist eine Folgeänderung, die ich nicht besonders einbringen muss. Das gilt auch für alle.
Ich möchte Sie nur bitten, dass ich Punkt 3 zu Nr. 26 noch einmal extra begründen darf. Sonst sind alle schon eingereicht.
Ja, gut. – Wird zu dem Änderungsantrag, der eingebracht ist, noch einmal das Wort gewünscht? – Herr Bandmann, bitte.
Herr Präsident! Ich möchte schon noch einmal darauf eingehen, weil in diesem Änderungsantrag wörtlich steht: „Eine Übermittlung der Daten ist ohne vorherige Einwilligung unzulässig.“ Herr Dr. Friedrich, auch wenn Sie mich als schizophren bezeichnen, so ist es doch in der Tat ein qualitativer Unterschied, ob ein Bürger in einem bestimmten Bereich sofort seinen Widerspruch bei der Anmeldung geltend macht oder ob die Behörde im Einzelfall verpflichtet ist, bei jedem einzelnen Bürger im Lande erneut anzufragen, ob er denn auf Antrag einer dritten Stelle oder eines Privaten zur Auskunft dieser Daten einverstanden ist. Das würde in der Tat das System lahm legen. Deshalb besteht da ein qualitativer Unterschied, und wir lehnen dies ab.
Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bringe ich den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 4/4102 Nr. 2, zur Abstimmung. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer großen Anzahl von Stimmen dafür ist dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über Nr. 24 Artikel 1. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist die Nr. 24 angenommen.
Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt noch über den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS, Drucksache 4/4099, abzustimmen. Hier wird um die Einfügung einer neuen Nr. 24a gebeten. Ich bitte um Einbringung.
Danke, Herr Präsident. – Das ist ein Folgeantrag. Ich hatte ja vor wenigen Minuten gesagt, dass wir die Datenübermittlung an den MDR und die Gebühreneinzugszentrale stoppen wollen. Natürlich wollen wir das auch jetzt noch, in dieser Minute. Bedauerlicherweise hat aber eine Landtagsmehrheit dieses sinnvolle Anliegen abgelehnt. Deshalb braucht über diese nicht abgestimmt zu werden.
Gut. – Meine Damen und Herren! Wir kommen damit zur Nr. 25 im Artikel 1. Wer der Nr. 25 die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dagegen und Enthaltungen ist der Nr. 25 mehrheitlich zugestimmt.
Wir kommen jetzt zur Nr. 26. Hier liegt ein Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE in der Nr. 3, Drucksache 4/4102, vor. Ich bitte um Einbringung.
Herr Präsident! Unser Punkt bb) im § 32 Abs. 4 Satz 7 wird wie folgt gefasst: „Absatz 3 findet Anwendung.“ Rechtstechnisch geht es um die Schutzvorschrift, die wir nach langer Diskussion im Innenausschuss einvernehmlich eingefügt haben, nämlich bei § 32 Abs. 3. Hier geht es um die Prüfpflichten der öffentlichen Behörde bei der Frage, ob eine einfache Meldeauskunft erteilt werden kann. Dort haben wir es – Dr. Friedrich hat es dargestellt – einvernehmlich höher gesetzt.
Aus mir nicht erfindlichen Gründen möchte aber die Koalition bei der automatisierten einfachen Meldeauskunft über Internet diese Schutzvorschrift nicht gelten lassen. Es findet sich nämlich im Gesetzentwurf der Staatsregierung die Formulierung: „Absatz 3 findet keine Anwendung.“ Wir wollen, dass das Anwendung findet, weil wir den Unterschied in der Schutzbedürftigkeit bei einer einfachen Meldeauskunft und bei einer einfachen automatisierten Meldeauskunft über Internet nicht erkennen können. Ich gehe einmal davon aus, dass das möglicherweise ein Versehen der Koalition ist.
Herr Lichdi, das ist kein Versehen der Koalition, sondern hier erfolgt die Prüfung von Amts wegen zum Zwecke der Auskunftssperre im automatisierten Verfahren. Von daher ist hier zu unterscheiden.
Ich muss Folgendes sagen – wir haben das auch noch einmal genau durchgelesen: Das liest sich wirklich kompliziert und man kann nun die Beratung des Innenausschusses hier im Plenum nicht nachholen, aber es ist ein deutlicher Unterschied zwischen einer eingetragenen Auskunftssperre und dem, was BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen. Sie wollen nämlich wesentlich mehr auch für die Fälle – darüber haben wir im Innenausschuss lange gesprochen –, die es gibt, in denen Frauen praktisch in einem Frauenschutzhaus Schutz suchen, aber eine Auskunftssperre noch nicht eingetragen ist, um ein kleines Beispiel zu nennen. Dort wird Ihre Version nicht greifen, deshalb ist es absolut richtig, was BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier als Änderungsvorschlag eingereicht hat.
Herr Friedrich, möchten Sie gleichzeitig zu Ihrem Änderungsantrag sprechen, Drucksache 4/4101, oder hatten Sie diesen schon in Gänze mit eingebracht?
Wir wollen das ganz ähnlich wie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir wollen die Einwilligungslösung – im Unterschied zur Widerspruchslösung. Ich habe ja in meiner Rede dazu genug ausgeführt. Die Sensibilität ist klar. Wenn es solche Auskünfte von hoheitlich erhobenen Daten über das Internet gibt, die primär dazu da sind, in Wohnungen Identitäten festzustellen, die für ganz andere Zwecke verwendet werden, sind ganz besondere Schutzmaßnahmen erforderlich. Wenn der Betroffene einverstanden ist, ist nichts dagegen zu sagen, dass die Dinge so genutzt werden. Genau das wollen wir tun. Wir wollen das ähnlich machen wie bei der Organspenderlösung, also eine explizite Einwilligungslösung.
Hier würde in der gleichen Weise das automatisierte Verfahren faktisch lahm gelegt. Es ist nicht von Interesse, ob die PDS und die GRÜNEN sich hier im Sächsischen Landtag darauf verständigt haben. Es ist in allen anderen Bundesländern nach dem Bundesrechtsrahmengesetz übliche Praxis, und wir sollten die Effizienz, die genau im neuen Meldegesetz enthalten ist, nicht mit Dingen verknüpfen, um das Geschäft hintenheraus wieder kaputt zu machen.
Wir haben die Aufgabe, hier ein modernes und leistungsfähiges Meldegesetz zu haben, und dem Bürger ist mit seinen Möglichkeiten bei der Anmeldung nichts abgeschnitten. Ist Gefahr im Verzug, hat er jederzeit die Möglichkeit, über die Polizeibehörden oder selbst beim Melderegister Auskunftssperre zu beantragen. Von Amts wegen werden auch die jeweiligen Behörden tätig, sodass auch an den Grundrechten nichts weggenommen wird. Die Begründung, die hier vorgetragen wird, ist eine Irreführung.
Damit kommen wir zur Abstimmung. Wir stimmen über die Drucksache 4/4102 Nr. 3 des Änderungsantrages der Fraktion der GRÜNEN ab. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.
Ich lasse über die Drucksache 4/4101, Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS, abstimmen. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und einer großen Anzahl von Stimmen dafür ist dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über Nr. 26 des Artikels 1. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei
Wir kommen zur Nr. 27 des Artikels 1. Hierzu liegen zwei Änderungsanträge vor; ich bitte um Einbringung der Drucksache 4/4100, Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS. Herr Friedrich, bitte.
Herr Präsident, das ist zu diesem Gesetz unser letzter Änderungsantrag. Es geht um erweiterte Melderegister- und Gruppenauskünfte, also um die Auskünfte, bei denen Geburtstag, Namen, frühere Namen, Familienstand, Vornamen, Familiennamen, Anschrift des Ehegatten, des Lebenspartners, Staatsangehörigkeit, frühere Anschriften, Ein- und Auszugsdaten, gesetzliche Vertreter und gegebenenfalls Sterbetag und -ort von Bedeutung sind.
Auch hier wollen wir die Hürden für die Erteilung dieser Gruppenauskünfte und erweiterten Melderegisterauskünfte moderat erhöhen. Wir wollen – ich sage das ganz explizit, weil es Kollege Bandmann zum wiederholten Male falsch darstellt – überhaupt nichts lahm legen oder Sand ins Getriebe streuen oder ähnlichen Unfug; wir wollen schlicht und einfach in Anbetracht der Grundrechtseingriffsproblematik – das scheint Kollege Bandmann leider nicht verstanden zu haben – ein ausgewogenes Spannungsverhältnis; also auch hier diese explizite Einwilligungslösung hineinschreiben – umso mehr, als es um wesentlich mehr Daten geht als bei der einfachen Melderegisterauskunft. – So weit erst einmal.
Ich lese einfach einmal den Satz vor, der hier drinsteht und als Änderung gewünscht wird, Herr Präsident. Ich zitiere: „… und ihm die Erhebung der Daten beim Betroffenen nicht zumutbar ist.“ Dies soll eingefügt werden. Die Antwort lautet nein, weil der Grundsatz der Erhebung von Daten bei Betroffenen im Melderecht nicht gilt. Deswegen Ablehnung.