Protokoll der Sitzung vom 24.01.2006

Meine Damen und Herren! Dann stimmen wir über den Entwurf Gesetz zur Einfügung eines weiteren Staatszieles in die Verfassung des Freistaates Sachsen (Artikel 12a, „Antifaschistische Klausel“) ab.

Wir kommen zur Überschrift. Dazu gibt es, wie schon gesagt, einen Änderungsantrag in der Drucksache 4/4107, Nr. 1 des Änderungsantrages der Linksfraktion.PDS. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Ich frage nach den Gegenstimmen. – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dafür und einer großen Anzahl von Stimmen dagegen ist diesem Änderungsantrag nicht gefolgt worden.

Wir stimmen über die Überschrift im Originalgesetzentwurf ab. Wer dieser seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Gleiches Stimmverhalten wie vorher.

Ich rufe Artikel 1 auf – Änderung der Verfassung des Freistaates Sachsen. Dazu liegt wieder mit der Drucksachennummer 4/107, Nr. 2 des Änderungsantrages der Linksfraktion.PDS, eine geänderte Fassung vor. Ich frage, wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Gleiches Abstimmungsverhalten wie vorher. Damit ist der Änderungsantrag nicht bestätigt.

Ich rufe Artikel 1 in der Ursprungsfassung auf. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Wiederum gleiches Stimmverhalten. Damit ist Artikel 1 mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe Artikel 2 – In-Kraft-Treten – auf. Ich frage nach den Dafür-Stimmen. – Ich frage nach den Gegenstimmen.

Stimmenthaltungen? – Auch hier mehrheitliche Ablehnung. Damit ist der Artikel 2 nicht bestätigt worden.

Meine Damen und Herren! Nachdem somit sämtliche Bestimmungen des Gesetzentwurfs und des Änderungsantrags abgelehnt worden sind, findet über den Entwurf gemäß § 44 Abs. 7 der Geschäftsordnung keine weitere Beratung und Abstimmung mehr statt.

Damit schließe ich die 2. Beratung ab.

Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, dass wir an dieser Stelle in die Mittagspause eintreten. Wir finden uns zur weiteren Beratung um 14:25 Uhr wieder ein.

(Unterbrechung von 13:24 Uhr bis 14:25 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir treten wieder in unsere Beratung ein und setzen fort mit

Tagesordnungspunkt 7

2. und 3. Lesung des Entwurfs Schulgesetz für den Freistaat Sachsen (Sächsisches Schulgesetz – SächsSchulG)

Drucksache 4/1621, Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS

Drucksache 4/4044, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Sport

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: Linksfraktion.PDS, CDU-Fraktion, SPD-Fraktion, NPDFraktion, FDP-Fraktion, GRÜNE-Fraktion und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Ich bitte die einreichende Fraktion, das Wort zu nehmen. Herr Dr. Hahn, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute könnte ein guter Tag für das sächsische Bildungswesen sein,

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

allerdings nur dann, meine Damen und Herren, wenn der von der Linksfraktion vorgelegte Entwurf für ein neues Schulgesetz die Mehrheit in diesem Hause fände.

Nach den Vorberatungen in den Ausschüssen muss man diesbezüglich allerdings leider eher skeptisch sein. Aber ich möchte auch die letzte Chance – heute – nutzen, Ihnen unseren Schulgesetzentwurf so nahe zu bringen, dass Sie am Ende vielleicht doch zustimmen. Auch Sie, Herr Kollege Dulig, sind herzlich dazu eingeladen.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS – Heiterkeit des Abg. Martin Dulig, SPD)

Meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf meiner Fraktion ist der erste komplette Alternativvorschlag für ein neues Schulgesetz, der seit der Beschlussfassung des derzeit gültigen Schulgesetzes aus dem Jahre 1993 im Landtag behandelt wird. Keine andere Fraktion hat dies bislang zustande gebracht. Die heftige, zum Teil unsachliche Kritik, die es insbesondere im Schulausschuss gab, hat wohl auch damit zu tun, dass man selbst außer kleineren Novellierungen nichts Vergleichbares vorzuweisen hat.

Wir meinen jedoch, dass es mit kosmetischen Anpassungen nicht getan sein kann.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS Wir meinen, dass auch die durch das Bürgerbegehren „Zukunft braucht Schule“ erzwungenen Korrekturen nicht ausreichen. Ja, wir von der Linksfraktion sind in der Tat der Ansicht, dass es einer grundlegenden Reformierung des sächsischen Schulwesens bedarf. Dazu gehört aus unserer Sicht auch ein Systemwechsel bei den Schulstruk- turen. (Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Das leider auch in Sachsen noch immer existierende gegliederte Schulsystem ist nicht mehr zeitgemäß und ungeeignet, jungen Menschen in diesem Land echte Zukunftsperspektiven zu eröffnen. Wir sind der Auffassung, dass alle Kinder in diesem Land gleiche Bildungschancen haben müssen. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass jeder zehnte Schüler in Sachsen die Schule ohne jeden Abschluss verlässt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Hört, hört!)

Es ist nicht hinnehmbar, dass Schüler nach der 4. Klasse selektiert und in Sieger und Verlierer eingeteilt werden, wodurch vor allem Spätentwicklern nahezu jede Chance genommen wird. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass auch hier bei uns in Sachsen der spätere Bildungsabschluss der Jugendlichen maßgeblich vom sozialen Status und vom Geldbeutel der Eltern abhängig ist. Es ist nicht länger hinnehmbar, Herr Hähle, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderungen vorrangig an separaten Förderschulen unterrichtet werden, anstatt ihnen den Besuch an ganz normalen Schulen zu ermöglichen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Es ist auch nicht länger hinnehmbar, dass in erster Linie der Finanzminister in diesem Land die Bildungspolitik bestimmt, der Rotstift den Alltag an den Schulen prägt und die Zahl der bereitgestellten Pädagogen nicht am

tatsächlichen Bedarf, sondern nach willkürlich gesetzten Vorgaben ausgerichtet wird.

Wir meinen, der Kahlschlag im Bildungsbereich, die massenhaften Schulschließungen und auch, Herr Hähle, die permanente Bevormundung der sächsischen Lehrerinnen und Lehrer muss ein Ende haben.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Genau aus diesem Grund haben wir als Oppositionsfraktion Ihnen auch einen solchen Gesetzentwurf vorgelegt. Wir haben uns der Mühe unterzogen, einen kompletten Entwurf für ein alternatives Schulgesetz zu erarbeiten und dem Landtag wie auch der Öffentlichkeit vorzulegen.

Wir haben zu diesem Entwurf viel Zuspruch, auch Hinweise und Kritiken erhalten und wir haben gegenüber der Ursprungsfassung, bevor wir die Vorlage in den Landtag eingereicht haben, auch einige dieser Hinweise aufgegriffen.

Die grundsätzliche Zielrichtung des Schulgesetzentwurfs ist eindeutig: Wir wollen ein längeres gemeinsames Lernen der sächsischen Schülerinnen und Schüler, und zwar mindestens bis zur 8. Klasse.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Dies gibt nicht nur Spätentwicklern eine echte Chance, sondern stärkt auch die Sozialkompetenz aller Schüler durch gegenseitige Hilfeleistungen, durch die individuelle Förderung der Stärken und weitgehende Behebung der vorhandenen Schwächen. Wenn die leistungsstarken Schüler wie bisher nach der 4. Klasse ans Gymnasium wechseln, dann bleiben an den Mittelschulen Restklassen zurück, denen die Spitze fehlt und die sich dadurch auch nicht optimal entwickeln können.

Herr Minister, Sie müssten doch eigentlich wissen, dass es genau so ist.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Er weiß es auch!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese Tendenz wird noch verstärkt, wenn man mehr oder weniger eigenständige Hauptschulklassen oder -gruppen einrichtet. Deshalb ist es nur konsequent, dass unser Gesetzentwurf die Abschaffung des separaten Hauptschulbildungsganges vorsieht.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Gleichwohl wollen wir für Schülerinnen und Schüler, die den Anforderungen an einen Realschulabschluss nicht entsprechen, die Möglichkeit eines Hauptschulabschlusses auch weiterhin vorsehen. Wir plädieren im Kern für die Einführung einer Regelschule, die im Normalfall nach zehn Schuljahren zum Realschulabschluss führt, an der bei einer integrierten gymnasialen Oberstufe aber auch das Abitur erworben werden kann.

In dieser Regelschule – darauf habe ich in der 1. Lesung hingewiesen – gehen nach unserem Vorschlag sowohl die Grundschulen als auch die bisherigen Mittelschulen auf.

Diese verschwinden als eigenständige Schulform, wobei der bisherige Grundschulbereich, also die Primarstufe der Klassen 1 bis 4, auch künftig in separaten Schulgebäuden geführt werden kann, sodass die bisherigen Schulstandorte, insbesondere im ländlichen Raum, und damit auch möglichst kurze Schulwege erhalten werden können.

Unser Vorschlag für das künftige Schulsystem bedeutet für die allermeisten Schülerinnen und Schüler einen achtjährigen gemeinsamen Schulbesuch. Frühestens dann erfolgt eine Trennung, wenn ein Teil der 14-Jährigen zum Gymnasium wechselt.

Darüber hinaus wollen wir den Bildungsgang Berufsausbildung mit Abitur wieder einführen, auch um Schulabgängern mit Realschulabschluss noch einen weiteren Weg zur Hochschulreife zu ermöglichen.

CDU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag großspurig die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen vereinbart. Bis heute ist diesbezüglich nichts geschehen. Die CDU und der von ihr gestellte Kultusminister blockieren die vernünftige Initiative der SPD nach Kräften. Selbst im kommenden Schuljahr 2006/2007 soll es in Sachsen bestenfalls eine einzige Gemeinschaftsschule geben. Es ist allerdings auch schon traurig – das füge ich hinzu –, was sich die SPD von ihrem Koalitionspartner so alles bieten lässt, ohne zu protestieren oder gar erkennbaren Widerstand zu leisten.