Eigenverantwortlichkeit, so wie Sie diese definieren, ist immer ein Spagat, weil wir natürlich eine Vergleichbarkeit innerhalb des Landes herstellen müssen, damit ein Umzug möglich ist. So wie Sie es definieren, ist die Schule in Görlitz eine andere als die, die in Grimma steht. Deshalb müssen natürlich – ich denke, im Kern wird dem niemand widersprechen – die Rahmenbedingungen
Diese Schulen können erst eigenverantwortlich handelnde Schulen sein, wenn an ihnen Bewegung möglich ist und Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer sowie die Eltern vor Ort die Schule gestalten. Ich betone, das ist für uns ein wichtiger Punkt. Das ist das, was wir wollen: eigenverantwortliche und demokratische Schulen, die ihren Weg gemeinsam suchen und gehen. Denn Mündigkeit ist auch etwas, was junge Menschen in ihrer Entwicklung erlangen sollen. Diese erlernen sie aber nicht in einer Schule, in der die Noten wichtiger sind als Wissen und Können und Entscheidungen ständig ohne ihre Beteiligung getroffen werden. Das ist die Realität, die wir zurzeit an sächsischen Schulen vorfinden.
Eigenverantwortliche und demokratische Schulen sind es, die wir mit unserem Schulgesetz wollen. Deshalb wählt auch bei uns die Schulkonferenz den Schulleiter. Nicht von oben kommt ständig das Heil oder eben nicht Heil, für uns ist die entscheidende Ebene vor Ort.
Meine Damen und Herren! Unser Entwurf des Schulgesetzes ist der einzig vorliegende Komplettentwurf zur Änderung. Wir wollen nicht hier und da ein paar Veränderungen des Bestehenden vornehmen, wir wollen nicht ein paar Vergleichstests mehr einführen oder eine einzelne Gemeinschaftsschule, wir wollen das Ganze ändern, und
Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Flath, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es wird Sie nicht überraschen, Herr Dr. Hahn, wenn auch die Staatsregierung empfiehlt, Ihren Gesetzentwurf abzulehnen.
Frau Bonk, Sie haben es wie immer sehr charmant vorgetragen, aber worum es so richtig ging, hat sich mir nicht erschlossen. Ich bemühe mich wirklich, ich höre Ihnen zu, aber es fällt mir schwer, dazu Stellung zu nehmen. Ich kann es einfach nicht.
Herr Dr. Hahn, ich will eines tun: mich mit Ihren Argumenten auseinander setzen, die Sie hier als Begründung, dass das Schulgesetz gänzlich geändert werden müsste, angeführt haben. Ich würde einem Punkt zustimmen, aber diesen finde ich nicht im Gesetzentwurf, sondern er steht in der Begründung.
Eines will ich als Kultusminister erklären: Wenn es das Hohe Haus so gut mit dem Kultusministerium meinen würde, würde ich das Geld, die 200 Millionen Euro an Mehrkosten, nehmen und ich würde bestimmt im bestehenden Schulgesetz eine gute Verwendung dafür finden.
Wir haben in diesem Jahr Haushaltsberatungen. Freilich müssen Sie auch dazusagen, ob Sie diese 200 Millionen Euro meiner Kollegin Ludwig, also den Universitäten, wegnehmen wollen oder vielleicht, weil der Justizminister, Herr Mackenroth, hier sitzt, der Justiz. Denn man wird es irgendwo wegnehmen müssen, sonst wird es nicht gehen.
Eines sage ich immer wieder ganz deutlich: Unverantwortlich wäre es, junge Leute etwa weiter mit Schulden zu belasten. Sie haben genügend Schulden in ihrem Leben abzutragen in unserem Land. Deswegen: Keine neuen Schulden!
Nur eines sollten Sie bitte differenzieren. Sie wissen ganz genau, dass unter den 9 % nicht wenige Förderschüler sind. Man kann es freilich auch machen wie im Sozialismus: Man kann die Schüler einfach als bildungsunfähig erklären und ihnen dann den Schulbesuch verweigern.
Dann sollte man vorsichtig sein, denn das sind immerhin etwa 4 bis 5 %, also die Hälfte von den genannten 9 %. – Dort sollten wir uns bemühen, damit auch diese Schüler einen Hauptschulabschluss schaffen. Aber den, haben Sie erklärt, wollen Sie ja gerade abschaffen.
Dort sollte man daran arbeiten, dass diese Schüler einen Hauptschulabschluss erreichen. Aber wir wissen auch, dass es nicht allen möglich sein wird.
Herr Staatsminister, haben Sie möglicherweise etwas missverstanden, wenn Sie sagen, dass wir den Hauptschulabschluss abschaffen wollen? Ist Ihnen entgangen, dass der Vorschlag lautet, den separaten Hauptschulbildungsgang zu streichen, aber den Hauptschulabschluss für all jene, die den Realschulabschluss nicht schaffen können, weiterhin zu ermöglichen? Haben Sie das möglicherweise falsch gelesen?
Sie haben es ja auch gesagt, Herr Dr. Hahn. – Dann müsste man darüber diskutieren, ob das, was Sie vorschlagen, hilfreich wäre. Dazu würde ich sagen: Es wäre wenig hilfreich. Denn es geht nicht einfach nur, wie Sie es immer darstellen, um ein Separieren. Es geht vielmehr um ein spezielles Fördern. Wir sind der Meinung, dass es so, wie es bisher geregelt ist, der bessere Weg ist.
Aber ich gebe Ihnen gern Recht – da sind wir beieinander –, dass wir die Situation gemeinsam verbessern wollen.
Wo ich aber gar nicht mitgehen kann, ist Ihr – – Ich weiß nicht, wie ich es bezeichnen soll. Sie haben gesagt: Die Mittelschulen in Sachsen werden „Restschulen“.
Dann nehmen wir als Beispiel einmal die jetzige 5. Klasse. Dort sind 58 % der Schüler in der Mittelschule und 42 % auf dem Gymnasium. Die 58 % als „Restschüler“ zu bezeichnen ist aus meiner Sicht eine Frechheit, Herr Dr. Hahn. Das ist nicht gerechtfertigt.
Das Zweite. Ich kann mich gut an eine Veranstaltung erinnern. Es war hier im Sächsischen Landtag und wir werden das sicherlich nach diesem Schuljahr wiederholen. Ich bin dem Präsidenten noch heute sehr dankbar, dass er das Haus zur Verfügung gestellt hat und selbst die Gratulation bei über 100 Absolventen der Mittelschulen, die ihren Realschulabschluss mit 1,0 gemacht haben, vorgenommen hat. Wollen Sie das einfach als „Rest“ bezeichnen?