Deswegen wird die Linksfraktion dem Punkt 1 des Antrages zustimmen. Zum Schluss gestatten Sie mir noch eine Abwandlung aus dem Evangelium: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, er braucht auch Rettich und Eisbein. Er braucht zum Leben Ideale, vielleicht auch Aale. Doch das alles nützt ihm nichts, wenn das Zeug verdorben ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich die SPD-Fraktion hier im Saal fragen, warum sie sich eigentlich an diesem fadenscheinigen Antrag beteiligt. Dieser Antrag ist bei genauem Hinsehen eine Farce. Die CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag gibt vor, den Verbraucherschutz wieder einmal neu erfunden zu haben.
Fakt ist – und es müsste den Damen und Herren der SPDFraktion geläufig sein –, dass die damalige rot-grüne Bundesregierung bereits im April 2002 einen entsprechenden Gesetzentwurf im Bundestag eingebracht hat. Dieser Gesetzentwurf wurde durch den unionsgeführten
Bundesrat abgelehnt, ohne Verbesserungsvorschläge oder Alternativen vorzulegen. So viel zur Glaubwürdigkeit von CDU und SPD.
Auch der im Dezember in den Bundestag eingebrachte Entwurf der GRÜNEN für ein Verbraucherinformationsgesetz wird – so denke ich – keine Mehrheit finden. Der Grund liegt einzig und allein darin, dass die CDU/CSU mit Herrn Minister Seehofer dieses Thema nach dem aktuellen Fleischskandal für ihre populistischen Zwecke besetzt und das Gesetz, nachdem es gründlich verwässert wurde, nun auf ihre Fahne schreiben möchte.
Wir alle – damit meine ich alle Abgeordneten hier im Hause – hätten schon längst ein Stück mehr Verbrauchersicherheit haben können, wenn der Gesetzgebungsprozess damals nicht durch die Union verhindert worden wäre.
In dem hier vorgelegten Antrag haben die Koalitionsfraktionen erklärt: „Der gerade stattgefundene Fleischskandal macht deutlich, dass es in der Bundesrepublik Deutschland und damit auch im Freistaat Sachsen schneller und umfassender Maßnahmen bedarf, die den Verbraucher vor verdorbenen Lebensmitteln schützen.“ Wenn Sie das jetzt erst erkannt haben, meine Damen und Herren, dann: Guten Morgen!
Das Grundproblem – das müssen Sie sich sagen lassen – liegt in einer hemmungslosen und völlig ausufernden Freizügigkeit der Wirtschaft. Das oberste Ziel der Lebensmittelproduktion in Deutschland ist nicht nur die Qualität, sondern möglichst hoher Gewinn. Das beginnt bei unhaltbar niedrigen Preisen, welche die Landwirte für ihre Produkte erhalten. Jeder kennt den Skandal um die Milch. Es endet bei einem regelrechten Preis- und Verdrängungswettbewerb im Supermarkt, bei dem die Qualität langfristig auf der Strecke bleiben muss. Die Auswirkungen des jüngsten Fleischskandals sind dabei nur die Spitze des Eisberges.
Hinzu kommt, dass Lebensmittel unnötig lange Transportwege zurücklegen, bis sie letztendlich beim Verbraucher gelandet sind. Was wir brauchen, sind kürzere Transportwege und die Nähe des Verbrauchers zum Erzeuger. Es scheint so, dass Qualität Geschichte ist. Billig ist heutzutage in.
Die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für die Verbraucherinformation allein reicht aber nicht aus. Einige meinen vielleicht, dass Kühe lila sind und Fische als Stäbchen im Meer umherschwimmen. Durch diese Unwissenheit besteht die Gefahr, dass viele Menschen nicht mehr bereit dazu sind, die Preise zu bezahlen, die unsere Bauern brauchen, um gesunde Lebensmittel herzustellen. Genau dort liegt unser Ansatzpunkt. Wir wollen eine Lebensmittelproduktion, die klein strukturiert und nahe am Menschen ist; denn Lebensmittel dürfen nicht ausschließlich dazu dienen, die Gewinne der Großkonzerne zu steigern.
Zum Schluss möchte ich sagen, dass wir – ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei dem vorliegenden Antrag um einen populistischen Schaufensterantrag handelt – dem
Antrag und dem Änderungsantrag zustimmen werden; denn ein kleiner Schritt ist bekanntlich besser als gar keiner.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle wollen gesunde Lebensmittel für unsere Bürger. Nur hätten wir uns gefreut, wenn die Beantrager der Fraktion nicht nur die Lebensmittel, sondern auch Tabakerzeugnisse, Kosmetika und sonstige Bedarfsgegenstände im Sinne der Begriffsbestimmung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes mit im Visier gehabt hätten. Ihr Antrag wirkt sehr begrenzt. Im Sinne dieser Bestimmungen gehören nämlich auch noch Trinkwasser und die Erzeugnisse des Weinrechts dazu.
Wir hätten uns auch gefreut, wenn Sie nicht nur für Produkte, die bereits im Handel sind, Partei ergriffen hätten, sondern im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes auch für solche, die dazu bestimmt sind, in den Handel gebracht zu werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, der beste Verbraucherschutz wird durch mehr Informationen erreicht. Die Menschen müssen in die Lage versetzt werden, sich umfassend über ihre Lebensmittel zu informieren, um aufgeklärte und kluge Einkaufsentscheidungen zu treffen.
Wachsame Verbraucher benötigen einen schnellen und einfachen Informationszugang. Ein Verbraucherinformationsgesetz findet daher die Zustimmung der FDP, wenn es tatsächlich zu einem spürbaren Mehr an Aufklärung und Unterrichtung der Verbraucher führt.
Zugleich wird die FDP jedoch ihr Augenmerk darauf richten, dass ein Verbraucherinformationsgesetz nicht zu einem Mehr an Bürokratie führt; dass ein Verbraucherinformationsgesetz den Verbrauchern hilft und nicht dazu führt, dass die Behörden ihrer eigentlichen Aufgabe, der Lebensmittelkontrolle, aufgrund höherer bürokratischer Belastungen nicht mehr gerecht werden. Ein Verbraucherinformationsgesetz darf auch nicht mit einem Unternehmensanklagegesetz verwechselt werden.
Die fünf Forderungen der Verbände aus dem Bereich der Ernährungswirtschaft und des Handels sind völlig gerechtfertigt und finden die volle Unterstützung der FDP:
1. Sämtliche Informationen, auf deren Zugang ein Anspruch bestehen soll, müssen sachgerecht aufbereitet und mit Erläuterungen versehen werden.
2. Über nicht abgeschlossene Verwaltungsverfahren dürfen von der Behörde keine Auskünfte erteilt werden, denn viele behördliche Ermittlungen erweisen sich im Nachhinein als unbegründet. Die vorschnelle Offenlegung der Inhalte nicht abgeschlossener Verwaltungsverfahren kann für Unternehmen unumkehrbare sowie Existenz gefährdende Konsequenzen haben und unterbinden nicht selten wichtige Innovationen. Ich erinnere an den Birkel-Nudel-Skandal, durch den enormer Schaden entstanden ist. Diesen Schaden gilt es von wirklich unbescholtenen Unternehmen abzuwenden.
3. Ein generelles „naming“ und „shaming“ darf es nicht geben. Angesichts der erheblichen Konsequenzen einer Nennung von Produkt- oder Unternehmensnamen in der Öffentlichkeit muss diese auf Sachverhalte, die eine echte Gefährdungslage für den Verbraucher mit sich bringen, beschränkt werden.
4. Unternehmen müssen über die veröffentlichten Daten informiert werden. Auch der Rückfluss an Informationen muss in diesem Verbraucherinformationsgesetz gewährleistet sein.
Die vorgeschlagenen Eckpunkte sind aus Sicht der FDP unverzichtbar, um einen für die Verbraucher und die betroffenen Wirtschaftsbereiche gleichermaßen verlässlichen Vollzug der Verbraucherinformation zu gewährleisten.
Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU und der SPD, Sie möchten Lebensmittelkontrollen stärker auf Risikobereiche konzentrieren. Wir in der FDP-Fraktion hätten uns schon sehr gefreut, wenn Sie auch mitgeteilt hätten, welche das denn nach Ihrer Auffassung sind. Nur noch Gebiete, die auffällig wurden – nur noch Fleisch und Eier? Ich als bekennender Raucher bin schon auch an gesunden Tabakerzeugnissen interessiert.
Sie möchten Verstöße streng und unnachgiebig verfolgt haben. Die Lebensmittelkontrolleure in Sachsen haben im Jahr 2004 von 3 492 erfassten Betrieben immerhin 3 357 kontrolliert; das ist eine Quote von 96 %. Von über 14 000 Einzelkontrollen wurde bei 965 festgestellten Verstößen am Ende gegen zwölf durch ein Strafverfahren ermittelt. Was das nach sich zieht – da sind wir uns, glaube ich, alle einig: Die schwarzen Schafe müssen strenger bestraft werden.
Dazu gibt es Vorschläge, die gar nicht mal so dumm sind; dass wir Strafen auferlegen, und zwar an der Stelle, wo die schwarzen Schafe am besten getroffen werden können: Ziehen wir doch 10 % des monatlichen Umsatzes ein und legen das als Strafe auf. Von der populistischen
Forderung, dass die, die gern Fleisch in Umlauf bringen, es selbst essen müssen, möchte ich mal absehen.
Aber Ihr Antrag erweckt den Anschein, in Sachsen gebe es einen rechtsfreien Raum, Verstöße würden nicht erfasst und entsprechend geahndet. Das ist ein starkes Stück angesichts der Kontrollquote, die gerade in unserem Freistaat aufzuweisen ist. Ich habe den Eindruck, manche möchten hinter jedes Schwein vier Kontrolleure stellen – das geht so nicht.
Zum Schluss möchte ich auf etwas ganz Praktisches hinweisen, was in diesem Land oftmals nicht mehr gehört werden will, gerade als Handwerker: Wer als Verbraucher Fleisch einkauft, sollte vielleicht einmal mehr darauf achten und sich in dem Raum umschauen: Hängt in der Fleischerei ein Meisterbrief?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Günther, ich glaube, Sie haben etwas verwechselt. Das, worüber wir hier unter anderem reden, heißt Verbraucherinformationsgesetz und nicht Unternehmerinformationsgesetz. Sie haben vielleicht doch nicht genau darauf geschaut.
Offensichtlich braucht es ja die Skandale, wie den Fleischskandal im Dezember, um Bewegung in die Debatte und in die Politiker zu bringen. Zum Glück für die Verbraucher landete das Ekelfleisch dann doch nicht in aller Munde.