Protokoll der Sitzung vom 26.01.2006

Jeder erhält in seinem Leben zwei Leistungen, nämlich in der Kindheit und im Alter. So ist es doch logisch, dass man auch in der aktiven Phase seines Lebens Leistungen in beide Richtungen erbringen muss, und zwar alle. Ebenso wie die ökonomische Last der Altersversorgung nicht nur von den eigenen Kindern, sondern von der Gesamtheit der Beitragszahler getragen wird, so sollte es auch bei den Kinderlasten sein. Ich weiß überhaupt nicht, was daran ungerecht oder unsozial sein soll. Wer kinderlos oder kinderarm ins Rentenalter geht und mit dem Pathos des Selbstgerechten für gleiche Beitragsleistungen gleiche Rente verlangt und erhält, zehrt im Grunde von der Mehrleistung der Kinderreichen, die seine Minderleistung kompensiert haben.

Ohne den 80 Milliarden Euro schweren Bundeszuschuss und die Einnahmen aus der Ökosteuer wären doch die Rentenkassen schon pleite. Alle Reserven sind erschöpft. Sie müssen uns nun erklären, was Sie unter sozialer Gerechtigkeit verstehen. Sagen Sie den Menschen doch die Wahrheit. Sagen Sie ihnen doch, dass die Rentenbeiträge, wenn das System so beibehalten wird, spätestens 2007 auf über 20 % klettern werden. Sagen Sie den Menschen, dass die Rentenanwartschaft irgendwann nur noch 40 % des letzten Nettoverdienstes betragen wird. Sagen Sie endlich, dass Nullrunden nicht die Ausnahme sein werden, sondern ein Dauerzustand, weil das System pleite ist. Diese Nullrunden bedeuten eben bei Inflation eine Rentenkürzung. Sagen Sie den Menschen, dass, wenn im Jahr 2016, also in zehn Jahren, die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen werden, nicht mehr genügend junge Menschen da sein werden, die im bestehenden Rentensystem mit ihrem Einkommen die gigantischen Rentenbeiträge erwirtschaften werden. Schon bis heute haben viele Millionen Versicherte Anspruch im Gesamtwert von ungefähr 4 000 Milliarden Euro gegen die Rentenkasse erworben, sagte IWG-Forscher Meinhard Miegel am 17. Januar dieses Jahres. 4 000 Milliarden Euro Rentenansprüche! Die sind nicht mehr zu erwirtschaften, wenn Sie in diesem System bleiben.

Ich denke, es ist für alle ersichtlich, wo das Problem liegt, nämlich in der Zahl der Beitragszahler. Deswegen muss die Umverteilung von denen, die Kinder haben, zu den Kinderlosen schnellstmöglich umgekehrt werden, um mehr Anreize zu schaffen, dass wieder mehr Kinder geboren werden. Diese so genannte intergenerationelle Umverteilung beträgt heute etwa 35 Milliarden Euro und wird im Jahr 2030 bei 100 Milliarden Euro liegen. Unser Modell der Kinderrente ist in der Lage, die Generationengerechtigkeit wieder herzustellen. Es wäre aus meiner Sicht auch ein selbstverständlicher Akt der Gerechtigkeit, nicht nur aus meiner Sicht, sondern auch aus der Sicht der CSU; die haben es auch erkannt.

Wenn dieser Systemwechsel nicht erfolgt, dann ist dieses Land in sehr wenigen Jahren genauso am Ende wie die Rentenkasse es jetzt schon ist. Wie die Entwicklung der Rentenkasse und des übrigen Sozialsystems zeigt, gibt es gar keine andere Alternative. Sie werden sich irgendwann dazu bekennen müssen. Sie werden das in ein paar Jahren in eigene Anträge packen und hier wieder vorlegen. Dann ist es natürlich nicht unsozial. Aber anstatt sich aufs Lästern zu verlegen, sollten Sie endlich handeln. Ein erster Schritt wäre, unserem Antrag zuzustimmen. Dazu lade ich Sie recht herzlich ein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Frau Ministerin Orosz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren

Abgeordneten! Wenn es sich bei dem Antrag der NPD-Fraktion zum Thema Kinderrente um ein Kunstwerk handelte, dann müsste man es der Stilrichtung des Eklektizismus zuordnen. Laut Duden versteht man darunter eine unschöpferische, unselbstständige und mechanische Vereinigung zusammengetragener Gedanken und Stilelemente.

(Beifall bei der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Deswegen erspare ich es mir, hier nochmals auf die Details der Antragstellerin einzugehen. Herr Prof. Schneider hat das schon sehr umfangreich getan.

(Uwe Leichsenring, NPD: Aber nicht gut!)

Ich gebe meinen Redebeitrag zu Protokoll.

(Beifall bei der CDU)

Das Schlusswort hat die NPD-Fraktion.

(Uwe Leichsenring, NPD: Das war es schon!)

Das wird nicht gewünscht. Dann können wir jetzt zur Abstimmung kommen. Ich stelle die Drucksache 4/4028 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer geringen Anzahl von Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Erklärung zu Protokoll

Die Antragstellerin hat sich aus den Rentenprogrammen anderer Parteien jeweils das in ihren Augen Beste herausgesucht und zu einem Gesamtpaket geschnürt. Von diesem Paket meint sie, dass es ein menschenwürdiges Leben auch im Alter gewährleistet und die Generationengerechtigkeit wieder herstellt.

Lassen Sie mich kurz auf die einzelnen Eckpunkte eingehen.

Der Gedanke, jedem Beitragszahler für jedes neugeborene Kind am 01.01.2007 einen Beitragsbonus von jeweils 50 Euro zu gewähren, stammt aus dem Programm der CDU vom Dezember 2003.

Die Forderung, den Erziehungsurlaub auf fünf Jahre auszudehnen und diesen Zeitraum auf die durchschnittliche Beitragsdauer zum Erhalt der Grundrente anzurechnen, erinnert an die Forderung aus dem Programm der CDU, wonach die Kindererziehungszeit um jeweils zwei Jahre verlängert werden soll, das heißt also für die nach dem 01.01.1992 geborenen Kinder auf fünf Jahre.

Da die NPD auch für die Beitragszahler etwas tun will, greift sie Forderungen aus Wirtschaftsverbänden, der CSU und der FDP auf, den Beitragssatz auf maximal 20 % zu begrenzen.

Bei der geforderten staatlich garantierten Grundrente von 900 Euro monatlich nimmt sie eine Anleihe bei den Linksparteien.

Die Linksparteien verlangen ebenfalls eine von der eigenen Beitragsleistung unabhängige Grundrente. Die PDS war 2004 allerdings bescheidener, indem sie nur eine Grundrente von 800 Euro forderte.

Diese willkürliche Zusammenstellung der NPD soll dann den Stempel „Kinderrente“ erhalten. Sogar dieser Begriff ist noch ein Ideenklau, diesmal von der CSU und deren Rentenkonzept vom 17.11.2003.

Das mit dem Antrag vordergründig zum Ausdruck gebrachte Anliegen ist natürlich ehrenwert. Auch die Staats

regierung will die Erziehungsleistungen bei der Bestimmung der Höhe der Rente in einem weiteren Umfang als bisher gewürdigt sehen. Sie hat das stets deutlich gemacht – zuletzt im Gesetzgebungsverfahren zum Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz.

Wenn wir aber im Bundesrat initiativ werden sollen, dann müssen wir taugliche Vorschläge unterbreiten. Mit dem Konzept der NPD täten wir das nicht, denn dann würden wir eine so genannte Eier legende Wollmilchsau verlangen. Alles können wir nun aber wirklich nicht haben. Wohlweislich hat die NPD deshalb auch kein Wort dazu verloren, wie sie sich die Finanzierung ihrer Wohltaten vorstellt.

Sie geht wohl davon aus, dass sich der Aufschwung gewissermaßen selber trägt – indem sich die Geburtenrate erhöht, es damit mehr Beitragszahler geben wird und diese dann die erhöhten Aufwendungen über die begrenzten Beitragssätze aufbringen können. Aber vielleicht hat sie auch nicht einmal so weit gedacht.

Um den Denkprozess zu befördern, darf ich hier noch hinzufügen, dass wir natürlich auch ein gutes Investitionsklima brauchen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Das heißt, wir brauchen auch ausländische Investoren, und diese dürfen nicht durch politische Extremisten verschreckt werden.

Einen kleinen fortschrittlichen Punkt könnte man allerdings vermuten. Die geforderten Leistungen sollen nämlich allen Versicherten zugute kommen, die Kinder erziehen – also auch den Mitbürgerinnen und Mitbürgern nichtdeutscher Herkunft.

Ungeachtet dessen – im Bundesrat einbringen und der Bundesregierung präsentieren können wir das mit dem Antrag vorgelegte Konzept zur Neuordnung der Rentenversicherung beim besten Willen nicht.

Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Mitarbeiterbeteiligungen in sächsischen Unternehmen fördern

Drucksache 4/4025, Antrag der Fraktion der FDP

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die FDPFraktion beginnt, danach folgen CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile nun Herrn Schmalfuß von der FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Dezember des vergangenen Jahres äußerte sich Bundespräsident Horst Köhler kritisch zum Regierungsprogramm der schwarzroten Bundesregierung. Im Zusammenhang mit dem vorgenannten Interview schlug Horst Köhler vor, die Arbeitnehmer stärker am Produktivkapital der Unternehmen in Form einer Beteiligung der Beschäftigten an den Produktivitätsgewinnen der Betriebe teilhaben zu lassen.

Der Bundespräsident vertrat dabei die Auffassung, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor dem Hintergrund des zunehmenden internationalen Wettbewerbs im gleichen Boot sitzen. Das Instrument zur Umsetzung der Forderungen sind die verschiedenen Formen der Mitarbeiterbeteiligung. Die Beteiligung der Arbeitnehmer kann durch Leistungs-, Ertrags-, Gewinn- oder Wertbeteiligung erfolgen. Mitarbeiterbeteiligungen führen regelmäßig zu einer Reihe von positiven betrieblichen Effekten.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung als Forschungsinstitut der Bundesanstalt für Arbeit kommt im Rahmen einer Studie zu folgendem Ergebnis: Betriebe mit Mitarbeiterbeteiligungen haben im Mittel eine Wertschöpfung pro Mitarbeiter in Höhe von 63 900 Euro. Der entsprechende Wert von Betrieben ohne Mitarbeiterbeteiligung liegt bei 40 600 Euro. Darüber hinaus konnte ermittelt werden, dass Unternehmen mit Mitarbeiterbeteiligungen über ein besser qualifiziertes Personal verfügen und mit einer höheren Innovationstätigkeit arbeiten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die vorgenannten positiven Auswirkungen von Mitarbeiterbeteiligungen müssen wir im Freistaat Sachsen auch nach der Beendigung des Modellprojektes vom damaligen Wirtschaftsminister Schommer im Jahre 2002 wieder fortsetzen.

Durch das vorgenannte Pilotprojekt wurden 33 000 Mitarbeiterbeteiligungen in 147 Unternehmen realisiert. Die Förderung der Mitarbeiterbeteiligungen in sächsischen Unternehmen kann gerade vor der besonderen wirtschaftlichen Situation im Freistaat Sachsen ein Baustein zur Sicherung von Beschäftigung und zum weiteren Wachstum der mittelständischen Wirtschaft sein.

Die Unterstützung der Mitarbeiterbeteiligung befördert meines Erachtens folgende Effekte: Erstens Motivationswirkung. Die bewusste freiwillige Entscheidung des Mitarbeiters, sich an seinem Unternehmen finanziell zu beteiligen, steigert seine Motivation und der Arbeitneh

mer wird zum Mitunternehmer. Zweitens Produktivitätswirkung. Nach Untersuchungen des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung liegt die Produktivität von Unternehmen mit Mitarbeiterbeteiligung in den neuen Ländern 40 % über denen ohne Beteiligung. Drittens Finanzierungswirkung. Vor dem Hintergrund der geringen Eigenkapitalquote der mittelständischen Wirtschaft in Sachsen kann die Mitarbeiterbeteiligung ein kleiner Beitrag sein, die Eigenkapitalbasis zu verbessern. Viertens Wirkung auf die Altersversorgung. Insbesondere aufgrund der demografischen Entwicklung ist das derzeitige Rentensystem nicht in der Lage, eine gesicherte Altersversorgung zu gewährleisten.

Die private Vorsorge wird von elementarer Bedeutung sein, und eine Mitarbeiterbeteiligung ist eine Möglichkeit, einen Teil dieser Versorgungslücke zu schließen.

Fünfte und letzte Wirkung: Unternehmensnachfolge. Im Freistaat Sachsen stehen nach Angaben des Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit in den nächsten fünf Jahren 14 000 Unternehmensnachfolgen zur Regelung an. Ein Instrument zur Gestaltung und damit zum Erhalt des Betriebes sind Mitarbeiterbeteiligungen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der positiven Wirkungen der Mitarbeiterbeteiligung ist die Förderung der aktiven Beteiligung der Arbeitnehmer auf freiwilliger Basis zu unterstützen. Im Zusammenhang mit der Umsetzung von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen in sächsischen Unternehmen muss die Sächsische Aufbaubank ihre Erfahrungen im Rahmen der Strukturierung von Unternehmensfinanzierungen sowie durch die gewonnenen Kompetenzen aus dem abgeschlossenen Pilotprojekt zur Mitarbeiterbeteiligung einfließen lassen.

Vor dem Hintergrund meiner Ausführungen und im Interesse der Sicherung von Wachstum und Beschäftigung im Freistaat Sachsen bitten wir Sie um Zustimmung zum Antrag der FDP-Fraktion.