Protokoll der Sitzung vom 16.03.2006

Herr Präsident! Meine Damen und Herren, liebe Genießerinnen und Genießer!

(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Und Genossen! – Heiterkeit)

Schön, wie schnell man sich Beifall abholen kann. – Was wäre denn der sächsische Weinbau ohne unsere Koalitionsfraktionen? Etwas abstrahiert kann man auch sagen: Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ich habe diese Tatsache und Ihren Antrag zum Anlass genommen, in unserer Fraktion die Bestellung eines önologischen Sprechers zu beantragen, und ich werde mich dafür bewerben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der FDP und des Abg. Horst Rasch, CDU)

Das ist der Sprecher für Weinbaukunde.

(Prof. Dr. Peter, Porsch, Linksfraktion.PDS: Er war im früheren Leben eine Reblaus!)

Ich bitte deshalb um Verständnis, dass ich mich dem Antragsgebaren der Koalition abermals nur etwas humoristisch nähern kann, denn für eine ernsthafte parlamentarische Auseinandersetzung fehlt es diesem Antrag an konzeptioneller Substanz. Diese erhoffen Sie sich wie so oft von der Staatsregierung.

Mein Kollege Herr Lichdi hat vorhin schon mit großem Beifall dem Antrag zugestimmt. Herr Rößler hat unseren Ergänzungsantrag dankenswerterweise schon eingebracht. Erlauben Sie mir deshalb dazu noch ein paar Anmerkungen, die etwas ernster sind.

Beim 6. Sächsischen Weinbautag auf Schloss Wackerbarth referierte Herr Stock vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung über die Auswirkungen des Klimawandels auf Sachsen. Allein in den letzten 50 Jahren hat sich die mittlere Temperatur um bis zu 1,5 Grad Celsius erhöht. Bis zu sechs Grad wärmer könnte es in diesem Jahrhundert noch werden. Wenn wir uns also Gedanken über die Zukunft unserer Kulturlandschaft machen, dann dürfen wir den Klimawandel dabei nicht aussparen. Die Folgen des Treibhauseffektes auf die Land- und Forstwirtschaft und damit auch auf die Winzer beschreibt bereits der jüngste Bericht zum Klimawandel in Sachsen.

Um eines vorwegzunehmen – und das ist auch schon angeklungen –: Die Weintrinker unter uns müssen sich noch die geringsten Sorgen machen, denn Wärme – das wissen selbst die Biertrinker – tut dem Wein gut. Ein Temperaturanstieg wird aber weit reichende Folgen für unsere gesamte Tier- und Pflanzenwelt haben. Das betrifft den Weinbau in vielerlei Hinsicht, so zum Beispiel bei der Auswahl künftiger Rebsorten in den sächsischen Anbaugebieten oder auch hinsichtlich eines ausgewogenen Verhältnisses von Nützlingen und Schädlingen – wir hatten das schon angesprochen – oder zum Beispiel durch die Veränderung der Intensität der Niederschläge.

Da der Klimawandel bereits eingetreten ist und wir die Auswirkungen der heutigen Emissionsbelastung erst nach 15 Jahren und später zu spüren bekommen, ist eine Anpassungsstrategie nötig. Gleichermaßen mahnen uns die Veröffentlichungen aus dem Landesamt für Umwelt und Geologie, einen Beitrag zu liefern, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu lindern. An dieser Stelle will ich noch einmal feststellen, dass es auch einen Zusammenhang zwischen der Braunkohlenverstromung hier in Sachsen und der Zukunft des sächsischen Weines gibt.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ich darf für meine Fraktion sagen, dass wir der Intention Ihres Antrages folgen werden. Es geht auch uns um den Erhalt, zum Teil auch um die Wiedergewinnung von Kulturlandschaft, es geht uns um die Synergieeffekte, die sich aus Weinbau und Tourismus erschließen lassen, und es geht, zum Beispiel bei den Trockenmauern, um ökologisch sinnvolle Nischen innerhalb einer Weinbaukultur, die auf hohe Qualität und ein entsprechendes Verbraucherbewusstsein setzt. Dazu von uns ein d’accord. Und wenn sich schon der Sächsische Weinbautag mit den Folgen des Klimawandels beschäftigt, dürfen wir im Landtag dahinter nicht zurückstehen.

Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Ergänzungs- bzw. Änderungsantrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Der fraktionslose Abg. Schmidt erhält jetzt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit der Wende haben sich neben den früher wenig etablierten Weinbaubetrieben oder -gesellschaften vor allem neue, privat geführte Betriebe in Sachsen angesiedelt, vereint unter dem Dach des Sächsischen Weinbauverbandes. Der Anbau von bestimmten Rebsorten lässt sich aufgrund der geografischen Lage in Sachsen sicherlich nicht groß erweitern, es sei denn, dass dafür eines Tages die globale Veränderung des Klimas den Weg freigibt.

Lange war man vom sächsischen Wein gewohnt, dass er herber Natur war. Dafür war er sortenrein. Weine ohne Zusätze, Weine in einer 0,7-Liter-Einheitsflasche. Seit der Wiedervereinigung Deutschlands hat sich in Sachen Vielfalt bezüglich der Geschmacksnoten einiges getan. Unterschiedliches Farbglas und Form der Flaschen bis hin zu ansprechenden Etikettierungen lassen oft schon den Hersteller richtig vermuten.

Gehen wir nun in die Historie. Ich gehe natürlich nicht bis zu den Göttern zurück. Vom Jahr 1066 bis zum Jahr 1106 verwaltete Bischof Benno das Bistum Meißen. Neben seiner Hauptaufgabe, ungläubige Sorben zum christlichen Glauben zu führen, galt er zu seiner Zeit bei seinen Stiftsuntertanen nicht zu Unrecht auch als weiser Regent. Er erkannte die günstigen Getreideanlagen bei Lommatzsch, Schleinitz und Mügeln und ließ reiche Korn

speicher anlegen. Er schuf Wirtschaftshöfe in Briesnitz, Göda bei Bautzen und Görlitz. Daran erinnern wir uns kaum. Aber wenn es um den Wein geht, wissen wir gleich, dass auch Bischof Benno mit im Spiel war. Ihm verdanken wir wirklich die gelungene Anpflanzung von Weinstöcken. Bei Niederwartha, Kötzschenbroda und Schleina, einem Ortsteil von Meißen, ließ er Weinberge anlegen und führte damit den Weinbau an der Elbe ein. Der erste Weinberg, den Bischof Benno der Sage nach sogar mit eigenen Händen angelegt haben soll, soll sich auf dem Gelände von Müllers Weinberg an der Straße Am Steinberg in Meißen befunden haben.

Wie wir wissen, ist die Arbeit des Winzers nicht unbedingt leicht. Ich kann aus eigener Erfahrung sprechen; denn ich bin Hobbywinzer. Nicht überall ist moderne Technik einsetzbar und so bleibt gerade an Hängen und schmalen Terrassen die Handarbeit.

(Jürgen Gansel, NPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja.

Herr Abg. Schmidt, ist es zutreffend, dass Ihr ehemaliger persönlicher Referent Eric Weber während der gewöhnlichen Arbeitszeit auf Ihrem persönlichen Weingut handwerkliche, körperliche Arbeit verrichten musste?

Das ist nicht zutreffend, weil der Referent Weber zu diesem Zeitpunkt bei mir nicht angestellt war.

(Gelächter bei der NPD – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Nicht überall ist moderne Technik einsetzbar. So bleibt – gerade an Hängen und schmalen Terrassen – die Handarbeit, zum Beispiel beim Bearbeiten des Bodens, dem Verschneiden, dem Binden, dem Lesen und fachlichen Können beim Erhalt der Weinbauanlagen, deren Terrassen nicht selten von Trockenmauern gestützt werden. Wir empfehlen, bei der Sanierung von Trockenmauern Arbeitskräfte über eine Bürgschaft einzusetzen, die unter fachlicher Anleitung eine erhebliche Hilfe und Unterstützung sein können – vielleicht aus den Bereichen Bau, Straßenbau und Steinmetzerei. Dies wäre eine Investition in mehrere hundert Jahre.

Wie unlängst der Presse zu entnehmen war, werden bereits in diesem und im folgenden Jahr sächsische Weingüter ihre Rebfläche vergrößern, nachdem man in entsprechenden Archiven nach historischen Anbaugebieten gesucht hatte und fündig wurde. Wir denken, dass das gut ist; denn die Nachfrage nach sächsischen Weinen ist derart angestiegen, dass bei einigen Sorten schon jetzt keine Liefermöglichkeiten mehr bestehen. Bedauerlicherweise könnten hier EU-Richtlinien zum Sand im Getriebe werden, da hierbei die Steuermechanismen liegen.

Bedenken wir aber eines: dass Sachsen einstmals, um die Mitte des 19. Jahrhunderts herum, an die 1 600 Hektar Rebfläche besaß. Während man im Westen Deutschlands die Rebflächen kontinuierlich aufstockte, hat man in der DDR dem Weinbau nicht genügend Augenmerk geschenkt. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands können sich die sächsischen Winzer zu Recht durch die historischen Hintergründe benachteiligt und bestraft fühlen. Dabei würde eine umfangreiche Aufrebung den Wirtschaftsfaktor Weinbau in Sachsen stärken, Arbeitsplätze schaffen und die Nachfrage nach sächsischem Wein decken helfen.

Wir ersuchen daher die Staatsregierung des Landes Sachsen eindringlich, alles in ihrer Kraft Stehende zu tun, um den sächsischen Weinbauern weitere Perspektiven in ihrem Vorhaben, ihre Flächen zu erweitern, zu geben. Wir bitten die Sächsische Staatsregierung, sich im Rahmen des EU-Sonderausgleiches für die Rückgewinnung dieser Flächen einzusetzen. Darum stimmen wir dem vorliegenden Antrag in vollem Umfang zu. In diesem Sinne: Es lebe der sächsische Wein!

Danke.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war die Runde der Abgeordneten. Gibt es seitens der Abgeordneten weiteren Aussprachebedarf? – Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Tillich, bitte.

Herr Präsident, vielen Dank. Ich denke, es wäre unangemessen, zu einem Fachgebiet meines Ministeriums, das eines der angenehmsten ist, nicht zu sprechen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Ich bedanke mich sowohl bei den Koalitionsfraktionen als auch bei den Oppositionsfraktionen, dass sie eine durchaus sachliche Debatte zu diesem Thema geführt und die Leistungen unserer sächsischen Winzer allesamt gewürdigt haben. Ich habe im Namen der Staatsregierung dies schriftlich auf den Antrag der Koalitionsfraktionen getan, möchte aber noch einige Fakten nennen bzw. einige Fragen, die gestellt wurden, beantworten.

Es ist richtig, dass sich die Rebfläche fast verdoppelt hat. Es ist auch richtig, dass nicht die Menge das Entscheidende des sächsischen Weines ist, sondern seine Qualität. Es ist erfreulich, dass 53 % der in Sachsen produzierten Weine immerhin Qualitätsweine mit Prädikat und 46 % darüber hinaus Qualitätsweine sind. Nur weniger als 1 % der sächsischen Weine sind Tafelweine.

In der Vergangenheit haben wir die Weinbergsmauern in Steil- und Terrassenlagen, Herr Kollege Rößler, gefördert. Wir haben dies getan, damit die Grundlage des Weinbaus und die Voraussetzungen für eine Wiederurbarmachung brach liegender Anbauflächen hergestellt werden. Wir

haben dies gleichzeitig getan, um ein Stück Kulturgut in Sachsen zu erhalten. Der Sanierungsbedarf ist, wie von Ihnen dargestellt, enorm und wird innerhalb dieser Förderperiode in der Tat nicht abgeschlossen sein. Deswegen wird die Sächsische Staatsregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Sanierung der Weinbergsmauern fortsetzen. Zur finanziellen Ausgestaltung kann ich heute leider noch nichts sagen.

Neben der Sanierung der Mauern haben wir auch die Einwerbung zusätzlicher Pflanzenrechte für unsere Winzer vorangetrieben. So konnten 30 Hektar Neuanpflanzungsrechte an Winzer in diesem Jahr verteilt werden. Damit sind alle fachlich geeigneten Anträge für Neuanpflanzungen berücksichtigt worden. Wir rechnen damit, dass weitere Flächen im Ergebnis der zurzeit stattfindenden Flächenprüfungen in unsere Pflanzenreserve zu überführen sind. Sollten diese Flächen nicht ausreichen, werden wir uns für weitere Pflanzenrechte und die Übertragung nicht genutzter Reserven aus anderen Bundesländern einsetzen.

Einer der wichtigen Schwerpunkte des gemeinsamen Bemühens sowohl der öffentlichen Hand als auch der Winzer ist die Zukunftssicherung des Weinbaus an sich und damit verbunden letztendlich die Verbesserung des Marketings. „Wer nicht wirbt, der stirbt“, heißt es plakativ in einem Zitat unbekannter Herkunft. Ich denke, auch hier hat die Sächsische Staatsregierung den Winzern in der Vergangenheit hilfreich zur Seite gestanden. Wir haben für qualitäts- und absatzfördernde Maßnahmen eine Summe von 282 000 Euro aufgebracht. Letztendlich haben wir dazu beigetragen, dass die gezielte Bewerbung der gemeinsam mit den Winzern entwickelten Dachmarke „Eine Rarität: Weine aus Sachsen“ möglich war und diese Dachmarke zu einer weiteren Steigerung des Bekanntheitsgrades sächsischer Weine beigetragen hat.

Gerade im Bereich Marketing können wir noch weitere Reserven erschließen. Deswegen wird die Sächsische Staatsregierung auch in Zukunft den sächsischen Weinbau unterstützen. Wir wollen dabei helfen, diese über 800jährige Tradition fortzusetzen. Wir sind dem Weinbauverband gern dabei behilflich, so schnell wie möglich einen neuen Ansprechpartner vor allem für die über 2 600 sächsischen Kleinwinzer auf der behördlichen Seite zu finden. Das ist miteinander verabredet.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns gemeinsam dafür Sorge tragen, dass der sächsische Weinbau als Wirtschaftsfaktor weiter stabilisiert wird und gleichzeitig dazu beiträgt, unsere wunderbare Kulturlandschaft in Sachsen am Leben zu erhalten.

Lassen Sie mich zu den Anträgen, zum Beispiel zum Antrag der NPD, kommen. Ich denke, die NPD hat wiederholt versucht, auf ein Thema aufzusatteln, das sowohl längst bei der Staatsregierung als auch bei den Gremien zwischen Bund und Land wie auch der Europäischen Kommission auf der Tagesordnung steht. Deswegen sind diese Anträge im Prinzip ein Nachklapp und nicht der Zustimmung wert.

Gleichzeitig möchte ich zu Frau Altmann – sie ist jetzt nicht am Platz – und zu Herrn Günther eine Bemerkung machen: Ich bin darüber glücklich, dass heute Herr Hesse, Präsident des Sächsischen Weinbauverbandes, und Frau Schilg, Geschäftsführerin von Schloss Wackerbarth, hier anwesend sind; denn der Erfolg hat immer viele Väter. So ist es auch mit der Krönung der deutschen Weinkönigin im Herbst dieses Jahres hier in Dresden. Ich kann mich an Gespräche im vergangenen Jahr erinnern, bei denen Herr Hesse, Herr Niehoff vom Weinbauverband, Frau Schilg, aber auch Prof. Reiter vom Mitteldeutschen Rundfunk Hände ringend darum bemüht waren, eine Lösung zustande zu bringen, um letztendlich die Ausrichtung dieser Veranstaltung in Sachsen zu ermöglichen. Ich freue mich, dass diese Bemühungen in Person von Herrn Hilbert zum Erfolg geführt haben. Wir werden erfreut sein, wenn wir zu dieser Veranstaltung eingeladen werden und die Stadt Dresden die Kosten, die sie jetzt tragen kann, übernehmen wird.

(Heiterkeit bei der CDU)

Es wird vor allem Prof. Reiter freuen.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.