Protokoll der Sitzung vom 16.03.2006

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Aussprache hat gezeigt, dass spontan neue Sprecherfunktionen gewünscht werden. Ich denke, die des Oberwinzers ist vergeben. Herr Dr. Rößler, Sie haben das Schlusswort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man schon eine solch seltene Einmütigkeit in diesem Hause erlebt, will man natürlich nicht nur als Weinfreund, sondern als knochenharter Weinlobbyist die Sache am Schluss festklopfen.

Ich denke, wir wollen nicht nur reden. Wir wollen die Strategien, die uns gemeinsam überzeugt haben, zusammenfassen. Es sind übrigens dieselben Strategien, die der Sächsische Weinbauverband vertritt. Wir müssen den Sanierungsstau im Terrassenbereich zügig abbauen. Wir müssen die Umstrukturierung, die Sortenvielfalt und die Aufrebung der Weinberge vorantreiben. Wir müssen die Mechanisierung und Bewässerung forcieren. Das ist ganz wichtig.

Frau Altmann ist leider nicht da. Ich bedaure die Erderwärmung und ich sehe auch die Probleme, die sie bringt. Aber der Weinbau ist einer der wenigen Bereiche, in dem uns das nicht so trifft, sondern eher nützt.

Wir müssen unsere Dachmarke, unser Marketing im sächsischen Weinbau, unsere Qualitätsstandards permanent verbessern. Sächsische Weine werden immer eine Rarität bleiben. Wir wollen die 3 000 Hektar überhaupt nicht wieder erreichen. Damit wollen wir niemandem Angst machen.

Wir müssen die Synergien aus Terrassenweinbau, Tourismus, Hotelgewerbe und anderem in einem regionalen Wirtschaftskreislauf nutzen.

Wir müssen – das ist mir besonders wichtig, deshalb wiederhole ich es – bürgergesellschaftliches Engagement, wie es die vielen, vielen Tausend Hobbywinzer hier pflegen, unterstützen und fördern, damit sich Menschen auch weiterhin für ihre Heimat, für diese Region und dieses Kulturgut engagieren. Darin sind wir uns einig und das werden wir auch in weiteren Diskussionen vertreten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir nähern uns der Abstimmung. Es gibt zwei Änderungsanträge, die jeweils das Ziel haben, den vorliegenden Antrag zu ergänzen. Da der eine Antrag drei Ergänzungen umfasst, ist er der weiterführende. Das ist der Antrag der NPD-Fraktion. Dazu gibt es eine nochmalige Einbringung. Bitte schön, Herr Abg. Paul.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden an diesem Änderungsantrag festhalten. Ich habe mich sehr gewundert, dass der Herr Staatsminister leider nicht auf die einzelnen Punkte eingegangen ist. Zurzeit läuft das Abstimmungsverfahren mit der Bundesregierung und auch auf europäischer Ebene. Ich denke, das Staatsministerium würde gut daran tun, dem Sächsischen Landtag über die sächsischen Positionen auf Bundes- und EU-Ebene zu berichten und sich mit der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass ein nationales Gütesiegel gegenüber der EU-Kommission durchgesetzt wird. Deswegen werden wir an diesem Änderungsantrag festhalten und bitten weiterhin um Ihre Zustimmung. – Danke.

Meine Damen und Herren! Gibt es dazu Aussprachebedarf seitens der Fraktionen? – Herr Dr. Rößler, bitte schön.

Wir bitten um Ablehnung dieser beiden Änderungsanträge. Der Staatsminister hat dazu Stellung genommen.

Natürlich setzt sich die Sächsische Staatsregierung wie wir alle für die Qualität deutscher und sächsischer Weine ein. Aber trotz des Engagements des Bundesministers Seehofer sind in London die Messen zu diesem Vertrag mit den Vereinigten Staaten gesungen. Es gab mehrere Länder, die dagegen waren, aber eine Mehrzahl war eben dafür. Ich denke, dass dieses Thema trotz des eindeutigen deutschen und sächsischen Standpunktes eigentlich erledigt ist. Deshalb bitte ich um Ablehnung dieser beiden Anträge.

Ich komme zum Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Ihrerseits Erläuterungsbedarf? – Gibt es seitens der Fraktionen Aussprachebedarf?

Dann stimmen wir über die beiden Änderungsanträge ab.

Zuerst rufe ich den Änderungsantrag der NPD-Fraktion, Drucksache 4/4666, auf. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Bei einer kleineren Anzahl von Pro-Stimmen ist der Antrag ohne Enthaltungen mit übergroßer Mehrheit abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 4/4632. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Meine Damen und Herren! Ich möchte das Ganze wiederholen und gegebenenfalls die Schriftführer bitten, eine Auszählung vorzunehmen. Denn das Stimmverhalten war nicht eindeutig sichtbar. Ich wiederhole noch einmal: Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 4/4632. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, der meldet sich bitte jetzt. –

Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Jetzt dürfte das Ergebnis für uns eindeutig erkennbar geworden sein.

(Uwe Leichsenring, NPD: In welche Richtung denn?)

Der Antrag ist bei einer großen Anzahl von Unterstützern dennoch mehrheitlich abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zum Originalantrag der Fraktionen der CDU und der SPD unter der Drucksachennummer 4/4182. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Bei einer Anzahl von Stimmenthaltungen und keinen Gegenstimmen ist der Antrag mit großer Mehrheit angenommen worden.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgearbeitet.

Meine Damen und Herren! Ihnen liegt vor der

Tagesordnungspunkt 7

Bundesratsinitiative der Staatsregierung gegen den Beitritt von Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2007 zur „Europäischen Union“

Drucksache 4/4203, Antrag der Fraktion der NPD

Zuerst hat die einbringende NPD-Fraktion das Wort. Danach folgen die Fraktionen in der gewohnten Reihenfolge. Herr Abg. Apfel spricht für die NPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es um die Ausweitung der Europäischen Union geht, scheinen die EU-Fanatiker von großem Selbstvertrauen, besser gesagt von beispiellosem Größenwahn geprägt zu sein. Trotz vieler ungelöster Konflikte hält die Kommission an ihrem Plan fest, nach der Mammuterweiterung von 2004 nun auch noch Bulgarien und Rumänien im Schnellverfahren aufzunehmen. Der Größenwahn scheint keine Grenzen zu kennen. Man tut so, als ob es egal wäre, ob die EU nur zehn Länder mit rund 75 Millionen Einwohnern aufnimmt oder zusätzlich noch Rumänien und Bulgarien, die noch weitere 30 Millionen Menschen mitbringen.

Dies alles soll wie immer undemokratisch von oben herab beschlossen werden, ohne dass das Volk dazu befragt wird – ganz genauso wie bei der Einführung des Euro, bei der Masseneinwanderung von Ausländern, bei der ersten und zweiten Stufe der Osterweiterung, beim drohenden EUBeitritt der Türkei oder auch bei der EU-Verfassung. Wieder einmal setzt sich die herrschende Klasse in einer existenziellen Frage über die Interessen der Bürgerinnen und Bürger hinweg und verweigert ihnen die dringend gebotene Volksabstimmung.

Meine Damen und Herren! Schauen wir uns einmal die Kandidaten etwas näher an. Selbst die EU-Kommission bemängelt die Kriminalität und die allgegenwärtige Korruption, die diese beiden Länder fest im Griff hat. Die

Antikorruptionseinheit PNA in Rumänien eröffnet immer wieder neue Verfahren gegen Politiker, Angestellte von Sozialämtern und Ministerien oder Erdölunternehmer wegen Finanzmanipulationen, ohne die Probleme wirklich in den Griff zu bekommen. Auf dem Korruptionsindex liegt Rumänien auf Rang 87 und damit auf einer Höhe mit der Dominikanischen Republik. Einem solchen Land will die Europäische Union nun 15 Milliarden Euro Starthilfe zur Verfügung stellen und weitere 44 Milliarden Euro im Rahmen eines gemeinsamen finanziellen Gesamtpaketes, das sich Rumänien und Bulgarien teilen sollen.

Die Hauptleidtragenden in Europa werden wieder einmal die Deutschen sein, die als größter Nettozahler der Europäischen Union wieder ein Viertel der Kosten allein tragen müssen.

Die Probleme auf dem Arbeitsmarkt sind ähnlich groß wie die Probleme bei der Justiz und im Bereich der Korruption. Trotz größerer Wachstumsraten liegt der Durchschnittslohn immer noch bei monatlich 177 Euro. Folglich wird es auch weiterhin Millionen von Rumänen zum Arbeiten ins westliche Ausland ziehen. Das 2002 geschaffene Amt für Migration der Arbeitskraft hat innerhalb von zwei Jahren etwa 100 000 Rumänen für zeitlich befristete Stellen nach Deutschland, Spanien, Ungarn und in die Schweiz vermittelt. Aufgrund von bilateralen Abkommen arbeiten sie dort als Krankenpfleger, Waldarbeiter, auf dem Bau und in der Landwirtschaft. Nach offiziellen Angaben schicken sie von ihren Einkünften 274 Millionen Euro nach Hause.

Das, meine Damen und Herren, ist aber nur die Spitze des Eisberges. Nach Angaben der Banken schätzen Beobach

ter die Zahl der Schwarzarbeiter auf zwei Millionen Menschen, die in Westeuropa arbeiten und jährlich bis zu sieben Milliarden Euro in ihre Heimat überweisen.

Das alles ist aber nur ein Vorgeschmack auf die dramatische Zuwanderungswelle, die nach dem Beitritt der beiden Länder zur EU zu erwarten ist. Die Folge ist klar: Im Zuge der Niederlassungsfreiheit in ganz Europa droht eine beispiellose Welle nach Westeuropa, vor allem nach Deutschland, und wie wir schon bei der EU-Osterweiterung, wie von uns prognostiziert, erleben mussten, kommt es durch die Freizügigkeit der EU zu einem immer stärkeren Export von Arbeitsplätzen ins Ausland und zum Import von Billiglohndrückern nach Deutschland. Und das, bevor die Niederlassungsfreiheit in Deutschland überhaupt vollends freigegeben wurde.

Was uns nach dem Beitritt Rumäniens und Bulgariens erwartet, liegt dabei auf der Hand: einerseits ein noch stärkerer Export von Arbeitsplätzen nach Osteuropa, da auf die Unternehmen dort erheblich niedrigere Löhne und geringere Umweltstandards warten; andererseits wird der Verdrängungswettbewerb auf dem Arbeitsmarkt durch den weiteren Zustrom von Billiglohnarbeitern noch gnadenloser werden. Die Folge wird ein noch gnadenloseres Lohndumping auf dem Rücken der sozial Schwächsten in dieser Gesellschaft sein.

Meine Damen und Herren! Nach dem Beitritt der Rumänen wollen allein 70 % der 20- bis 40-jährigen Rumänen auswandern. Ich wiederhole es: 70 % der Rumänen. Das Institut für Wirtschaftsforschung befürchtet geradezu eine Völkerwanderung von Rumänen nach Westeuropa. Bulgarien soll noch rasanter entvölkert werden: nach neun Millionen 1990 auf sieben Millionen heute, fünf Millionen im Jahr 2040.

Es liegt auf der Hand, dass es angesichts der bitteren Armut bei Herstellung der Freizügigkeit durch den Beitritt zur EU Millionen Rumänen ins westeuropäische Schlaraffenland ziehen wird. 40 % der Menschen in Rumänien leben von der Landwirtschaft, erwirtschaften aber nur 13 % des Bruttoinlandsproduktes. 2,4 Millionen Rumänen gelten gleichzeitig als extrem arm. Diese Armut, meine Damen und Herren, werden wir aber nicht dadurch bekämpfen können, dass Millionen Rumänen in das ohnehin schon kollabierende deutsche Sozialsystem eingeschleust werden. Selbst der ehemalige Präsident des EU-Parlamentes und langjährige stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, Herr Hentsch, äußerte sich in einer Debatte des Europaparlaments kritisch über den geplanten Beitritt Rumäniens und Bulgariens, indem er beklagte: „Wir sollen Beitrittsverträgen zustimmen, die nicht wirklich zu Ende verhandelt worden sind. Wichtige Beitrittsanforderungen sind nicht erfüllt. Wir sollen einem Beitritt auf Krücken zustimmen. Mit den Schutzklauseln und Aufzugklauseln leisten Kommission und Rat einen verhandlungspolitischen Offenbarungseid.“ Ergänzt wird dieses Bild, in dem nun wirklich nichts für einen Beitritt Rumäniens spricht,

dadurch, dass der CIA auf dessen Territorium ein geheimes Gefängnis unterhalten haben soll.

Meine Damen und Herren! Wenn man den Blick nach Bulgarien schweifen lässt, stellt man fest, dass es dort nicht besser aussieht, denn trotz eines Rekordwachstums liegt das Durchschnittsgehalt im Staatssektor bei umgerechnet 160 Euro, und jeder zweite Bulgare muss nach Gewerkschaftsangaben mit weniger als 70 Euro im Monat auskommen. Im Sozial- und Gesundheitswesen herrschen Zustände wie in der Dritten Welt. Bis zu 17 % der türkischen Minderheit können darüber hinaus nach den Worten ihrer eigenen Politiker nicht lesen und schreiben. Ein effektives Justizsystem zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität existiert in Bulgarien so wenig wie in Rumänien.

Bulgarien gilt nach wie vor als Drehscheibe für Geldfälscher, Drogen und Frauenhändler. Auch wirtschaftlich stellt sich Bulgariens Situation dramatisch dar. Das Defizit in der Leistungsbilanz erreicht in den ersten elf Monaten 2005 die Schwindel erregende Marke von 12,7 % des Bruttoinlandsprodukts. Dieser Fehlbetrag ist deshalb schon so Besorgnis erregend, weil die bulgarische Währung schon jetzt fest an den Euro gekoppelt ist. Die Zentralbank hat daher keinen Spielraum, durch Zinserhöhung Kapital aus dem Ausland anzulocken, um so die Verbindlichkeiten zu begleichen. Im Extremfall kann dies zu einem Kollaps führen, wie die argentinische Währungskrise im Jahr 2001 unter Beweis gestellt hat.

Meine Damen und Herren! Wenn wir diese datengesättigten Erkenntnisse zusammennehmen, kann man eigentlich nur zu der Erkenntnis kommen, zu der auch der Kollege Andreas Hähnel von der CDU-Fraktion gekommen ist: Rumänien und Bulgarien sind für einen Beitritt zur Europäischen Union vollkommen ungeeignet, ganz gleich, welches Kriterium man auch anlegt!

Wenn Herr Patt von der CDU auf die Bedenken seines eigenen Fraktionskollegen mit der Milchmädchenrechnung antwortet, dass die Furcht vor dem Verlust von Fördermitteln unberechtigt sei, da wir in Südwestsachsen doch bis 2013 ausreichend Planungssicherheit hätten, meine Damen und Herren, dann kann ich nur bedauern, dass der Horizont und das Verantwortungsbewusstsein eines Landtagsabgeordneten nicht weiter als magere sieben Jahre reichen.

(Vereinzelt Beifall bei der NPD)

Ich bin einmal gespannt, meine Damen und Herren, wie sich vor allem die CDU-Fraktion heute positionieren wird. Haben Sie wieder nur populistische Phrasen gespuckt, um konservative Wähler zu beruhigen, um letzten Endes doch wieder blindlings eine für Sachsen offenkundig katastrophale Entscheidung zu treffen, oder meinen Sie es ernst? Dann unterstützen Sie bitte den Antrag der NPD-Fraktion.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD)