Protokoll der Sitzung vom 06.04.2006

Die Fraktionen der Regierungskoalition wünschen, dass sich Sachsen im Bund für die Verbesserung der Rechtssituation unserer sächsischen Handwerker einsetzt – so lautet der Antrag. Die Zahlungsansprüche der Unternehmen sollen besser gesichert und ihre Durchsetzung erleichtert werden, um die existenzbedrohenden Forderungsausfälle zu vermeiden.

Dies will natürlich auch die Staatsregierung erreichen, die daher voll den Antrag der Koalitionsfraktionen unterstützt.

Mein Vorredner Herr Schiemann hat sehr deutlich gemacht, wie lange wir uns schon bemühen, gemeinsam im Bund zu einer Veränderung zu kommen. Es war immer ein Anliegen der Staatsregierung, gemeinsam mit der regierungstragenden Fraktion – jetzt mit den Koalitionsfraktionen – die Dinge im Interesse unserer Handwerker besser zu regeln.

Wir sind uns der schwierigen Lage der Handwerksbetriebe, auf die viele Redner – gerade auch wieder die FDP – hingewiesen haben, sehr wohl bewusst. Die Gründe für die Situation sind vielschichtig. Einer davon – und das ist ein sehr wesentlicher – ist jedoch die niedrige Zahlungsmoral einiger – nicht aller – Auftraggeber, insbesondere auch von Generalunternehmen, auf deren Subunternehmeraufträge viele Handwerker auf Wohl und Wehe angewiesen sind. Zwar wird der Staat nicht die Einstellung eines unlauteren Auftraggebers ändern können, dem das Schicksal seines Auftragnehmers so ziemlich egal ist, wenn er nur selbst seine Schäfchen ins Trockene bringen kann; das kann der Staat nicht tun, der Gesetzgeber kann keine bessere Zahlungsmoral verordnen. Er kann jedoch versuchen – und das tun wir –, die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu ändern, dass sich ein solches Verhalten nicht auszahlt, und da sind wir dran.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Genau dies, meine Damen und Herren, hat Sachsen in den letzten Jahren immer wieder in einer Vielzahl von Initiativen auch auf der Ebene des Bundes getan.

Meine Damen und Herren, heute verteidigt mein Kollege, der Staatsminister der Justiz Herr Mackenroth, im Deutschen Bundestag den gemeinsam – Gott sei Dank nun endlich! – mit Sachsen-Anhalt und Thüringen in den Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen, das so genannte Forderungssicherungsgesetz. Dieser Entwurf, und darauf will ich hinweisen, enthält ein ganzes Bündel von Maßnahmen, um berechtigte Werkunternehmerforderungen besser absichern und effektiver durchsetzen zu können. Ich will ein paar Beispiele nennen. Wir wollen im Gesetz festschreiben, dass der Unternehmer auch nach Abnahme des Werkes Sicherheit für seine Vergütung verlangen kann. Wir wollen klarstellen, dass die Sicherheit auch dann zu leisten ist, wenn der Besteller Mängel rügt. Anders als bislang soll die Sicherheit einklagbar sein. Die Voraussetzungen dafür sind einfach gehalten. Damit kann der Bauhandwerker in jedem Stadium der Vertragsabwicklung unserer Meinung nach schnell und effektiv Schutz vor einem Zahlungsausfall seines Auftragsgebers erlangen.

Weiter stellen wir klar: Der Generalunternehmer soll den Subunternehmer nicht nur bezahlen müssen, wenn der Generalunternehmer selbst Geld vom Bauherrn bekommen hat, sondern auch dann, wenn der Bauherr das Werk des Subunternehmers abgenommen hat. Über die Abnahme muss der Generalunternehmer den Subunternehmer informieren, anderenfalls wird dessen Werklohn auch dann fällig. Damit der Unternehmer im Prozess schneller an sein Geld kommt, sieht der Gesetzentwurf vor, dass das Gericht eine Zahlung vorläufig anordnen kann, wenn es der Auffassung ist, dass dem Werkunternehmer ein Teil seiner Forderung trotz behaupteter Mängel mit hoher Wahrscheinlichkeit zusteht und ihm nicht zugemutet werden kann, den endgültigen Ausgang des Prozesses abzuwarten.

Auf ein solches Instrument, meine Damen und Herren, hat auch unser Handwerk lange gewartet. Der Freistaat hat es auf den Weg gebracht und lange dafür geworben und gekämpft. Wir sind relativ zuversichtlich. Diese Neuregelungen werden mittlerweile Gott sei Dank auch von anderen Ländern und der Bundesregierung unterstützt.

Ich will noch eine Anmerkung machen. Um dieses Projekt, um das wir uns gegenwärtig bemühen und um das wir kämpfen, nicht zu gefährden, sollten wir den Bogen im Moment nicht überspannen, weil uns sonst einige Länder möglicherweise wieder aus dem Boot gehen. Nicht jeder Wunsch wird in Erfüllung gehen. Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben im Gesetzgebungsverfahren bessere dingliche Sicherungen für Werkunternehmeransprüche vorgeschlagen, beispielsweise einen Eigentumsvorbehalt des Unternehmers an eingebauten Sachen bis zur Bezahlung und ein Pfandrecht am Grund

stück. Herr Martens, so war das. Diese Vorschläge sind jedoch von anderen Ländern und der Bundesregierung abgelehnt worden, weil damit erhebliche Folgeprobleme verbunden wären. Wir denken jedoch, dass das neue Forderungssicherungsgesetz unseren Handwerkern auch ohne neue dingliche Sicherung ein ganzes Stückchen weiter hilft. Das erwarten auch unsere Unternehmer. Bevor wir neue Gesetzesänderungen vorschlagen, sollten wir erst einmal dafür sorgen, dass unsere Vorschläge endlich Gesetz werden, und sehen, wie sich das in der Praxis bewährt.

Die Sächsische Staatsregierung hat sich in der Vergangenheit immer für das Handwerk eingesetzt. Sie wird dies nicht nur heute im Bundestag tun, sondern auch in Zukunft.

Haben Sie herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, des Abg. Karl Nolle, SPD, und des Staatsministers Thomas Jurk)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Schlusswort der Fraktionen CDU und SPD. Herr Abg. Schiemann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Herrn Staatsminister Dr. Metz sehr dankbar, dass er in Vertretung des Justizministers die Position der Staatsregierung dargelegt hat, zumal er zu denen gehört, die Bauherren im Freistaat Sachsen sind. Wir haben auch in der Gruppe Zahlungsmoral das Thema Zahlung von öffentlichen Leistungen diskutiert. Oft war es so, dass es noch Nacharbeiten gab. Wir sind uns sicher in diesem Hohen Haus einig, dass dazu die Handwerker selbst sagen, sie wollen keine schwarzen Schafe unter sich haben. Sie wollen eine gute Leistung erbringen und dafür zeitnah gutes Geld bekommen. Ich glaube, dass das auch im Finanzministerium vernünftig so läuft.

Wir haben das Problem heute erneut diskutiert. Ich bin auch für die dargelegten Meinungen dankbar, die nicht mit unseren Intentionen einhergehen; dennoch gehört das dazu. Ich habe die Hoffnung, dass der Deutsche Bundestag sich mit seiner Gesetzesinitiative dem Problem der Handwerker und Mittelständler widmet und das Gesetz auf den Weg bringt. Die Zusammenarbeit mit den Handwerkern möchte ich als sehr wichtig einschätzen. Wirtschaftspolitik und Rechtspolitik haben dafür gesorgt, dass Probleme in diesem Bereich im politischen Geschehen diskutiert werden konnten. Stellvertretend dafür möchte ich mich bei den Handwerkskammerpräsidenten Fröhlich, Dirschka und Dittrich auch im Namen der Koalitionsfraktionen ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU)

Die Koalition wird den lange währenden Prozess zur Änderung und Abstellung der Nichtzahlung weiterhin begleiten. Wir werden die Anliegen der Handwerker und Mittelständler, ihrer Familien und natürlich der dort tätigen Arbeitnehmer weiterhin unterstützen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Thomas Jurk)

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung. Zum Antrag liegt ein Änderungsantrag der FDP-Fraktion in der Drucksache 4/4885 vor. Wird dazu noch einmal das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Möchte sich jemand von den Fraktionen zum Änderungsantrag äußern? – Das ist auch nicht der Fall. Dann lasse ich den FDP-Antrag in Drucksache 4/4885 abstimmen. Er ergänzt den Antrag um einen Satz. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben

möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Stimmen dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einigen Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich stelle nun die Drucksache 4/4754 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einigen Stimmenthaltungen und ohne Gegenstimme ist der Antrag mit großer Mehrheit angenommen worden. Meine Damen und Herren, der Tagesordnungspunkt ist damit geschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Initiative für einen „Sächsischen Mitbestimmungsdialog“

Drucksache 4/4273, Antrag der Linksfraktion.PDS

Auch hier ist eine Diskussion vorgesehen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: Linksfraktion.PDS, danach folgen CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. – Ich erteile nun der Linksfraktion.PDS als Einreicherin das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gegenwärtig und noch bis Ende Mai finden bundesweit Betriebsratswahlen statt. In Sachsen gibt es zirka 7 000 Betriebsräte, für die Neuwahlen anstehen. Darüber hinaus besteht in sächsischen Unternehmen, die bisher noch keinen Betriebsrat hatten, die Möglichkeit, welche zu bilden. Nicht nur der DGB wirbt bei den Beschäftigten und den Unternehmen für die Bildung von Betriebsräten, nein, unlängst – Sie haben es bestimmt verfolgt – haben sich auch einige Prominente in den Reigen eingereiht.

Ich nenne Frau Bundeskanzlerin Merkel. Sie hat in ihrem Grußwort aufgerufen: „Ich bitte deshalb alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, sei es als Kandidat oder durch Stimmabgabe zur Wahl.“ Die CDU Sachsen meint, Betriebsratsmitglieder leisten damit einen Dienst, der über die Grenzen des Betriebes hinaus für unsere Gesellschaft sehr wertvoll ist. Und noch abschließend: Der EKD-Bischof Huber hat gemeinsam mit Kardinal Lehmann von der Bischofskonferenz vorbehaltlos in seinem Schreiben darauf hingewiesen und aufgefordert, „aus christlicher Verantwortung heraus für dieses Amt zu kandidieren und von dem Wahlrecht Gebrauch zu machen.“ Selbst in der SPD hat man mit dem Landesvorsitzenden Wirtschaftsminister Jurk einen Streiter für betriebliche Mitbestimmung. Spätestens nach seiner flammenden Rede für starke Gewerkschaften am 4. Februar zur DGB-Konferenz in Zwickau war mir klar, dass er dem heute vorliegenden Antrag nur zustimmen kann.

Meine Damen und Herren! Warum stellt die Linksfraktion.PDS den Antrag heute auf die Tagesordnung? Wir

wollen gerade im Lichte der Ereignisse der letzten Monate hier im Hohen Haus erreichen, dass wir uns in das breite Bündnis der Unterstützer für starke Mitbestimmung einreihen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Inzwischen hat sich ja wohl längst herumgesprochen, dass man Betriebsräte nicht mit Streikposten verwechseln darf. Betriebsräte können sehr wohl geeignet sein, das harte Mittel Streik gegebenenfalls zu vermeiden und durch konsensorientierte Mitsprache zu ersetzen. Deshalb sollten sich nach unseren Vorstellungen die Sächsische Staatsregierung ebenso wie der Sächsische Landtag dafür engagieren, dass in Unternehmen starke Betriebsräte wiedergewählt oder auch erstmals gewählt werden. In diesem Sinne sagt die Linksfraktion klar Ja zum Mitbestimmungsappell des DGB.

Der DGB hat nicht umsonst die Politik gerade jetzt, wenn Betriebsratswahlen sind, um Unterstützung gebeten. Meine Fraktion ist sich natürlich durchaus bewusst, dass Politik nicht in die Belange der Aufgaben von Betriebsräten eingreifen darf. Das haben wir ebenso wenig beantragt – das sehen Sie auch an unserem Antrag –, wie das vom DGB bisher gefordert wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit der Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes ist bundesweit die Zahl der Betriebsratsmandate gegenüber dem Jahr 1998 um 11 % gestiegen. Damit steht zirka die Hälfte aller Beschäftigten in der Privatwirtschaft unter dem Schutz eines Betriebsrates. Die Reserven für betriebliche Mitbestimmung liegen vor allem bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen. Das trifft logischerweise für die neuen Bundesländer im Besonderen zu, in denen die Erfahrungen mit diesem demokratischen Grundrecht durchaus noch ausbaufähig sind. Deshalb ist die Landespolitik gefordert, die gegenwärtig in Sachsen laufende Mitbestimmungskampagne des DGB vor Betriebstoren

und Gewerbegebieten, auch heute hier im Sächsischen Landtag aktiv zu unterstützen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer wettbewerbsfähige und zukunftssichere Unternehmen in Sachsen befördern will, der muss sich für die Bildung von möglichst vielen neuen Betriebsräten stark machen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sehr richtig!)

Denn, meine Damen und Herren, betriebliche Mitbestimmung ist weit mehr, als es ihre Kritiker in Wirtschaft und Politik lautstark deklarieren. Die Aufgaben des Betriebsrates nach dem Betriebsverfassungsgesetz sind weitreichend. So geht es unter anderem um die Durchsetzung einer tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, die Eingliederung von Schwerbehinderten, die Bildung und Unterstützung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen, die soziale Abfederung von Härten in Krisensituationen, die betriebliche Integration von Ausländerinnen und Ausländern. Das ist schon eine ganze Palette, die weit mehr sagt als das, was manche, die die Betriebsräte kritisieren, immer daran zweifeln lässt.

Es geht im Übrigen auch um Beschäftigungsförderung. Es geht um Arbeits- und Gesundheitsschutz, um Qualitätssicherung sowie um die Umweltpolitik eines Unternehmens.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Betriebsräte vertreten nicht nur die Interessen der Arbeitnehmer, denn sie unterstützen laut § 80 Betriebsverfassungsgesetz die Arbeitgeber im Krisenfall. Von vielen Betriebsräten werden diese Aufgaben durchaus unspektakulär im Interesse der Beschäftigten und der Unternehmen wahrgenommen. Denjenigen, die als Gegenargument dann meistens ein Horrorszenario wegen der für die Unternehmen entstehenden Kosten für die Betriebsratsarbeit an die Wand malen, sei noch einiges gesagt. Sie sollten sich einmal die Studie „Schlanke Organisation“ der Hans-Böckler-Stiftung anschauen. Diese hat untersucht, wie hoch der finanzielle Aufwand für betriebliche Mitbestimmung in deutschen Unternehmen tatsächlich ist. Die Studie kommt zu einem interessanten Ergebnis: dass beispielsweise in Betrieben bis zu 100 Beschäftigten zirka 0,14 % des Umsatzes dafür durchschnittlich verwendet werden müssen. 0,14 % in Zahlen ausgedrückt sind 260 Euro pro Beschäftigten innerhalb eines Jahres. Das, meine Damen und Herren, sollten unsere Betriebsräte uns wert sein, sie zu unterstützen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Sehr geehrte Damen und Herren! Starke Betriebsräte beeinflussen auch maßgeblich die Lohnentwicklung in ihren Unternehmen, indem sie beispielsweise Haustarifverträge mit der Unternehmensleitung vereinbaren können. Wobei ich noch einmal ganz klar für die Linksfraktion sagen will, dass eine gut funktionierende betriebliche

Mitbestimmung und verbindliche Flächentarifverträge für uns zwei wichtige Teile eines Ganzen sind.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem von uns vorgelegten konsensorientierten Antrag haben wir Abgeordneten heute die Gelegenheit, uns vorbehaltlos an die Seite der sächsischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stellen, eine gute Gelegenheit für die SPD, ihren Koalitionspartner mittels unserer Initiative zur Einsicht zu verhelfen, dass die politische Unterstützung für betriebliche Mitbestimmung weit mehr ist als eine alte sozialdemokratische Tradition.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)