Wie sagt man so schön? Was dem einen recht ist, ist dem anderen billig. Das ist nicht so, wenn eine Firma für ihre geleistete Arbeit die vertraglich vereinbarte Zahlung erhalten soll. Was nützt es dem Dachdecker X, wenn auf seinem Vertrag steht, dass das Material bis zur Zahlung sein Eigentum ist, und der Schuldner einfach nicht zahlen will oder kann? Abdecken darf er laut Gesetz nicht.
Gehen wir im Großmarkt einkaufen und sagen an der Kasse, dass wir den Inhalt des Einkaufswagens unbedingt für unser Leben benötigen, aber gegenwärtig nicht zahlen können, werden wir sehen, wie schnell der Wagen seinen Eigentümer wechselt. Eventuell steht der Kaufhausdetektiv oder gar die Polizei neben uns.
Müssen wirklich noch ein paar hundert Firmen durch diese miserable Zahlungsmoral sterben, bevor man erkennt, dass mittels zu schaffender Gesetzlichkeiten Dinge zu verändern sind?
Es sind nicht nur Meier oder Schulze, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, sondern zunehmend auch die öffentliche Hand selbst.
Natürlich hängen an jedem Unternehmen Arbeitsplätze und – wenn mehr Zahlungssicherheit vorhanden wäre – vielleicht auch Ausbildungsplätze. Eine rechtliche Sicherstellung im Zahlungsverhalten würde ein Schritt von vielen noch zu gehenden in die richtige Richtung sein und wäre ein sinnvolles Mittel zum Erhalt des Handwerks. Deswegen stimmen wir den hier vorliegenden Anträgen zu.
Herr Schmidt, gestatten Sie mir eine Bemerkung: Als fraktionsloser Abgeordneter können Sie nur für sich sprechen, da Sie keine Fraktion im Rücken haben.
Ich frage, ob es weitere Diskussionswünsche aus den Fraktionen gibt. – Für die CDU Herr Abg. Schiemann.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war schon etwas komisch, einigen Rednern hier zuzuhören. Wenn mir noch zugerufen wird, was ich mit dem Handwerk zu schaffen habe, dann muss ich ganz ehrlich sagen, dass auch ich als Abgeordneter mit Handwerkern gesprochen habe. Es ist ja nicht das erste Mal, dass die CDU-Fraktion bemüht ist – dieses Mal gemeinsam mit der Koalitionsfraktion –, dieses Thema hier vorzutragen, sich diesem Thema zu widmen. Ich habe einfach nicht verstanden, wieso ein angehender Bürgermeisterkandidat in einer großen Stadt in der Nähe des Erzgebirges sich so locker hinstellen und sagen kann, dass das alles kein Problem ist, was die CDU und die SPD hier vorgetragen haben.
Lieber Kollege Sportfreund Zais, auf dem Fußballplatz bin ich ja manchmal zufrieden mit Ihnen. Aber das, was Kollege Zais hier abgeliefert hat, hat nichts mit der wahren Situation des Handwerks und des Mittelstandes in unserem Land zu tun.
Jetzt will ich noch daran erinnern, weil mir Kollege Brangs zugerufen hat, ja, dieser dünne Antrag, und dann haben einige auf mich geschaut. Da muss ich jetzt den Ball natürlich offiziell zurückspielen. Der Antrag, Herr Kollege Nolle, ist einmal kräftig gewesen. Jetzt haben wir uns aber, da wir eine Koalition haben, mit diesem Antrag zu befassen, der vorliegt. Das ist vernünftig, weil wir das Thema hier entsprechend vortragen können.
Jetzt zur Entwicklung. Meine Kollegin Schmidt hat sich als einzige Kollegin des Hohen Hauses bereits in der 3. Legislaturperiode neben Kollegin Simon diesem Thema gewidmet und Anfragen gestellt. Ansonsten hat sich diesem Thema lediglich in der 3. Legislaturperiode die CDU durch eine Fülle von Anträgen gewidmet, und jetzt gemeinsam mit der Koalitionsfraktion SPD.
Rechtspolitiker und Wirtschaftspolitiker haben sich 1997 an einen Tisch gesetzt und gesagt, wir müssen für die sächsischen Handwerker und für die kleinen und mittleren Unternehmen etwas tun, denn die Frage der Zahlungsmoral kann so in unserem Land nicht geduldet werden. Das war 1997/1998, wohlgemerkt. Im Jahr 1998 hat dann das Sächsische Staatsministerium der Justiz mit Steffen Heitmann an der Spitze eine Arbeitsgruppe Zahlungsmoral ins Leben gerufen. In der Arbeitsgruppe
Zahlungsmoral waren viele Mitglieder wie die Handwerkskammern, die IHK, Handwerker, Mittelständler, Rechtsanwälte, Juristen aus den Verwaltungen, aus den Regierungsbezirken, Vertreter der Banken, kleine und größere. Außerdem waren Vertreter der Versicherungen am Tisch. Ich glaube, dass in dieser Arbeitsgruppe die Probleme diskutiert worden sind, die die Handwerker und Mittelständler dieses Landes berühren.
Letztendlich ist dann 1999 – jetzt können Sie ruhig zuhören; ich dachte an meinen Sportfreund Zais, aber ich glaube, der kümmert sich draußen gerade um etwas anderes – ein Papier zustande gekommen, Herr Kollege Weichert, weil Sie das ja auch kritisiert haben, das innerhalb der Staatsregierung zu einer Gesetzesinitiative formuliert worden ist. Im Jahr 1999, am 14. April, ist dieser Gesetzentwurf vom Freistaat Sachsen in den Bundesrat eingebracht worden.
Jetzt sage ich Ihnen einmal, was damals passiert ist: Damals hat man so getan, als ob das nur ein Thema für die neuen Bundesländer wäre. Man hat durch die Brille westdeutscher Länder gesagt, das gibt es bei uns überhaupt nicht, und hat uns mehr oder weniger mit diesem Gesetzentwurf vom Tisch zu wedeln versucht. Ich glaube, jetzt nach vielen Jahren haben auch die Leute in anderen deutschen Ländern begriffen, dass das nicht nur ein Thema der neuen Bundesländer ist, sondern dass die Frage Zahlungsmoral durchaus auch in München, Stuttgart oder Hamburg ziemlich deutlich an die Tür klopft. Deshalb meine ich, dass es ganz gut ist, einmal die Entwicklung zu erfahren.
Wir haben dann im Jahr 2000 eine gesetzliche Neuregelung auf Bundesebene bekommen. Die damalige Koalition aus der SPD und den GRÜNEN hat einen Gesetzentwurf auf den Tisch gebracht. Ich hätte mich natürlich auch gefreut, wenn Sie, Herr Kollege Weichert, einmal zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen hätten, der dort auf Initiative Ihrer beiden Fraktionen Gesetzeskraft erlangt hat, weil nämlich hinterher viele Bedenken, die bereits vorher in der Bundesratsinitiative des Freistaates Sachsen eingebracht worden sind, keine Beachtung gefunden haben. Man hat dieses Thema nur aus westdeutscher Sicht behandelt. Deshalb bin ich der Meinung, dass es vernünftig ist, dass wir uns nach wie vor dem Problem der Handwerker und Mittelständler in diesem Land, aber auch in anderen deutschen Ländern widmen.
Nun ist es oftmals so, dass die Gläubiger nicht in der Lage sind, einen titulierten Anspruch tatsächlich durchzusetzen. Warum denn wohl? Weil ihnen der Aufenthaltsort des Schuldners nicht bekannt ist. Oft entziehen sich die Schuldner auch durch ständigen Wohnungswechsel, durch Briefkastenfirmen. Deshalb warnen wir nach wie vor auch als Koalitionsfraktion vor Wanderauftraggebern. Wanderauftraggeber erschüttern dieses Handwerk und den Mittelstand und bringen sie um den Lohn.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist auch im europäischen Maßstab dieses Problem nicht vom Tisch zu wedeln. Vergleichen wir einmal. In den deutschen Ländern hat eine Studie erbracht – Kollegin Schmidt hatte es vorgetragen –, dass die Unternehmerschaft oft bis zu 45 Tage warten muss, bevor die Rechnungen bezahlt werden. In der Republik Italien hat man einen Durchschnittswert von 93 Tagen ermittelt. 93 Tage muss man in Italien auf die Bezahlung der Rechnung warten. Die Ausfälle in Italien betragen 1,9 %, in den deutschen Ländern 0,8 %. In Belgien gehen die Auftraggeber fast zu 4 % leer aus, sie müssen sozusagen die Ausfälle abschreiben. Deshalb glaube ich, dass es mittlerweile auch ein europäisches und nicht nur ein deutsches Thema geworden ist.
Dem Gesetzentwurf, der nun im Bundestag zur Behandlung ansteht, laufen wir nicht hinterher. Ich glaube nicht, dass man uns den Vorwurf machen kann, so wie es gestern geschehen ist, wir würden uns um die Notare im Freistaat kümmern und es wäre alles geregelt. Diese Mär kann ich Ihnen auch heute wieder entkräften. Das stimmt einfach nicht. Wir haben uns zeitig genug mit diesem Thema befasst, und der Vorwurf, wir würden jemandem hinterherlaufen, der schon lange reagiert hat, trifft nicht zu. Das Handwerk und der Mittelstand brauchen ein klares Signal. Ich hoffe, dass auch heute im Bundestag diese Gesetzgebungsdiskussion zu einem Signal führt, dass die Nichtzahler in die Schranken verwiesen werden. Es geht hier um Nichtzahler. Es geht um Leute, die Aufträge auslösen, die Aufträge erfüllen lassen und dann nicht bezahlen, vorausgesetzt, dass die Qualität stimmt. Das ist kriminell, das ist eine kriminelle Handlung. Wenn ein Schüler in einen Kaufmarkt geht und dort eine Tafel Schokolade für fünf Euro mitnimmt, dann wird er letztendlich schon festgehalten, und es wird festgestellt, dass dort jemand gestohlen hat. Wieso können Unternehmer oder Leute, die sich so nennen, andere Leute mehr oder weniger um ihren Lohn bringen? Das dürfen wir nicht dulden.
Die CDU-Fraktion – jetzt betone ich das nochmals – hat in der Vergangenheit stets darauf hingewiesen, dass die wirtschaftliche Lage der Werkunternehmer vor allem in der Baubranche in den letzten Jahren immer schlechter geworden ist. Die Ursache für die hohe Zahl der Handwerkerinsolvenzen – Kollegin Schmidt hatte darauf hingewiesen – ist oftmals auf hohe Forderungsaußenstände zurückzuführen.
Der Grund dafür liegt zwar auch in den schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen; jedoch ist die Situation auch auf eine schlechte Zahlungsmoral zurückzuführen. Deshalb muss es Ziel sein, die strukturellen Schwächen des geltenden Werkvertrags-, Zivilverfahrens- und Vollstreckungsrechts zu beheben. So sollten die Voraussetzungen, unter denen ein Unternehmer Abschlagszahlungen verlangen kann, deutlich erleichtert werden. Bislang besteht ein Anspruch auf Abschlagszahlung nur bei der
Vorleistung von Material und bei der Herstellung abgeschlossener Teile des Werkes. In der Praxis kam dies häufig deshalb nicht zum Tragen, weil Unklarheit darüber herrscht, wie diese Anspruchsvoraussetzungen auszuleben sind, bzw. ist schwer zu beurteilen, ob ein Teil des Werkes abgeschlossen ist oder nicht.
Deshalb müssen diese Auslegungsschwierigkeiten beseitigt und die Voraussetzungen erleichtert werden. Ebenso muss gesichert werden, dass auch wegen unwesentlicher Mängel die Abschlagszahlungen nicht verweigert werden dürfen. Außerdem muss die seit dem Jahr 2000 bestehende Durchgriffsfälligkeit weiter ausgebaut werden. Subunternehmer leiden nach wie vor unter dem Problem der dann nicht erfolgten Zahlung und es kann nicht sein, dass ein Subunternehmer, wenn er seine Leistung vernünftig erbracht hat, dann um seinen Lohn betrogen wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Sinne der sächsischen Werkunternehmer und in der Branche tätigen Arbeitnehmer – auch die Arbeitnehmer sind davon betroffen; keiner meiner Vorredner bis auf Kollegin Schmidt hat die Arbeitnehmer in den Blick genommen; auch die Arbeitnehmer werden um ihren Lohn betrogen, wenn die Rechnungen nicht bezahlt werden – hoffe ich, dass Antworten gefunden und Entscheidungen getroffen werden. Wir können nicht länger tolerieren, dass Existenzen von Handwerkern und Mittelständlern sowie ihrer Familien und ihrer Mitarbeiter durch Nichtzahler bedroht werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die juristischen Erläuterungen zum Antrag hat dankenswerterweise mein Kollege Dr. Martens übernommen; dennoch möchten wir mit unserer Zustimmung zum Antrag auf die Bedeutung der Verbesserung der Rahmenbedingungen für das sächsische Handwerk verweisen.
Auch mit unserem Änderungsantrag, der das Anliegen der Koalitionsfraktionen aufgreift, möchten wir die Initiative ausdrücklich unterstützen. Wir fordern die Staatsregierung auf, uns und das sächsische Handwerk regelmäßig über die Ergebnisse vollumfänglich zu informieren. – Hiermit bringe ich auch den Änderungsantrag formal ein und bitte Sie, ihn zu unterstützen, damit die Staatsregierung die Bedenken, Herr Kollege Schiemann, die heute zur Tragfähigkeit des Antrages geäußert wurden, ausräumen kann und sie uns über ihre Initiativen auf dem Laufenden hält.
Im Freistaat Sachsen sind 54 800 Handwerksbetriebe tätig. Der Wirtschaftsbereich beschäftigt zirka 300 000 Menschen, also ein Sechstel aller sächsischen Erwerbstätigen. Damit ist das Handwerk einer der wichtigsten Ausbildungsmärkte für die sächsischen Schulab
gänger. Da das Handwerk einem sehr starken Wettbewerbsdruck ausgesetzt ist, ist ein schnelles Handeln zu diesem Themenfeld erforderlich. Als Spielzeugmachermeister und Arbeitgeber einer typisch erzgebirgischen Handwerkszunft kann ich aus eigener Erfahrung sprechen. Wer selbst schon einmal Forderungen aus seinem Betrieb ausbuchen musste, kann sich mit der das Handwerk wirklich existenzbedrohenden Gefahr dieser Problematik sehr, sehr gut auseinander setzen und identifizieren.
Aber nicht nur, sehr geehrte Damen und Herren, die schlechte Zahlungsmoral, die die Handwerksbetriebe zunehmend in Liquiditätsnöte bringt, gilt es zu verbessern, sondern auch die Bildung und Qualifizierung sind zu stärken, denn von gut ausgebildeten Fachkräften hängt die Zukunft des sächsischen Mittelstandes und des Handwerks ganz wesentlich ab.
Die Ausbildungsfähigkeit der Schulabgänger bedarf einer Verbesserung. Die Stufenausbildung sollte gestärkt werden, um einen besseren Einstieg in Ausbildung und Qualifizierung für das Handwerk zu erreichen. Auch das Bildungssystem muss im Interesse des sächsischen Handwerks durchlässiger werden.
Einen anderen Problembereich für das Handwerk stellen die Arbeitskosten dar. Das Kardinalproblem des Standortes Sachsen sind und bleiben die zu hohen Lohnnebenkosten, wodurch unter anderem der Wettbewerbsdruck mit unseren osteuropäischen Handwerkern immens erhöht wird. Eine baldige Reformierung der Sozialabgaben ist dringend erforderlich, um die Beiträge sowohl für Handwerks-Arbeitgeber wie auch -Arbeitnehmer zu senken.
Nehmen wir nur einmal die Steuerpolitik. Das sächsische Handwerk forderte anlässlich eines Parlamentarischen Abends am 19. April des vergangenen Jahres ein Sofortprogramm für den Mittelstand. Eine Forderung, die bereits seit Jahren besteht, ist die Einführung der Ist-Besteuerung. Was ist der Beitrag in diesem Hohen Hause der Koalitionsfraktionen? – Bei der Behandlung eines entsprechenden Antrages am 9. November letzten Jahres hier im Plenum haben die Abgeordneten, die sich dem sächsischen Handwerk in aufopferungsvoller Art und Weise annehmen, gegen den Antrag in der Drucksache 4/3242, Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug, Umstellung von der Soll- auf die Ist-Besteuerung, gestimmt – gegen das sächsische Handwerk.
Oder sind sich die Vertreter der Koalitionsfraktionen hier und in Berlin überhaupt im Klaren, was die Mehrwertsteuererhöhung für das sächsische Handwerk bedeutet? Besonders das Dienst leistende Handwerk wird im kommenden Jahr mit enormen Umsatzeinbußen zu rechnen haben. Mit solchen Beschlüssen wie der Erhöhung der Mehrwertsteuer verbessern wir die Situation des Handwerks gar nicht. Es handelt sich um ein Programm gegen das Handwerk.
Wir fordern die Sächsische Staatsregierung daher auf, wenn sie schon mit ihren Anträgen Initiative auf Bundesebene fordert, dann wenigstens darauf zu achten, dass nicht noch mehr Gesetze und Beschlüsse erlassen werden, die das sächsische Handwerk weiter schwächen.
Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Ich sehe, dass das nicht der Fall ist. Die Staatsregierung; Herr Minister Dr. Metz, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche stellvertretend für meinen Kollegen Mackenroth, der heute in Berlin ist und den Kampf sozusagen an vorderster Front führt.
Die Fraktionen der Regierungskoalition wünschen, dass sich Sachsen im Bund für die Verbesserung der Rechtssituation unserer sächsischen Handwerker einsetzt – so lautet der Antrag. Die Zahlungsansprüche der Unternehmen sollen besser gesichert und ihre Durchsetzung erleichtert werden, um die existenzbedrohenden Forderungsausfälle zu vermeiden.