Protokoll der Sitzung vom 10.12.2004

Außerdem, meine Herren und Damen von der PDS, lassen doch gerade Sie die Jugend aus dem Spiel. Die ist sowieso auf dem besten Wege zu uns. Die werden Sie mit Ihrer dämlichen Antifa-Arbeit sowieso nicht mehr in Ihren Stall zurücklocken können.

(Beifall bei der NPD)

Die 9,2 % der NPD hier in Sachsen fielen nicht vom Himmel. Gerade die Jugend weiß nämlich in diesem Land, dass Rechts mittlerweile ein Synonym für gesunden Menschenverstand ist.

(Beifall bei der NPD – Vereinzelt Proteste bei der SPD)

Glauben Sie im Ernst, dass Sie die Zehntausenden von Jungwählern, die uns am 19. September gewählt haben, durch Ihre jämmerliche Geisterbeschwörung wieder zurückholen werden? Wie viel Prozent müssen wir eigentlich noch bekommen, damit Leute Ihrer Couleur endlich kapieren, dass Ausgrenzung und die Tabuisierung nationaler Interessen niemanden mehr überzeugen kann?

Die Jugend geht dahin, wo das Leben ist, dahin, wo eine junge Erneuerungsbewegung für ihre Interessen ficht. Das ist nun einmal in diesem Land nur bei der NPD der Fall.

Nun einmal Hand aufs Herz, meine Herrschaften von der SED – oh, Versprecher – von der PDS meine ich natürlich.

(Torsten Herbst, FDP: Schön abgelesen! – Zuruf von der NPD: Stalinisten!)

Was soll die Jugend in diesem Land bei einer Partei, deren 16 000 sächsische Mitglieder das Durchschnittsalter von 68 Jahren haben?

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Was soll die sächsische Jugend in einer Partei, in der es, wie die Medien vor kurzem berichtet haben, genauso viele unter 35-jährige wie über 90-jährige Parteimitglieder gibt?

Wenn die PDS von Interessen der Jugend redet, muss hier einmal festgehalten werden, dass sie eine steinalte Partei ist, der die Altgenossen wie die Fliegen wegsterben.

(Beifall bei der NPD – Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Bitte eine kleine Mäßigung in Ihren Ausdrücken!

(Uwe Leichsenring, NPD: Nur eine kleine!)

Dem kann ich durchaus nachkommen.

Deshalb auch der aufgeregte Ruf Ihrerseits nach steuerfinanzierten Umerziehungsprogrammen, um wenigstens noch ein paar junge Kiffer oder haltlose Schlägertypen an sich binden zu können.

Lange Rede – kurzer Sinn:

(Zuruf von der FDP: Richtig!)

Dieses Land und seine junge Generation braucht Ihre sozialpädagogische Betroffenheitspolitik nicht. Was Sachsen braucht, sind vernünftige Zukunftsperspektiven, sind Arbeitsplätze und ein Land, das Identität, Geborgenheit und Halt bietet. Bieten Sie den jungen Menschen das, dann könnten Sie irgendwann auch einmal Zugang zur hiesigen Jugend finden.

Eine Bemerkung möchte ich noch loswerden: Es ist schon reichlich verwegen, dass sich ausgerechnet die PDS anmaßt, sich hier mit anderen über so genannte Diskriminierung und antidemokratisches Gedankengut unterhalten zu wollen. Das kann man mit Fug und Recht als Treppenwitz der Weltgeschichte bezeichnen. Wenn es überhaupt irgendwo Diskriminierung und antidemokratisches Gedankengut gab und gibt, dann dort, wo rote Jakobiner Ihres Zuschnitts das Sagen hatten und haben.

(Beifall bei der NPD)

Wir wollen doch wohl an dieser Stelle nicht vergessen, auf wessen Konto die einhundert Millionen Toten gehen, die das „Schwarzbuch des Kommunismus“ als Opfer linksradikaler Gewalt im 20. Jahrhundert verzeichnet hat.

Reden Sie von der PDS also bitte nicht weiter von Diskriminierung und antidemokratischem Gedankengut von Rechts. Das haben Ihre Gesinnungsgenossen auch in der DDR bis zum Exzess praktiziert. Es ist makaber, wenn ausgerechnet Sie mit der Parole der Demokratie Steuergelder einsammeln wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ersparen Sie uns, ersparen Sie Sachsen den von der PDS vorgeschla

genen Schwachsinnspakt zur steuerfinanzierten Benebelung unserer Jugend.

Noch einmal zu guter Letzt an die Adresse der CDU gerichtet: Bedenken Sie die altbekannte Antifa-Strategie: Heute sind die Rechten dran, morgen die Konservativen!

(Proteste bei der PDS – Prof. Peter Porsch, PDS: Heute gehört uns Sachsen, morgen …)

Nichts anderes meint auch die Redensart der radikalen Linken vom so genannten „Extremismus der Mitte“, den es zu bekämpfen gelte.

Sie, meine Herrschaften von der CDU, scheinen mit so viel politischer Blindheit geschlagen zu sein, dass Sie dem Antifaschismus wieder einmal auf die Leimrute gehen. Dass Sie jetzt mit der SPD zusammen einen Änderungsantrag eingebracht haben, der sinnidentisch mit dem der PDS ist, zeigt Ihre beschämende Kumpanei mit Linksaußen. Das zeigt überdies, dass Sie aus den jüngsten linksradikalen Krawallen in Pirna, Leipzig und Dresden nichts gelernt haben.

Ich möchte an das Plenum appellieren: Bilden Sie ruhig eine Antifa-Front von der PDS zur CDU – uns wird das nur stärken!

(Beifall bei der NPD)

Es spricht der Abg. Herbst für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der PDS Ist, glaube ich, gut gemeint. Ich sage dennoch, er ist etwas zu kurz gesprungen. Rechtsextremismus, Extremismus darf man nicht ignorieren. Wir sollten aber auch nicht der Versuchung unterliegen zu glauben, allein mit dem Auflegen staatlicher Sonderprogramme Extremismus wirksam zu bekämpfen.

Man kann natürlich Sonderprogramme auflegen, die versuchen zu erklären, warum man gegen Extremismus ist und wie man ihn erkennt. Doch deren Wirkung – und das zeigt die Praxis in sehr, sehr vielen Beispielen – ist einfach begrenzt. Das ist auch logisch. Denn mit dem erhobenen Zeigefinger allein wird man in der Regel nichts verändern, erst recht nichts in den Köpfen junger, oft auch quirliger und nach Orientierung suchender Menschen.

Wenn etwas in gesellschaftlichen Ritualen oft verteufelt wird, birgt das die große Gefahr, dass manchmal der Reiz des Verteufelten zunimmt. Das können wir in den demokratischen Parteien allesamt nicht wollen.

Entscheidend für uns ist etwas ganz anderes. Es geht nicht darum, nur in Richtung der Extreme vorzugehen. Uns muss etwas anderes gelingen. Wir müssen es schaffen, wieder junge Leute für Demokratie, für Toleranz und gesellschaftliche Werte zu begeistern. Das ist die Aufgabe der Stunde, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es geht darum, Vertrauen in demokratische Institutionen zu schaffen, ob das Parlamente sind wie hier, ob das Ge

richte sind, ob es viele andere Symbole des Rechtsstaates sind. Wir müssen zeigen, dass Demokratie etwas wert ist und dass es wert ist, auch dafür zu kämpfen.

Der Extremismus, der in den Köpfen herrscht, wird nicht allein verschwinden, indem man Ränder bekämpft. Um den Extremismus entscheidend zu schwächen und zu besiegen, müssen wir die Mitte stärken. Das ist die große Aufgabe, vor der wir alle stehen.

Ich gebe an dieser Stelle zu: Es gibt keinen einfachen Weg und sicher auch kein Patentrezept. Das ist die Schwierigkeit, vor der wir stehen.

Einige Punkte im PDS-Antrag sind unbestritten richtig. Mit vielen Dingen können wir mitgehen.

Manchmal kommen mir aber schon Zweifel, ob die Mittel immer die richtigen sind. Als ein Beispiel nenne ich den Umgang mit dem Antifaschismus zu DDR-Zeiten. Ich glaube, es waren die falschen Mittel, die wir dort gewählt haben. Sie haben leider das gute Ziel verfehlt, weil sie nicht authentisch waren, weil sie überzogen waren, weil sie die Jugendlichen nicht dort erreicht haben, wo man sie eigentlich hätte erreichen müssen.

In diesem Zusammenhang – das sage ich ganz klar – ärgert mich, dass der Staat oft erst dann reagiert, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Wer Krawall macht, der wird unter Umständen gefördert, der bekommt die Aufmerksamkeit – zunächst der Medien und dann oft der politisch Handelnden.

Wenn Recht und Gesetz verletzt werden – manchmal gibt es Kavaliersdelikte –, wird darüber hinweggesehen. Es beginnt – ich gestatte keine Zwischenfrage – damit, dass Hausbesetzungen, die ganz klar ein Bruch mit Recht und Gesetz und dem Recht auf die Unversehrtheit des Eigentums sind, auch toleriert werden. In diesem Zusammenhang frage ich mich, ob wir immer gut daran tun, dass wir beispielsweise diejenigen, die für Demokratie werben – ich nenne einmal als Beispiel politische Jugendverbände, die wir ja alle haben –, nicht in dem Maße unterstützen, wie wir manches andere Projekt unterstützen, wo der öffentliche Druck sehr groß war, weil vorher Steine geflogen sind, weil Scheiben eingeworfen wurden.

Wir müssen in der Schule beginnen, für Demokratie, für Werte und für Menschenwürde zu werben, und zwar nicht, indem wir es aus dem Lehrbuch vorlesen, weil das genau der falsche Weg ist. Damit bereiten wir nämlich den Humus für rechte Rattenfänger. Es muss authentisch passieren. Wir müssen schauen, dass wir wieder Heimatgefühl bieten, aber auch ein Umfeld beispielsweise am Nachmittag nach der Schule. Wir brauchen sicher ein regionales Vereinsleben, das Spaß macht, wo sich Leute aufgenommen fühlen, wo sie ihren Wert auch empfinden, sich dort zu engagieren.

Nicht zuletzt – das sage ich ganz klar in diesem Hohen Haus, meine Damen und Herren – die Politik und wir Politiker müssen Vorbild sein in der Art und Weise, wie wir uns mit Extremen auseinander setzen. Wir brauchen zweifellos ein gesellschaftliches Klima, das Zivilcourage fördert und nicht Wegschauen belohnt. Die Würde des Menschen als hohes Gut muss geschützt werden. Wir brauchen – das sage ich explizit als Liberaler – einen starken Staat, der Extremismus und Gewalt von Anfang

an verfolgt. Das sage ich unabhängig davon, ob die Ursache für Gewalt, für Extremismus von Rechts oder Links kommt, religiös motiviert ist oder nicht: Wir müssen diesen Anfängen wehren und sofort einschreiten. Das muss Aufgabe des Rechtsstaates sein.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sonderprogramme können immer nur punktuell in diesem Zusammenhang helfen. Ich glaube, was wir in dieser Gesellschaft brauchen, ist Aufklärung, ist eine größere Aufmerksamkeit und am Ende konsequentes Handeln, auch den Anfängen zu wehren.