Ich meine damit natürlich nicht die Ausländer, sondern ich meine die verklemmten Rassisten von der NPD.
Ich meine verklemmt. Da braucht man sich nur einmal das Frauenbild dieser Herren anzuschauen. Das kann man nicht anders als verklemmt bezeichnen. Trotzdem sitzen sie hier unter uns Demokraten im Parlament, und wir dulden sie. Denn genau das ist der Unterschied zwischen einer lebendigen konfliktbereiten Demokratie und einem totalitären Rassismus.
(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion.PDS, der SPD und der FDP – Dr. Johannes Müller, NPD: Gleichgeschaltete Opportunisten sind es!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Warum brauchen wir eine Bleiberechtsregelung? Meine Vorredner der demokratischen Parteien haben dazu schon sehr viel ausgeführt. Diese Regelung soll endlich eine Lücke im Zuwanderungsgesetz schließen, da dieses bekanntermaßen keine allgemeine Altfall- oder Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete ausreisepflichtige Ausländer enthält. Sie ist notwendig, weil die bisherige Anwendungspraxis des
Zuwanderungsgesetzes Defizite zeigt, und das besonders bei dem § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz. In wenigen Ausnahmefällen wurde bundesweit positiv entschieden, vor allem in anderen Bundesländern und nicht in Sachsen.
Wir brauchen diese Altfallregelung, weil sie endlich diese unsägliche Kettenduldung abschafft. Das ist vor allem wichtig für Familien, die seit Jahren in Deutschland wohnen, die sich integriert haben und für die dieser nicht genutzte Paragraf auf dem Papier im wirklichen Leben zu unzumutbaren Bedingungen führt; denn diese Menschen und vor allem die in Deutschland geborenen und hier aufgewachsenen Kinder konnten und können vielfach nicht in das Land zurückkehren. Die Kinder kennen es ja auch nur vom Hörensagen. Sie haben jedoch hier keine Anerkennung als Flüchtlinge und hangeln sich deswegen seit vielen Jahren von Duldung zu Duldung. Sie leben gewissermaßen auf Koffern mitten unter uns. Sie leben ohne Perspektive und werden zwischen verschiedenen Welten zerrissen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jugendliche, die in Deutschland den alleinigen und bisher einzigen Lebensmittelpunkt haben, die in Sportvereinen aktiv sind, gut integriert sind und in ein dichtes soziales Netz eingebunden sind, diese Jugendlichen sollen nach erfolgreicher Schulbildung keine Ausbildung machen dürfen? Denen verweigern wir Studium oder Zugang zum Arbeitsmarkt? Das kann keine erfolgreiche Integrationspolitik sein.
Die Mitglieder verschiedener Parteien, die beiden großen Kirchen, Gewerkschaften, Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sie alle fordern mittlerweile eine humanitäre Bleiberechtslösung. Deshalb unterstützen wir die Initiative der Linksfraktion.PDS.
Gleichzeitig sind wir sehr froh, dass die CDU- und die SPD-Fraktion heute einen Änderungsantrag vorgelegt haben. Wir begrüßen ausdrücklich dieses Entgegenkommen der Koalition. Im Einzelnen steht im Punkt 1 dieses Änderungsantrages das Wort „mit besonderer Sorgfalt“. Auch wir sind dafür, dass differenziert geschaut wird, auf welche Menschen in Zukunft die Altfallregelung angewendet wird und natürlich unter dem Aspekt, dass wir überlegen, welche Personen jetzt im Land bleiben können. Aber das „mit besonderer Sorgfalt“ ist doch ein recht schwammiger Begriff und, ich denke, rechtlich auch nicht definiert.
Im zweiten Anstrich steht „zum Beispiel“ – das finden wir gut, dass dort zum Beispiel steht, denn es ließen sich noch einige andere Punkte aufführen – zum Beispiel unbegleitete Minderjährige, die hier einbezogen werden müssten.
Im letzten Anstrich: „Einbeziehung hier geborener und mittlerweile schulpflichtiger Kinder“: Wenn die Eltern acht Jahre im Land sind und die Kinder noch nicht in die Schule gehen, wird das sicher kein Grund sein, sie hier nicht mit aufzunehmen.
Wir begrüßen diesen Änderungsantrag. Wir sind, wie die anderen auch, froh, dass heute ein Signal von Sachsen
ausgehen kann; denn mittlerweile, wie Sie wissen, wird auch aus der CDU-Fraktion eine Bleiberechtsregelung für die Herbstkonferenz der IMK im Oktober/November in Aussicht gestellt. Auch deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es schlüssig, diejenigen Personen, insbesondere die Familien, die möglicherweise von der kommenden Bleiberechtsregelung profitieren würden, jetzt nicht abzuschieben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Warum sollte man aufenthaltsbeendende Maßnahmen für langjährig in der Bundesrepublik Deutschland lebende Ausländer aussetzen?, frage ich mich. Der Beschluss der 159. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und Senatoren der Länder hat doch meines Erachtens klare und deutliche Regelungen gefunden, die sicherlich entsprechend der Zeit und ihrer Veränderung neu bearbeitet und konkretisiert werden müssten. Das könnte man jedoch im Zuge einer einheitlichen bundesdeutschen Regelung tun.
Ich könnte schon eher mit dem Änderungsantrag der CDU- und der SPD-Fraktion mitgehen, wobei ich immer noch eine Differenzierung zwischen Asylanten und Nichtasylanten sehen würde.
Unter Asylanten verstehe ich politisch verfolgte bzw. politisch bedrohte ausländische Bürger. Ihnen sollte man Hilfe und Unterstützung, Bildung und Ausbildung gewähren, damit sie irgendwann, wenn die Verfolgung oder die Bedrohung in ihrem Heimatland nicht mehr gegeben ist, in ihren Heimatländern Aufbauhilfe geben können. Politisch Verfolgter kann ein ausländischer Bürger manchmal sein ganzes Leben lang sein, und so soll er auch für diese Zeit ein Bleiberecht haben. Dafür bin ich. Aber ein pauschales Bleiberecht zu gewähren, wenn der ausländische Bürger ein bestimmtes Maß an Dauer in Deutschland verbracht hat, dagegen bin ich schon.
Nun bitte ich Sie, meine Damen und Herren, mich nicht gleich als Ausländerfeind hinzustellen. Aber in Deutschland hat wohl derzeit die eigene Bevölkerung einen immer schwerer werdenden Rucksack zu tragen. Ich meine die Lebensqualität der deutschen Familien, die dem sozialen Streichkonzert ausgesetzt sind, ohne dass bis zum gegenwärtigen Tag die Vorfahrt für Arbeit freigegeben wurde, was durch die Regierung bei ihrem Antritt als Nummer eins der Regierungsarbeit hingestellt wurde.
Wir werden bei der eigenen Bevölkerung ab 01.01.2007 spürbar feststellen, dass die Privatinsolvenzen noch mehr zunehmen, die Schlangen in den Suppenküchen der Heilsarmee und bei den Tafeln noch länger und die Geldbeutel zum Überleben für das Arbeitslosenheer noch schmaler werden, wohingegen die Energie- und Mineralölpreise weiter steigen werden, was zur Folge haben wird, dass die Folgeeinrichtungen wie Nahverkehrsbetriebe, Bäcker und viele weitere im Kreislauf befindliche Unternehmen an der Steigerung mitmachen müssen, wenn sie überleben wollen.
Ich finde, dass man großzügig im Umgang mit Asyl- und Ausländerrecht umgehen kann, wenn es, sprichwörtlich genommen, der eigenen Familie wieder einmal besser gehen sollte. Womit wollen wir denn beispielsweise in Deutschland zum Bevölkerungswachstum beitragen? Doch hoffentlich nicht nur durch die Erhöhung des Kindergeldes, was an anderer Stelle durch entsprechende Streichungen im sozialen Bereich wieder aufgefressen wird. Oder beabsichtigt man, den Bevölkerungsschwund durch Ausländer zu kompensieren? Das ist doch sicherlich nicht gewollt.
Dem Änderungsantrag der CDU- und der SPD-Fraktion stimme ich zu, hingegen lehne ich den Antrag der Linksfraktion.PDS ab.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein weiteres Mal eine Debatte zum Bleiberecht für lange Jahre in Deutschland lebende Ausländerinnen und Ausländer, die lediglich geduldet sind. Es geht um Menschen, die lange Jahre hier leben, und es geht um Kinder, um Kinder, die hier geboren und aufgewachsen sind. Wir sprechen über Menschen, die weit gehend integriert sind – eine Debatte, die ein weiterer Schritt zur Lösung des Problems sein kann, denn die grundsätzliche politische Schwierigkeit einer Debatte um das Bleiberecht ist hinlänglich bekannt. Wenn wir nämlich über Bleiberechtsregelungen für diese Menschen sprechen, dann müssten wir auch über die Geltungskraft unserer Normen des Ausländerrechtes sprechen.
Die potenziell von einer Bleiberechtsregelung Betroffenen sind nach geltender Rechts- und Gesetzeslage seit Langem zur Ausreise verpflichtet. Nachvollziehbar sind daher laut gewordene Befürchtungen, eine Bleiberechtsregelung könne illegale Migration fördern und ein falsches Signal setzen.
Meine Damen und Herren! Zur Geltungskraft von Normen zählt aber auch die Kraft der Überzeugung. So bleiben Zweifel, ob diese Gesetze die sich über Jahre entwickelte Lebenswirklichkeit dieser Menschen noch erfassen und angemessen würdigen können. Denn die
Betroffenen leben häufig schon länger als ein Jahrzehnt unter uns. Es sind dies in Sachsen – es wurde bereits gesagt – derzeit etwa 5 500 ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger, die eine Duldung besitzen, weil sie nicht abgeschoben werden können, etwa 10 % bereits seit mehr als zehn Jahren. Meine Damen und Herren, diese Menschen sind genauso lange bei uns, wie wir hier in diesem Gebäude zusammenkommen, also seit zweieinhalb Legislaturperioden.
Auch wenn wir Zahlen nennen – diese Zahlen haben letztlich Gesichter, sie haben Namen. Wir sprechen über konkrete Menschenschicksale. Denken wir an die Kinder und Jugendlichen, die in unserem Land geboren sind und hier die Schule besuchen. Etwa 25 % der Geduldeten sind Minderjährige. Das sind die Spiel- und Schulkameraden Ihrer Töchter und Söhne, Ihrer Nichten und Neffen. Auch von denen kann unser Land und können unsere Kinder etwas lernen. Auch sie stellen eine Bereicherung für unser Land dar.
Meine Damen und Herren, konkrete Beispiele gibt es genug. Unser Land vergab zu Beginn dieses Jahres gemeinsam mit der Hertie-Stiftung Begabtenstipendien zur Förderung der Kinder von Zuwanderern. Unter den zehn Stipendiaten waren auch die Kinder Geduldeter. Oder im Sport, etwa im Fußball: Dieser Tage finden in Sachsen anlässlich der Fußballweltmeisterschaft verschiedene kleine Turniere statt, an denen Mannschaften mit Kindern und Jugendlichen teilnehmen, die nur geduldet sind, aber trotzdem viele Tore schießen. Morgen findet die Abschlussrunde des Streetsoccer-Turniers in Leipzig statt. Über diese Veranstaltung habe ich die Schirmherrschaft übernommen. Es muss eine Lösung zugunsten dieser Menschen gefunden werden, eine Lösung zugunsten unseres Landes.
Meine Damen und Herren, Sie werden sich nicht wundern: Ich stehe hinter einer Bleiberechtsregelung; denn auch das neue Zuwanderungsgesetz hat bisher keine zufrieden stellende Antwort finden können – obwohl Konsens bestand –, die so genannten Kettenduldungen abzuschaffen. Allein mit der Härtefallkommission kommen wir einer Lösung dieses Problems auch nicht näher. Der Einzelfallbezug eröffnet Möglichkeiten zur Lösung spezifischer Fälle, dem allgemeinen Härtefall der Altfälle vermag sie jedoch nicht zu entsprechen.
Zurzeit findet die erste Evaluation des Zuwanderungsgesetzes statt, die im Koalitionsvertrag der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD vereinbart worden ist. Dies begrüße ich und versichere Ihnen, dass ich diesen Prozess mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln begleiten werde. Es müssen Lösungen gefunden werden. Aber es ist ebenso klar, dass diese an bestimmte Voraus
setzungen zu knüpfen sind; der Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und SPD nennt die wesentlichen.
Ich weiß um die schwere Lage derer, die von Abschiebung bedroht sind. Deshalb unterstütze ich die Forderung nach Anwendung besonderer Sorgfalt bei der Prüfung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber Personen mit langjährigem Aufenthalt in unserem Land. Es ist bereits gesagt worden und ich möchte es bekräftigen: Je länger der Aufenthalt, desto größer die Sorgfalt. Das Schicksal betroffener Kinder und Jugendlicher, die sich in Schule und Ausbildung befinden, die Würdigung der Integrationsleistung, eine ausgeübte Erwerbstätigkeit oder nachgewiesene ernsthafte Bemühungen, einen Arbeitsplatz zu bekommen, das ehrenamtliche und zivilgesellschaftliche Engagement – all dies soll und darf auch jetzt schon zur Verabschiedung einer Bleiberechtsregelung nicht außer Acht gelassen werden.
Meine Damen und Herren, noch einmal: Ich unterstütze die Bemühungen, damit eine Lösung für diese Menschen gefunden wird. Der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD zeigt in eine solche Richtung.
Danke schön. – Meine Damen und Herren, gibt es seitens der Fraktionen weiteren Aussprachebedarf? – Herr Staatsminister Buttolo für die Staatsregierung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erlaube mir an dieser Stelle noch einmal einen kleinen Rückblick. In der Tat hat die Innenministerkonferenz im Dezember 2005 zum Thema Bleiberecht intensiv diskutiert. Wir waren uns darüber einig, dass wir zunächst das Zuwanderungsgesetz evaluieren wollen und danach in einer länderoffenen Arbeitsgruppe auf Ministerebene beraten, wie eine Regelung, wenn sie notwendig ist, aussehen kann. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich diesen Beschluss der Innenministerkonferenz positiv werten, nicht nur, da es meine erste Innenministerkonferenz war, an der ich teilgenommen habe, sondern weil ich es auch vom Inhalt her als sehr vernünftig ansehe, dass zunächst einmal geprüft werden soll: Was geht über das Zuwanderungsgesetz und wie schafft man eine befriedigende Lösung für das Problem der Kettenduldung? Es wurde heute bereits mehrfach angesprochen, dass dies keine Dauerlösung sein kann.
Auch waren wir uns im Klaren darüber, dass eine Reihe von humanitären Problemen zu diskutieren ist. Die heranwachsenden Kinder – ganz gleich, ob sie allein oder mit ihrer Familie hier sind – waren für uns damals ein Diskussionspunkt.
Wo stehen wir gegenwärtig? Das Bundesinnenministerium hat im Februar 2006 die Fragebögen zur Evaluierung an die Bundesländer herausgegeben. Mein Haus sowie
das Sächsische Staatsministerium für Soziales und natürlich die Sächsische Ausländerbeauftragte sind in diesen Evaluierungsprozess eingebunden.
Gegenwärtig wertet der Bund die Stellungnahmen aus. Danach ist mit dem Evaluierungsbericht des BMI zu rechnen. Ich gehe davon aus, dass danach auch die verabredete kurzfristige Installation der länderoffenen Arbeitsgruppe erfolgen wird. Bei dieser Sachlage, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es aus meiner Sicht sinnvoll, den gemeinsamen Änderungsantrag der CDU- und der SPD-Fraktion zu unterstützen. Ich begrüße und unterstütze das Anliegen der Koalitionsfraktionen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen für diesen Personenkreis mit besonderer Sorgfalt zu prüfen. Ich muss jedoch darauf hinweisen, dass die Ausländerbehörden gesetzlich verpflichtet sind, bei ausreisepflichtigen Ausländern, die nicht freiwillig ihrer Rückkehrverpflichtung nachkommen, den Aufenthalt zwangsweise zu beenden. In der Diskussion hat sich auch herausgestellt, wenn ich dies noch einmal ins Gedächtnis zurückrufen darf, dass es sehr viel Unterstützung aus Ihrem Kreis gibt, dass auch das Abschieben unter bestimmten Bedingungen notwendig sein kann.