Protokoll der Sitzung vom 19.07.2006

Zum Schluss: Ich habe den Eindruck, die Linksfraktion.PDS schwankt in durchaus typischer Weise zwischen dem Versuch einer Sachlösung und dem ihr immer noch immanenten Populismus. Sie kann sich nicht so richtig entscheiden, ob sie überhaupt Straßenbaubeiträge will. Sie weiß es, eigentlich braucht man sie aus finanzpolitischer Sicht. Aber man möchte es seinen eigenen Wählerinnen und Wählern nicht so genau sagen. Jedenfalls sollen die

Bürger nicht zahlen. Deswegen setzt man das öffentliche Interesse hoch, aber dann – Herr Scheel, Sie sind auch Finanzpolitiker – weiß man, dass es auch nicht so richtig gut für den Freistaat ist. Man versucht, solche komischen Lösungen – Zwischenlösungen – zu finden, und das öffentliche Signalement ist eigentlich sehr unklar. Bei der Einwohnerbeteiligung haben Sie, wie gesagt, aus unserer Sicht zu wenig Fantasie, wenn es auch gute Ansätze gibt. Ich finde das Gesetz auch vom Sprachlichen her so schlecht und so redundant, dass ich meiner Fraktion empfohlen habe, es abzulehnen. Das werden wir tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gibt es aus den Fraktionen weiteren Redebedarf? – Bitte, Herr Dr. Jähnichen.

Frau Präsidentin! Die Beschimpfung meines Kollegen Schowtka als „dümmlich“ durch Herrn Lichdi weise ich mit großer Empörung zurück. So können wir miteinander nicht umgehen.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Es gibt noch Redewünsche. Zunächst erst einmal Herr Lichdi.

Frau Präsidentin! Falls ich in der Erregung wirklich „dümmlich“ gesagt haben sollte, möchte ich mich dafür ausdrücklich entschuldigen.

(Beifall bei der Staatsregierung)

Das ist ein netter Zug von Ihnen. – Herr Abg. Scheel möchte noch einmal sprechen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist wieder einmal typisch CDU: Immer schön austeilen, aber nichts einstecken können. Also Austeilen: 1, Einstecken: 6.

(Oh-Rufe von der CDU)

Insofern ein kleiner Gruß an die Strafbank der CDU dort hinten. Herr Schowtka, Ihnen ist auch kein Anlass zu dumm, um in Ihre alten Reflexe zu verfallen. Das bedauere ich sehr, weil das für die Sachwalter der Sachdiskussion, die Sie doch sein wollen, nicht so ganz passt.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Schlaumeier!)

Schlaumeier, Herr Hähle, sehen Sie. Kommen Sie, Herr Lehrer, bringen Sie noch einen! Das reicht noch nicht.

(Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD: Kommen Sie zur Sache!)

Okay, das war’s dann wohl.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, zur Sache zu sprechen und sich nicht gegenseitig zu attackieren.

Ich möchte zum Kern sprechen; vielleicht ist er noch nicht allen bewusst geworden. Vielleicht ist Ihnen noch nicht aufgefallen, dass wir gesetzliche Regelungen haben. Den Willen des Gesetzgebers möchte ich noch einmal ganz nach vorn stellen. Er hat gesagt: Wir geben den Kommunen die Möglichkeit, diese Beiträge zu erheben. Liebe Kommune, entscheide selbst, was du willst. Das hat der Gesetzgeber irgendwann einmal in seine Begründung hineingeschrieben.

Nun hat der Gesetzgeber feststellen müssen: Oh, das passt wohl nicht mit der Kommunalabgabenordnung und der Gemeindeordnung zusammen. Okay, wenn das nicht zusammenpasst, dann seien Sie doch bitte ehrlich! Verpflichten Sie doch die Kommunen dazu, überall Satzungen zu erlassen! Schreiben Sie es in das Gesetz hinein und eiern Sie hier nicht so herum! Das muss ich hier einmal so sagen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Wenn Sie uns vorwerfen, wir würden hier Populismus betreiben – Entschuldigung –, dann brauchen Sie solche Sätze überhaupt nicht in Ihre Koalitionsvereinbarungen hineinzuschreiben, dass Sie vorhaben, irgendetwas zu ändern. Das, was der Sachverständige aus Niedersachsen gesagt hat, dass solche Regelungen bei den Einnahmebeschaffungsgrundsätzen im Endeffekt nichts ändern, bleibt doch dann, wenn es richtig ist, umso richtiger! Dann können Sie es gleich sein lassen. Dann sagen Sie: Alle Kommunen müssen von ihren Bürgern Straßenausbaubeiträge verlangen

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion.PDS: Und durchsetzen!)

und durchsetzen. Dann schaffen Sie Rechtsklarheit! Es kann ja nicht sein, dass 41 % der Kommunen solche Beiträge erheben und die restlichen 59 % werden einfach laufen gelassen – nach Ihrer Logik.

Wir als Linksfraktion.PDS stehen dazu, dass wir die kommunale Selbstverwaltung wollen. Wir wollen gern versuchen, dass sie die Möglichkeit haben, selbst darüber zu entscheiden, dass ihnen kein Regierungspräsidium, kein Landrat und kein Staatsministerium im Nacken sitzt und sagt: Ihr sollt solche Satzungen erlassen. Wir wagen den Versuch. Wenn das schlimm ist, tut es mir Leid. Aber wir wagen wenigstens den Versuch. Ich verlasse mich dabei nicht auf einen Sachverständigen, zumindest nicht auf einen aus Niedersachsen.

Ein Zweites noch. Frau Weihnert ist leider nicht mehr da, vielleicht waren wir auch bei der falschen Anhörung. Ich habe durchaus ein differenziertes Meinungsbild der unterschiedlichen Vorschläge wahrgenommen. Ich kann Ihnen hier nur noch einmal sagen, dass insbesondere bei der Einwohnerbeteiligung in Sachsen-Anhalt eine Regelung im Gesetz existiert. Sie heißt 50 %. Das ist sogar eine Muss-Lösung, keine Kann-Bestimmung. Wir haben gesagt, wir geben den Kommunen die Möglichkeit, in ihre

Satzung hineinzuschreiben, dass zwei Drittel der Betroffenen zustimmen sollen. Die Möglichkeit, was Sie daraus machen, dass wir zwingend vorschreiben wollen, ist schon eine sehr eigenartige Lesart. Das sei noch einmal an die Adresse von Herrn Schowtka gerichtet.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich bitte darum, das zu unterscheiden. Ich könnte mich jetzt noch auf einige Äußerungen beziehen, was das letzte FAG angeht. Das lasse ich weg.

Wir werden den Kommunen nicht das Recht streitig machen, Beiträge zu erheben. Wir wollen sie nur in das Recht setzen, selbst darüber zu entscheiden. Das ist der Kern des Gesetzentwurfes und darüber bitte ich, jetzt abzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Gibt es weitere Wünsche, sich an der Aussprache zu beteiligen? – Das kann ich nicht erkennen. Die Staatsregierung auch nicht.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Einzelberatung. Zuvor frage ich noch einmal den Berichterstatter des Ausschusses, Herrn Pietzsch, ob er das Wort nehmen möchte. – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, entsprechend § 44 Abs. 5 Satz 3 der Geschäftsordnung über den Gesetzentwurf artikelweise zu beraten und abzustimmen. Ich sehe dagegen keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Aufgerufen ist das Gesetz zur Neuregelung der Einwohnerbeteiligung und der Beitragserhebung für kommunale Verkehrsanlagen, Drucksache 4/3201, Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS. Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS, und zwar über die Überschrift. Wer der Überschrift die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dafür ist dennoch die Überschrift mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe auf Artikel 1, Änderung der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen. Wer diesem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Gleiches Stimmverhalten wie vordem. Artikel 1 ist mehrheitlich abgelehnt worden.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Herr Bandmann, Sie haben schon ganz andere Kumpaneien betrieben!)

Ich rufe auf Artikel 2, Änderung des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Gleiches Abstimmverhalten wie vordem.

Ich rufe auf Artikel 3, In-Kraft-Treten. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei gleichem

Abstimmverhalten wie zuvor ist Artikel 3 mehrheitlich abgelehnt worden.

Damit, meine Damen und Herren, sind sämtliche Bestimmungen des Gesetzentwurfes abgelehnt und es findet über diesen Entwurf gemäß § 44 Abs. 7 unserer Geschäftsordnung keine weitere Beratung und Abstimmung mehr statt. Damit ist die 2. Beratung abgeschlossen und der Tagesordnungspunkt 5 ist beendet.

Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, dass wir jetzt die Mittagspause einlegen. Wir treffen uns 14:00 Uhr wieder zur Beratung.

(Unterbrechung von 12:58 Uhr bis 14:02 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir fahren mit der Tagesordnung fort und kommen zu

Tagesordnungspunkt 6

2. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Verbesserung der Prävention und des Schutzes vor häuslicher Gewalt in Sachsen

Drucksache 4/3447, Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS

Drucksache 4/5842, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Zunächst spricht die Einreicherin Linksfraktion.PDS. Frau Dr. Ernst, bitte.