Protokoll der Sitzung vom 20.07.2006

Ja, wir sind mit diesem Vorgehen der Staatsregierung nicht einverstanden. Wir sind nicht damit einverstanden, dass wir erst im Nachgang informiert werden. Wir sind nicht damit einverstanden, dass wir als Parlament nicht über die Prioritäten mitentscheiden können, und wir sind nicht damit einverstanden, dass ein solch großer Teil des Haushaltes vor der Haushaltsdebatte gebunden wird.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

So zeigt die Staatsregierung: Das Parlament ist ihr egal. Wenn wir als Parlament in die Debatte um eine Strukturfondsperiode von insgesamt 7 plus 2 Jahren nicht einbezogen werden, kann das operationelle Programm auch keine Grundlage für unsere Arbeit sein. Wir stehen kurz vor der Haushaltsdebatte. Die Schwerpunkte der EUStrukturfonds, die Sachsen setzt, werden sich wie Leitlinien durch den Haushalt ziehen. Doch bis heute kennen wir diese Leitlinien nicht. Sie enthalten uns diese vor, und wenn Sie uns diese vorenthalten, sehr geehrte Herren – Damen sehe ich nicht, sondern nur noch Herren – Staatsminister, dann heißt das, dass Sie uns auch aus der Haus

haltsdebatte, solange es irgend möglich ist, heraushalten wollen. Damit offenbaren Sie Ihr Politikverständnis.

Der Antrag der GRÜNEN kommt also zu spät. Wir haben so nur die Chance, unseren Protest gegenüber diesem Regierungshandeln zum Ausdruck zu bringen. Das ist uns zu wenig. Doch nun ist erst einmal Sommerpause. Ab morgen Abend kann sich jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete, der es will, das operationelle Programm zu Gemüt führen. Insofern: Schöne Ferien! Lassen Sie sich im Herbst überraschen, welche Akzente von uns für den Haushalt gesetzt werden. Lassen Sie sich überraschen, was möglich gewesen wäre. Leider hat es die Koalitionsregierung nicht anders gewollt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Herr Pecher, Sie sprechen für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Hermenau, Sie haben es auf den Punkt gebracht, und das ist auch in Ordnung. Sie haben gesagt, dass Sie den Antrag ins Plenum bringen wollen, um noch einmal Ihre Schwerpunkte und Weichenstellungen darzulegen. Dies haben Sie hier getan. Damit könnte ich jetzt eigentlich die Rede beenden. Wir nehmen das zur Kenntnis.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Machen Sie es doch!)

Aber ich denke mal, so weit sollte es nicht gehen. Auffallend an Ihrem Antrag ist, dass es im Wesentlichen eine Präzisierung des letzten Antrages ist. Sie haben große Teile der damaligen Begründung jetzt in die entsprechende Antragsform gebracht und um einige Bereiche ergänzt. Es wäre schön gewesen, wenn in diesem Antrag vielleicht doch einige konkrete Zahlenvorschläge enthalten wären. Ich meine nicht nur die 50 %, und davon 50 %, sondern Sie haben eine ganze Reihe von Punkten aufgelistet, die realisiert werden sollen. Über den Verteilerdienst des Wirtschaftsausschusses sind entsprechende Zahlen gemailt worden. Es wäre also auch möglich gewesen, aus Ihrer Sicht zu sagen, wohin Sie etwas setzen wollen; denn dies hätte die Konsequenz, dass Sie dann auch sagen müssten, wo Sie etwas nicht hinsetzen wollen. Das ist ja immer unangenehm.

Die Mittel gehen nun einmal etwas zurück. Wir haben bei EFRE rund 400 Millionen Euro weniger, und es wäre schon spannend gewesen, wo Sie es nun eigentlich wegnehmen, wenn Sie es auf diesen oder jenen Bereich aufsatteln wollen. Also, es geht Ihnen eigentlich ganz konkret darum – unter den Punkten II und III formuliert –, dem Landtag laufend aktuell zu berichten und den Antrag letztlich zur Beschlussfassung vorzulegen.

Wie gesagt, das kann ich zwar nachvollziehen, es ist aber teilweise ein wenig ermüdend.

Die ersten Zahlen liegen vor. Die Aussagen zu ESF sind richtig, da muss noch etwas passieren. Darin gebe ich

auch Ihnen, Herr Scheel, Recht. Wir sehen, dass wir das strategische Ziel, das wir als kleiner Partner dieser Koalition angestrebt haben, nämlich mehr Investitionen in Innovationen, in Wissenschaft, in Forschung und Bildung, durchaus realisieren konnten. Es ist vielleicht nicht in dem Umfang erfolgt, wie es für den einen oder anderen wünschenswert gewesen wäre, aber wir haben die entsprechenden Ansätze realisiert.

Wir werden natürlich im Kontext des Doppelhaushaltes beraten. Herr Scheel, ich gebe Ihnen nicht Recht, denn ich glaube schon, dass wir bei der Präzisierung bzw. der Untersetzung mit den entsprechenden Programmen durchaus noch die eine oder andere politische Steuerungsmöglichkeit haben. Das werden wir natürlich im Kontext – –

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS)

Gut, diesbezüglich ist die Drehung vielleicht etwas kleiner, aber auch kleine Schritte können einen voranbringen.

Wir werden das also im Kontext dieses Doppelhaushaltes beraten und im Wesentlichen – ich bitte darum, dass das heute der letzte Antrag dieser Art war, Frau Hermenau – in den Fachausschüssen klären.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Antje Hermenau, GRÜNE: Es ist Sommerpause, Herr Pecher!)

Herr Paul, Sie sprechen für die NPD-Fraktion, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir waren etwas verwundert, als wir das erste Mal den Antrag gelesen haben, der von den GRÜNEN eingereicht wurde und jetzt ins Plenum gekommen ist. Es ist ein Antrag mit über 30 Punkten zu einer Sache, die erstens schon im Kabinett beschlossen wurde und zweitens – was eben schon gesagt wurde – der bevorstehenden Haushaltsdebatte im Wesentlichen vorgreift, zumindest was die Mittelverteilung anbetrifft.

Wir haben uns innerhalb der Fraktion darauf verständigt, dass wir dennoch auf einige Punkte des Gesamtpaketes kurz eingehen. In diesem Sinne gehen wir ganz allgemein mit der Forderung nach einem integrierten Mitteleinsatz konform und verbinden damit die Vorstellung, Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftsförderung miteinander zu koppeln. Bei den Grundsätzen der Programmgestaltung erachten wir ein stark dominiertes Übergewicht der Förderung der Innovationsfähigkeit zulasten der gewerblichen Innovationsförderung für nicht optimal. Die Antragstellerin fordert, mindestens 50 % der EFRE-Mittel mit Schwerpunkt Innovation, Bildung und Wissenschaft zu vergeben. Das ist nach Erachten der NPD-Fraktion etwas zu hoch gegriffen.

Neben der Ermutigung zur Innovation muss der Schwerpunkt in der Förderung der Ausbildungsleistung gesetzt werden, um eine Grundlage für qualifizierte Beschäftigung zu schaffen und um einen Fachkräftemangel vorzubeugen. Es ist aus dem Antrag nicht ersichtlich – auch nicht aus Punkt I. C) 11. des Antrages –, mit welcher Gewichtung die berufliche Erstausbildung neben Forschung und Entwicklung zu Buche schlagen soll – neben den EFRE-Mitteln zur Verstärkung ergänzender Finanzierungsmittel, der für die NPD-Fraktion eigentlich einer der wesentlichsten Punkte überhaupt ist.

Von daher ist auch die Existenzgründerförderung unter dem Aspekt der langfristigen Ausbildungsquote zu betrachten. Innovation wird in der Umsetzung nicht durchschlagen, wenn die Grundvoraussetzungen – das sind junge und gut ausgebildete Sachsen – für Weiterbildung und Personalentwicklung nicht gegeben sind. Mit Blick auf die Ausbildungssituation sind aus Sicht der Förderschwerpunkte die Unternehmensnachfolge oder damit verbundene Betriebsübernahmen begleitende Finanzhilfen von mindestens ebensolchem Interesse wie die Existenzgründerförderung. Einer praxisnahen Berufsförderung weisen wir ebenfalls eine förderungswürdige Bedeutung zu. Darüber brauchen wir nicht zu streiten. Die ESFFörderung aber als Instrument zu missbrauchen, Geschlechterstereotypen entgegenzuwirken, wie es die Antragstellerin formuliert, ist eine meiner Meinung nach seltsam anmutende Form der Praxisorientierung, die nicht die Zustimmung der NPD finden wird.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Trotz geringer werdender Mittel erachtet es die NPDFraktion für wichtig, den Förderumfang für die Revitalisierung von Brachflächen nicht zu kürzen. Darüber hinaus sollte sich dieses Haus aus Gründen der Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit durchaus im Sinne der Antragstellerin auf die Bedeutung der Forschung im Bereich Energie und Ressourceneffizienz verständigen.

Für die NPD-Fraktion ist es weiterhin wichtig, den Einsatz von Strukturfondsmitteln mit Blick auf die ländliche Peripherie abzustimmen. Wir verfolgen das Ziel, den Verfassungsauftrag flächendeckender gleichwertiger Lebensverhältnisse umzusetzen. Ich betone dies deshalb, weil wir es ablehnen, wenn die Strukturfondsmittel primär zur Fortsetzung einer verfehlten Leuchtturmpolitik eingesetzt werden.

Ausdrücklich nicht zustimmungsfähig sind nach unserer Auffassung die Vorstellungen der GRÜNEN, die unter Punkt I. B) 6. gefordert werden. Wir sind zwar der Überzeugung, dass die demografische Entwicklung in besonderer Weise in den Operationellen Programmen Berücksichtigung finden soll, allerdings erachten wir es als völlig verfehlt, Anpassungsinvestitionen bezüglich einer aus unserer Sicht unerwünschten Entwicklung zu fördern. Wir würden lieber Maßnahmen ergreifen wollen, die versuchen, dem entgegenzuwirken. Möglichkeiten dazu gibt es viele.

Abschließend noch etwas Grundsätzliches. Die Bedeutung, die den Operationellen Programmen hinsichtlich des Budgetrechts des Parlaments eingeräumt wird, erkennt auch die NPD-Fraktion. Ebenso befürworten wir neben der Einbindung des Plenums auch die Einbindung der Verbände, die bereits im Zusammenhang mit dem ELER kontrovers diskutiert wurde. Ein zeitnah zu den Kabinettsentscheidungen erfolgender Informationsfluss ist im Interesse aller Oppositionsparteien – so auch der NPDFraktion. Wir werden unsere Vorstellungen im Zusammenhang mit den Strukturfondsmitteln in den Haushaltsberatungen intensiv einbringen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Herr Morlok von der FDP-Fraktion, Sie schließen die erste Runde.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe noch 14 Minuten Redezeit, aber so viele Stichworte habe ich gar nicht auf meinem Zettel.

(Heiterkeit und Beifall der Abg. Antje Hermenau und Michael Weichert, GRÜNE)

Ich werde versuchen, es kürzer zu machen.

Es geht um das Thema Operationelle Programme, insbesondere den Umgang der Staatsregierung mit dem Parlament. Das ist in diesem Zusammenhang in diesem Haus schon öfter diskutiert worden. Wir als FDP-Fraktion haben schon öfter kritisiert, dass die Operationellen Programme als geheime Kommandosache behandelt, vollkommen am Parlament vorbei in den Hinterzimmern der Staatsregierung entwickelt werden und wir von der Beteiligung ausgeschlossen sind.

Deswegen wird es Sie nicht verwundern, dass wir den Punkt II Ihres Antrages, Frau Hermenau, voll und ganz unterstützen können. Wir haben Sie dabei in der Vergangenheit unterstützt und werden das auch heute tun. Ich denke, es ist nicht sachgerecht, wie es von der Koalition dargestellt wird, wenn diese sagt: Na ja, wir bekommen bald im Rahmen des Haushaltes die Programme und dann können wir in aller Ruhe darüber sprechen, was wir noch machen wollen! Ich glaube, das ist nicht der Umgang mit dem Parlament, wie er sein sollte. Die Staatsregierung sollte zukünftig an ihrer Informationspolitik vielleicht noch etwas arbeiten.

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Auch die organisatorischen Prinzipien, die Sie in Ihrem Antrag angeführt haben, finden unsere Zustimmung. Es ist selbstverständlich, dass wir uns mit den Nachbarregionen abstimmen müssen, insbesondere die Wettbewerbsorientierung bei der Vergabe, die Sie fordern, findet unsere Unterstützung. Wir stimmen mit Ihnen überein, wenn Sie sagen, dass wir ein Projekt mit einer vereinfachten und schnellen Genehmigung vor uns haben müssen. Das Entscheidende für die Wirtschaft ist, dass man

schnell zu Ergebnissen kommt, dass man schnell einen Bescheid bekommt, keinen hohen bürokratischen Aufwand hat und nicht längere Zeit daran arbeiten muss. Gerade im hoch innovativen Bereich sind, wenn man nach einem Jahr erst einen Bescheid bekommt, alle Messen gesungen.

Auch hier sind wir voll und ganz bei Ihnen.

In anderen Punkten haben wir allerdings Bedenken. Wenn Sie sagen: „50 % für Innovation, Bildung und Wissenschaft“, klingt das erst einmal schön. Es ist eine Sache, die man aus dem Bauchgefühl heraus auch gern unterstützen möchte. Die Staatsregierung will da zehn Prozentpunkte weniger, 40 %. Der Unterschied beträgt 300 Millionen Euro. Ich denke, Frau Hermenau, wenn man so etwas vollmundig in einen Antrag schreibt, 300 Millionen Euro mehr, dann muss man sich auch nicht nur im Textteil, sondern auch im Zahlenteil dazu bekennen, wo es eingespart werden soll.

(Beifall bei der FDP)

Das haben wir in dem Antrag vermisst. Dazu hätten wir gern noch konkrete Ausführungen.

Wir halten auch – im Gegensatz zur Staatsregierung – andere Schwerpunktsetzungen für erforderlich. Wir wissen, dass die Finanzmittel knapper sind. Wir haben 10 % weniger. Deswegen muss man sicherlich erst einmal damit einverstanden sein, dass über alle Bereiche hinweg eine Kürzung erfolgt. Anders geht es nun einmal nicht.

Aber wenn man sich die Vorstellungen der Staatsregierung anschaut, stellt man fest, dass in einigen Bereichen überproportional gekürzt werden soll. Als Beispiel nenne ich da die einzelbetriebliche Investitionsförderung. Hier möchten Sie im Vergleich zur Vorperiode 20 % kürzen. Ich glaube, das geht an den Problemen hier in Sachsen vorbei, denn unseren Unternehmen geht es lange noch nicht so gut, wie uns diese Maßnahme suggerieren soll. Wir wissen, dass unsere Unternehmen hier in Sachsen an eklatanter Kapitalschwäche leiden und dass Unternehmen in Sachsen auch einer Wachstumsfinanzierung bedürfen.

Das heißt, wir würden uns wünschen, dass wir im parlamentarischen Prozess noch zu einer anderen Schwerpunktsetzung kommen, das heißt, dass wir die einzelbetriebliche Förderung im Rahmen der Programme stärken können.

(Beifall bei der FDP)

Sicherlich muss man sich dann auch die Frage stellen lassen: Wo soll es denn bitte herkommen? – Wir haben uns noch nicht intensiv mit Ihren Vorstellungen befassen können, sie liegen ja auch noch nicht sehr lange auf dem Tisch. Aber nach einem ersten Eindruck denke ich, dass wir uns während des Prozesses einmal kritisch anschauen müssen, ob wir tatsächlich 400 Millionen Euro – das sind immerhin 13 % – für den Hochwasserschutz brauchen. Das werden wir uns genau anschauen.

Wir werden uns auch genau anschauen, ob wir im Bereich der Verkehrswegeinfrastruktur unter Umständen eine