Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

Das ist aus den Neunzigerjahren bis in die heutige Zeit verschleppt worden und jetzt sollen von Baufirmen Leute weiter an Straßenbaumaßnahmen beschäftigt werden, obwohl klar ist, dass die Baubranche im Prinzip die Branche ist, die im Moment das gesamte Wachstum statistisch wieder „absaufen“ lässt. Das Gewerbe ist bei einer Zuwachsrate von über 10 % und die Baubranche ist diejenige, die die Statistik und deswegen auch das Wachstum wieder herunterdrückt.

Ich halte es nicht für sinnvoll, den Leuten argumentativ zu sagen: „Wir machen den Straßenbau, das sichert eure Arbeitsplätze!“ Denn die Leute sind nach 16 Jahren deutscher Einheit inzwischen klug genug zu wissen, dass sie auch fragen müssen, ob diese Arbeitsplätze auf Dauer sicher sind. Diese Garantie können Sie nicht geben. Deswegen bin ich sehr dagegen, dass man das schönzureden versucht.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Ich bin vielmehr der Auffassung, dass man da klarer sortieren und Prioritäten setzen muss.

Noch ein letzter Punkt! Ich hätte mir, wenn man wirklich möchte, dass sich die Eigeneinnahmenbasis von Sachsen, die massiv von der Wirtschaft und vom Erfolg der Wirtschaft abhängt, verbessert, auch gewünscht, dass man einmal darüber nachdenkt, wie man den Marktzugang verbessern kann; denn die exportierenden Betriebe sind die Betriebe mit den besseren Einnahmenprognosen. Das ist ganz klar. Die Betriebe, die nur hier in Sachsen verkaufen, sind davon abhängig, wie sich hier die Kaufkraft und die Einkommen entwickeln. Wenn wir ehrlich miteinander umgehen, dann müssen wir sagen, dass dabei keine großen Sprünge zu erwarten sind.

Also muss man versuchen, in der Exportorientierung mehr Steuereinnahmen und bessere Löhne und Gehälter zu erzielen. Dort ist es aber so, dass in Sachsen 6 % aller Betriebe im Export sind, im Bundesdurchschnitt aber 11 %. Auch wenn wir besser sind als ein anderes ostdeutsches Bundesland, kann das nicht mehr das Interesse und der Maßstab sein. Unser Maßstab müssen die westdeutschen Bundesländer sein. Das ist zumindest meine Meinung.

Dasselbe betrifft die Frage: Wo bekommen wir diese stabile Einnahmenbasis her? – Das ist für mich auch die Frage, wie wir es schaffen, nicht nur den einfachen, widerspruchslosen Nachbau West zu konstruieren, sondern uns unsere eigenen Gedanken darüber zu machen, wie wir uns in Sachsen den Ausbau Ost vorstellen. Und das hat sehr viel mit der Förderpolitik in diesem Haushalt zu tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Von den Fraktionen ist mir nur noch ein Redner – von der CDU-Fraktion – genannt worden. Herr Albrecht, ich gebe Ihnen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vieles ist zum Doppelhaushalt schon gesagt worden, einiges mit Emotion. Ich möchte mich auf einen Aspekt beschränken, der bei mehreren Rednern angeklungen ist: die Finanzbeziehungen zwischen Freistaat und Kommunen.

Ich kenne kein Bundesland, in dem auf diesem Gebiet von staatlicher und kommunaler Seite so konstruktiv zusammengearbeitet wurde, wobei man auch immer wieder

versucht hat, Gegensätze zu diskutieren und zu lösen. Über all die Jahre konnte das Gesetz über den kommunalen Finanzausgleich – oft nach schwieriger Diskussion – im Einvernehmen zwischen kommunaler und staatlicher Seite verabschiedet werden.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS)

Grundlage dieses Dialogs war der Wille beider Seiten, mit den bestehenden Spielregeln auszukommen, und zwar über Parteigrenzen hinweg. Mag auch über die eine oder andere Frage Unzufriedenheit geherrscht haben, so ist es bisher keiner der beiden Seiten gelungen, systematische Verbesserungsvorschläge vorzulegen bzw. Korrekturen einzufordern, die mehrheitsfähig waren. Ich denke dabei auch an Fragen, die wir nicht zuletzt hier in den letzten Monaten diskutiert haben, an Stichwörter wie „Straßenlastenausgleich“, „Kosten für den Winterdienst“, „Haupteinsatzstaffel“, „Switch-Klausel“. Ich wünsche mir, dass diese konstruktive Diskussion, dieses konstruktive Miteinander in der Zukunft Spielregel bleibt. Ich jedenfalls würde mir das auch persönlich an anderer Stelle, an neuer Stelle so wünschen.

Das FAG stellt zwar mit rund 2,5 Milliarden Euro den größten Batzen der Kommunalfinanzierung dar; es darf allerdings nicht unterschlagen werden, dass aus dem Staatshaushalt noch an anderer Stelle in etwa die gleiche Summe über die verschiedensten Kanäle in die kommunalen Kassen gelangt. Als Beispiel seien hier genannt: die Städtebaufördermittel, Kita-Zuschuss, Straßenbauförderung oder kommunale Investitionspauschale. Insgesamt stehen im kommenden Jahr 5 Milliarden Euro des Haushalts, also nahezu ein Drittel, für die Kommunen bereit. Auch hierin zeigt sich nicht nur die Grundsätzlichkeit unserer Haushaltsdiskussion, sondern auch das partnerschaftliche Selbstverständnis, das zwischen der staatlichen und der kommunalen Ebene besteht.

Ganz besonders freue ich mich, dass den Kommunen für die kommenden beiden Jahre eine Investitionspauschale in Höhe von 82 Millionen Euro jährlich zur Verfügung steht. Verschiedene Redner sprachen dies an. Diese Mittel werden direkt in die Vermögenshaushalte eingespeist und für dringende Infrastrukturmaßnahmen verwendet. Die Infrastrukturpauschale ist somit auch eine Antwort auf die immer wieder geäußerte Feststellung, man könne staatliche Förderprogramme mangels eigener Kofinanzierungsmöglichkeiten nicht abnehmen. Dieser in einigen Städten bestehende Engpass wird durch die Infrastrukturpauschale abgefangen.

Dass die sächsischen Kommunen mit den zugewiesenen Staatsgeldern verantwortungsbewusst umgehen, zeigt nicht zuletzt die jährliche Bestandsaufnahme des Sächsischen Rechnungshofes. Diese hat unseren Kreisen, Städten und Gemeinden regelmäßig solide Fortschritte bei der Konsolidierung der Haushalte bestätigt. Seit einigen Jahren sinken der Schuldenstand der öffentlichen Kommunalhaushalte und – was besonders erfreulich ist – auch die Schulden in den ausgelagerten Einrichtungen, sprich

den Eigenbetrieben und kommunalen Eigengesellschaften, wenngleich der Rechnungshof die Einschränkung macht: bei den hundertprozentigen. Die darunterliegenden „Enkel“ werden nicht mehr genau analysiert und der Rechnungshof hat sicherlich seinen Grund dafür.

Dies beweist, dass die kommunal Verantwortlichen tatsächlich eine Trendumkehr erreicht haben. Ich muss zugeben, dass der Freistaat, der auf dem Gebiet der Entschuldung natürlich immer Vorbild gegenüber den anderen Bundesländern war, wenn er im direkten Vergleich mit den Kommunen bewertet wird, dieser Entwicklung ein Stück hinterherhinkt.

Wir tun deshalb gut daran, mit dem Doppelhaushalt 2007/2008 ein deutliches Zeichen zu setzen und ebenfalls keine Schulden aufzunehmen. Die CDU-Fraktion hat dies intern schon vor etwa sechs Monaten als Zielstellung für die Haushaltsdiskussion für sich entschieden. Es sei hier erwähnt, dass auch viele andere Kollegen im Haus, nicht zuletzt vor einigen Tagen der Kollege Pecher, auf diese Zielstellung eingegangen sind.

Im Übrigen gibt es zehn Gemeinden in unserem Land – ich denke, das ist eine gute Gelegenheit, an dieser Stelle darauf hinzuweisen –, die überhaupt keine Schulden haben, und zwar einschließlich ihrer Eigenbetriebe und Unternehmen.

Ich meine, dass es diese Gemeinden wert sind, einmal mit Namen genannt zu werden. Keine Schulden haben im Freistaat Sachsen: Weißenborn im Erzgebirge, Seelitz, Tauscha, Friedersdorf, Dürrhennersdorf, Leutersdorf, Stadt Dohna, Rathmannsdorf, Ziegra, Knobelsdorf.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Sächsische Schweiz!)

Richtig, Sächsische Schweiz. Und Kitzen im Leipziger Land.

Ich denke, ich spreche in Ihrer aller Namen, wenn wir diesen Gemeinden für diese Leistung herzliche Glückwünsche übermitteln.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Aber ich denke nicht nur an diese Gemeinden, sondern insgesamt an die Bürger unseres Freistaates, an die Sachsen in Gänze, die in all den Jahren mit ihrer sprichwörtlichen Bescheidenheit auch schwierige Haushaltsentscheidungen mitgetragen haben. Dafür sollte man den Sachsen insgesamt danken.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu früheren Jahren sind bislang seitens der Landkreise, Städte und Gemeinden keine wesentlichen Unzufriedenheiten über den Haushaltsentwurf geäußert worden. Auch dies ist ein Zeichen dafür, dass insgesamt trotz aller nicht zu leugnenden Probleme das Gebiet der Kommunalfinanzen ordentlich bestellt ist.

Horrormeldungen wie ausufernde Kassenkredite und chronische Finanzierungsdefizite haben in Sachsen glücklicherweise keinen Raum. Das ist Beleg für die Kontinuität unserer Arbeit. Ich wünsche mir natürlich – das wird sicherlich niemanden verwundern –, dass dies auch in Zukunft so bleibt.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle einige wenige persönliche Bemerkungen, und zwar nicht nur wegen der Redezeit, Kollege Porsch.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Aber das kommt entgegen!)

Es ist sicher ein Glücksfall, wenn man

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Eine gute Opposition hat!)

das freiwillige Ausscheiden aus diesem Hause selbst bestimmen kann und wenn es im Angesicht von konkreten Ergebnissen und belegbaren Erfolgen möglich ist. Es fällt mir dennoch schwer. Ich erinnere mich sehr genau an meine erste Rede hier in diesem Hohen Haus. Und zwar stand ich – ich schaue hinüber – im unteren Foyer der Dreikönigskirche. Der Kollege Bartl kam mir zufällig entgegen und sagte dann so kameradschaftlich flapsig: Na, aufgeregt?

Ja, das war so. Ich war aufgeregt. Ich sage es einmal sentimental. Die ersten Jahre waren so etwas wie ein Rausch im Positiven, etwas völlig Neues, Spannendes und für mich nicht Dagewesenes machen zu dürfen. Ich habe diese Eindrücke mit vielen geteilt, die natürlich heute aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr in diesem Hause sind. Ich denke da an Dr. Nowak, an den Kollegen Rade, an die Freifrau, an Dr. Kröber, an Karl-Heinz Binus und andere.

(Staatsminister Thomas Jurk: Er hat keinen von der SPD genannt!)

Und ich denke auch an den Kollegen Jurk,

(Ministerpräsident Prof. Dr. Georg Milbradt: Er ist aber noch nicht ausgeschieden!)

der aber noch hier ist. Ich hoffe, das war jetzt kein Rücktrittsgesuch, Kollege Jurk.

Später war die Stimmung dann anders. Ich versuche es einmal so zu beschreiben: Normalität kann auch bedrückend sein, wenn Rituale zu einer gleichförmig unbeschleunigten Bewegung führen, um einmal diesen Begriff aus der Fahrzeugdynamik zu benutzen, aus der ich ja irgendwann gekommen bin.

Ich danke an dieser Stelle allen für ihre Unterstützung, für ihre Hilfe, die mir zuteil geworden ist, und wünsche Ihnen für die Zukunft ein segensreiches Handeln für Sachsen.

(Beifall bei allen Fraktionen, der Staatsregierung und des fraktionslosen Abg. Jürgen Schön)

Herr Albrecht, es bleibt mir überlassen, Ihnen sicherlich im Namen vieler Abgeordneter des Sächsischen Landtages für die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren zu danken und Ihnen Glück auf dem Weg und Erfolg in Ihrer Arbeit zu wünschen. Alles Gute!

(Beifall bei allen Fraktionen, der Staatsregierung und des fraktionslosen Abg. Jürgen Schön)

Meine Damen und Herren! Damit ist im Prinzip die angemeldete Debatte der Fraktionen beendet. Ich frage die Staatsregierung noch einmal, ob Redebedarf besteht. – Wenn das nicht der Fall ist, dann beenden wir die Aussprache.

Das Präsidium schlägt Ihnen vor, die Entwürfe „Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die Haushaltsjahre 2007 und 2008 (Haushaltsgesetz 2007/2008) und die Festlegung der Finanzausgleichsmassen und der Verbundquoten in den Jahren 2007 und 2008 (Finanzausgleichsmassengesetz – FAM-G)“ in der Drucksache 4/6174 und das „Gesetz über Maßnahmen zur Sicherung der öffentlichen Haushalte

2007 und 2008 im Freistaat Sachsen (Haushaltsbegleit- gesetz 2007 und 2008)“ in der Drucksache 4/6175 jeweils an die Ausschüsse: Haushalts- und Finanzausschuss – federführend –, Innenausschuss, Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss, Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend, Ausschuss für Schule und Sport, Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien, Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft zu überweisen.

Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Damit ist die Überweisung beschlossen und wir beenden diesen Tagesordnungspunkt.

Meine Damen und Herren, ich schlage vor, dass wir an dieser Stelle nun die Pause einlegen. Wir sehen uns 13:50 Uhr wieder.