Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

Herr Staatsminister, Herr Morlok möchte eine Zwischenfrage stellen.

Ja bitte, Herr Morlok.

Herr Morlok, bitte, FDP-Fraktion.

Herr Staatsminister, wenn die Rechtslage so ist, wie Sie sie gerade dargestellt haben, ist sie ja schon eine gewisse Zeit so. Deswegen möchte ich Sie fragen, warum diese Unterlassungsverfügung just zu diesem Zeitpunkt gekommen ist. Sie hätte ja, Ihre Interpretation vorausgesetzt, durch das Ministerium schon viel, viel früher veranlasst werden müssen.

Sie haben natürlich recht, dass das kein neuer Sachverhalt ist, dass in der Tat das gesamte Gebaren dieser Firmen in früheren Jahren durch ihre Genehmigung jetzt nicht

gedeckt ist. Darin stimme ich Ihnen vollkommen zu. Ich bin aber der Meinung, dass wir durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil aufgefordert sind, einen rechtmäßigen Zustand herzustellen. Wir haben aus diesem Grund nicht den Bereich der staatlichen Wetten zurückfahren wollen, denn wir sind der Meinung, dass hier die Suchtprävention besser geregelt wird als bei den nicht geregelten privaten.

Sie werden verstehen, dass ich mit Rücksicht auf das laufende Gerichtsverfahren von weiteren Ausführungen in dieser Sache absehe, lassen Sie mich jedoch zur Versachlichung der Debatte noch einige Hintergrundinformationen geben.

Das Bundesverfassungsgericht hat am 28. März sein Grundsatzurteil zum Sportwettenthema verkündet. Mit diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht das bestehende staatliche Monopol, wie ich vorhin gerade gesagt habe, als mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit für vereinbar erklärt, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahren und Wettleidenschaften ausgerichtet ist.

Die Konferenz der Ministerpräsidenten hat sich in ihren Sitzungen am 30. März und am 22. Juni 2006 einhellig für ein konsequentes ordnungsrechtliches Vorgehen gegen illegale Anbieter von Sportwetten ausgesprochen. Gleichzeitig ist sie für eine Beibehaltung des staatlichen Sportwettenmonopols. Derzeit wird ein Entwurf zur Änderung des Lotteriestaatsvertrages erarbeitet, der das staatliche Monopol für die nächsten vier Jahre festschreiben soll.

Ich darf an dieser Stelle erwähnen, dass mit Pressenotiz vom heutigen Tag in der „SZ“ dargestellt wird, dass auch Hessen bwin das Wettgeschäft untersagt hat. Ich darf meinen Kollegen Volker Bouffier zitieren: „Bwin bieten über das Internet in Hessen nicht nur Sportwetten, sondern Glücksspiele aller Art an und werben für dieses Angebot. Beides ist verboten.“ Sachsen begeht keineswegs einen Alleingang, sondern wir sind im Konzert der anderen Länder.

Den vom Bundesverfassungsgericht verbindlich für die Übergangszeit geforderten Maßgaben zur Umsetzung der Bekämpfung der Spielsucht, soweit ich das aus ordnungsrechtlicher Sicht beurteilen kann, kam die sächsische Lotto GmbH als Anbieterin von Oddset nach. Die Werbung wurde drastisch gesenkt. Bestimmte Wettformen werden nicht mehr angeboten. Maßnahmen zur Spielsuchtprävention und zum Jugendschutz wurden und werden weiterhin getroffen. Damit ist der Rahmen geschaffen, der ein ordnungsrechtliches Vorgehen gegen illegale Sportwettenanbieter seit Anhängigkeit der Verfassungsbeschwerde im Jahr 2002 zuließ.

In den verschiedenen Anträgen der Opposition wird der Eindruck erweckt, der Antragsteller betreibe kein anderes Gewerbe als der staatliche Anbieter Oddset in Deutschland. Lassen Sie mich dazu ein paar Zahlen nennen.

Die Zahl der Sportwettenangebote bei Oddset ist auf circa 180 pro Woche, also auf 26 pro Tag, limitiert. Bwin wirbt dagegen mit der Aussage, täglich mehr als

8 000 Sportwetten anzubieten, also 300-mal so viel. Eine solche hohe Spielfrequenz führt zu einem drastischen Anstieg der Suchtgefahr.

Bei Oddset kann aus gewissen Gründen weder live, also während des laufenden Spiels, noch per Handy gewettet werden. Bei bwin ist dies jederzeit möglich.

Oddset beschäftigt Arbeitnehmer ausschließlich in Deutschland und zahlt Lottosteuer sowie Konzessionsabgaben, die gemeinnützigen Zwecken zugute kommen. Für Oddset allein sind es bundesweit jährlich rund 65 Millionen Euro an Konzessionsabgaben und 72 Millionen Euro an Lottosteuer, die in die öffentlichen Haushalte und damit in die Förderung des Allgemeinwohls und dadurch auch in den Breitensport fließen. Diese Finanzierung bei Oddset ist gesetzlich sichergestellt. Für das gesamte staatliche Lotteriewesen sind dies bundesweit jährlich rund 1,2 bis 1,6 Milliarden Euro. Bwin hat nach eigenen Angaben 2006 gerade einmal eine Million Euro an rund 20 000 Amateursportvereine bundesweit aus dem Marketingbudget von circa 50 Millionen Euro gezahlt.

Wie Sie sehen, bedarf es bei der Debatte tatsächlich einer Entzerrung und Versachlichung. Ich begrüße daher ausschließlich den Antrag der Koalition, der hierzu einen richtigen Beitrag leistet.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir haben noch zwei Schlussworte, da die NPDFraktion verzichtet. Wir beginnen mit der FDP-Fraktion. Herr Dr. Martens, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Stellungnahme des Staatsministers des Innern hat hier weniger Klarheit gebracht als Unklarheit geschaffen. Unser Berichtsantrag scheint weiterhin notwendig zu sein.

Wenn die Staatsregierung davon ausgeht, dass das Geschäftsgebaren von der 1990 erteilten Lizenz nicht mehr gedeckt sei, stellt sich natürlich die Frage, warum es nicht früher entdeckt worden ist und warum jahrelang die staatlichen Aufsichtsbehörden immer wieder festgestellt haben, dass alles in Ordnung ist. Da muss sich die Staatsregierung den Vorwurf gefallen lassen, dass sie 15 Jahre lang die Veranstaltung illegaler Zockerei und illegaler Wettgeschäfte in erheblichem Umfang tatenlos mit angesehen hat.

(Beifall bei der FDP)

Das ist die logische Konsequenz.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Wenn es stimmt!)

Wenn das stimmen sollte, aber wir sind darin anderer Auffassung.

Die Argumente, die hier angeführt werden, die Illegalität dieser Veranstaltung, die man plötzlich entdeckt hat – am

30. März war die Ministerpräsidentenkonferenz und im Juni wurde schon gehandelt – wird dann damit begründet, dass 26 Wetten am Tag bei Oddset-Sportwetten bestimmt nicht süchtig machen – das sei angewandte Suchtprävention –, während eine größere Anzahl so gefährlich ist, dass sie unverzüglich unterbunden, eingestellt und mit Sofortvollzug geahndet werden muss, weil ansonsten die Einleitung von Strafverfahren droht. Meine Damen und Herren, wer das glaubt, ist selbst schuld.

(Beifall bei der FDP)

Es geht nicht um illegale Sportwetten, sondern es geht einfach darum, dass man das Wettmonopol – so wie gesagt worden ist: die Vermittlung von Sportwetten durch staatliche Anbieter – sichern will und das auf möglichst lange Zeit, aber allerdings nicht mit den feinen Mitteln.

Meine Damen und Herren! Zu dem Antrag, den die Koalition gestellt hat, muss ich eines sagen: Die Begründung, die auch Kollege Rohwer hier abgegeben hat, war außerordentlich dünn. Da wird davon gesprochen, dass das staatliche Monopol zwar gegenwärtig in der Ausgestaltung verfassungswidrig sein soll; aber eine besondere Begründung, warum das alles jetzt geschehen muss – die Untersagung des Geschäftsbetriebes für private Anbieter – , wird hier nicht vorgetragen, auch nicht auf Nachfrage. Stattdessen heißt es, Sie wollten sich in Ruhe Zeit nehmen, um die steuerrechtliche und auch genehmigungsrechtliche Lage zu eruieren, um die Lage zu klären, weil nämlich die Tragweite unklar sei. Da frage ich mich: Warum kommen dann erst die Untersagungsverfügungen? Das läuft hier offensichtlich nach dem Motto: Erst schießen, dann fragen. Das ist ein Vorgehen, das wir nicht gutheißen können, sondern wir wollen, wenn schon Gerichte entscheiden, dann in ordnungsgemäßen Verfahren nach vorheriger Anhörung und dass man vorher die Rechtslage seitens der Staatsregierung klärt und sich nicht auf einmal von der vermeintlichen Entdeckung illegaler Sportwetten überraschen lässt, die man 15 Jahre lang überhaupt nicht gesehen hat.

Auch die Begründung, das Geschäftsgebaren selbst führe zur Illegalität des Geschäftsbetriebes, ist nicht ernst zu nehmen; denn was macht den Unterschied, wenn früher die Wetten telefonisch angenommen worden sind und heute per Internet?! Das bringt eine Gewerbeerlaubnis sicher nicht zum Erlöschen. Aber auch das wird von der Staatsregierung herangezogen. Das ist alles sehr dürftig, meine Damen und Herren.

Es handelt sich – auch das sage ich nach der Debatte – wirklich um eine sehr, sehr krasse Fehlentscheidung, die dem Steuerzahler ganz erhebliche Kosten aufbürden kann. Meines Erachtens werden Arbeitsplätze vernichtet und dazu auch noch Amateurvereinen Fördermittel entzogen, ohne dass gleichzeitig die Spielsucht irgendwie eingedämmt wird.

Deshalb bitten wir nochmals um Ihre Zustimmung zu unseren Anträgen.

(Beifall bei der FDP)

Für die Koalition Herr Rohwer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will dieses Schlusswort auch nicht allzu lang machen. Wir haben alles hin und her diskutiert. Herr Dr. Martens hat in seinem Schlussbeitrag jetzt noch einmal gesagt, dass es eine krasse Fehlentscheidung wäre, was hier getroffen worden ist. Das werden wir noch sehen. Das werden Gerichte überprüfen.

Ich bin der Auffassung – ich denke, auch die Koalitionsfraktionen –, dass dem nicht so ist. Deshalb werden wir den Antrag der FDP ablehnen.

Ich will aber noch einmal eine Sache zum Thema Sucht anführen, weil immer so getan wird, das sei ja so ein vorgeschobenes Argument. Wenn Sie bei Oddset eine Wette abschließen, so wird bei der Schufa überprüft. Bevor Sie eine Wette bei Oddset abschließen, müssen Sie angemeldet sein, ob Sie zum Beispiel eine eidesstattliche Versicherung haben, also sprich, dass Sie Ihren Offenbarungseid abgegeben haben, dass Sie nichts mehr haben. Wenn ja, dann können Sie bei Oddset keine Wetten abschließen. Das können Sie aber bei den anderen Anbietern durchaus. Da wird diese Sicherheitsüberprüfung nicht vorgenommen. Ich denke, dass das ein entscheidender Unterschied bei dem Thema Suchtprävention ist.

Ich wollte nur solch ein kleines Beispiel herausgreifen, um Ihnen nahezubringen, was das Bundesverfassungsgericht eigentlich unter dem Motto Suchtprävention vorgeschrieben hat.

Wir wollen als Koalitionsfraktionen noch einmal für unseren Antrag werben. Wir haben ja auch schon erklärt, dass wir den Anträgen von FDP und NPD nicht zustimmen werden.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben über vier Drucksachen abzustimmen.

Sie wollen noch eine sachliche Richtigstellung vornehmen, oder worum geht es?

Nein, Herr Präsident, keine Richtigstellung. Ich möchte namens meiner Fraktion zur Drucksache 4/6221 namentliche Abstimmung beantragen.

Ihre Fraktion ist dafür? Ich bitte um ein kurzes Handzeichen, dass es nicht nur der Wunsch eines einzelnen Herrn ist. – Jawohl, danke schön. Dann müssen wir das tun.

(Marko Schiemann, CDU: Unser Antrag ist weiter gehend, Herr Präsident!)

Meine Damen und Herren, wir kommen zu der Abstimmung. Ich bitte Sie, jetzt wieder etwas ruhiger zu sein,

Meine Damen und Herren! Ich rufe die dritte Drucksache auf, den Antrag der Koalition mit der Drucksachennummer 4/6305. Wer ihm seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer großen Anzahl von Enthaltungen und wenigen Gegenstimmen mit Mehrheit angenommen.

umso zügiger geht es. Wenn wir nicht nachfragen müssen, geht alles hintereinander weg. Bitte schön.