Protokoll der Sitzung vom 15.09.2006

Die weitere Förderung muss jedoch durch einen entsprechenden Nutzen für die Kinder und Jugendlichen in Sachsen gerechtfertigt sein. Es gibt also auch hier den Arbeitsauftrag, das zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern. Das erfordert natürlich, in angemessenen Abständen fachliche Konzepte einschließlich personeller Ressourcen auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls den veränderten Bedürfnissen anzupassen. Nach Auffassung der Sächsischen Staatsregierung darf und kann sich niemand dieser Herausforderung im Interesse der Gesamtgesellschaft entziehen.

Meine Damen und Herren! Insbesondere inmitten von Haushaltsdiskussionen treten inhaltliche und fachliche Erörterungen oft in den Hintergrund. Aber um die Lebenswelten und Lebensperspektiven von Kindern und Jugendlichen zu gestalten, sind auch weiterhin in der täglichen Arbeit der Jugendhilfe Gestaltungskraft, Engagement, Ideen, Neugier und Eigeninitiative notwendig. Das muss sich am aktuellen Bedarf bzw. an den veränderten Bedingungen ausrichten. Von daher ist eine entsprechende Flexibilität auch in diesem Bereich unabdingbar.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Damit ist auch die 2. Aktuelle Debatte, beantragt von der Fraktion GRÜNE zum Thema „Kürzungspläne der Staatsregierung gefährden Jugendhilfearbeit“, beendet.

Meine Damen und Herren! Aufgerufen ist

Tagesordnungspunkt 2

Kooperativer und grenzüberschreitender Klimaschutz – Klimaschutzvereinbarung des Freistaates Sachsen

Drucksache 4/5198, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Die Fraktionen können wie immer dazu Stellung nehmen. Es beginnt die Fraktion der CDU, danach die SPDFraktion, die Linksfraktion.PDS, die FDP-Fraktion, die GRÜNE-Fraktion und die Staatsregierung.

Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte, dass die Fraktion der CDU das Wort nimmt. Bitte schön, Herr Clemen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wirbelstürme, Überschwemmungen, lange Dürreperioden, aber auch Hagelschläge und Hitzewellen – die extremen Witterungserscheinungen der letzten Zeit sind deutliche Anzeichen dafür, dass sich das Klima auf unserer Erde verändert. Über die Frage, welche endogenen und exogenen Faktoren es denn genau sind, die in der einen oder ande

ren Form zu diesen Veränderungen beitragen, sind sich die Wissenschaftler nach wie vor uneins. Klar ist jedoch, dass sich der Anstieg der Kohlendioxidemissionen und weiterer Treibhausgasemissionen als ein wesentlicher Faktor in diesem Klimawandel erweist. Somit liegt es in unser aller Interesse, diese Emissionen so weit wie möglich zu vermindern.

Dr. Klaus Rauscher, Vorstandsvorsitzender der Vattenfall Europe AG, bemerkt dazu: „Wenn eine dramatische Veränderung der Lebensbedingungen verhindert werden soll, muss ein weltweiter Temperaturanstieg um mehr als zwei Grad Celsius vermieden werden. Dieses Risiko erscheint beherrschbar, sofern der Anstieg des CO2 in der Atmosphäre 550 parts per million nicht überschreitet.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: 450!)

Nehmen wir dieses Ziel ernst, so können wir uns nur noch wenige Jahre ein Weiter-so erlauben. Der Trend steigender CO2-Emissionen muss verlangsamt und in 25 Jahren umgekehrt werden. Bis 2100 sollten wir die CO2-Emissionen gegenüber heute mehr als halbieren.“

Obwohl Deutschland mit etwa 3,5 % Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen nicht zu den großen Emittenten zählt und als einer der Vorreiter beim Klimaschutz gilt, sollten wir unser Know-how und unsere gesammelten Erfahrungen nutzen, um über gemeinsame Projekte mit den Ländern, die weltweit die meisten Emissionen erzeugen, zu einer Reduktion des Ausstoßes zu gelangen. Die USA zum Beispiel erzeugen zur Zeit 25 % des weltweiten CO2-Ausstoßes, Indien und China gemeinsam fast 50 %. Somit, meine Damen und Herren, macht es Sinn, über gemeinsame Projekte insbesondere mit diesen Ländern zu versuchen, die Emissionen zu vermindern und damit zu einem wirkungsvollen Klimaschutz beizutragen.

Claude Mandil, Executive Director der Internationalen Energieagentur, bemerkt dazu: „Die globalen CO2-Emissionen werden bis 2030 um rund 60 % ansteigen, wenn die hauptverursachenden Länder es nicht schaffen, einen Paradigmenwechsel in ihrer Energiepolitik zu vollziehen.“

Er führt weiter aus: „Für einen effizienten Klimaschutz ist eine Ausweitung der Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz unerlässlich.“

Durch die Nutzbarmachung sächsischer Forschungsergebnisse im Bereich der Energieeffizienz, aber auch der Steigerung des Wirkungsgrades von Kraftwerken, speziell von Kohlekraftwerken, den Einsatz erneuerbarer Energien und neuartiger umweltschonender Treibstoffe, wie zum Beispiel BTL, können über Kooperationsprojekte, insbesondere mit den bereits erwähnten Ländern, deutliche Fortschritte für den Klimaschutz erreicht werden. Aber auch mit Projekten wie INNOSYS, welches in meiner Heimatstadt Leipzig läuft und bei dem Solarzellen einer ganz neuen Art entwickelt werden, können wir weiter zum internationalen Schutz des Klimas beitragen.

Entscheidenden Handlungsspielraum sehe ich aber auch auf dem Feld der Nachrüstung und der Erhöhung des Wirkungsgrades bestehender Kohlekraftwerke, insbesondere in Russland und Zentralasien. Dabei kann der Sachverstand von sächsischen Ingenieuren, Kraftwerkstechnikern und Know-how-Trägern in diesem Bereich genutzt werden. Einige Projekte der GTZ mit Russland und weiteren, insbesondere zentralasiatischen Ländern verfolgen diesen Ansatz bereits.

Prof. Andreas Troge, Präsident des Umweltbundesamtes, bemerkt zu dem Thema des internationalen Klimaschutzes: „Es gibt heute eine große Zahl von Klima- und Klimaschutzszenarien. Eines ist allen gemeinsam: Sie stellen den Kosten des heutigen Klimaschutzes die Kosten des morgigen Klimaschmutzes, also die negativen Klimafolgen, gegenüber. Die Fragen Fotovoltaik versus Wind

energie oder Biomasse versus CO2-Abschaltungen stellen sich in dieser Art nicht. Wir brauchen in der jetzigen Situation alle Optionen, schon weil wir nicht wissen, wie sie sich technisch und in der breiten Anwendung dann bewähren werden.“

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Somit, meine Damen und Herren, bietet sich ein reiches Betätigungsfeld, um unseren Beitrag zum weltweiten Klimaschutz zu leisten und damit auch Chancen für sächsische Unternehmen bei der erfolgreichen Erschließung neuer Märkte auf diesem Feld zu schaffen.

Mein Kollege von der SPD, Herr Gerlach, und Staatsminister Tillich werden noch auf Einzelheiten der sächsischen Programme eingehen und unsere Aktivitäten näher darstellen.

Ich danke Ihnen zunächst einmal für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort. Herr Gerlach, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Klimawandel – wenn Sie dieses Wort hören, mit Landwirten sprechen, wenn Sie mit Personen sprechen, die regelmäßig ins Hochgebirge fahren und dort unter anderem auch Gletscher besuchen, oder wenn Sie nur hier ganz in der Nähe mit Weinbauern in Radebeul sprechen, dann werden Sie merken, dass das ein Thema ist, das inzwischen erlebbar ist. Ich könnte noch viele andere Beispiele anführen. Wer Klimawandel heute noch verneint, macht sich eigentlich lächerlich.

Wir haben im November die inzwischen 12. Weltklimakonferenz. Es gibt viele internationale Aktivitäten dahin gehend, dass eine Arbeitsgruppe seit mehreren Jahren versucht, eine internationale Energieagentur für erneuerbare Energien, die sogenannte irena, zu installieren.

Der Rio-Gipfel von 1992 hat aber auch ganz klar gezeigt, dass mit der sogenannten Lokalen Agenda 92 ein Signal für die sogenannten Kleinen gesetzt wird. Mein Vorredner hat ganz klar Beispiele gebracht, wie hoch die USA, China usw. dazu beitragen, die als die großen Emittenten zählen. Aber die sogenannten Kleinen und solch ein kleines Gebiet wie Sachsen können weltweit eine Menge leisten.

Vor wenigen Tagen gab es die Klimadeklaration der ASEM (Asia-Euroean-Meeting), die in Helsinki getagt haben. Auch wenn das nur ein allgemeines Bekenntnis zum Kyoto-Protokoll darstellt, so ist doch ein Satz interessant: „Wir schätzen den Wert existierender bilateraler, regionaler und globaler Partnerschaften und erwarten einen weiteren Ausbau der breiten internationalen Zusammenarbeit bei der Forschung, der Entwicklung, dem Transfer und dem Einsatz von klimafreundlichen Techno

logien.“ Also, es wird ausdrücklich der regionale Aspekt angesprochen.

Die Verantwortlichkeit der Bundesländer nimmt zu, denn sie sind näher an den Problemen. Es gibt inzwischen in der Bundesrepublik Deutschland eine eigene Arbeitsgruppe, die sich mit der Rolle und den Aufgaben der Bundesländer zu dieser Problematik beschäftigt. Was wird bereits getan?

Unser Umweltministerium hat eine Vereinbarung mit Baschkordistan. Es geht dabei um Weiterbildung im Umweltmanagement in Leipzig. Das konnten Sie vor Kurzem in der Zeitung lesen.

Eine Freiberger Firma präsentiert in zwei bis drei Monaten sächsische Klimaschutztechnik im Bereich erneuerbarer Energien im südlichsten brasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sol.

Bayern hat bereits mit dem kanadischen Quebec ein Abkommen über den Einsatz von Biotreibstoffen abgeschlossen. – Ich könnte noch sehr viele andere Beispiele bringen.

Was sind Angebote und Wünsche aus anderen Regionen? Es gibt sie reichlich. Ich hatte die Chance, 2003 am deutsch-brasilianischen Wirtschaftsgipfel in Goyana in Brasilien teilzunehmen. Dort wird händeringend – ich dramatisiere das etwas, man ist sehr stark daran interessiert – nach einer Zusammenarbeit mit deutschen Biodieselherstellern gesucht. Das Angebot ist damals von mir honorarfrei der Sächsischen Staatsregierung überbracht worden. Damals gab es kein Interesse. Vielleicht kann man das noch einmal aufgreifen.

Prof. Klaus Töpfer sagte in einem Interview der „Financial Times“ Deutschland letzte Woche: „Es gibt ein klares Signal zur Effizienzsteigerung speziell im asiatischen Raum.“ Wir haben dort ein großes technologisches Entwicklungspotenzial für sächsische Firmen, die auch außerhalb der Automobil- oder Maschinenbaubranche in China ein reiches Betätigungsfeld hätten. Hier treffen sich interessantererweise in sehr guter Form Klimaschutz und wirtschaftliche Interessen Sachsens.

Die für Deutschland beschlossene Beimischungspflicht von Biokraftstoffen zu konventionellen Kraftstoffen macht auch für Sachsen die Anfang September in Paraguay gegründete neue Organisation „Verantwortliche Sojaproduktion“ interessant. Ich weiß nicht, ob es Ihnen bekannt ist, dass es eine nicht geringe Menge von Firmen gibt, die in Südamerika Ländereien aufkaufen – im Wesentlichen tropischen Regenwald. Dieser wird ganz einfach abgeholzt, um dort Soja anzubauen. Das wird dann wieder zu uns exportiert. Das kann ja irgendwo nicht sein. Es gibt inzwischen diese Organisation, die das anders machen will, und hier kann Sachsen mit dem Know-how, das wir haben, auch bei umweltgerechtem Einsatz in der Landwirtschaft eine Menge über Vereinbarungen erreichen, sodass wir uns dort einbringen können.

Arnold Schwarzenegger zum Beispiel schreibt Klima- und Solargeschichte im Moment in Kalifornien mit

seinem Gesetz zur Solarenergienutzung und zum Beispiel auch zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 25 % bis zum Jahr 2020. Man kann der Meinung sein, dass das alles noch nicht ausreicht. Aber immerhin ist er sehr viel weiter als seine eigene Bundesregierung, die auf dieser Strecke – ich sage es vorsichtig – so gut wie überhaupt nichts macht. Hier wäre für sächsische Firmen auch eine Menge holbar. Die Beziehungen zu den USA sind aus meiner Sicht hervorragend. Warum soll man nicht wie Nordrhein-Westfalen auch mit einzelnen Bundesländern und einzelnen Institutionen konkrete Vereinbarungen treffen, die der sächsischen Industrie direkt zugute kommen und darüber auch dem Klima? Viele lokale Initiativen und Firmen brauchten „nur“ die politische Unterstützung ihrer Regionalregierung. Der große Vorteil der regionalen Übereinkommen ist die Konkretheit, die erreicht werden kann. Das ist durch allgemeine Abkommen – so wichtig diese auch immer sind – nicht aufwiegbar. Deshalb fordern wir die Staatsregierung und alle „Klimabewegten“ im Lande auf, sich hier verstärkt einzubringen.

Natürlich ist nicht alles, was in Sachsen an internationalem Klimaschutz wünschenswert wäre, von Sachsen allein stemmbar. Das wissen wir auch. Aber wir sollten es uns wenigstens anschauen und gut auswählen. Das ist doch wohl für die Wirtschaftsförderung, die wir in Sachsen haben, nicht zu viel verlangt. Dazu gehört der politische Wille des gesamten Parlaments, den wir heute mit diesem Antrag hoffentlich klar ausdrücken werden.

Noch ein kurzes Wort zur Problematik des „ErneuerbareEnergien-Zentrums“, die auch angesprochen wird. Der Landtag hat sich im Juni dieses Jahres klar für den Ausbau des „Erneuerbare-Energien-Zentrums“ ausgesprochen. Damit ist klares administratives Handeln vorgegeben. Es ist auch im besten Stadium, soweit ich das überblicke. Auch im Haushaltsentwurf setzen wir ein klares Signal dafür. Das heißt, die technischen Bedingungen für einen voranschreitenden Betrieb länderübergreifenden Klimaschutzes sind gegeben, wenn wir dann dieses neue Kompetenzzentrum installiert haben. Jetzt sind politischer Wille und Kreativität gefordert. Wir hoffen, mit diesem Antrag ein Signal zu setzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Ich erteile der Linksfraktion.PDS das Wort. Frau Dr. Runge, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niemand in diesem Hohen Hause bezweifelt ernsthaft, dass die Klimaerwärmung, so wie sie sich in den letzten Jahrzehnten darstellt, von Menschen verursacht und beschleunigt worden ist. Ich kann mich erinnern, es gab Zeiten in diesem Hohen Hause, in denen Abgeordnete der CDU-Fraktion, namentlich zwei, diese Fragestellung eindeutig mit verneint haben und die wissenschaftlichen

Ergebnisse von Klimaforschern tatsächlich infrage stellten.