Auch heute gibt es immer noch Lobbyisten der fossilen Energiewirtschaft, die sich in der Öffentlichkeit so äußern – erst jüngst ein hochrangiger Vertreter des großen Energiekonzerns RWE.
Aber Gott sei Dank, wir alle zusammen haben hier im Sächsischen Landtag in dieser Frage doch einen relativ guten Lernprozess durchlaufen. Ich sehe ganz deutlich mit Wirtschaftsminister Jurk neue Akzentsetzungen in Bezug auf die spezielle Förderung von Energieeffizienz in Sachsen und der damit verbundenen Technologien. Dies wurde schon von Herrn Gerlach mit dem Ausbau des Energieeffizienzzentrums zum Kompetenzzentrum erwähnt, auch mit Haushaltsmitteln ausgestattet, sodass einige Aktivitäten in Gang gesetzt werden können. Herrn Tillich möchte ich hier durchaus positiv mit erwähnen.
Mit der Entscheidung für den Bau des vierten Kraftwerksblocks in Boxberg, Herr Tillich, wird Sachsen im CO2-Ausstoß pro Kopf der Bevölkerung den Spitzenreiter USA erreichen.
In den letzten 15 Jahren hat sich auch in Sachsen prinzipiell die Kohleenergiewirtschaftslobby durchgesetzt. Wir fordern deshalb die Überarbeitung des Energieprogramms, wo eindeutig modernere, zukunftsfähigere Akzente gesetzt werden müssen.
Unbenommen bleibt in dem Antrag von CDU- und SPDFraktion zu prüfen, ob solche überregionalen Kooperationsvereinbarungen mit anderen Ländern möglich sind. Das ist eine positive Initiative, dagegen kann man überhaupt nicht sein. Die Frage ist immer, wie man solche Vereinbarungen ausgestaltet. Eines scheint mir am Modell Nordrhein-Westfalen/Kalifornien wichtig zu sein: dass es sich im Wesentlichen um eine unternehmerische Kooperation in diesen umweltfreundlichen Energietechnologien handeln muss. Alle Forschungsinitiativen, die Gott sei Dank auch in Sachsen immer mehr sprießen, zum Beispiel im Raum Freiberg und in anderen Gegenden, können mit internationalen Kooperationsvereinbarungen unterstützt und damit die perspektivische Exportwirtschaft in diesem Bereich ausgebaut werden.
Es gibt bisher keinen Königsweg in den neuen Energietechnologien im Vergleich zu den traditionellen fossilen. Insofern muss die Technologiebranche sich sehr differenziert und diversifiziert entwickeln können, auf ganz unterschiedlichen Wegen betrieben und gefördert werden, um letztlich vielleicht doch einen Königsweg zu finden. Viele sagen, dass die Brennstoffzellentechnologie und die Wasserstofftechnologie zukünftig eine solche sein könnte, aber wir wissen es noch nicht definitiv. Wir sollten vor allem mit führenden Unternehmen in anderen Ländern solche Kooperationsverträge abschließen und wirtschaft
liche Unternehmen zusammenführen, um Forschungspotenziale zu bündeln, damit in zehn bis 20 Jahren ein Durchbruch erreicht werden kann.
Insofern unterstützt unsere Fraktion den Antrag von CDU- und SPD-Fraktion, denn es handelt sich lediglich um einen Prüfauftrag, und wir sind auch nicht böse, wenn praktische Ergebnisse, nämlich gute Kooperationsvereinbarungen in ein bis zwei Jahren mit führenden Technologieunternehmen im Bereich erneuerbarer Energien und Energieeffizienz, zustande kämen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Klimaschutz ist eine der Kernaufgaben einer generationengerechten Politik.
Klimaschutz ist aber auch eine wirtschaftspolitisch sinnvolle Investition, da bei zunehmender Erderwärmung mit einer Zunahme von extremen Wetterereignissen und erheblichem volkswirtschaftlichem Schaden zu rechnen ist. Das seit 1996 von der Europäischen Union vertretene Ziel, den vom Menschen zu verantwortenden Temperaturanstieg auf 2 °C zu begrenzen, bleibt daher sinnvoll. Um dieses Ziel zu verwirklichen, müssen die Klimaschutzanstrengungen intensiviert werden. Dabei ist klar, dass das Ziel nur durch koordiniertes Handeln erreicht werden kann. Klimarelevante Gase, wie CO2 und Methan, tragen logischerweise global zur Erwärmung bei, gleich, an welcher Stelle sie auf dieser Erde emittiert werden.
In diesem Zusammenhang ist es durchaus sinnvoll zu schauen, welchen Beitrag der Freistaat hierzu leisten kann, um den Klimaschutz voranzubringen, sei es durch Kooperationsvereinbarungen oder durch eigene Klimaschutzvereinbarungen. Doch wenn man sich die Stellungnahme der Staatsregierung zu diesem Berichtsantrag der eigenen Fraktionen ansieht, kann man seine Zweifel an dem Antrag haben.
Fakt eins ist: Über die Kooperation zwischen dem Bundesland Nordrhein-Westfalen und dem Staat Kalifornien liegen überhaupt noch keine abschließenden und somit bewertbaren Ergebnisse vor – logischerweise. Es wird aber im Antrag gefordert.
Fakt zwei: Es existieren bereits im Rahmen der InterregIII-C-Projekte intensive Kontakte zu verschiedenen Ländern, zum Beispiel Schweden, Irland, Griechenland, Italien, Österreich und Kanada.
Fakt drei: Über eine Vertiefung dieser Zusammenarbeit kann laut Staatsregierung erst nach erfolgter Profilierung des Energieeffizienzzentrums zu einem Energiekompe
tenzzentrum entschieden werden. Dies steht aber noch aus, meine Damen und Herren. Die Weiterentwicklung des EEZ zu einem Energiekompetenzzentrum ist erst zum 01.01.2007 beschlossen. Ihr Antrag kommt also zu früh und er ist, gelinde gesagt, ziemlich dünn und populistisch.
Hätten Sie gefordert, durch konkrete Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass Sachsen als Hightech-Standort seine Kräfte darauf konzentriert, seine energiewirtschaftliche Technologieführerschaft weiterzuentwickeln und auszubauen – wir Liberalen wären dabei. Für Kooperationen sächsischer Betriebe und Forschungseinrichtungen, die eine Steigerung der Energieeffizienz, die Techniken klimaneutraler Energiegewinnung sowie modernste Abscheide- und Einlagerungstechniken für Treibhausgase weiterentwickeln, hätten Sie unsere vollste Unterstützung. Wir wollen, dass Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnologie weiterentwickelt und der Aufbau einer geeigneten Versorgungsinfrastruktur für Wasserstoff vorangetrieben werden. Nur so wird man den erneuerbaren Energien über Kraftstoff aus Biomasse hinaus auch im Verkehrssektor eine langfristige und wirtschaftlich tragfähige Perspektive geben. Auch das bisher ungenutzte Potenzial der Energieeinsparung in Gebäuden und der Wärmegewinnung ist uns ein wichtiges Thema.
Über all diese Punkte hätten wir hier trefflich streiten können. Nicht wahr, Herr Lichdi, das machen wir ja gern? Was Sie mit Ihrem Antrag wollen, erschließt sich uns wirklich nicht und der Staatsregierung offensichtlich auch nicht. Ich war sehr erstaunt, dass die Stellungnahme der Staatsregierung, datiert vom Mai, bis vorvorgestern nicht als Drucksache verteilt wurde. Bei den Antworten der Staatsregierung war mir klar, warum. So schließe ich mit einem Zitat aus dieser Stellungnahme: „Die Frage, ob derartige formelle Vereinbarungen über einzelne Sachverhalte über die bestehenden Vereinbarungen zum Umwelt- und Naturschutz hinaus notwendig sind, wird die Staatsregierung in Auswertung bereits bestehender internationaler Kontakte zu gegebener Zeit beantworten.“
Sehr geehrte Damen und Herren von der Koalitionsfraktion, nehmen Sie die Staatsregierung ernst und warten Sie doch einfach ab, was da kommt! Unsere Zustimmung zu diesem populistischen Papiertiger gibt es heute jedenfalls nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren von der Koalition! Ich muss die einvernehmliche Stimmung, die sich kurz vor der Mittagspause breitgemacht hat, zerstören. Als ich hörte, dass Sie heute diesen Antrag auf die Tagesordnung des Plenums gesetzt haben, bin ich fast vom Hocker
gefallen und dachte, welch kapitaler taktischer Fehler! Sie fangen jetzt schon an, sich die eigenen Niederlagen selbst zu organisieren. Als Letztes dachte ich durchaus betrübt: Wahrscheinlich ist das das klägliche Niveau, auf dem die paar einsichtigen Politiker der Koalition Klimaschutzpolitik betreiben dürfen – nicht wahr, Herr Gerlach?
Der vorliegende Antrag gibt vor, der Klimaschutz läge der Koalition am Herzen. Ich sage Ihnen, dies ist die glatte Unwahrheit. Sie täuschen und tricksen. Sie machen dem Publikum vor, dass Sie intellektuell und politisch bereit sind, sich der Herausforderung des 21. Jahrhunderts schlechthin zu stellen. Weil Sie wissen, dass Sie in Sachsen nichts zu bieten haben, fragen Sie nach der Klimakooperation zwischen Nordrhein-Westfalen und Kalifornien.
Meine Damen und Herren von der Koalition! Wenn Sie einen passenden Koalitionspartner für Ihre Art Klimaschutz suchen, dann kann ich Ihnen den US-Bundesstaat Texas wärmstens empfehlen.
Wie Sie wissen, ist das die Heimat des weltweit geschätzten US-Präsidenten Bush, der unter anderem auch die Front der fossilen Klimakiller anführt. In den dortigen „Dallas News“ war am 4. September zu lesen: „Texas hat immer noch keine Strategie gegen die globale Erwärmung und keinen Plan zur Reduktion der Kohlendioxidemissionen.“ Ich sage Ihnen, Sachsen und Texas wären ideale Partner. Beide Länder haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht und setzen nach wie vor auf die fossilen Brennstoffe.
In Sachsen heißt der Klimakiller Nummer 1 Vattenfall oder Lippendorf und Boxberg. Die Nummer 2 und folgende besetzen die Herren Jurk, Tillich und Lehmann. Wenn das Thema des Klimawandels nicht so ernst wäre, könnte man auch über dieses flache Ablenkungsmanöver der Koalition nur lachen. Leider bleibt einem beim Betrachten der Fakten das Lachen im Halse stecken.
44,3 Millionen Jahrestonnen CO2 lautete die Vorgabe des sogenannten – muss man sagen – Klimaschutzprogramms Sachsen aus dem Jahr 2001. So viel sollte im Freistaat künftig emittiert werden dürfen. Seitdem ist eine Fülle wissenschaftlicher Erkenntnisse veröffentlicht worden, die uns alle deutlich sagen: Unsere bisherigen Anstrengungen zum Klimaschutz reichen bei Weitem nicht aus. Allgemeine Tendenz: Es wird schlimmer als angenommen. Wir brauchen ein Kyoto-Plus.
Zu welchen Veränderungen haben diese Erkenntnisse im Freistaat geführt? Wir emittieren nicht weniger, sondern immer mehr CO2. Schon jetzt sind es über 52 Millionen Tonnen im Jahr. Ab 2011 werden es in der virtuellen heilen Klimaschutzwelt der Koalition dank des von den Klimakillern Nummer 1 bis 4 in Boxberg betriebenen Neubaus über 56 Millionen Tonnen sein. Das ist eine Steigerung gegenüber der Vorgabe um satte 30 %.
Ich sage Ihnen, so sieht Klimaschutz in Sachsen aus. Jeder in diesem Saal weiß das. An dieser Stelle steigt normalerweise Klimakiller Nummer 3, Sie, Herr Staatsminister Tillich, ein und erklärt, dass eine Reduktion der CO2-Emission aus den Braunkohlenkraftwerken über den Zertifikathandel erfolge. Nun wissen wir, wie der Bund in diesem Jahr das Instrument des Zertifikathandels vergewaltigt hat. Er hat die CO2-Verschmutzungsrechte verschenkt und dabei die fossilen Klimakiller massiv bevorzugt. Die Zeche zahlen die Verbraucher mit dem Strompreis. Herr Tillich legt noch einen drauf und möchte die Subvention für Boxberg neu noch einmal um 1,2 Milliarden Euro erhöhen. Von wegen subventionsfreie Braunkohle! Das ist zum Lachen, wenn es nicht zum Weinen wäre.
Es ist allgemeiner Kenntnisstand, dass wir bis 2050 unseren CO2 -Ausstoß um 80 % reduzieren müssen, um die allerschlimmsten Folgen des Klimawandels für ein Abschmelzen der Nordpolkappe oder ein Umkippen der thermohalinen Zirkulation hoffentlich auszuschließen. Eine achtzigprozentige Reduktion würde für den Freistaat Sachsen eine jährliche zulässige Emissionsmenge von circa 10 Millionen Tonnen bedeuten. Allein die Braunkohlenkraftwerke vom Klimakiller Nummer 1 – Vattenfall – emittieren aber bereits über 27 Millionen Tonnen. Bald werden es dank der tatkräftigen Unterstützung der Nummern 2 bis 4 circa 32 Millionen Tonnen sein.
Die sächsische Koalition tut nicht nur nichts, sie beschleunigt den Klimawandel auch noch. In dieser Situation der klimapolitischen Untätigkeit kommt die Koalition daher und will grenzüberschreitende Koalitionsverträge schließen. Na super! Machen Sie zunächst Ihre Hausaufgaben! Fangen Sie an, der Zielmarke 10 Millionen Tonnen entgegenzuarbeiten. Ich sage Ihnen, dann lohnt es sich. Doch auch erst dann lohnt es sich hier in diesem Hause, über Klimaschutz zu debattieren, aber nicht mit diesem Antrag. Wir werden ihn ablehnen.
Danke schön. – Gibt es weiteren Aussprachebedarf seitens der Fraktionsmitglieder? – Herr Staatsminister, Sie sind gefordert. Es spricht Herr Staatsminister Tillich.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es war schon erstaunlich, was Herr Lichdi jetzt aus diesem Antrag gemacht hat. Herr Lichdi, lassen Sie mich noch einmal an die Debatte der letzten Landtagssitzung erinnern. Wir haben damals auch über die Energiepolitik im Freistaat Sachsen gesprochen. Das, was Sie hier verkündet haben, ist schlichtweg Dummheit. Sie wissen ganz genau, dass wir in Sachsen Energie produzieren, die nicht nur in Sachsen verwendet wird, sondern darüber hinaus in anderen Teilen der Bundesrepublik Deutschland, aber auch international in der Europäischen Union verkauft wird. Zum Zweiten wissen Sie, Herr Lichdi, dass wir die
Ich möchte wenigstens erst einmal drei Sätze sprechen, bevor Herr Lichdi sich vom Platz erhebt. Ich habe ihm auch zugehört, obwohl es, wie gesagt, schon Dummheit war, was er hier verkündet hat.
Drittens wissen Sie, dass ich beim letzten Mal gesagt habe, Herr Lichdi – ich darf mich so äußern, wenn Sie mich schon zum Klimakiller Nummer 3 statuieren –, wenn Sie genau zugehört hätten, hätten Sie es zumindest auch gehört, dass wir für den Zeitraum, bis wir mit anderen Energien in Sachsen auch unseren Energiebedarf decken können, auf die fossilen Brennstoffe zurückgreifen müssen. Ich glaube, dass es da wert ist, dass solche Unternehmen wie auch Vattenfall letztlich in die modernste Technologie investieren, die es in diesem Bereich gibt. Sie wissen auch, dass selbst das zurzeit in Nordrhein-Westfalen schon begonnene Kraftwerk, das dort gebaut wird, von dem sächsischen Wirkungsgrad und schließlich auch in den CO2-Emissionen abgelöst wird. Von daher ist das eine durchaus sehr einseitig beleuchtete und heute die Debatte mehr oder weniger missbrauchende Darstellung von Ihnen gewesen.