Protokoll der Sitzung vom 15.09.2006

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion.PDS und des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Danke schön. – Das war die erste Runde der Abgeordneten. Gibt es Bedarf zur allgemeinen Aussprache? – Jawohl. Herr Abg. Bartl, Linksfraktion.PDS.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Prof. Schneider, weshalb wir das eben nicht für verfehlt, sondern für notwendig ansehen, das hat Kollege Lichdi noch einmal gesagt: Der Freistaat Sachsen hat für die Einbringung dieses Gesetzentwurfes in den Bundestag seine Zustimmung gegeben. Wir müssen doch jetzt logischerweise als Parlament, wenn selbst die Bundesregierung in mehreren Passagen der Stellungnahme von „bedenklich verfassungswidrig“, „erheblich durchgreifend verfassungsrechtlich bedenklich“ etc. spricht, im Landtag sagen: Was habt ihr euch denn dabei gedacht, dem Entwurf zuzustimmen?

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Das ist Sache der Kontrolle des Parlaments. Ich muss doch fragen: Was habt ihr euch denn dabei gedacht, warum provoziert ihr denn mit, warum lasst ihr euch denn mit in Haftung nehmen für das, was die Westländer wollen, obwohl ihr wisst, dass hier im Osten die Lage für die Armen, für die Minderbemittelten noch prekärer ist? Selbst für die, die im Osten Durchschnittseinkommen haben, ist es schwierig, einen Prozess zu führen. Sie wissen doch selbst: Wegen Baurechtsstreitigkeiten bei einem Eigenheim muss man mit 10 000 bis 15 000 Euro Vorschuss hineingehen, damit man eine Klage zugestellt bekommt. Wer im Osten hat denn das aus der normalen Mittelschicht, wie man so sagt? Es sind nicht nur diejenigen davon betroffen, die im ALG II liegen; auch die, die in dem Bereich sind, haben ein echtes Problem.

Ich sage ganz ehrlich, Herr Kollege Schneider – wir haben kein Problem damit, das zu sagen –: Wir wollen deshalb, dass alles, was in Richtung des Verfolgens eines Denkens geht, den Armen aus landesfiskalischem Interesse noch mehr abzuverlangen, nicht geschieht, und zwar so früh wie möglich; da warte ich nicht, bis das Gesetz verabschiedet wurde, sondern berücksichtige das bereits im Gesetzgebungsverfahren.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Kollege Bräunig und Kollege Schneider – oder hat es nur Prof. Schneider gesagt? –: Die geringen Einkommen, die nur wenig über das Existenzminimum hinausgehen, sind bereits jetzt bei der Bemessung der Rate erfasst. Das wissen Sie doch. Wenn ich heute als jemand, der verdient, zu Gericht gehen will, um meinen Unterhaltsanspruch,

meinen Baurechtsanspruch oder was auch immer zu verfolgen – in der Regel geht es um Familienrecht; 70 % der Prozesskostenbeihilfe des Freistaates Sachsen beziehen sich auf Fälle des Familienrechts –, dann muss ich mich erst einmal „nackig machen“ und mit allem Drum und Dran darlegen, was ich alles habe. Dann berechnet der Richter. Wenn er feststellt, dass du über dem Existenzminimum liegst, dann erlegt er dir Ratenzahlung auf: 50 Euro, 100 Euro oder 150 Euro pro Monat. Nach Ende des Prozesses, noch vier Jahre nach Rechtskraft des Urteils, musst du jedes Jahr eine Erklärung über deine persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse vorlegen, nebst allen Belegen, wiederum ohne jeden Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung, damit erneut berechnet werden kann, ob du höhere oder geringere Raten zahlen musst. Das, was über dem Minimum liegt, musst du ohnehin schon zahlen. Wo soll angesichts dessen noch mehr verfassungskonform abgefasst werden?

Ich bin durchaus der Auffassung, dass es Gründe gibt, die Prozesskostenproblematik anzugehen. Bei der Berücksichtigung dessen, was absetzbar ist, sind Sachen dabei, bei denen einem nichts mehr einfällt! Natürlich halte ich es für völlig unvertretbar, wenn der Antrag gestellt wird, in einem Zivilrechtsstreit Prozesskostenbeihilfe zu gewähren, und der Antragsteller oder die Antragstellerin – ich weiß, wovon ich rede; das kann ich schwarz auf weiß nachvollziehen – noch die Gebühren für den Segelklub absetzen lassen will. Das ist momentan möglich. Das kann doch wohl nicht sein!

Vor dem Familiengericht wurde im vergangenen Monat ein entsprechender Fall verhandelt. Die getrennt lebende Frau eines nicht schlecht verdienenden Anwaltskollegen hat zwei Fitnessstudios und ein eigenes Haus; aber die Fitnessstudios bewegen sich an der Grenze zu den roten Zahlen und das Haus ist auch belastet. Dann kommt ein Antrag auf Prozesskostenbeihilfe: Da bin ich doch auf Ihrer Seite. Genau dieses Problem fassen Sie aber mit dem Gesetzentwurf nicht an; denn hinsichtlich der Absetzbarkeit sind keine Korrekturen vorgesehen. Nach wie vor soll es denkbar sein, dass Gebühren für den Segelklub oder den Golfklub abgesetzt werden. Wenn Sie dagegen auftreten, dann bin ich auf Ihrer Seite. Aber genau das ist in dem Entwurf nicht enthalten.

Es wird behauptet, Einsparungen sollten erreicht werden. Ich halte es schon für schlitzohrig, die Einsparungen gewissermaßen in zwei Richtungen zu denken. Zum Ersten wird mit der „Eintrittsgebühr“ von 50 Euro eine Hürde aufgebaut, mit der Klageanträge abgehalten werden sollen. Zum Zweiten ist angedacht, wegen des erwarteten Rückgangs der Zahl der Klagen im Bereich der Justiz abzubauen. An dieser Stelle werden Sie sich in den Finger schneiden. Ich habe eine Reihe von Richtern gefragt, ob sie mal eine Viertelstunde Zeit hätten, und ihnen den Gesetzentwurf vorgelegt. Bisher prüft der Richter anhand der Aktenlage summarisch, ob Erfolgsaussichten bestehen. Ist das der Fall, geht der Richter in sein Programm – das macht er jeden Tag zigfach – und

prüft, wie es mit der Ratenzahlung aussieht. Das Ergebnis geht ins Schreibbüro und wird zugestellt.

Die Richter haben mir durch die Bank gesagt: Wenn das Modell durchkommt, dass der Richter nur noch die Erfolgsaussicht prüft und der Rechtspfleger dann die Leistungsfähigkeit feststellt bzw. die Prozessraten festlegt, geht das Prüfergebnis des Richters zunächst an das Schreibbüro. Die schriftliche Verfügung landet dann auf dem Transportwagen und ein Mitarbeiter – „Gerichtsdiener“ hätte ich fast gesagt – schafft sie zum Rechtspfleger. Dieser ist vielleicht zwei, drei Tage nicht da. Wenn er wieder da ist, setzt er sich an die Akte und führt die Berechnung aus. Dann kommt es zurück, und wenn von beiden die Unterschriften vorliegen, erfolgt die Zustellung. Das sagen mir die Richter. Sie bezweifeln vehement, dass auf diese Weise große Einsparungen erzielt werden können. Das kann aber gut sein. Vor dem Gespräch mit den Richtern war ich zum Beispiel dafür, dass die Rechtspfleger die Ratenzahlung berechnen und Ähnliches mehr.

Mit anderen Worten: Wir sind auf einer kreuzgefährlichen, verfassungsrechtlich bedenklichen Ebene. Es handelt sich um ein derart hingeschossenes, eindeutig fiskalisch intendiertes Gesetz, sodass ich nicht will, dass der Freistaat Sachsen weiterhin als Sympathisant des Gesetzentwurfs im Bundestag gilt. Deshalb wollen wir die Änderung.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren! Gibt es weiteren Bedarf an der allgemeinen Aussprache? – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Herr Mackenroth, Staatsminister der Justiz, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der Bundesrat hat den Entwurf für ein Gesetz zur Begrenzung der Aufwendungen für die Prozesskostenhilfe von Baden-Württemberg und Niedersachsen, dem Hessen, Nordrhein-Westfalen, SchleswigHolstein und Thüringen beigetreten sind, am 19. Mai beschlossen.

Im Bundestag wurde er bisher weder behandelt noch den Ausschüssen zur Beratung überwiesen. Es ist damit völlig offen, ob und in welcher Fassung der Gesetzentwurf dem Bundesrat zur abschließenden Beschlussfassung wieder vorgestellt wird. Der Antrag zu Ziffer 2 ist schon aus diesem Grund für mich nicht zustimmungsfähig. Es ist offen, ob die Sächsische Staatsregierung dem Gesetzentwurf dann zustimmen wird; denn sie legt ihr Abstimmungsverhalten in diesem wie in allen anderen Fällen in der Sitzung des Kabinetts vor dem abschließenden Bundesratsplenum fest. Erst dann weiß sie, worüber abgestimmt wird.

Dass die Staatsregierung der Einbringung zugestimmt hat, hat Herr Abg. Bräunig, wie ich finde, mehr als plausibel erklärt. Es ist das Signal, dass wir über Prozesskostenhilfe

Was ist mir an dem Entwurf wichtig? Er will erstens die bisherigen Ungleichbehandlungen zwischen PKHEmpfängern und sogenannten Selbstzahlern beseitigen und zweitens die missbräuchliche Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe – so etwas gibt es, das muss man sagen dürfen, ohne dass gleich von Generalverdacht die Rede ist – beschneiden.

insgesamt sprechen müssen. Es ist mitnichten ein Persilschein für irgendwie geartete Einzelregelungen in der Schlussabstimmung.

Gleichwohl möchte ich Folgendes bereits jetzt festhalten: Das Anliegen des Gesetzentwurfs, nämlich der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe zu begegnen und einer verfassungsrechtlich und sachlich nicht gebotenen Schlechterstellung von Prozessparteien ohne Prozesskostenhilfe gegenüber denjenigen mit Prozesskostenhilfe entgegenzuwirken, ist grundsätzlich zu begrüßen. Das tut auch die Bundesregierung in der vom Abg. Bartl zitierten Stellungnahme. Auch Prof. Schneider hat dies, wie ich finde, zu Recht betont.

Nach der derzeitigen Rechtslage sind Rechtsuchende, die PKH erhalten, nämlich in Einzelbereichen ohne verfassungsrechtliche oder sachliche Begründung besser gestellt als solche, die die Verfahrenskosten ohne Hilfe des Staates aus ihrem Einkommen oder Vermögen aufbringen müssen. So haben etwa Kläger und Beklagte, denen PKH mit Ratenzahlung bewilligt worden ist, unabhängig von der Anzahl der Instanzen, höchstens 48 Raten zu zahlen. Danach übernimmt die Staatskasse – damit letztlich der Steuerzahler – noch offene Verfahrenskosten, unabhängig von ihrer Höhe, obwohl eigentlich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse prinzipiell weitere Zahlungen zuließen.

Der Gesetzentwurf zielt nicht darauf ab, wie einige glauben machen wollen, die Prozesskostenhilfe abzuschaffen oder gar das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes außer Kraft zu setzen. Auch in Zukunft wird es finanziell bedürftigen Personen möglich sein, ihr Recht mittels Prozesskostenhilfe einzuklagen oder sich gegen unberechtigt geltend gemachte Ansprüche zur Wehr zu setzen. Das ist verfassungsrechtlich geboten. Daran will niemand etwas ändern. Im Ausgangspunkt bin ich insoweit beim Abg. Bartl und allen anderen Vorrednern. Der Staat verbietet die eigenmächtige, gewaltsame Durchsetzung von Rechten. Also muss er jedermann den Zugang zu den Gerichten ermöglichen. Der Staat hat außerdem zu gewährleisten, dass der Rechtsuchende wegen der dabei anfallenden Kosten sein Existenzminimum nicht antasten muss. Diesen Anforderungen trägt der Gesetzentwurf in vielen Punkten Rechnung. Er sorgt zugleich dafür, dass die knappen öffentlichen Mittel tatsächlich denjenigen zugute kommen, die wirklich bedürftig sind. So wird auch die im Gesetzentwurf vorgesehene neue Ausgestaltung der Einkommensfreibeträge nichts daran ändern, dass Rechtsuchende, die zum Beispiel lediglich über Einkommen in Form von ALG II verfügen, wie bisher Prozesskostenhilfe erhalten, ohne zu irgendeiner Ratenzahlung aus ihrem Einkommen herangezogen zu werden.

Des Weiteren müssen Rechtsuchende, die einen Prozess mit PKH geführt und teilweise obsiegt haben, die in den Verfahren erstrittenen Summen nicht in vollem Umfang zur Deckung der Verfahrenskosten einsetzen. Herangezogen werden kann nur der Teil, um den das neu erworbene Vermögen die geltenden Vermögensfreibeträge übersteigt. Ist der Betrag des Erstrittenen geringer als die Vermögensfreibeträge und sind auch aus dem Einkommen keine Ratenzuzahlungen zu leisten, so fließt das Erstrittene dem Betreffenden ungeschmälert zu. Die Verfahrenskosten – ich wiederhole es – hat die Staatskasse und damit die Gemeinschaft der Steuerzahler zu tragen.

Parteien, die ohne PKH prozessieren, aber nicht in vollem Umfang obsiegt haben, bleibt vom Erstrittenen nur das, was nach dem Abzug der Prozesskosten übrig ist, denn sie müssen – Herr Dr. Martens, Sie wissen das – anteilig ihren Rechtsanwalt und die Gerichtsgebühren bezahlen. Der Gesetzentwurf sieht deshalb zum einen vor, die Begrenzung der Anzahl der zu zahlenden Raten aufzuheben. Hierdurch soll der Charakter der PKH als zinsloses Darlehen hervorgehoben werden. Zum anderen sollen die Begünstigten das Erlangte zur Deckung der Prozesskosten einzusetzen haben, ohne dass die bei der Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgeblichen Vermögensbeträge berücksichtigt werden. Beides halte ich im Gegensatz zu Herrn Bartl für richtig. Es bezweckt eine Angleichung der Positionen der Prozessparteien, denen PKH zu gewähren ist, und der Selbstzahler, die den Rechtsstreit ohne Prozesskostenhilfe führen müssen.

Auch die im Entwurf vorgesehene und hier von der Opposition vielfach kritisierte Gerichtsgebühr für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in Höhe von 50 Euro im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist auf Fälle beschränkt, in denen die Rechtsuchenden zu Ratenzahlungen ab 30 Euro monatlich oder zu Zahlungen aus ihrem Vermögen in der Lage sind und deshalb schon jetzt zu eigenen Beiträgen an den Kosten herangezogen werden. Rechtsuchende, die ein nur geringfügig über den Freibeträgen liegendes Einkommen haben und daher nur geringe Raten auf die Prozesskosten zahlen müssen, werden hiermit ebenso wenig belastet wie Prozessparteien, denen Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt wird.

Meine Damen und Herren! Unabhängig davon, in welcher Form dieser Teil des Gesetzentwurfs wieder in den Bundesrat zurückkommt – einen Verstoß gegen die Verfassung vermag ich darin nicht zu erkennen.

Um einen Missbrauch bei der Inanspruchnahme zu begegnen, soll dem Gericht mit vielen Einzelregelungen ein besseres Aufklärungsinstrumentarium an die Hand gegeben werden. Natürlich will ich verhindern, dass die Prozesskostenhilfe von einigen wenigen missbraucht wird, sie soll wirklich den Bedürftigen zur Verfügung stehen. Dem dient zuletzt auch das im Gesetzentwurf vorgesehene Beschwerderecht der Staatskasse gegen

prozesskostenhilfebewilligende Beschlüsse, das zudem mancher Fehlentwicklung in der Praxis der Prozesskostenhilfe und in deren Vollzug – Herr Bartl hat ein prägnantes Beispiel dafür genannt – entgegenwirken wird.

Zu zwei Aspekten aus der Debatte: Herr Bartl, ich kenne die Stellungnahme der Bundesregierung. Sie haben recht: Sie bezweifelt die von Baden-Württemberg vorgelegten Zahlen. Ich kann Ihnen für den Freistaat Sachsen sagen, dass hier die Ausgaben für Prozesskostenhilfe in fünf Jahren um mehr als 25 % gestiegen sind oder – in absoluten Zahlen –: Während wir 1998 14,5 Millionen Euro hierzu aufzuwenden hatten, waren es 2005 20,5 Millionen Euro. Das nur als absolute Zahl, ohne dass ich mich in Spekulationen über die Ursachen der Steigerungen ergehen will.

Der zweite Punkt: Herr Bartl, ich kenne auch die Stellungnahme des kleinen Berufsverbandes, den Sie zitiert haben: „in erschütternder Weise verfassungswidrig“. Der Deutsche Richterbund hat eine solche Wortwahl, wie ich finde, zu Recht abgelehnt. Wir nehmen es ernst, aber allein der Hinweis auf mögliche Verfassungswidrigkeiten wird den Gesetzgeber nicht in eine Agonie vor solchen Vorwürfen verfallen lassen. Wir könnten dann nämlich jede Gesetzgebungstätigkeit einstellen, wenn nur irgendjemand sagt, dass sie verfassungswidrig sei.

Herr Dr. Martens, Ihr prägnantes Beispiel einer Rentnerin, die gegen 30 Euro Gaspreiserhöhung klagt, ist nicht mutwillig und wird auch nach neuem Recht nicht mutwillig sein. Wir wissen doch beide, dass die Höhe des Streitwertes auf die Frage – Mutwilligkeit oder nicht – keinen Einfluss hat.

(Dr. Jürgen Martens, FDP: Bisher!)

Ich fasse zusammen: Aus meiner Sicht trägt der Gesetzentwurf den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Prozesskostenhilfe Rechnung, sorgt mit einzelnen Detailregelungen dafür, dass die knappen öffentlichen Mittel tatsächlich denjenigen zugute kommen, die bedürftig sind. Die Staatsregierung wird zu gegebener Zeit entscheiden, ob sie auch auf weitere Änderungen am Gesetzentwurf hinwirken und/oder ob sie der vom Bundestag beschlossenen Fassung des Gesetzes zustimmen wird. Bis dahin rate ich der Antragstellerin zur Geduld. Den Antrag der Linksfraktion.PDS halte ich für wenig zielführend, weil er eine Festlegung zu einem Zeitpunkt erstrebt, zu dem die Endfassung des Gesetzes noch nicht feststeht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Danke schön. – Meine Damen und Herren! Erhebt sich Widerspruch, wenn ich zum Schlusswort aufrufe? – Das ist nicht der Fall. Herr Bartl, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister, es ist ja immerhin eine geschickte Verteidigungslinie, die Sie

sich aufgebaut haben. Sie haben gesagt, wir haben zugestimmt, dass der Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht wird, weil wir darüber reden müssen. Also, bei allem Spaß an der Freude, um ein Motiv zu haben, wo der Justizminister sagt, es sind ein paar Dinge enthalten, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Juristen der Bundesregierung solche Pfeifen sind, dass sie hineinschreiben: „verfassungsrechtlich bedenklich“ und es ist nichts daran. Sie schreiben es doch in die Stellungnahme so exzellent und prägnant. Wenn ich diese verfassungsrechtliche Bedenklichkeit auch nur in einem Punkt bei einem Gesetzentwurf habe, der originär in den sensiblen Bereich der Sozialstaatssicherung reicht, dann muss ich als Staatsregierung nach meiner Auffassung frühzeitig sagen: Njet, mit uns nicht!

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Anzumahnen, dass das gründlicher geprüft und der Finanzminister nicht die Deutungshoheit über die Verfassung hat, ist es an der Zeit, darüber zu reden. Wir sind in verfassungsrechtlichen und verfassungsethischen Fragen in einer Zeit des Sittenverfalls.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Hier wird mit einer Großspurigkeit über Problemlagen hinweggeredet, wenn expressis verbis Juristen der Bundesregierung sagen: verfassungsrechtlich bedenklich, gravierende Bedenken. Das wäre vor zehn Jahren undenkbar gewesen. Da hat man in diesen Sälen die Verfassung und das Grundgesetz und dessen Bedeutung rauf- und runtergefeiert. Das zählt heute alles nicht mehr. Das ist unser erstes prinzipielles Problem.

Das zweite Problem ist: Die Zahlen, die Sie als Basismaterial haben, auch die Sie selbst gebracht haben und auch die in der Antwort auf die Kleine Anfrage meines Kollegen Dr. Pellmann, machen deutlich, dass wir tatsächlich von 15 Millionen Euro 2001 auf 20 Millionen Euro 2005 gekommen sind. Da sind eben, wie Kollege Lichdi und Herr Dr. Martens sagten, die Konsequenzen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes enthalten. Da ist auch die Angleichung der Sätze bei den Anwälten, die ja über Jahre erst einmal 15 %, dann 10 % weniger hatten, zu betrachten, die an die westdeutschen Anwälte angeglichen sind. Das ist bei uns mit enthalten. Jeder Familienrichter, der die 70 % der PKH in Anspruch nimmt, sagt, ich habe nicht mehr Anträge auf PKH. Ich habe teilweise eben mehr Ausgaben, weil ich den Anwälten mehr geben muss. Ich will die Basismaterialien erst berechnet haben, bevor ich einen solchen Schnellschuss mache.

Schließlich will ich darauf hinweisen: Nach eigenen Angaben aus dieser Antwort sind 80 % der Anträge auf PKH-Gewährung wegen fehlender Erfolgsaussicht gescheitert. Das betrifft die Fachgerichtsbarkeit. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit, Familienrecht etc., sind zu 50 % bis 85 % aus Gründen fehlender Erfolgsaussicht gescheitert. Eine richterliche Prüfung des Kriteriums „mutwillig“ und des Kriteriums „Erfolgsaussicht“ ist

Meine Damen und Herren! Das war das Schlusswort der einreichenden Fraktion. Ich stelle jetzt die Drucksache 4/6243 zur Abstimmung. Wer zustimmen möchte, melde sich jetzt bitte. – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und einer großen Anzahl von Dafür-Stimmen ist die Drucksache doch mehrheitlich abgelehnt. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet, meine Damen und Herren.

offensichtlich hinreichend intensiv, dass ich hier Missbrauchsfälle, die es immer geben wird, nur marginal sehe.

Herr Bartl, bitte zum Schluss kommen.