Protokoll der Sitzung vom 11.10.2006

Ich habe vorhin über Forschung und Entwicklung gesprochen. Dort haben wir im Bereich Energie einiges zu bieten. Derzeit bleiben wir jedoch in Sachsen in der solaren Forschung weit hinter unseren Möglichkeiten zurück. Von den Forschungsgeldern der öffentlichen Hand fließt im Freistaat der größte Teil in Richtung Braunkohlenenergieforschung, und dort wiederum in die Forschung

über die Abtrennung von Kohlendioxid im Kraftwerksprozess.

Ich möchte unsere neue Staatsministerin für Wissenschaft bei dieser Gelegenheit direkt ansprechen – es wird ihr ja übermittelt werden –: Sehr geehrte Frau Staatsministerin, sehen Sie nicht auch die Notwendigkeit, die sächsischen Potenziale stärker in Richtung erneuerbarer Energien zu lenken? Denken Sie nicht auch, dass ein milliardenschweres Unternehmen wie Vattenfall eine Forschung, die ausschließlich diesem Unternehmen zugute kommt, auch ein Stück weit selbst bezahlen kann und sollte?

Meine Damen und Herren! Angesichts unserer knapper werdenden Mittel müssen wir genau hinschauen, wofür wir unsere Fördermittel ausgeben. Es gibt wohl keinen Menschen in diesem Haus, der bestreiten wird, dass den erneuerbaren Energien – und besonders der Solarwirtschaft – die Zukunft gehört. Wir im Freistaat Sachsen profitieren von einer Entwicklung, die mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz angeschoben wurde und jetzt in einem weltweiten Boom mündet. Es liegt auch ein Stück in unserer Hand, den Freistaat Sachsen und vielleicht sogar die Region Mitteldeutschland als Zentrum einer Zukunftsindustrie zu profilieren. Wir sollten nichts unversucht lassen, weiter nach vorn zu kommen, mehr Arbeitsplätze zu schaffen, bei den Innovationen weltweit ganz vorn zu stehen und damit langfristig die Wertschöpfung in unserer Heimat zu sichern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Antrag beschränkt sich auf einen Satz und gibt der Staatsregierung damit alle Möglichkeiten, diese Initiative mit Leben zu erfüllen. Der Bedarf an Kooperation, an gemeinsamer Forschung und Entwicklung ist vorhanden. Ob wir zusätzliche Haushaltsmittel benötigen, möge die Staatsregierung prüfen und bei den Beratungen zum Haushalt hier im Landtag näher ausführen.

Meine Damen und Herren! Mit dem bisher Erreichten in der Solarwirtschaft eröffnet sich für den Freistaat Sachsen eine große Chance. Lassen Sie uns diese gemeinsam nutzen!

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Danke schön. – Herr Lehmann spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung angesichts der aktuellen Energiedebatte. Das wird meine Ausführungen am Freitag entsprechend kürzen.

Wir sind gegenwärtig Zeugen eines weiteren Aktes des energiepolitischen Verwirrspieles. Alle beteiligten Spieler überbieten sich mit Vorschlägen zur Verringerung der Energiepreise, aber kein einziger ist bereit, selbst etwas für dieses Ziel zu tun. Jeweils die andere Seite soll den ersten Schritt tun. In Wahrheit aber arbeiten alle daran, die Energie weiter zu verteuern, allen voran die GRÜNEN;

denen rechne ich zu, dass sie dazu stehen. Für sie ist nur teure Energie eine gute Energie.

Für die großen Rohstofflieferanten in Nahost und in Russland ist die gegenwärtige Entwicklung die Lizenz zum Gelddrucken.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Sie werden nicht nachlassen, permanent die Schmerzgrenze der Konsumenten auszutesten. Vor wenigen Jahren lag der Preis pro Barrel Rohöl noch bei unter 30 Dollar, heute kann man von einem Schnäppchen sprechen, wenn man ihn für das Doppelte bekommt. Die großen Stromerzeuger und Energieverteiler wollen dabei ebenso wenig nachstehen wie die kommunalen Stadtwerke. Selbst die Kommunen streichen gern die steigenden Konzessionsgebühren für die Stromdurchleitung ein und die große Politik: Mineralölsteuer, Ökosteuer, Mehrwertsteuer, das Stromeinspeisegesetz und die künstliche Ressourcenverknappung durch den Atomausstieg.

Den Oberexperten ist es auch nicht zu dumm, sich am letzten Sonntag zu Sabine Christiansen zu setzen und im Fernsehen eine Show abzuziehen, die hieß: „Haltet den Dieb!“.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Am Ende ist die EU an allem schuld und sind es die Allerschwächsten im Klub der Mächtigen, die Landeswirtschaftsminister. – Ich möchte hier ausdrücklich Herrn Minister Jurk in Schutz nehmen. – Von Ihnen werden lautstark Wunder verlangt. Sie sind aber weder Rohstofflieferant noch Energieverteiler, noch Steuergesetzgeber, noch Stadtwerkseigner. Ich unterstelle einmal, dass die Kanzlerin intellektuell in der Lage wäre, Lösungsvorschläge zu unterbreiten, schließlich hat sie ja einmal etwas Gescheites gelernt. Stichworte wären echter und mehr Wettbewerb, Beendigung der künstlichen Verknappungspolitik und noch stärkeres Forschungsengagement in den Energietechnologien. Leider fehlen der Kanzlerin in dieser Frage die Mehrheiten.

Von Gabriel ist kaum etwas zu erwarten, er beherrscht vermutlich nicht einmal das ohmsche Gesetz und weiß nichts Besseres, als den grünen Irrwegen der Vorgängerregierung weiter zu folgen. Den sächsischen GRÜNEN ist natürlich jeder Irrweg recht. Gut ist, was die Energie, im konkreten Fall den Strom, teuer macht. Darum greifen sie tapfer ausgerechnet die teuerste unter den regenerativen Energien heraus, um sie besonders zu pushen. Womit? Natürlich mit einem Netzwerk. Nichts gegen Netzwerke. Ich habe vorgestern mit dem Geschäftsführer der Neusalza-Spremberger Firma Plastic-Concept gesprochen. Er war voll des Lobes – Herr Weichert, Sie haben das zu erwähnen vergessen – über das ostsächsische Netzwerk Kunststofftechnologie. Warum? Weil es nach reiflicher Überlegung von unten gewachsen ist und nicht von oben verordnet wurde.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Lichdi?

Wenn ihn das weiterbringt, gern.

Herr Lichdi, bitte.

Herr Kollege Lehmann, bei Ihren Ausführungen wird mir immer ganz mulmig.

(Heiterkeit bei der Linksfraktion.PDS)

Ich möchte Sie fragen, ob Sie sich über die 2 000 Arbeitsplätze in der sächsischen Solarwirtschaft freuen – ja oder nein?

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Selbstverständlich, ich hätte gern 4 000. Herr Lichdi, Sie sollten nicht Ihren ideologischen Vorprägungen folgen, sondern Sie müssten einmal abwarten, bis ich zum Punkt komme.

(Lachen bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Die GRÜNEN fordern, dass der Sächsische Landtag ein Solarenergienetzwerk von ganz oben beschließt. Das ist schon unter strategischen Gesichtspunkten schlecht. Es sollen nur die Solarthermie- und die Fotovoltaiktechnologien sein. Es sollen nicht die Biomassetechnologien, nicht die energetischen Abfallausbeutungstechnologien, nicht die Erdwärme- und nicht die Windkraftnutzungstechnologien,

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

nicht die effektive Ausnutzung der Wasserkraft und auch die Energieeinsparungstechnologien sein.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Lieber Herr Weichert – schade, dass Sie derjenige sind, den ich ansprechen muss –: Das ist zu kurz gesprungen. Wir haben im Haushalt 2007/2008, wie Sie richtig gesagt haben, in Kapitel 07 03 den Komplex Netzwerke, Verbundinitiativen und Regionalmanagement eingestellt, in dem bereits das erwähnte strategische Netzwerk RENERTEC fest eingeplant ist, nämlich ein Netzwerk, das erneuerbare Energietechnologien in seiner Gesamtheit fördern soll. Der Tenor lautet: Industrie und Gewerbe sollen in die Lage versetzt werden, vom weltweiten Wachstumsmarkt im Bereich der Erneuerbare-EnergienTechnologien zu partizipieren. Dazu sollen die Potenziale in Sachsen ermittelt, die Märkte analysiert, geeignete Entwicklungsstrategien erarbeitet und die Kapazitäten in Forschung und Entwicklung für Industrie und Gewerbe gebündelt werden. Schließlich sollen zu aussichtsreichen Projekten sogenannte operative Netzwerke angeregt und für die KMU über die Mittelstandsförderung finanziert werden. – So weit der Vorschlag. Ich denke, das könnte funktionieren, vom Inhalt wie von der Form her.

Technologieentwicklung kann unter realen Bedingungen kein Selbstzweck sein. Auch hierbei ist wichtig, was unten herauskommt im Dreiklang Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit. Für uns ist

nicht das gut, was den Strom teuer macht, sondern für uns ist das wichtig, was dem Freistaat Sachsen am meisten nutzt, den Haushaltskunden wie auch den sächsischen Firmen. Es kann nur ein Prozess von try and error sein. Die Schönwetterpolitiker der GRÜNEN setzen auf die Schönwettertechnologien Fotovoltaik und Solarthermie.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Ja, das tun wir und wir sind stolz darauf!)

Wir tragen Regierungsverantwortung. Von uns erwarten die Menschen bei allen Wetterlagen akzeptable Angebote. Daher werden wir Ihren eng geführten Antrag ablehnen und unsere eigene Strategie konsequent auch im Haushalt verfolgen. Vielleicht leisten wir damit einen kleinen Beitrag zur Auflösung des energiepolitischen Verwirrspiels in Deutschland.

(Beifall bei der CDU)

Für die Linksfraktion.PDS spricht Frau Dr. Runge. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich gefreut, dass Herr Lehmann zum Schluss seiner Rede doch noch auf das Thema des Antrages zu sprechen gekommen ist.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Ich dachte, wo redet er sich denn hin? Spricht er etwa zum NPD-Antrag „Strompreisentwicklung“, der am Freitag auf der Tagesordnung steht?

Herr Lehmann, Ihre zum Teil sehr an konventioneller Energiewirtschaft orientierte Rede und Haltung ist in diesem Landtag in der Tat bekannt. Ich will auch nicht verhehlen, dass neue Akzente durch den neuen Wirtschaftsminister und den neuen Umweltminister – vielleicht in Kooperation – im Haushaltsplan gesetzt wurden, die durchaus zukunftsweisend sind und die ich loben und positiv hervorheben möchte.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Aber eines steht fest: Es ist richtig, dass die Solarenergie eine besonders boomende Wachstumsindustrie ist. Dazu hat – das hat Herr Weichert sehr richtig hervorgehoben – das Gesetz über erneuerbare Energien seinen Beitrag geleistet, indem es erfolgreich solche Rahmenbedingungen gesetzt hat, nämlich die Förderung über die Verbraucherpreise, um einen solchen Wachstumsmarkt zu ermöglichen und technologische Innovation zu fördern. Sachsen liegt in diesem Bereich, was Innovation innerhalb der Solartechnologie anbetrifft, mit an der Spitze. Gott sei Dank engagiert sich die Sachsen LB im Bereich erneuerbare Energien und in der Solarindustrie in hervorragender Art und Weise. Herr Lehmann, vielleicht haben Sie noch nicht zur Kenntnis genommen, was die Bank des Freistaates Sachsen in diesem Bereich leistet.

Insofern ist die Idee, eine Verbundinitiative zu schaffen, eine richtige Idee. Klar ist aber auch, dass man eine solche Verbundinitiative nicht von der Regierung dekretieren kann,

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Richtig!)

sondern dass man durch geschickte Moderation die Unternehmen bewegen kann, sich in einer solchen Verbundinitiative zusammenzufinden, um sozusagen schlagkräftig und gebündelt mit dem Vorsprung, den wir im Technologiebereich haben, zu powern, weil das mittlerweile eine sehr exportträchtige, zukunftsfähige Branche ist.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Gott sei Dank wächst die Nachfrage weltweit. Aber man muss auch aufpassen, Herr Weichert, dass man nicht überfördert. Ich denke, dass das EEG im Bereich der Solarenergie und der erneuerbaren Energie sehr gute Förderbedingungen hergestellt hat. Stärkere Förderung müsste es, wie ich glaube, im Sektor der Markteinführung geben, dort, wo bei privaten Haushalten, aber auch durch das Förderprogramm, das für die KMU aufgelegt wird, durchaus auch die Nachfragesituation zur Markteinführung solcher alternativen Energietechnologien auf jeden Fall gestärkt wird. Da muss man weiter fördern, ganz ohne Zweifel.

Sachsen steht auch, was die Forschung angeht, bundesweit und international nicht schlecht da. Das FraunhoferInstitut, das Ardenne-Institut, das jetzt die Dünnschichttechnologie entwickelt hat, das Institut für Energetik und, sollte es endlich nach Leipzig kommen, das Biomassezentrum gemeinsam mit dem Institut für Energetik in Leipzig, die Freiberger Akademie und was rundherum in den Unternehmen bereits an Forschungskapazität aufgebaut worden ist, all das ist ein Riesenpfund.

Aber wir müssen beachten, dass mittlerweile auch dieser Industriebereich in China boomt. Wir haben mit China ein Wahnsinnsproblem, dass Technologien abgekupfert werden. Insofern ist es dringend geboten, China in die Welthandelsorganisation aufzunehmen, damit China den gleichen Regeln und Bedingungen des internationalen Waren- und Handelsverkehrs wie die anderen Länder ausgesetzt wird. Ansonsten werden wir ganz schnell auch die Technologien los sein, in die wir über Forschung und Innovation sehr viel Geld investiert haben. Das ist nicht nur beim Transrapid ein Problem, sondern es ist generell mit China ein Problem. Von daher also international ackern, um die Durchsetzung der Regeln im internationalen Waren- und Handelsverkehr zu erreichen.