Natürlich könnte man sagen, ein Großteil der Versicherten ist bei der AOK versichert – das ist wohl richtig –, aber die haben am meisten damit zu kämpfen, dass die Morbidität der Versicherten relativ hoch ist. Es ist Bestandteil dieses Kompromisses, dass dies für die Zukunft Berücksichtigung findet. Das bringt für uns in den neuen Bundesländern durchaus einen Vorteil, weil Geld der jeweiligen Kassen herüber zu uns in die neuen Bundesländer, in die jeweiligen Kassen und Kassensysteme geschaufelt wird, um dies ausgleichen zu können. Das ist ganz klar und das muss man als Vorteil betrachten.
Es war schon in der letzten Debatte so, dass von Ihnen nur das vorgetragen wird, was aus Ihrer Sicht zu bemängeln ist. Es gibt aber vieles sehr Positives,
dass zum Beispiel die Apotheken vereinzelte Packungen abgeben können, dass Medikamente zurückgegeben und diese wieder ausgereicht werden können. Das sind Dinge, mit denen wir hausieren gehen können.
Genauso geht es darum, dass die jeweiligen Budgets, was den ambulanten, den stationären und den Reha-Bereich betrifft, und die anschließende Pflege viel besser miteinander vernetzt werden und dass das in Gesetzesform gebracht wird. Das bringt dem Patienten riesengroße Vorteile, weil er gesamtheitlich betrachtet wird, und das wollten wir doch schon lange. Vieles stand dem entgegen, eben gerade die Sektoralisierung der Budgets. Die werden nicht ganz aufgebrochen, aber zum Großteil werden bestimmte Dinge ineinander verzahnt und viel besser aufeinander abgestimmt. Wenn es einmal in Gesetzesform gebracht worden ist, dann werden sich auch die jeweiligen Leistungserbringer daran halten müssen – zum Vorteil der Patienten.
Ich möchte es Ihnen noch einmal verdeutlichen: Im Rahmen dieser Reform des Gesundheitssystems werden keine Leistungsausgrenzungen und -abschmelzungen durchgeführt. Zuzahlungen werden nicht erhöht. Die Kinder – das ist gesamtdeutsch zu betrachten – sind weiterhin familienversichert. In welchen anderen europäischen Ländern ist das der Fall? Die Familienversicherung unserer Kinder in den gesetzlichen Kassen ist ein hohes Gut, das wir uns erhalten sollten.
Wir stehen zu dieser Reform – mit allem Für und Wider –, weil sie ein richtiger und notwendiger Schritt nach vorn ist.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke schon, dass jetzt die Weichen gestellt werden müssen, um 2009 zu einer Reform zu kommen; denn dass es eine geben muss, ich glaube, dem widerspricht auch nicht die Antrag stellende Fraktion. Aber sicherlich sind noch nicht alle „Risiken und Nebenwirkungen“ abschließend zu beurteilen. Vieles bewegt sich im Reich der Spekulation.
Herr Pellmann, wir leben in einer offenen Demokratie. Da wird vieles auf dem Markt der Öffentlichkeit ausgetragen. Es wird nicht hinter verschlossenen Türen diskutiert und dann verkündet. Damit müssen wir leben.
„Die Haltung der Sächsischen Staatsregierung …“ ist der Titel der von Ihnen beantragten Debatte. Ich nehme trotzdem an, dass Sie auch an der Meinung der SPDFraktion interessiert sind. Sicherlich kann es keine end
Es ist wohl so, dass es mit der sächsischen IKK und der AOK Probleme geben wird. Aus unserer Sicht darf es in den nächsten Jahren nicht zu einer Beitragsexplosion kommen. Wir müssen deswegen vielleicht doch noch über einige Instrumentarien reden.
Wir als SPD haben uns einen Fonds gewünscht, für den auch die privaten Krankenversicherungen einen Beitrag leisten und für den es einen höheren Steuerausgleich geben sollte.
Aber wir begrüßen, dass zeitgleich mit dem Fonds der neue morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich eingeführt wird. Das war noch strittig. Dass die Einführung zum gleichen Zeitpunkt erfolgt, ist sehr zu begrüßen.
Wir begrüßen es grundsätzlich, dass alle Bürgerinnen und Bürger krankenversichert sind. Niemand kann aus irgendwelchen Gründen plötzlich ohne Krankenversicherungsschutz dastehen. Strukturveränderungen werden zu mehr Wettbewerb und zu einer besseren Versorgung von Patientinnen und Patienten führen. So werden die integrierte Versorgung gestärkt, Hausarztmodelle ausgebaut und die Gründung von medizinischen Versorgungszentren gefördert. Impfungen, geriatrische Rehabilitation und Eltern-Kind-Kuren müssen jetzt alle Kassen bezahlen. Es gibt also keine Einschränkungen im GKV-Leistungskatalog. Das ist für die SPD sehr wichtig.
Auch im System selbst sind Einsparungen vorgesehen. Details müssen noch geklärt werden, etwa 1 % bei den Krankenhäusern und 500 Millionen Euro bei den Apotheken. Die Einführung einer Kosten-Nutzen-Analyse und von Höchstabgabepreisen für festbetragsfreie Arzneimittel wird ein wichtiger Fortschritt sein. Durch den Fonds wird es einen hundertprozentigen Finanzausgleich und einen zielgenaueren Ausgleich nach altersmäßigen und krankheitsorientierten Kriterien geben, was im Übrigen, Herr Kollege Pellmann, besonders den neuen Ländern zugute kommt.
Eine wesentliche Verbesserung wird es im Bereich der Arzthonorare geben. Die Budgetierung wird abgeschafft, die Gebührenverordnung bundeseinheitlich und transparenter. Es wird eine morbiditätsbedingte Gesamtvergütung erfolgen. Der bisher floatende Punktwert wird durch feste Preise für Leistungskomplexe ersetzt.
Auch ganz wichtig: Der weitgehend durch die Kassenärztliche Vereinigung festgesetzte bisherige Honorarverteilungsvertrag auf einzelne Arztgruppen entfällt.
Der Unterversorgung soll entgegengewirkt werden. Geplant sind Zu- bzw. Abschläge für Unter- bzw. Überversorgung. Das ist für Sachsen zukünftig ein ganz wichtiges Instrument.
Es wird zu mehr Fusionen von Krankenkassen kommen. Das haben auch Sie immer gefordert. Aber ob wirklich
Es ist auch keine Jubelveranstaltung, die uns mit dieser Reform bevorsteht. Betrachten wir das Medienecho – einige wenige ausgenommen, die versuchen, Dinge sachlich darzustellen –, könnte man meinen, alles sei blanker Unsinn. Ich habe versucht, sinnvolle Elemente zu benennen
dann haben Sie nicht zugehört, Kollege Günther –, die weniger wahrgenommen werden. Wir, die sächsische SPD, werden den Gesetzgebungsprozess aufmerksam und kritisch begleiten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der vergangenen Woche hat sich die Große Koalition in Berlin nach ihrem wochenlangen Streit in einer nächtlichen Sitzung auf ein gemeinsames Vorgehen in der sogenannten Gesundheitsreform einigen können. Die Katze ist also aus dem Sack. Nun wissen wir, was dem Bürger spätestens ab dem 1. Januar 2009 zugemutet werden soll.
Vertrat die SPD im Bundestagswahlkampf noch halbherzig das Konzept der Bürgerversicherung, so war in den dann folgenden Kompromissverhandlungen mit dem Koalitionspartner CDU/CSU davon nichts mehr zu spüren. Dies darf sicherlich nicht weiter verwundern, da es doch die SPD war, welche schon im Jahr 2004 mit dem sogenannten Gesundheitsmodernisierungsgesetz die Axt an die bisher paritätisch organisierte Krankenversicherung legte. Insbesondere wurden schon damals tragende Säulen der bisherigen gesetzlichen Krankenversicherung zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Lande abgetragen. Verletzt werden drei – zumindest aus unserer Sicht – unabdingbare Prinzipien:
Erstens. Verletzt wird das Prinzip der Solidarität, hier vor allem durch die Praxisgebühr, die erhöhten Zuzahlungen für Kranke, insbesondere auch für Empfänger von Sozialhilfe oder ALG II und Niedrigstrenten, welche bis dahin freigestellt waren.
Zweitens wird das Prinzip der Parität verletzt. Hier nahm man wieder einmal die einseitige Entlastung der Arbeitgeber vor, welche von ihrem Anteil an den Kosten für Zahnersatz und Krankengeld befreit wurden. Im Übrigen stellten selbst die Zuzahlungen für Medikamente durch den Patienten eine indirekte Entlastung der Arbeitgeber dar, weil hier der Beitragsanteil einfach durch diese Zuzahlung verschoben wurde.
Drittens wird der Leistungskatalog der GKV nicht erhalten. Ich spiele hier vor allem auf die Herausnahme medizinisch notwendiger Leistungen wie Zahnersatz, Brillen und diverser Arzneimittel aus dem Leistungskatalog an.
Ein besonderes Präsent an Arbeitgeber, FDP und CDU war jedoch die Einfügung des § 191 in das SGB V. Mit diesem wird die weitere Privatisierung von Krankheitsrisiken erleichtert. Die Streichung medizinisch notwendiger Leistungen aus dem Leistungskatalog der Kassen und deren Ersatz durch private Zusatzversicherungen nach den Regeln der PKV wird dadurch erst möglich. Ich erwähne dies hier, weil ich in Erinnerung rufen möchte, dass der Angriff auf die solidarische Krankenversicherung schon viel früher begonnen hat als mit dem Kompromiss jetzt.
Im Gesundheitskompromiss – von „Reform“ kann man hier wahrlich nicht reden, da dies zumindest nach unserem Verständnis voraussetzt, dass sich etwas für die Bürgerinnen und Bürger verbessert – wurde das Kernstück der Bürgerversicherung, nämlich die Einbeziehung aller Bürger, also auch der Beamten und der privat Versicherten, sowie aller Nebeneinkünfte in die GKV aufgegeben. Die Zweiklassenmedizin bleibt damit erhalten. Die private Krankenversicherung wird sogar noch durch die Steuerfinanzierung der Kosten für die Kinderversicherung gefördert. Sowohl CDU/CSU als auch SPD versprachen die weitere Senkung der Beiträge zur GKV und die Erhaltung des Leistungskataloges. Stattdessen werden die Beiträge schon ab 2007 um 0,5, wahrscheinlich aber um bis zu 0,8 % erhöht, um 3,7 Milliarden Euro Schulden der Kassen und den Ausfall des Zuschusses des Bundes aus der Tabaksteuer auszugleichen. In den PKVs sollen bei bestimmten, vor allem jüngeren Mitgliedern sogar Beitragssteigerungen um bis zu 36 % errechnet worden sein.
Insgesamt erfahren schon heute die Eckpunkte des Gesundheitskompromisses sowie ein Arbeitsentwurf des Gesundheitsministeriums eine vernichtende Bewertung durch gesetzliche und private Krankenkassenverbände, durch Ärztekammern, Krankenhausgesellschaft, Marburger Bund, Apothekerverbände und Gesundheitspolitikexperten, aber auch durch Arbeitgebervertreter und Gewerkschaften, alle Oppositionsparteien und selbst durch Politiker der Koalitionsparteien – bei der CDU übrigens auch durch deren Ministerpräsidentenriege.
Ablehnung und Kritik haben sicherlich verschiedene Gründe. Für die Arbeitgeberseite und die ihnen nahestehenden Parteien und Organisationen geht die Auflösung der solidarischen und paritätischen Struktur der GKV nicht weit genug. Für die andere Seite, zu der wir uns auch selbst zählen, ist die im Kompromiss sichtbare Verschiebung zu weniger Parität und Solidarität nicht hinnehmbar.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen von der Linksfraktion, warum sprechen wir heute über die Haltung der Staatsregierung und nicht über Inhalte der
Wir, die FDP-Fraktion, hatten zu den Auswirkungen der Gesundheitsreform auf den Freistaat Sachsen bereits im Juli die Aktuelle Debatte beantragt und es gab eine gute Diskussion. Wie ich heute bemerke, wiederholen sich einige Argumente und Inhalte aus unserem Bereich, den wir im Juli bereits benannt hatten.