Protokoll der Sitzung vom 12.10.2006

Das ist mir völlig klar geworden bei der Anhörung, die wir vor zwei Wochen hatten. Dort hat der Vertreter aus Baden-Württemberg, auf das man sich des Öfteren als positives Beispiel bezieht, klar ausgeführt, wie in BadenWürttemberg diese viel gerühmte Effizienzrendite zustande gekommen ist. Um den Sparzwang bei den Kreisen durchzusetzen, kürzt das Land dort jährlich stufenweise seine Überweisungen, bis diese Effizienzrendite von 20 % erreicht ist. Mit dem einbehaltenen Geld wird dann der Landeshaushalt saniert und die Kommunen haben den Mehraufwand.

(Beifall der Abg. Dr. Cornelia Ernst und Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS)

Ich zitiere aus dem Protokoll vom 28. September 2006. Herr Jochimsen aus dem Innenministerium BadenWürttemberg sagte:

„Die laufenden Kosten werden den Kreisen durch pauschale Zuweisungen erstattet … Der Zuweisungsbetrag an die Kreise pauschal beträgt im Land derzeit 330 Millionen Euro im Jahr. Hiervon wird die berühmte Effizienzrendite abgezogen. Das heißt, das Land kürzt diesen Pauschalbe

trag bis 2011 um 20 % … Das begann im Jahre 2005 mit 2 %, ab 2006 mit Dreiprozentschritten bis in das Jahr 2011. Zu Deutsch: Die Kreise erhalten, wie gesagt, weniger Geld und müssen sehen, wo sie diese Einsparungsmöglichkeiten erwirtschaften. Das war auch kein Diktat des Landes, sondern wurde mit den kommunalen Landesverbänden einvernehmlich ausgehandelt“.

Ich kann Ihnen nur sagen: Das sind keine guten Aussichten für die Kommunen. Es ist für mich völlig unverständlich, wieso sich der Landkreistag auf dieses Spiel einlassen kann, nachdem er noch vor einem Jahr auf dem Landkreistag in Burgstädt überhaupt keine Reform haben wollte. Ich muss offen sagen: Der Landkreistag macht keine gute Interessenvertretung für seine Kommunen.

Die Staatsregierung arbeitet ohne nachvollziehbare Datengrundlage. Dem Parlament hat sie diese Datengrundlage jedenfalls noch nicht zugänglich gemacht. Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass die Staatsregierung gar keine Datengrundlage hat. Die Expertenkommission hat jedenfalls keine Erhebungen angestellt. Herr Prof. Sponer hat das in der Anhörung auf meine Anfrage nach der Berechnung der Effizienzrendite für Bündelung und Kommunalisierung offen zugegeben. Ich zitiere wiederum aus dem Protokoll des Innenausschusses Herrn Prof. Sponer: „Wir konnten sie so detailliert aus Zeitgründen gar nicht anstellen.“

Damit hat er natürlich recht und ich werfe das Herrn Prof. Sponer auch nicht vor, aber Sie haben diese Berechnung nicht nachgeholt. Das ist der springende Punkt. Wir halten das für einen Offenbarungseid. Jetzt kommt es natürlich zum Schwur, weil Sie es den Bediensteten und auch uns erklären müssen, wo diese Effizienzrendite herauskommen soll.

Nach der Vorstellung der Staatsregierung sollen die Kommunen den Schwarzen Peter erhalten und das Personal selbst abbauen. Sie haben dann noch den Ärger mit den Beschäftigten und die Staatsregierung ist fein raus, weil sie ihre Abbauziele auf Kosten Dritter erreicht. Die geplante Verwaltungsreform wird so zum finanziellen Misserfolg der Städte und Landkreise werden, wenn die Rechnung mit der Effizienzrendite nicht aufgeht und die Kreise mit den für die Verwaltungsreform vom Land zur Verfügung gestellten Geldern nicht auskommen werden, weil sich die vorgesehenen Einsparungen nicht so leicht erreichen lassen werden.

Die Kreise werden die finanziellen Mittel dann aus anderen Posten des Kreishaushaltes abschöpfen müssen oder die Kreisumlage erhöhen.

Die von der Staatsregierung angestrebten Regelungen zur Besitzstandswahrung für die übergehenden Mitarbeiter werden langfristig nichts nützen. Das sage ich ausdrücklich in Richtung der Linksfraktion.PDS und der SPDFraktion. Ich glaube, Sie versprechen den Mitarbeitern Dinge, die Sie nicht werden halten können. Natürlich ist es so, dass solche Regelungen wünschenswert und richtig sind. Sie wissen aber auch, dass diese Regelungen schon aus verfassungsrechtlichen und rechtlichen Gründen

zwingend notwendig vorzusehen sind. Was passiert denn, wenn die übergegangenen Mitarbeiter von den klammen Kreisen vor die Alternative gestellt werden, eine Angleichung an die Kommunalbediensteten zu akzeptieren oder ihren Job zu verlieren? Ich sage Ihnen, dann werden alle Besitzstandsregelungen, die auch festgeschrieben werden, im Zuge der Kommunalisierung nichts nützen.

Nun zu den einzelnen Anträgen. Wir stimmen mit dem Anliegen überein, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Prozess des Personalübergangs beteiligt werden müssen. Insoweit stimmen wir auch der Kritik, die von den Antragstellern geäußert wurde, ausdrücklich zu.

Wir werden dem Antrag der Linksfraktion.PDS allerdings nicht zustimmen, da er aus unserer Sicht widersprüchlich ist und, wie gesagt, den Leuten zu viel verspricht. Der Antrag der Linksfraktion.PDS ist nicht zielführend und trägt nach unserer Auffassung auch nicht zu einer nachvollziehbaren Konzeptionierung der Verwaltungsreform bei.

Dem Berichtsantrag der FDP werden wir zustimmen. Wir würden auch gern etwas über die aufgeführten Punkte erfahren. Wenn die Staatsregierung, wie angekündigt, bis zum 15. Oktober über ihr Personalübergangskonzept entscheiden will und wenn, wie Herr Brangs gesagt hat, am 1. November der Lenkungsausschuss tagt, dürfte es ein Leichtes sein, bis zum 31. Oktober dem Landtag diesen Bericht zuzuleiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der FDP)

Vorerst liegen von den Fraktionen keine Meldungen zur Diskussion mehr vor. Es spricht Herr Staatsminister Dr. Buttolo.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich auf den Antrag der Linksfraktion.PDS eingehen. Herr Friedrich, Sie kennen die Vorgehensweise bei dieser Funktional- und Verwaltungsreform sehr genau. Sie wissen, dass die Staatsregierung den Vorschlag eingebracht und auch mit den Spitzenverbänden einvernehmlich beschlossen hat, einen Lenkungsausschuss zu installieren, in dem neben Vertretern der Staatsregierung die kommunalen Spitzenverbände, aber auch die Koalitionsparteien mitarbeiten.

(Dr. Michael Friedrich, Linksfraktion.PDS: Das ist eine Zumutung!)

Ich möchte dazu weitere Ausführungen machen und dabei werden Sie sehen, dass das keine Zumutung ist, sondern ein ganz normales, faires Verfahren.

Wir haben unmittelbar nach den Beratungen des Lenkungsausschusses den Innenausschuss über die Ergebnisse informiert.

(Zuruf des Abg. Dr. Michael Friedrich, Linksfraktion.PDS)

Ja, Herr Dr. Friedrich, der abweichende Standpunkt, den wir haben, ist eben der, dass ich erst dann gewillt bin, etwas zu berichten, wenn tatsächlich Klarheit über diese Informationen besteht. Es hat keinen Sinn, mit Arbeitsständen in eine Diskussion nach außen zu treten und damit eigentlich nur eines zu erreichen, nämlich das gesamte Vorhaben auszubremsen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Das wollen wir nicht und ich glaube, unsere bisherige Vorgehensweise bestärkt uns in der Überzeugung, dass wir einen richtigen Weg eingeschlagen haben.

In der Tat hat die Stabsstelle für Verwaltungsreform inzwischen die Gesetzentwürfe erarbeitet, die regeln sollen, wie die Aufgaben von der staatlichen Seite rechtlich auf die kommunale Ebene zu übertragen sind. Natürlich ist es richtig, dass wir verbindliche Rahmenbedingungen für den Personalübergang brauchen. Nicht erst durch Ihren Antrag sind wir darauf gekommen, Herr Dr. Friedrich, sondern wir haben bereits im Juni 2006 einen entsprechenden Kabinettsbeschluss herbeigeführt. Eben um verbindliche Rahmenbedingungen ausarbeiten zu lassen, hat das Kabinett der Arbeitsgruppe Personalübergang unter Regie des SMF genau diesen Auftrag erteilt.

Zum 15. Oktober liegt der Bericht dieser Arbeitsgruppe Personalübergang vor, Herr Lichdi, keineswegs schon eine Entscheidung der Staatsregierung, wie mit dem Personalübergang tatsächlich umzugehen sein wird. Der Bericht wird nämlich Varianten vorsehen und Möglichkeiten aufzeigen, wie man diesen Personalübergang vornehmen kann. Danach wird in der Staatsregierung ein Vorschlag erarbeitet und in den Lenkungsausschuss eingebracht, also wieder mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Koalitionsfraktionen diskutiert. Natürlich werde ich nach Vorliegen des Beschlusses des Lenkungsausschusses wiederum den Innenausschuss über das, was beschlossen wurde, informieren.

Ausdrücklicher Arbeitsauftrag der Arbeitsgruppe Personalübergang ist es, gerade die von Ihnen angesprochenen Punkte des gesetzlich geregelten Personalübergangs zu thematisieren, nämlich: Wie geht es mit den unterschiedlichen Tarifsystemen des Landes und der Kommunen weiter? Wie positioniert man sich zu einem Schlechterstellungsverbot? Was ist zur Besitzstandswahrung zu sagen? Wie soll die Personalvertretung beteiligt werden? Genau dies ist die Aufgabe dieser Arbeitsgruppe Personalübergang. Die Ergebnisse der Arbeit des Lenkungsausschusses werden in den Gesetzentwurf eingehen. Wie bereits gesagt, wird der Innenausschuss nach Vorliegen des Beschlusses des Lenkungsausschusses erneut informiert werden.

Die von Ihnen, Herr Martens, angesprochene Planungssicherheit für die Kommunen ist ebenfalls ein Anliegen, das wir in der Arbeitsgruppe Personalübergang regeln möchten; denn wir möchten tatsächlich klar ausdrücken, unter

welchen Bedingungen das Personal auf die kommunale Ebene übergeht.

Herr Dr. Friedrich, Sie haben die Findungsphase angesprochen. In der Tat findet gegenwärtig in vielen Landkreisen eine Diskussion darüber statt, ob es aus der Region Zustimmung zu dem Vorschlag gibt, den ich unterbreitet habe, nämlich zur Fusion bestimmter Landkreise. Wir werden – dessen bin ich mir sicher – diese Beschlüsse nicht flächendeckend aus dem ganzen Land bis zum Monatsende haben. Aber ich glaube, wir werden eine Tendenz erkennen können, wie man sich im Land zu diesen Vorstellungen einer Neugliederung positioniert.

Den Landräten liegen ebenso die Informationen vor, welche Aufgaben von der staatlichen Ebene auf die Ebene der Landkreise übertragen werden sollen. Sie haben angesprochen, dass zu diskutieren sein wird, unter welchen Bedingungen diese Aufgaben übertragen werden. Das wird in den Gesetzentwürfen, die gegenwärtig erarbeitet werden, zu formulieren versucht. Ich glaube, auch diese Randbedingungen werden mit der kommunalen Familie zu diskutieren sein.

Vielleicht noch einige Worte zum Beitrag der NPD. Die 10 Millionen Euro sind keineswegs ein Hochzeitgeschenk oder ein Geschenk, das dazu dienen soll, die kreisliche Ebene zu überreden, sich zu dem Vorschlag des Innenministeriums zu bekennen. Die 10 Millionen Euro sind Ansätze, um zusätzliche Maßnahmen zu finanzieren, die in den künftigen Kreisen notwendig werden, um sich tatsächlich so aufzustellen, wie das für das Jahr 2020 erwartet wird. Wir möchten die Kommunen mit diesen Geldern in die Lage versetzen, sowohl Investitionen zu realisieren als auch, wenn dies erforderlich ist, einen Beitrag zur Schuldentilgung zu leisten, um weitere Handlungsspielräume zu gewinnen.

Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass im derzeitigen Haushalt dafür kein Geld eingestellt ist. Das kann auch nicht sein, denn der Haushalt läuft zum Jahresende aus. Im Entwurf der Staatsregierung – und so hat ihn Kollege Metz auch in den Landtag eingebracht – sind diese Beträge für die Jahre 2007 und 2008 vorgesehen. Es wird Aufgabe des Landtages sein, darüber zu entscheiden, ob diese Beträge so als richtig angesehen werden und im Haushalt verankert bleiben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Sehr gern.

Herr Staatsminister, verstehe ich Sie recht, dass alle Landkreise, die fusionieren, diese 10 Millionen Euro bekommen und nicht nur diejenigen, die freiwillig fusionieren? Das ist nämlich auf der kommunalen Ebene nicht klar bekannt.

Ich habe mich dazu mehrfach dahin gehend geäußert, dass

jeder Landkreis, der davon betroffen ist, jede kreisfreie Stadt, die ihre Kreisfreiheit aufgibt, diesen Betrag erhalten wird; denn die Aufgaben, die sie zu erledigen haben, sind doch das Entscheidende und nicht der Umstand, ob die Fusion freiwillig erfolgt oder nicht.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass wir mit der vorgesehenen Funktional- und Verwaltungsreform den von uns selbst aufgestellten Terminplan einigermaßen einhalten können. Wir werden das Kabinett zum Jahresende über Referentenentwürfe sowohl zu einem Artikelgesetz für die Aufgabenübertragung als auch zu einem Gesetz für die Neugliederung der Kreise beraten lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr daran interessiert, dass der Vorgang Verwaltungs- und Funktionalreform sehr transparent ist. Ich informiere im Land anlässlich einer Vielzahl von Veranstaltungen interessierte Bürger, interessierte Kreistagsabgeordnete über das, was gegenwärtig in meinem Hause erarbeitet wird, und ich glaube, dass der Vorwurf, wir würden eine schlechte Informationspolitik betreiben, keineswegs gerechtfertigt ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Das Schlusswort hat jetzt die Linksfraktion.PDS. Herr Friedrich, bitte. – Danach die FDP.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Stellen Sie sich bitte einen Moment vor, ein x-beliebiger Kreisrat oder eine Kreisrätin, die nicht Mitglied des Landtages sind, oder ein x-beliebiger Mitarbeiter einer Straßenbauverwaltung oder einer Vermessungsverwaltung hätte der heutigen Debatte gelauscht. Mit welchem Erkenntnisgewinn wären sie hier herausgegangen?

Ich glaube, es ist eine Chance dadurch vertan worden, Herr Staatsminister Buttolo, dass Sie uns abermals eigentlich nichts gesagt haben außer dem, was wir wissen. Natürlich kennen wir die Kabinettsbeschlüsse und ich will durchaus differenzieren. Wir hatten unlängst den stellvertretenden Chef Ihrer Stabsstelle Verwaltungsreform zu einem Symposium eingeladen. Natürlich hat er uns im kleinen Kreis Informationen gegeben. Das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen. Die Veranstaltung war sehr gut.

(Volker Bandmann, CDU: Hört, hört!)

Aber hier geht es um etwas ganz anderes. Hier geht es darum, dass Sie offensichtlich davon ausgehen, dass der Sächsische Landtag bis, was weiß ich, Juni/Juli 2007 nun genau das tut, was der Kollege Bandmann sagt: verharrt, wartet, dass die Ministerialbürokratie in ihrem Lenkungsausschuss in Abstimmung mit den Spitzenverbänden und mit den Spitzen der Koalitionsfraktionen etwas Vernünftiges hinbekommt, und dann klatschen wir wie die freudige Marie, dass das alles gut ist, und in der dann noch

verbleibenden äußerst knappen Zeit von einem halben Jahr wird alles gut.