Protokoll der Sitzung vom 13.10.2006

Einen Moment, Herr Dr. Müller.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem der Appell vorhin nicht funktioniert hat, werden wir heute auf einen weiteren

Wahlvorschlag verzichten. Ich werde in der PGF-Runde und im Präsidium ein Verständigungsverfahren versuchen und in der nächsten Plenarsitzung einen weiteren Wahlvorschlag bringen.

Ansonsten muss eben doch das Verfassungsgericht entscheiden, das lässt sich dann halt nicht ändern.

Danke schön. – So werden wir dann verfahren. – Ich schlage Ihnen vor, dass wir jetzt noch den Punkt 3 anschließen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Fragestunde

Drucksache 4/6612

Herr Abg. Jähnichen, bitte; Frage Nr. 2.

Dr. Rolf Jähnichen, CDU-Fraktion: Frau Präsidentin! Ich habe eine Frage zum Amtsgericht Borna.

Das Amtsgericht Borna/Leipziger Land leidet unter sehr schlechten Arbeitsbedingungen. Das alte, inzwischen restaurierte Gerichtsgebäude ist viel zu klein. Deshalb müssen teure Verwaltungsräume angemietet werden. Diese zusätzlich angemieteten Verwaltungsräume entsprechen nur teilweise den Anforderungen. Die Mitarbeiter des Gerichts und die Bevölkerung können diesen Zustand nicht als Dauerlösung akzeptieren.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Was beabsichtigt die Staatsregierung zu tun, um die Bedingungen für die Arbeit des Gerichts zu verbessern?

2. Ist in absehbarer Zeit ein Neubau oder ein Erweiterungsbau für das Amtsgericht in Borna geplant?

Für die Staatsregierung antwortet Herr Dr. Buttolo.

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Dr. Jähnichen! Meine Damen und Herren! Ich möchte im Namen meines Kollegen Geert Mackenroth antworten.

Das Amtsgericht Borna ist in der Tat schlecht untergebracht. Wir wollen künftig das gesamte Amtsgericht an einem Standort konzentrieren. Bisher ist das Amtsgericht an drei Standorten untergebracht, zwei davon sind angemietet. Die Mietverträge laufen noch bis zum 31. Oktober 2010. Bis zu diesem Zeitpunkt soll die

Neuunterbringung an einem Standort vorbereitet und realisiert werden.

Der Justizminister hat die Zentrale des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement gebeten, zu verschiedenen Standortvarianten Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen. In Betracht kommt ein Neubau auf einem landeseigenen Areal, des Weiteren die Unterbringung in einem anderen landeseigenen Gebäude oder auch die Anmietung eines geeigneten Gebäudes.

Zu Ihrer zweiten Frage: Ob für das Amtsgericht ein Neubau entstehen wird, steht noch nicht fest. Insoweit darf ich im Auftrag des Justizministers auf die bereits genannten Alternativen verweisen. Das Grundstück am historischen Gerichtsstandort Am Gericht 2 dürfte nach jetzigen Erkenntnissen für einen Erweiterungsbau ausscheiden.

Noch einmal: Der Zeitplan sieht vor, bis Mitte 2010 eine neue und für das Gericht angemessene Unterkunft zu schaffen. Dies haben wir in den Haushaltsverhandlungen zum Doppelhaushalt 2007/2008 mit dem Staatsministerium der Finanzen vereinbart. Vorsorglich wurde für die erforderlichen Baumaßnahmen in den Entwurf zum Haushaltsplan 2007/2008 im Einzelplan 14 06 ein entsprechender Leertitel aufgenommen.

Sie haben noch eine Nachfrage?

Darf ich noch eine Nachfrage an den Herrn Innenminister stellen? – Es ist, wenn ich Sie richtig verstanden habe, nicht geplant, dass im Zuge der

Verwaltungs- und Kreisreform eine Verlagerung von Gerichtssitzen stattfinden soll?

Ich habe im Zusammenhang mit der Verwaltungs- und Funktionalreform in der Tat noch keine Überlegungen in meinem Hause vorgenommen, ob irgendwelche Verlagerungen von Ämtern stattfinden sollen. Natürlich muss der Grundsatz gelten, dass wir möglichst wenige Veränderungen, die nicht unmittelbar mit der Reform zusammenhängen, haben möchten.

Vielen Dank.

Der Abg. Bartl kann seine Frage stellen; Frage Nr. 1. – Herr Bartl, ich möchte Sie bitten, den Vorspann zu kürzen und ihn nicht im vollen Umfang vorzutragen; er wird selbstverständlich im Druck erscheinen.

Ich habe eine Frage zum Vorhaben der Kultusministerkonferenz (KMK) zur Erfassung aller Schülerinnen und Schüler in der Bundesrepublik Deutschland in einer Datenbank.

Nach Medienberichten, unter anderem der „Süddeutschen Zeitung“ vom 29.09.2006, plant die Kultusministerkonferenz, auf ihrer Herbstsitzung Mitte Oktober 2006 in Berlin im Rahmen einer „Datenbankgewinnungsstrategie für nationale Bildberichterstattung“ eine bundesweite Datenbank bereits ab dem Schuljahr 2008/2009 einzurichten. In dieser soll künftig jeder der mehr als zwölf Millionen Schüler in Deutschland – ausgestattet mit einer bundesweit lesbaren Identifikationsnummer – mit verschiedenen personenbezogenen Daten wie Geschlecht, Schuleintrittsalter, eventuellen Klassenwiederholungen, erfasst werden. Zudem berät die KSK derzeit über weitere zu erfassende Merkmale von Schülern, wie Informationen zum „sozialen Hintergrund“ der Kinder und Jugendlichen. Erklärtes Ziel der Datenerhebung und -speicherung soll es sein, auf der Grundlage „einer umfangreichen Datenbasis Steuerungswissen“ zu erhalten und „typische Bildungsverläufe“ darzustellen.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche grundsätzliche Position vertritt die Staatsregierung zu diesem Vorhaben?

2. Inwieweit teilt die Staatsregierung die vom zuständigen Referatsleiter beim Sächsischen Datenschutzbeauftragten in Übereinstimmung mit der Position von Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vertretene Auffassung, dass es für die Einrichtung einer derartigen Datei überhaupt keine Rechtsgrundlagen und keine im Maßstab der berührten Grundrechte der betroffenen Schülerinnen und Schüler verfassungsrechtliche Rechtfertigung gibt?

Für die Staatsregierung antwortet Herr Staatsminister Flath.

Frau Präsidentin! Verehrter Herr Abgeordneter, ich möchte Ihre Fragen wie folgt beantworten:

Zu Frage 1: Es gab bisher keinen Anlass für eine Positionierung der Staatsregierung. Die auch in Medienberichten wiedergegebenen Auffassungen sind meine Auffassungen, die ich als verantwortlicher Kultusminister im Freistaat ausgesprochen habe.

Zu Frage 2 ist es so – dies wurde in den Medien richtig wiedergegeben –, dass ich die Auffassung des Sächsischen Datenschutzbeauftragten teile. Ich möchte jedoch hinzufügen, dass ich darüber hinausgehend weitere Bedenken geltend mache. Die Diskussion ist angelaufen. Dazu hat der Freistaat Sachsen bzw. haben meine Äußerungen beigetragen, indem wir bei verschiedenen Beschlussfassungen der Kultusministerkonferenz bisher ein abweichendes Stimmverhalten geltend gemacht haben. Dies hat dazu geführt, dass nun die Diskussion beginnt, und ich kann nicht vorgreifen, da in der nächsten Woche die Kultusministerkonferenz tagt und wir das Problem erstmals unter den verantwortlichen Ministern der Bundesrepublik tiefgründiger diskutieren werden. Deshalb möchte ich heute sagen, dass es durchaus ein berechtigtes Interesse gibt. Die Kultusministerkonferenz hatte sich nach der PISA-Diskussion verständigt, ein Bundesinstitut zu schaffen, das IQB – Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen –, das im Wesentlichen zwei Aufgaben hat:

Eine Aufgabe ist, eine Bundesbildungsberichterstattung in Gang zu bringen. Dem hat damals der Freistaat Sachsen zugestimmt. Hierzu gebe ich zu bedenken, dass wir nicht den Druck aushalten werden, dass es ab dem Jahr 2008 eine Bundesbildungsberichterstattung gibt, in der der Freistaat Sachsen praktisch nicht vorkommt.

Aber die Frage ist, wie wir die zweite Aufgabe werten. Es geht darum, die Bildungsforschung durch dieses Institut in einer Hand zu führen, und dazu sind eben Daten notwendig. Ich bin jedoch der Meinung, es ist notwendig, hierbei eine sorgfältige Abwägung durchzuführen, die auf der einen Seite das Forschungsinteresse, auf der anderen Seite aber die Individualinteressen der sächsischen Schülerinnen und Schüler wahrt. Hierbei beziehe ich meine Erfahrungen aus einer Diktatur, die ich erlebt habe, ein. Deshalb habe ich dieses Verfahren mit der Personenkennzahl, die es damals in der DDR gegeben hat, verglichen, wo man meines Wissens mit 14 Jahren eine solche Nummer bekommen hat, die man aber selbst kannte.

Das Verfahren in der Kultusministerkonferenz, wie es bisher verabredet ist – wie bereits gesagt, nicht mit Zustimmung von Sachsen –, sieht vor, dass die Schüler mit dem Schulanfang eine Nummer bekommen, die sie selbst nicht kennen. Unter dieser Nummer würde dann eine umfangreiche Datensammlung erfolgen, die schließlich zum Bund geleitet würde. Es ist auch die spannende Frage in dem Augenblick, in dem diese Daten Sachsen verlassen würden – hier trifft sich dies mit den Bedenken

der Datenschutzbeauftragten –, ob so etwas überhaupt möglich ist.

Wir sind also in einem frühen Stadium der Diskussion; aber ich kann signalisieren, dass der Freistaat Sachsen diese Fragen außerordentlich ernst nehmen wird.

Sie haben eine Nachfrage? – Bitte.

Ich würde gern eine Nachfrage stellen.

Abgesehen davon, dass zwölf Millionen Schülerinnen und Schüler berührt werden, wenn diese Spezifik mit der entsprechenden Identifikationsnummer bzw. Identitätsnummer im Raum steht, ist nach den Berichterstattungen auch vorgesehen – dies haben Sie in Ihrem Beitrag nicht widerlegt –, dass unter anderem als ein Merkmal, das eingespeichert werden soll, der soziale Hintergrund der Kinder und Jugendlichen gelten soll. Wie soll denn der soziale Hintergrund erfasst und weitergegeben werden? Wenn man so etwas vorhat, muss man doch darüber nachdenken, wie man ihn erfassen will.

Es gibt ein außerordentliches Forschungsinteresse, solche Zusammenhänge näher unter die Lupe zu nehmen. Das ist, denke ich, zunächst unbestritten. Auf der anderen Seite sind solche Daten zum sozialen Hintergrund durchaus einzelnen Schulen bekannt. Das liegt in der Natur der Sache. Nur bisher ist eben der Unterschied, dass die Daten einzig und allein bei der Schule sind und dort nicht die Tiefe erreichen, wie von der Forschung gewünscht. Das sind diese komplizierten Fragen, die eine Rolle spielen werden. Aber ich will zunächst Ihre Bedenken zerstreuen. Ich denke, in den nächsten Wochen und Monaten wird es eine intensive Diskussion innerhalb der Datenschutzbeauftragten, aber auch der Kultusminister geben. Ich sehe meine Aufgabe darin, die Schülerinnen und Schüler davor zu schützen, dass sie allzu sehr durchleuchtet werden.

Ich bedanke mich.

Als Nächsten bitte ich Herrn Dr. Martens, seine Frage zu stellen; Frage Nr. 6.

Ich habe an die Staatsregierung folgende Fragen zum Einsatz der sächsischen Polizisten zur Fußball-WM: