Protokoll der Sitzung vom 16.11.2006

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Danke schön. – Das war die Darlegung der Staatsregierung.

Ergibt sich noch einmal Aussprachebedarf? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zu dem Entschließungsantrag. Herr Weichert, möchten Sie ihn noch einmal vorstellen?

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte vor der Einbringung noch einen Satz voranstellen. Herr Schmidt, ich habe mit keiner Silbe die konventionell arbeitenden Landwirtschaftsbetriebe verunglimpft. Das hat vielleicht derjenige, der Ihnen die Rede geschrieben hat, vorausgesetzt. Aber das ist Ideologie. Ich habe es jedenfalls hier nicht gemacht. Ich habe sie immer gleich behandelt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Tillich, wie immer wortreich und sehr eloquent haben Sie noch einmal begründet, was im Bereich ökologischer Landbau in Sachsen nicht klappt und warum. Ich hätte mir ein bisschen mehr Selbstkritik vorgestellt. Als Ihre Koalition im Jahr 2004 antrat, hatten wir – daran möchte ich gern erinnern – 17 umstellungswillige Betriebe. Denen haben Sie per Veränderung der Verordnung für die Umstellung den Boden entzogen. 16 von diesen 17 Betrieben sind durch den Rost gefallen. Das ist auch eine Tatsache Ihrer Arbeit der letzten zwei Jahre.

Ich habe nicht vergessen, dass vor dem Amtsantritt der aktuellen Koalition ein eigener Haushaltstitel für die Vermarktungshilfen bei der Landesanstalt für Landwirtschaft bestanden hat. Selbst in ihrem Koalitionsvertrag haben CDU und SPD noch vereinbart, dass die Unterstützung für den Ökolandbau erhalten bleibt. Dieser Teil des Vertrages ist bis jetzt nicht umgesetzt worden; denn Sie haben im Haushalt einseitig zulasten der ökologischen Landwirtschaft gekürzt. Das ist politischer Wille, und daher sollten Sie heute nicht so tun, als trügen Sie dafür keine Verantwortung, Herr Minister.

Meine Damen und Herren! Außerdem macht die Beantwortung der Großen Anfrage deutlich, dass die Staatsregierung die zur Förderung des ökologischen Landbaus möglichen Instrumente nicht oder nur sehr unzureichend genutzt hat. Die aufgeführten Fördermöglichkeiten sind ja keine Erfindung meiner Fraktion, sondern sie stehen schwarz auf weiß im sächsischen Landesrecht, nämlich im Landesentwicklungsplan. Man darf doch wohl von einem Minister erwarten, dass er geltendes Recht praktiziert. Das ist doch nicht zu viel verlangt. Nichts anderes als die Bekräftigung geltenden Rechts beinhaltet der hier von uns vorliegende Entschließungsantrag.

Meine Damen und Herren! Uns als Opposition sind die Hände gebunden, wenn es darum geht, mit Lust und Energie politische Ziele in der Praxis umzusetzen. Um dem Ökolandbau einen angemessenen Teil in der Landwirtschaft Sachsens einzuräumen, dazu fällt uns viel mehr ein, als ich hier und heute vortragen kann. Man braucht sich da nur an Ländern zu orientieren, die auf einen Flächenanteil von 20 % zusteuern. Wir verlangen nicht mehr, als die CDU selbst für machbar erachtet hat. Das sind, solange der Landesentwicklungsplan noch gilt, 10 % Flächenanteil bis 2009.

Uns geht es heute um eine Bekräftigung von Zielen, die in Parlament und Regierung bereits Konsens waren. Wir können leider den Herrn Staatsminister nicht zwingen, engagiert und kreativ die Umsetzung dieser Ziele in Angriff zu nehmen. Was wir aber wollen, ist, ihn nicht aus seiner politischen Verantwortung zu entlassen.

(Staatsminister Stanislaw Tillich: Das können Sie auch nicht!)

Im Vertrag mit der Umweltallianz hat er es bereits versucht, sich davonzustehlen und die Maßnahmen des Planes um die Hälfte zu kürzen. Dass man eine Regierung

an die selbst aufgestellten Leitlinien ihres Handelns erinnern muss, ist ein nicht ganz üblicher Vorgang. Im Falle des ökologischen Landbaus in Sachsen ist es aber dringend notwendig, meine Damen und Herren. Deshalb rechne ich mit breiter Zustimmung zu diesem Entschließungsantrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war die Einbringung des Entschließungsantrages. Herr Kollege Schmidt möchte für die CDU darauf reagieren.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn Frau Altmann jetzt nicht hier ist, möchte ich ihre Aussage noch einmal klarstellen. Ich habe in keiner Weise versucht, die Ökolandwirtschaft durch den Ausdruck „Distelbauern“ zu verunglimpfen. Ganz im Gegenteil. Ich habe sie in meiner Rede als höchste Form mit den höchsten Ansprüchen an Fachwissen der Landwirtschaft herausgehoben. Dass genau dieses Bild der „Distelbauern“ für die heutige Ökolandwirtschaft nicht mehr zutrifft und nicht mehr zutreffen darf, habe ich auch gesagt.

Herr Weichert, seien Sie unbesorgt. Mir muss niemand meine Reden schreiben, die schreibe ich selbst. Die nötige fachliche Kompetenz bringe ich mit. Dass es in einer 6-Mann-Fraktion nicht immer gegeben ist, bei jedem Thema fachlich kompetent zu sein, und dass dann auch das Redenschreiben notwendig ist, sehe ich Ihnen nach.

(Beifall bei der CDU)

Zu Ihrem Entschließungsantrag. Die Anstriche 1, 4 und 5 sind reine Feststellungen, die der Sächsische Landtag sicherlich nicht beschließen muss.

Zum Anstrich 2 habe ich mich geäußert, das ist die Ausweitung des Ökolandbaus auf 10 %. Sie schreiben hier bis zum Jahr 2009. Ich muss Ihnen sagen, dies in reichlich zwei Jahren zu erreichen halte ich für unrealistisch.

Zu Anstrich 3: Ein Vorpachtrecht, so verstehe ich das, für Ökobetriebe bei Flächenvergaben öffentlicher Flächen halte ich für kritisch. Ein Beispiel. Wenn jetzt ein Familienbetrieb – konventionell wirtschaftend, die Fläche beträgt 60 Hektar – vielleicht 20 Hektar staatliche Flächen bewirtschaftet und daneben der vielleicht 300 oder 400 Hektar große Ökobetrieb beim Ablauf der Pachtverträge diese Flächen beansprucht, wird man diese, wenn wir es gesetzlich vorschreiben, wegnehmen müssen, und das wird diesen Betrieb gefährden. Deshalb halte ich auch diesen Ansatz für nicht realistisch. Daher werden wir Ihren Entschließungsantrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weiterer Aussprachebedarf zum Entschließungsantrag? – Das ist nicht der Fall, meine Damen und Herren. Dann stimmen wir über diesen Entschließungsantrag ab. Er hat die stolze Druck

sachennummer 4/7000. Wir überschreiten heute eine magische Zahl. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthal

tungen und einer Anzahl von Für-Stimmen ist er doch mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Rahmenbedingungen und Eckpunkte der Operationellen Programme der neuen EU-Förderperiode

Drucksache 4/6850, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Es beginnt die CDU, gefolgt von der SPD und dann die gewohnte Reihenfolge. Herr Prof. Bolick spricht für die CDU. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir hatten ja wegen des Punktes fast zwei Sondersitzungen des Wirtschaftsausschusses, beantragt von der Linksfraktion.PDS. Jetzt ist fast niemand von ihr da. Na ja!

In weniger als zwei Monaten wird die neue EUFörderperiode 2007 bis 2013 beginnen. Deshalb ist es höchste Zeit, dass der Freistaat seine Förderschwerpunkte im Rahmen des Operationellen Programms der EU mitteilt, um möglichst zügig mit der Umsetzung beginnen zu können.

Im Doppelhaushalt 2007/2008, den wir ebenfalls in den kommenden Wochen abschließend beraten werden, sind die voraussichtlichen Jahresscheiben der EU-Strukturfonds bereits eingearbeitet. Dies geschah im Vorfeld zur eigentlichen Beschlussfassung der Staatsregierung über die einzelnen Programme.

Uns ist wichtig, die abschließenden Haushaltsberatungen im Lichte der Schwerpunktsetzung für die gesamte Förderperiode zu diskutieren. Deshalb haben wir uns als Koalition entschlossen, einen Berichtsantrag einzubringen.

Verschiedene Fachausschüsse haben sich bereits in der Vergangenheit mit der künftigen EU-Förderung auseinandergesetzt. Auch wir im Haushalts- und Finanzausschuss haben bereits im September eine eigene Anhörung auf Bitten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN durchgeführt. Zum damaligen Zeitpunkt war der Planungsstand jedoch noch nicht so weit fortgeschritten, sodass etliche Fragen offen bleiben mussten. Deshalb von uns erneut die Bitte an die Staatsregierung, hier und heute zu den Eckpunkten der Förderung in Sachsen Stellung zu nehmen.

Die CDU-Fraktion hat sich mit der seit dem Sommer vorliegenden Aufteilung der EFRE-Mittel, mit den einzelnen Schwerpunkten oder, wie es jetzt heißt, Prioritätenachsen und -maßnahmen ausführlich beschäftigt. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass gerade wir Wirtschaftspolitiker über die Kürzung im Bereich Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der gewerblichen Wirtschaft irritiert waren.

Die einzelbetriebliche Investitionsförderung hat in der Vergangenheit ganz maßgeblich zu den vielen modernen Arbeitsplätzen in Sachsen beigetragen. Deshalb legen wir allergrößten Wert darauf, dass diese auf hohem Niveau weitergeführt wird. Ich freue mich, dass sich diese Erkenntnis letzte Woche auch in Berlin durchgesetzt hat und der Haushaltsausschuss des Bundestages einen Nachschlag von 50 Millionen Euro für die GA-Förderung beschlossen hat. Ich gehe davon aus, dass damit die in der Ergänzungsvorlage vorgenommene Anpassung bzw. Reduzierung nach den bisherigen Planungen des Bundes für 2007 vom Tisch sind.

Doch zurück zum EFRE. Wir als CDU-Fraktion sind davon überzeugt, dass Investitionen in die Basisinfrastruktur weiterhin ein unverzichtbarer Weg sind, um wirtschaftliches Wachstum anzukurbeln. Der Staat selbst kann keine Arbeitsplätze schaffen, aber er kann, ja, er hat die Pflicht, die notwendigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Genau darum geht es. Basisinfrastruktur – das sind für uns nicht nur Straßen, Schienen und Flughäfen, sondern dazu zählen wir auch die Voraussetzungen für Investitionen in ein modernes Lernumfeld. Unsere jungen Menschen werden mehr und mehr zu einem seltenen Gut. Das hat uns kürzlich der Demografiegipfel nochmals ins Bewusstsein gerufen. Wenn wir schon weniger junge Menschen haben, dann müssen wir dafür sorgen, dass diese bestmöglich ausgebildet werden – verantwortungsbewusst, ausgestattet mit Grundsätzen und Werten und den Herausforderungen der globalisierten Welt gewachsen. Moderne Schulgebäude, Hörsäle und Labore schaffen ein positives Lernumfeld. Hierzu soll die EFREFörderung einen Beitrag leisten – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Selbstverständlich darf sich Bildung nicht auf Gebäude beschränken, denn am Ende zählen Inhalte und Ergebnisse. Doch Platz 2 bei PISA-E im Bundesländervergleich, die bundesweit nahezu beste Schüler-Lehrer-Relation, der Ausbau der Ganztagsschulen und der verstärkte Bildungsanspruch bereits im Kindergarten machen deutlich, dass die CDU seit Jahren über Bildung nicht nur redet, sondern handelt. Die Erfolge geben uns recht – da kann die Opposition noch so oft das Gegenteil behaupten.

Wer mit einer soliden Schulbildung, die gegen die Technikfeindlichkeit so mancher Alt-68er immun ist, ein

tragendes Fundament legt, der leistet zugleich einen ganz entscheidenden Beitrag für den weiteren wirtschaftlichen Aufbau unseres Landes.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Amen!)

Dieser ist weiter notwendig, denn trotz aller Erfolge sind wir von einem selbsttragenden Aufschwung noch ein Stück entfernt. – Alt-68er melden sich zu Wort, ja, ja.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Umso wichtiger ist es, diejenigen Kräfte zu stärken, mit denen der Aufschwung gelingen kann, und das sind in Sachsen nun einmal die Ingenieure, der Maschinenbau aus dem Chemnitzer Raum, die Natur- und Technikwissenschaften insgesamt. Deshalb ist es richtig, diesen Fächerkanon in der gymnasialen Oberstufe zu stärken – ob es den Schülervertretern nun passt oder nicht. Wir als Politiker haben die Pflicht, notwendige Entscheidungen zu treffen, die das Land als Ganzes voranbringen.

Es kommt in der Erziehung öfter vor, dass der Nutzen von Grundsatzentscheidungen der Eltern von Kindern und Jugendlichen erst Jahre später erkannt und akzeptiert wird.

Unser Ziel ist es, die in unseren jungen Menschen schlummernden Talente im Bereich der Natur- und Ingenieurwissenschaften gezielt zu fördern und sie anzuregen, auf diesem Gebiet verstärkt nach Berufsmöglichkeiten zu suchen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Mit einem Ton, wie Sie gerade reden!)

Verantwortungsvolle Berufsorientierung muss sich stärker an tatsächlichen Beschäftigungschancen als an überkommenen Klischees orientieren.