Lassen Sie mich zu einem anderen Punkt kommen: Antiterrordatei. In diesen Tagen hat der Bundesrat tatsächlich die Antiterrordatei verabschiedet. Wir haben uns hier in diesem Hause heftige Auseinandersetzungen dazu geliefert. Ich sage in vollem Bewusstsein, dass diese Befürchtung, die wir hier öfters geäußert haben, nämlich dass die Staatsregierung – Herr Innenminister Buttolo, Sie persönlich – darauf setzt, diese besondere Verfassungslage in Sachsen über die Hintertür des Bundes endlich auszuhebeln und loszuwerden, ans Ziel gekommen ist. Ich halte das für einen sehr traurigen Tag für die Sächsische Verfassung und auch für die sächsische Verfassungstradition, die wir noch vor Kurzem so auffällig und groß gefeiert haben.
Ja, Herr Mackenroth, Sie brauchen nicht dazwischenzurufen. Herr Mackenroth, Sie wissen es doch, Sie sind Jurist!
Sie setzen darauf, dass über Artikel 31 diese spezifische sächsische Verfassungsrechtslage ausgehebelt wird. Sie haben es versäumt und haben es eben nicht getan, bei den Bundesberatungen tatsächlich Verwahrung einzulegen und zu sagen, dass die sächsische Verfassungslage das eben gerade nicht zulässt. Sie haben es getan in Kenntnis dessen, was es bedeutet: dass damit der Artikel 83 letztendlich geschliffen worden ist. Jetzt tun Sie doch nicht so, als ob Sie das nicht wüssten!
Meine Damen und Herren! Ich komme zur Verwaltungsreform. Heute haben wir eine Pressemitteilung zur Kenntnis erhalten. Herr Kollege Martens – der jetzt tatsächlich die Räume verlassen hat, aber er muss nicht wieder hereinkommen – hat es auch angesprochen.
Was wir hier erleben: schon wieder verschoben um eine Woche, man hat sich wieder nicht geeinigt! Natürlich sind wir wieder auf irgendwelche mehr oder weniger nichtssagenden Pressemitteilungen angewiesen. Das ist das Spiel, das wir seit über einem Jahr beklagen. Ich habe auch die Hoffnung aufgegeben, dass es jemals besser sein wird. Es ist einfach so, dass – –
Frau Präsidentin, wenn ich die Geschäftsordnung richtig kenne, ist es so, dass Zwischenrufe von der Regierungsbank nicht zulässig sind.
Meine Damen und Herren! Die Verwaltungsreform gehört nicht nur, wie Kollege Martens zu Recht angesprochen hat, aufgrund dieser Ermächtigung, die sich die Staatsregierung in das Haushaltsgesetz hineinschreibt, zu dieser Debatte, sondern sie gehört auch deswegen dazu, weil sie natürlich vollkommen unsolide ist und allein darauf beruht, über die Finanzzuweisungen an die Landkreise und die Kommunen den Spardruck auf die Kommunen zu verlagern. Die Kommunen sollen den Personalüberhang der Staatsregierung im Rahmen der Kommunalisierung übernehmen und zusätzlich diese sogenannte Effizienzrendite von 20 %, die damals versprochen wurde, erwirtschaften, indem einfach die Finanzzuweisungen reduziert werden. Gleichzeitig tut die Staatsregierung nichts, um ihre eigene Verwaltungsstrukturreform ernsthaft zu betreiben. Eine Aufgabenkritik findet nicht statt. Die Strukturen innerhalb des Innenministeriums bleiben unangetastet, obwohl sie im Vergleich der politischen Führung zu den finanzschwachen Flächenländern West mit 20 % deutlich überbesetzt sind.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zum Schluss noch, auf eine aktuelle Entwicklung einzugehen, die meines Erachtens schlaglichtartig diese Art und Weise von einer liederlichen sogenannten Verwaltungsreform bezeichnet. Sie konnten in den letzten Tagen sicherlich die Auseinandersetzung zwischen Herrn Berger, Bürgermeister von Grimma, und Herrn Buttolo verfolgen. Soweit ich das verstanden habe, wenn ich von den wechselseitigen Beschimpfungen absehe, ist der Kern, dass das Innenministerium bis jetzt nicht darauf geantwortet und sachlich untersetzt hat, warum Grimma oder warum Borna Kreissitz werden soll. Das ist das genau Symptomatische. Es wird keine fachliche Abwägung getroffen, sondern es liegt der Verdacht sehr nahe, dass der neue Jungstar der SPD, Frau Köpping – jedenfalls wünscht sich das wahrscheinlich die Sozialdemokratie –, sozusagen als Abschiedsgeschenk den Kreissitz von Borna erhält. Aber mit fachlicher Politik, Herr Buttolo, hat das nichts zu tun!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, das, was Herr Apfel gegen das Landesamt für Verfassungsschutz und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesagt hat, kann nicht unwidersprochen bleiben.
Nun kann man Herrn Apfel zugute halten, dass er aufgrund seiner westdeutschen Herkunft in Unkenntnis ist und ihm aus der Gnade, dass ihm die Staatssicherheit der DDR erspart geblieben ist, Unkenntnis vorwerfen. Aber dem Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen, der sowohl parlamentarisch kontrolliert als auch rechtsstaatlich durch Normenkontrolle zu überprüfen ist, mit staatlichem Spitzeldienst und Stasiverhältnissen schlimmsten Zuschnitts als „BRD-Staatssicherheit“ zu verunglimpfen, das weise ich im Namen der Koalitionsfraktionen eindeutig zurück.
Herr Apfel, es ist schlicht und einfach unqualifiziert, was Sie hier machen. Sie zeigen mit Ihrer Fraktion, dass Sie politisch dabei sind, sich selbst zu zerlegen. Und auch Ihre üble Hetze, die Sie als Überfremdungstirade in Sachsen ständig hier in den Raum stellen! Wir haben im Freistaat Sachsen einen Ausländeranteil von circa 3 %.
Wir haben in Bezug auf das Asylbewerberleistungsgesetz in den Jahren von 2004 zu 2005 einen Rückgang von 8,3 %. Das ist der niedrigste Stand seit 1998. Die Kosten belaufen sich auf 12 Euro pro Einwohner. Das zeigt, wir sind in einer Situation, die völlig anders ist als das, was Sie hier im Parlament ständig behaupten, und die völlig anders ist als das, was Sie mit Ihren Hetzparolen in die sächsischen Haushalte werfen. Wir im Freistaat Sachsen wollen Sie hier nicht haben, Herr Apfel! Nehmen Sie das zur Kenntnis! Sie sind hier überflüssig wie nur irgendetwas!
Ich denke, die Wähler haben deutlich erkannt, dass solche Leute wie Sie noch nicht einmal in der NPD geduldet werden und dass Sie hier politisch tot sind.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich will auf eine wichtige offene Baustelle im Bereich des Innenministeriums eingehen.
Kollege Dr. Martens und Herr Lichdi, Sie haben schon zur Verwaltungsreform gesprochen. Es wird sicher in der Zukunft noch viele Möglichkeiten geben, darüber zu sprechen. Ich möchte mich auf einige wenige Dinge beschränken, die in Bezug zum Haushalt stehen. Man muss deutlich sagen, dass es hierbei nicht nur um den Einzelplan 03 geht, sondern ebenso um den Einzelplan 15.
Zunächst stelle ich erst einmal fest, dass bis zur Stunde nicht eine einzige Landtagsdrucksache zu diesem – Herr Minister Buttolo, Sie haben es heute in Ihrer Presseerklärung zur verunglückten Kabinettssitzung gesagt – wichtigsten Reformvorhaben dieser Legislatur existiert. Es gibt schlicht nichts. Wenn wir, die Linksfraktion.PDS, nicht die Anhörung praktisch auf einem Umweg über den Bericht der Expertenkommission organisiert und über die Bande gespielt hätten, gäbe es auch diese Möglichkeit nicht, zum Thema zu sprechen.
Nachdem vor einem Jahr diese Expertenkommission ihre Ergebnisse – gute und weniger gute – vorgelegt hat, konnte man zunächst kurzzeitig den Eindruck gewinnen, dass sich nun ein Prozess der öffentlichen Diskussion über Reichweite, Inhalte und Ziele der Reform anschließen würde.
Der Vorschlag meiner Fraktion, einen Sonderausschuss für die parlamentarische Begleitung dieses zugegebenermaßen wichtigsten Reformvorhabens einzurichten, wie das in anderen Ländern Usus ist, wurde von der Koalition abgelehnt. Kollege Brangs, Ihnen nehme ich das besonders übel. Sie haben hier im Frühjahr in den Saal hineingerufen, wir würden uns noch wundern, zu welchen klugen Beschlüssen der Lenkungsausschuss noch kommen werde. Nun, wir wundern uns tatsächlich, leider aber nicht über gute Entscheidungen des Lenkungsausschusses und des Kabinetts. Dort ist eine Vereisungstherapie für das Reformvorhaben angesprungen. Mal sehen, ob Sie es noch vor Weihnachten schaffen. Offenbar gibt es doch Streit. Man kann nur hoffen, dass das gut ausgeht.
Ich glaube aber, Herr Staatsminister Buttolo, Ihnen ist es gelungen, die Öffentlichkeit mit einem wirklich gigantischen Ablenkungsmanöver zu täuschen. Natürlich ist nicht die Kreisgebietsreform das zentrale Vorhaben dieser Reform, sondern die Funktionalreform. Bei der Funktionalreform klemmt es an allen Ecken und Enden, Beispiel Sachsenforst, ein gerade erst gegründeter Staatsbetrieb, der ab 1. Januar dieses Jahres zum Laufen gekommen ist. Er beginnt, schwarze Zahlen zu schreiben. Nun soll dieser Staatsbetrieb nach weniger als eineinhalb Jahren ohne Not wieder zu großen Teilen zerschlagen werden.
Oder diese ganze Mogelpackung mit der staatlichen Mittelbehörde: De facto stärken Sie die Mittelbehörden, die Regierungspräsidien. Da hilft es überhaupt nichts, dass Sie ein anderes Türschild anschrauben wollen.
Herr Buttolo, Sie haben es in der Öffentlichkeit leider geschafft, die Diskussion so umzusteuern, dass nur noch über Kreissitze, Kreisnamen, Kreiszuschnitte und darüber, wie die Damen und Herren Landräte bei diesem Hauen und Stechen zum sicheren Ufer kommen, gesprochen wird. Aber lange Zeit hat niemand die Defizite Ihrer Funktionalreform hinterfragt. Die Krönung Ihrer Verschleierungstaktik, Herr Staatsminister Buttolo, bildete
aber die sogenannte Findungsphase der Landkreise. Sie haben – damit bin ich beim Haushalt – gemeinsam mit Herrn Staatsminister Metz einen dicken, fetten Finanzköder auf die Angel gespießt, damit sich die wenigen noch unwilligen Landräte doch noch besinnen und milde gestimmt werden. Sie haben nämlich 10 Millionen Euro Zuschüsse zur Förderung von Strukturreformen im Einzelplan 15 03 Titel 833 16 versteckt.
Viele Monate – das ist der eigentliche Skandal – haben Sie den Landkreisen und den kleineren kreisfreien Städten suggeriert und sie in dem Glauben gelassen, dass nur fusionswillige Gebietskörperschaften in den Genuss dieses sogenannten Kreishochzeitsgeldes kommen. Erst mit Ablauf dieser Findungsphase, erst Ende Oktober dieses Jahres, als sich bereits fast alle Landkreise – natürlich wollte sich niemand die 10 Millionen Euro entgehen lassen – gebeugt hatten, ließ die Staatsregierung durchsickern, dass die 10 Millionen Euro selbstverständlich allen Landkreisen, unabhängig von deren Willigkeit oder Unwilligkeit, zustünden.
Meine Fraktion stellt die berechtigte Frage, welchen Reformnutzen die Bürgerinnen und Bürger haben. Die Anhörung zum Expertenbericht – ich erwähnte es schon – hat ganz deutlich gezeigt, dass bis heute ein schlüssiges Konzept fehlt, auch ein transparentes Verfahren. Es fehlt auch an Perspektiven für die im öffentlichen Dienst Beschäftigten. Diese Anhörung war ja nicht umsonst flankiert von einer Demonstration von über 1 000 Beschäftigten aus diversen Landesbehörden, die lautstark ihren Unmut über die miserable Informationspolitik zum Ausdruck brachten, aber auch über fehlende berufliche Perspektiven. Eine Lösung für die dort aufgeworfenen Fragen gibt es bis heute nicht.
Warum führe ich hier all diese Fakten an? Ich führe sie an, da es sich um zutiefst haushaltsrelevante Themen handelt. Natürlich geht es um die bereits erwähnten 260 Millionen Euro „Kreishochzeitsgeld“. Es geht aber auch um einen kommunalen Mehrbelastungsausgleich in der immerhin beträchtlichen Höhe von exakt 201 Millionen Euro für die ersten drei Jahre nach Inkrafttreten der Funktionalreform. Es geht um weitere Zusagen der Staatsregierung an die kommunale Ebene für Nachteils- und Strukturausgleiche. Das große Problem besteht – –
Das große Problem besteht in der vorgesehenen haushalterischen Umsetzung dieser Gaben für die Kommunen. Da die Verwaltungsreform bis heute noch nicht einmal die Anhörungsreife erreicht hat, wie wir seit heute Morgen wissen, und die entsprechenden Gesetzentwürfe frühes
tens im Mai oder Juni 2007 dem Landtag zugeleitet werden sollen, wird der Haushalt munter ins Blaue hinein geplant.