Von 132 Millionen Euro in diesem Jahr geben Sie 60 Millionen Euro zurück. Das heißt, Sie geben gerade einmal so ungefähr 70 Millionen Euro aus. 70 Millionen Euro geben Sie im Jahr 2006 aus und wollen im nächsten Jahr mit den gleichen oder ähnlichen Programmen 256 Millionen Euro ausgeben. Herr Jurk, mir ist nicht klar, wie das funktionieren soll. Das ist ein Trauerspiel und der Rest der Staatsregierung schaut einfach zu. Die Richtlinienkompetenz ist dem MP in diesem Punkt offenbar abhanden gekommen.
Die sächsische Wirtschaft fordert seit Langem, die Mehrmittel für die einzelbetriebliche Förderung einzusetzen. Genau das tun Sie nicht. Wir haben in Sachsen eine höhere Unternehmensdichte als in Baden-Württemberg. Aber die sächsischen Unternehmen sind viel kleiner als die in Baden-Württemberg. Sie müssen wachsen. Wir brauchen eine Wachstumsfinanzierung. Genau daran mangelt es.
Die FDP-Fraktion hat frühzeitig gefordert, mehr EUMittel im Bereich EFRE einzusetzen. Übrigens nicht nur die FDP-Fraktion, sondern auch der Finanzminister hat das anfangs gefordert. Das muss man einmal zur Kenntnis nehmen. Der Finanzminister wollte einen höheren Ansatz haben. Doch leider sind wir, die FDP-Fraktion, Herr Metz und die mitdenkenden Teile der CDU, bei Ihnen, Herr Jurk, aus ideologischen Gründen auf taube Ohren gestoßen, und der MP ist nicht eingeschritten. Oder ist der Finanzminister Metz schon klammheimlich dabei, den nächsten Umwidmungsantrag zu schreiben, vorzubereiten für die EU-Fördermittelumschichtung in EFRE, noch bevor die Unterlagen überhaupt in Brüssel eingereicht wurden?
Sie sind seit zwei Jahren im Amt, Herr Jurk. Was haben Sie erreicht? – Förderprogramm „Regionales Wachstum“, dafür haben Sie in den Koalitionsverhandlungen gekämpft. Von den 15 Millionen Euro, die Sie ausgeben wollten – das haben Sie gerade gesagt –, werden Sie in diesem Jahr gerade einmal 6 Millionen Euro los; also ein klarer Fehlansatz. Das liegt nicht daran, dass die Mittel im ländlichen Raum nicht gebraucht würden, sondern daran, dass Ihre Förderprogramme falsch gestrickt sind. Eine Erfolgsgeschichte ist das wahrlich nicht.
Überlegen wir noch einmal: ESF-Mikrodarlehen, eine Sache, die bereits von der KfW zur Verfügung gestellt wird. Wenn das Geld wenigstens effektiv ausgegeben würde, dann könnte man vielleicht noch ein Auge zudrücken. Aber von den 25 Millionen Euro aus dem Fonds gehen allein 14 Millionen Euro an die SAB für die Verwaltung drauf. „Die Finanzierung der Vergütung der SAB aus den Fondsmitteln ist nach dem Haushaltsrecht rechtswidrig.“ So steht es im aktuellen Jahresbericht des Sächsischen Rechnungshofes. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Rechtswidrig ist das, was Sie machen.
Ich frage mich, was die SAB mit dem ganzen Geld anstellt. Die scheint wohl eher eine Geldvernichtungsanlage denn eine Bank zu sein.
Anstatt Unternehmen zu fördern, verschwenden Sie das Geld in der Verwaltung. Wenn das Mikrodarlehen wenigstens gefragt wäre, hätte man das noch akzeptieren können. Aber das ist ja auch nicht der Fall. Geplant waren 8 Millionen Euro in diesem Jahr. In den ersten drei Quartalen kamen 2,8 Millionen Euro zur Auszahlung und wenn wir richtig Glück haben, kommen wir insgesamt auf 4 Millionen Euro. Das ist gerade einmal die Hälfte. Auch hier sieht man, dass niemand das Geld richtig haben möchte; das Förderprogramm ist falsch angelegt.
Diese Kostenexplosion ist bei der SAB auch kein Einzelfall. Für die Abwicklung braucht die SAB zukünftig mehr als 20 Millionen Euro. Vorher waren es 8 Millionen Euro im Jahr – 12 Millionen Euro mehr, 140 % Kostenexplosion. Und wie begründen Sie diese Kostenexplosion? – Sie sagen lapidar, die SAB hat bereits seit Längerem eine Erhöhung in der Vergütung gefordert. Schön, aber das ist eine Vergütung aus Landesmitteln, aus Steuergeldern. Dort haben Sie sich gewaltig über den Tisch ziehen lassen.
Wenn unsere sächsischen Unternehmen so wirtschaften würden wie der Wirtschaftsminister, dann wären sie längst pleite. Sie sind ja auch Minister geworden und nicht Unternehmer, Herr Jurk. Sie wussten schon, warum.
Zum Thema SAB fallen mir noch ganz andere Dinge ein, nicht nur die 60 Millionen Euro Kapitalerhöhung kurz vor Weihnachten, sondern auch die 23 Millionen Euro für Wackerbarth. Das war ja schon Thema in der Debatte. Wackerbarth ist bereits seit 1999 eine GmbH und steht im Wettbewerb mit privaten Winzern. Die privaten Winzer bekommen keinen Verlustausgleich vom Freistaat. Sie brauchen den Verlustausgleich auch nicht, weil sie erfolgreich wirtschaften. Der marode Staatsbetrieb aber macht den Privaten mit der Subvention die Preise kaputt. Das ist die Wahrheit.
Anstatt laut und vernehmlich gegen den Finanzminister Partei für die privaten Winzer zu ergreifen – ich habe Sie nicht gehört, Herr Jurk –, knicken Sie vor den Ideologen in der eigenen Fraktion ein. Haben Sie einmal einen der
umliegenden Winzer gefragt, was sie von der Subventionierung von Wackerbarth halten? – Offensichtlich nicht. Ich fordere Sie auf, Herr Jurk: Machen Sie Schluss mit dem Staatskapitalismus! Wir brauchen keinen VEB Wackerbarth!
Wie sieht es denn mit der Wirtschafts- und Arbeitspolitik aus? Sie wollen Arbeitskoordinatoren einsetzen für Aufgaben, die die Bundesagentur für Arbeit zu erledigen hat. Die Dienstleistungsinitiative haben Sie angesprochen. Über einen Auftrag zu einer Studie sind Sie nicht hinausgekommen. Außerdem haben wir heute gehört: negative Einkommensteuer. Für das Bofinger-Gutachten haben Sie richtig viel Geld ausgegeben, aber das Gutachten über die Vorteile und Effekte der negativen Einkommensteuer können Sie seit über zehn Jahren in Programmen der FDP nachlesen, Herr Jurk. Da hätten Sie kein Gutachten gebraucht. Nur einmal bei der FDP nachschauen!
Schauen Sie sich andere Dinge in der Wirtschaft in Sachsen an. Ich erinnere nur an den Konzessionsentzug des Sportwettenanbieters Bwin in Neugersdorf. Dort sollen durch die Staatsregierung einfach 52 Arbeitsplätze plattgemacht werden. Sie reden von Arbeitsplätzen – das haben Sie auch heute wieder getan –, aber in Wahrheit vernichten Sie Arbeitsplätze. Und zu dem lang ersehnten Bürokratieabbau haben Sie nichts beigetragen. Wir haben die Einführung des Bürokratiekosten-TÜV gefordert. Das haben Sie abgelehnt. Der sächsischen Wirtschaft fehlt die Luft zum Atmen. Die Staatsbürokratie ist ein Standortnachteil geworden. In puncto wirtschaftlicher Freiheit liegen wir inzwischen auf dem zweitletzten Platz, gemeinsam mit Sachsen-Anhalt. Das können wir in der „FAZ“ vom 9. Dezember nachlesen. Nur im rot-roten Berlin ist die wirtschaftliche Freiheit geringer als in Sachsen. Das ist doch ein Alarmsignal.
Die Bankrotterklärung, Herr Jurk, haben Sie beim Thema Ladenschluss abgeliefert. Das haben Sie einfach verpennt. Erst jetzt kann sich das Parlament mit dem Gesetzentwurf befassen. Eine Anhörung im Januar, eine Beschlussfassung im März. Die FDP-Fraktion hat rechtzeitig den Gesetzentwurf eingebracht. Den haben Sie abgelehnt. Werfen Sie einmal einen Blick in die anderen Bundesländer! 16. November Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz: Gesetzentwurf verabschiedet. 23. November Beratung in Brandenburg, 24. November Thüringen. Und in Sachsen schauen wir dumm aus der Wäsche und müssen bis März warten. Es war ein Vorschaltgesetz nötig, damit wenigstens die Läden an den Adventsonntagen geöffnet haben und die Bürgerinnen und Bürger nicht in die benachbarten Bundesländer abwandern. Sie rennen hinterher und können nicht annähernd mit der Entwicklung Schritt halten. Was, liebe Kolleginnen und Kollegen, unterscheidet Sachsen von den Bundesländern, die das Ladenöffnungsgesetz rechtzeitig hinbekommen haben? – Die fehlende Kompetenz des Wirtschaftsministers.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten diesen Haushalt im heißen Herbst. Es ist der wärmste Herbst seit Aufzeichnung von Wetterdaten.
Meine Damen und Herren, im nächsten Jahr wird Deutschland sowohl den Vorsitz bei den G-8-Staaten als auch die Präsidentschaft der EU übernehmen. Einer der Schwerpunkte in beiden Organisationen wird der Energie- und Klimaschutz sein. Der frühere Chefökonom der Weltbank Sir Nicholas Stern hat im letzten Monat eine Studie vorgelegt, in der er der Weltwirtschaft eine Krise wie in den Jahren 1929 ff. prophezeit, wenn wir nicht auf die Herausforderungen des Klimawandels reagieren.
Der Ölpreis ist in den letzten fünf Jahren von 20 Dollar auf aktuell 64 Dollar pro Barrel gestiegen. Ähnliche Bewegung sehen wir weltweit auf den anderen Teilmärkten der Energie und der Rohstoffe.
Meine Damen und Herren, warum erzähle ich Ihnen das bei der Beratung des Einzelplanes 07, bei dem es um Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Sachsen geht?
Werte Kolleginnen und Kollegen, begreifen wir das frühlingshafte Wetter der letzten Wochen als eine Zeitenwende. Wer es in diesem Haus noch nicht gemerkt haben sollte, dem sei gesagt: Wir stehen vor tief greifenden Veränderungen – Veränderungen, die einerseits durch die Herausforderungen des Klimawandels beschrieben werden können; Veränderungen, die andererseits durch die Endlichkeit und damit die Preisintensität bei den Rohstoffen markiert werden.
Im Problembewusstsein der Deutschen rangiert das Thema Umwelt mittlerweile auf Rang 2 nach der Arbeitslosigkeit. Dieses Problembewusstsein der Bevölkerung hat aber leider die Politik im Freistaat Sachsen noch nicht erreicht. Wie anders ist es zu erklären, dass dieser Haushaltsplan der Staatsregierung eine Fortsetzung der Politik der vergangenen Jahre ist? Wohin wir auch schauen – bei den Straßen, bei den Förderprogrammen oder beim öffentlichen Personennahverkehr –, diese Regierung hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.
Anstatt die in diesem und im nächsten Jahr noch reichlich vorhandenen Mittel zielgerichtet auf die neuen Herausforderungen zu lenken, machen Sie weiter wie bisher.
Sehr geehrter Herr Staatsminister Jurk, ich möchte an dieser Stelle nicht verschweigen, dass Sie 3,6 Millionen Euro für die Energieeffizienz aus dem EFRE bereitgestellt haben. Die Förderung der Energieeffizienz war eine Forderung der sächsischen Wirtschaft, der wir uns frühzeitig angeschlossen haben. 3,6 Millionen Euro sind allerdings angesichts der Größe der Aufgabe eher ein Witz als eine Förderung. Die Staatsregierung selbst hat sich für die landeseigenen Immobilien ein Programm von 10 Millionen Euro gegönnt. Was sollen da nur 3,6 Millionen Euro für die gesamte sächsische Wirtschaft?
Eine Studie aus dem Jahr 2000 zur Kohlendioxidemission und Energieintensität der Wirtschaftszweige des verarbeitenden Gewerbes in Sachsen ergab, dass für die untersuchten Branchen der Energieverbrauch um circa 25 % und die CO2-Emission um circa 75 % höher als die entsprechenden bundesweiten Durchschnittswerte liegen. Das CO2-Minderungspotenzial in der sächsischen Industrie wird auf 31 % und im sächsischen Gewerbe auf 39 % geschätzt. – Das sind Zahlen, die ich dankenswerterweise den Veröffentlichungen der Staatsregierung entnehmen konnte.
Ein Weg zur Erschließung dieser Potenziale ist die Einführung eines betrieblichen Energie- und Stoffstrommanagements in den Unternehmen. Wo Energie und Rohstoffe eingespart werden, sinken die Kosten; wo Kosten sinken, wächst die Wettbewerbsfähigkeit, steigen die Gewinne und entstehen Arbeitsplätze; und wo entsprechende Techniken in der Praxis erprobt werden, lassen sie sich weltweit vermarkten. Umweltschutz und Wirtschaftswachstum, das wird langsam zum Allgemeingut, gehen Hand in Hand.
Im SMWA glaubt man aber nach wie vor an andere Gleichungen. Investitionen in die Straße sind gleich Investitionen in die Wirtschaft – so lautet ihr Credo; Prof. Bolick hat es uns gerade sehr eindrücklich demonstriert.
(Johannes Lichdi, GRÜNE: Sehr richtig! – Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Dr. Monika Runge, Linksfraktion.PDS)
Gelesen haben wir meist nur Gegenteiliges, nämlich dass es beispielsweise keinen Nachholbedarf mehr bei der verkehrsnahen Infrastruktur in Sachsen gibt. Nachholbedarf gibt es in Sachsen wie im gesamten Osten bei der industrienahen Forschung und Entwicklung. Auch dazu hätten wir uns deutliche Zeichen erhofft.
„Das Verkehrsgeschehen und die Zukunft des Verkehrs in Sachsen werden insgesamt viel zu sehr durch die Windschutzscheibe betrachtet.“ – Dies ist ein Zitat aus einer
Landtagsdebatte aus dem Jahre 1997, einer Debatte in Erledigung einer Großen Anfrage der SPD, Herr Jurk. An der Analyse des Kollegen Gerlach hat sich seither nicht viel geändert. Ich zitiere weiter: „Dabei ist schon offensichtlich, dass in Sachsen der Geldhahn für Fußgänger-, Fahrrad- und öffentlichen Verkehr nicht sonderlich weit geöffnet ist.“
Meine Damen und Herren, heute muss man ergänzen: Es ist noch nicht einmal Geld da, um auf die verkehrlichen Anforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft konzeptionell zu reagieren. Die demografische Entwicklung wird nicht nur zu einem veränderten Altersaufbau der Gesellschaft führen, sondern auch zu neuen Mobilitätsformen und zu veränderten Relationen zwischen Stadt und Land. Dass die Schülerinnen und Schüler bereits jetzt längere Wege in Kauf nehmen müssen, sollte bei allen Beteiligten angekommen sein.