Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Dann hätten Sie alles auf einmal erledigt.

Nein, Sie nehmen nicht zur Kenntnis, dass es Menschen gibt, die sich integrieren wollen, und viele, die das bereits geschafft haben

(Holger Apfel, NPD: Das sehen wir in vielen Parallelgesellschaften!)

und die seit Langem hier leben.

Sie sprechen nichtsdestotrotz wider bessere Kenntnis von Überfremdung und meinen 20 000 bis 40 000 Menschen, die von dieser Regelung betroffen sind, und das bei 82 Millionen Menschen, die in diesem Land leben. Nein, das ist nicht mehr nur ein bisschen unsachlich und ein bisschen Agitation, das ist Hetze. Das ist Hetze der übelsten Art!

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD und den GRÜNEN)

So haben Sie das heute Morgen gemacht, als Sie im Zusammenhang mit Bleiberechtsregelungen davon sprachen, dass wir in Zukunft – wie hieß es? – eine „durchrasste Gesellschaft“ haben.

(Jürgen Gansel, NPD: Das hat übrigens auch Herr Stoiber gesagt!)

Eine „durchrasste Gesellschaft“ bei 20 000 Menschen, die hierher kommen, die hier leben und sich integriert haben, und zwar auch aus europäischen Ländern? Das ist der gute alte Rassismus!

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich hätte das nicht durchgehen lassen. Aber ich lasse das Ihnen auch so nicht durchgehen.

Zum Antrag selbst. Meine Damen und Herren, der Beschluss der IMK zur Bleiberechtsregelung erfüllt in der Tat nicht alle Wünsche, die man haben kann. Der zahlenmäßige Umfang ist überprüfenswürdig. Das Entscheidende ist die Umsetzung von Verordnungen und in der Regel auch im Aufenthaltsgesetz, sofern sie denn kommt und nicht nur auf dem Verordnungswege geregelt wird.

Zum Antrag der GRÜNEN sei gesagt, dass wir einige Punkte durchaus akzeptieren und andere als zu weitgehend empfinden, meine Damen und Herren. Wer eine Integration nicht davon abhängig macht, dass bereits jetzt Sprachkenntnisse vorhanden sind, der macht meiner Ansicht nach einen Fehler, insbesondere dann, wenn es heißt, wir sollten grundsätzlich erst einmal Deutschkenntnisse ohne bürokratischen Aufwand überprüfen und Interessierten erstmalig den Zugang zu Integrationskursen eröffnen. Nein, Frau Herrmann, es handelt sich um Menschen, die hier seit vielen Jahren leben. Da verlange ich in der Tat ein Mindestmaß an Integration und nicht bloßes Interessiertsein an Integrationskursen. Das muss ich einmal ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Aber das sind Sachpunkte, über die man sich durchaus im Einzelnen unterhalten kann. Wir sind gespannt, welche Regelungen in nächster Zeit vorgelegt werden, auch von der Staatsregierung, wie die Verwaltungspraxis – das ist das Entscheidende – aussehen wird. Da sehen wir nicht so schwarz wie die Antragsteller oder die Linksfraktion.PDS. Wir werden uns bei diesem Antrag enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön. – Als Nächste spricht die Sächsische Ausländerbeauftragte, Frau de Haas.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Ich möchte zunächst einen Dank loswerden, und zwar an Sie, Herr Martens, der Sie regelmäßig die undankbare Aufgabe haben, nach der NPD-Fraktion sprechen zu müssen und speziell in diesem Fall, wenn es um das Ausländerrecht geht, quasi für alle die Kohlen aus dem Feuer holen müssen. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Vielen Dank für Ihre klaren Worte, hinter denen jede Demokratin und jeder Demokrat stehen kann.

Meine Damen und Herren, die Bleiberechtsregelung – ich habe das schon heute früh gesagt – ist die faktische Anerkennung des Miteinanders vor Ort. Nun kann man mit den Kriterien unterschiedlich umgehen. Ganz sicher gibt es unterschiedliche Erwartungen, nachdem im Vorfeld diese auch sehr hochgeschraubt gewesen sind. Aber wir alle wissen, dass 16 Innenminister die unterschiedlichsten Erfahrungen ihrer Länder haben einbringen können und dann einstimmig entscheiden mussten. Ich bin dankbar, dass es eine Bleiberechtsregelung gibt, auch wenn nicht alle Blütenträume gereift sind.

Denken Sie nur an die Bleiberechtsregelung aus dem Jahre 1999. Da war von Übergangsfristen noch keine Rede. Ich denke, das ist ein Fortschritt. Die Ausländerbeauftragte hat bei der Umsetzung mitzuwirken, indem sie bei der Verwaltungsvorschrift ihre Stellungnahme abgibt. Herr Bräunig, ich bin inzwischen glücklicher. Das können Sie mir abnehmen. Das, was in meinem Amt und in meiner Kraft steht, werde ich einbringen. Aber wir sind mitten im Verfahren und die Fairness gebietet es, darüber nicht öffentlich zu diskutieren und die unterschiedlichen Haltungen einander vorzuhalten und sich niederzumachen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Sobald es da ist, sind auch Sie selbstverständlich eingeladen, es entsprechend mit umzusetzen.

Meine Intention ist vor allem, dass möglichst viele von dieser Regelung profitieren können und wieder eine Perspektive für ihr Leben haben, in unserem Land. Das

gilt insbesondere für Familien mit Kindern. Wir haben das im Juni ausführlich miteinander diskutiert. Für mich geht es darum, einfach handhabbare Regelungen und Vorschriften für Betroffene wie Ämter und Behörden und Arbeitgeber zu haben, die so anwendbar sind, dass eben möglichst viele davon profitieren können.

Ein Wort zu den Ausschlussgründen. Es ist notwendig, dass bestimmte Kriterien auch dazu festgeschrieben sind und dass das, was für Deutsche gilt, nämlich Recht und Gesetz, auch für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger zu gelten hat. Straftäter dürfen nicht vom Bleiberecht profitieren. Dazu stehe ich nach wie vor. Das ist auch detailliert geregelt. Dennoch möchte ich auf einen Punkt hinweisen. Dieser betrifft die Straftaten, wenn die gesamte Familie darunter leiden soll. Da geht es vor allen Dingen darum: Stellen Sie sich die Situation vor, dass der Familienvater wegen Gewalt in der Familie verurteilt wird. Soll die gesamte Familie deshalb ausgewiesen werden? – Ich bitte darum, dass einfach auch der Einzelfall in aller Regel geprüft wird.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD, der FDP und bei den GRÜNEN)

Schließlich werden nicht alle profitieren. Das sollte uns klar sein. Es wird auch weiterhin Menschen geben, die, obwohl sie von Gesetzes wegen zur Ausreise verpflichtet sind, geduldet werden. Es ist schon jetzt unsere Pflicht, mit diesen menschenwürdig und achtungsvoll umzugehen und sie entsprechend zu behandeln.

Sie können sicher sein, dass ich das Meine tun und dort, wo ich kann, Einfluss nehmen werde.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Danke schön, Frau de Haas. – Die Staatsregierung hat bereits gesprochen. Gibt es seitens der Fraktionen noch Aussprachebedarf? – Ich sehe das nicht. Dann kommen wir zum Schlusswort seitens des Einreichers. – Frau Herrmann, Fraktion der GRÜNEN.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich haben auch wir Kritik an der Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz. Die Kritik ist das eine und die Frage, wie wir im Rahmen des einmal gefundenen Kompromisses, im Rahmen dieses Beschlusses in Sachsen agieren müssen, damit möglichst viele Menschen, die hier seit Jahren mit einer Duldung leben, von unseren Regelungen in Sachsen profitieren können, ist das andere. Genau dieses Vorhaben hat uns getrieben, diesen Antrag heute zu stellen. Damit wollen wir uns – das habe ich vorhin schon gesagt – keineswegs außerhalb dieses gefundenen Kompromisses stellen, sondern wir wollen im Rahmen dieses Kompromisses erst einmal agieren, um möglichst vielen Geduldeten Chancen zu eröffnen. Wir sind auch der Meinung, dass es darüber

hinaus nötig ist, eine gesetzliche Regelung, und zwar verbindliche Regelungen zum Aufenthaltsgesetz, auf Bundesebene zu finden. Deshalb findet sich hier auch der Punkt II in dem Antrag.

Wir können nicht die Augen davor verschließen, dass es Menschen in Sachsen gibt, die von dieser Regelung nicht betroffen sein werden. Es ist allerdings eine Frage der Ausgestaltung, dass möglichst viele davon profitieren können. Natürlich ist es ein Vorteil, dass dieses Mal eine Übergangsfrist, Frau de Haas, eingeräumt worden ist, nämlich bis ins Jahr 2007. Wir müssen die Duldung, von der die Rede war, natürlich so ausgestalten, dass diese Übergangsfrist Sinn macht. Das heißt, eine Duldung ohne Zugang zum Arbeitsmarkt und mit Residenzpflicht wird dazu führen, dass nur ganz wenige Ausländer in der Lage sein werden, in der entsprechenden Zeit auch wirklich eine Arbeit aufzunehmen. Dass es unterschiedliche Auffassungen zu dem Beschluss der Innenministerkonferenz gibt, zeigt sich schon allein daran, dass die einzelnen Länder, die bis jetzt eine Umsetzung angefasst haben, unterschiedlich ausgestaltet haben.

Ich möchte Sie an dieser Stelle noch einmal bitten, unserem Antrag zuzustimmen, weil er sich im Rahmen dieses Beschlusses bewegt und weil wir damit versuchen wollen, diesen Beschluss für Sachsen so umzusetzen, dass ganz viele der Menschen, die hier seit sehr vielen Jahren leben, davon profitieren können.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Meine Damen und Herren! Es ist gebeten worden, punktweise abzustimmen. Der Gesamtantrag besteht aus vier römischen Punkten. Ich rufe sie der Reihe nach auf.

Wer möchte dem Punkt I zustimmen? – Die Gegenprobe! – Die Enthaltungen? – Bei einer Reihe von Enthaltungen und vielen Zustimmungen ist er dennoch mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe den Punkt II zur Abstimmung auf. Wer stimmt dem zu? – Wer stimmt dem nicht zu? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Abstimmungsverhalten wie soeben. Punkt II ist mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe den Punkt III auf. Wer stimmt dem zu? – Wer stimmt dem nicht zu? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer größer gewordenen Anzahl von Enthaltungen und Jastimmen ist der Punkt dennoch mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe den Punkt IV auf. Wer stimmt dem zu? – Wer stimmt dem nicht zu? – Wer enthält sich der Stimme? – Im Prinzip gleiches Abstimmungsverhalten wie soeben, also abgelehnt.

Da alle vier Einzelpunkte abgelehnt worden sind, ist damit der Gesamtantrag abgelehnt worden.

Der Abg. Gansel hat mich ersucht, eine kurze Erklärung außerhalb der Tagesordnung abgeben zu können. Ich habe

(Unruhe im Saal) ihm nach § 80 unserer Geschäftsordnung recht gegeben. – Herr Gansel, bitte. Jürgen Gansel, NPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein kurzer Nachtrag zu der von meiner Fraktion initiierten Debatte über den Schutz des erzgebirgischen Kunsthandwerks vor ausländischen Billigprodukten. Herr Prof. Schneider fragte mich, ob ich wisse, wie der Name des entsprechenden Geschäftsführers laute. Ich möchte ihm darüber Kenntnis geben, auf welche regulären sächsischen Quellen wir uns stützen. Herr Prof. Schneider meinte, der gute Mann heiße Dieter Uhlmann. Die „Sächsische Zeitung“, die „Lausitzer Rundschau“ und die „Frankfurter Neue Presse“ bezeichnen diesen Mann als Wolfgang Uhlmann. Möglicherweise ist das ein Recherchefehler der eben genannten Presseorgane. Auch wir als NPD-Fraktion müssen uns bis zu einem gewissen Maße auf die Richtigkeit von Zeitungsangaben stützen können. – Meine Damen und Herren von der Christdemokratie, Sie kommen ja gleich zu Ihrer verdienten Weihnachtsfeier. Ich wollte nur noch einmal diese Korrektur vornehmen und damit deutlich machen, dass in der etablierten Presse mitunter die Unwahrheit steht. (Beifall bei der NPD)

Gut. – Herr Prof. Schneider, Sie signalisierten Nein. Das ist okay.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Tagesordnung von heute ist abgearbeitet. Ich wünsche der CDUFraktion eine schöne Weihnachtsfeier. Ich rechne damit, dass Sie dann ebenfalls – wie wir alle anderen auch – morgen früh pünktlich um 10:00 Uhr zur 69. Sitzung hier sind. Die heutige Sitzung ist geschlossen.