Ich weiß, dass es zum Thema Nichtraucherschutz verschiedene Meinungen über die Fraktionen hinweg gibt. Für meine Fraktion gibt es daher keine Empfehlung zum Abstimmungsverhalten.
wäre interessant zu wissen, ob sich die Kolleginnen und Kollegen Raucher unter uns derweil draußen versammeln, um unseren eindringlichen Worten zu entgehen.
Passivrauch, liebe Kolleginnen und Kollegen, schadet allen – Rauchern und Nichtrauchern. Damit unterscheidet sich der Konsum von Tabakprodukten von anderen Drogen. Besonders gefährdet sind Kinder, chronisch Kranke und ältere Menschen. Deshalb ist der Gesetzgeber gefordert, Regelungen zum Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern zu erlassen.
Der umfassende Schutz hat aber zwei Seiten: zum einen den Schutz vor dem Passivrauchen und zum anderen die Präventionsmaßnahmen, die verhindern, dass vor allem Kinder und Jugendliche mit dem Rauchen beginnen. Wir müssen fragen, was Kinder und Jugendliche mit dem Rauchen verbinden und wie sie zu solchen Vorstellungen kommen. Dort müssen wir ansetzen. Zur Prävention gehören auch Programme, die Menschen helfen, das Rauchen aufzugeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist längst überfällig, dass auch wir in Deutschland konsequente Schritte zum Schutz der Menschen vor den Gefahren des Tabakrauchs unternehmen. Deshalb begrüßt unsere Fraktion den Antrag der Koalition. Offensichtlich bedurfte es aber der Anregung durch den Abgeordnetenantrag, um die Koalition an dieser Stelle in Gang zu setzen. Es wäre schön gewesen – ich meine, bei diesem Thema wäre es auch möglich gewesen –, wenn der Antrag von allen Fraktionen gemeinsam getragen worden wäre.
Die vorliegenden Anträge unterscheiden sich in ihrer Konsequenz. Der Antrag der Koalition lässt einen wesentlichen Streitpunkt, der auch zum Scheitern der Regelungen auf Bundesebene geführt hat, außer Acht: das Rauchverbot in Gaststätten. Deshalb können wir dem Koalitionsantrag zwar zustimmen, aber es kann nur ein erster Schritt sein. Die weitere Auseinandersetzung mit diesem Thema darf nicht aus dem Blick geraten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meinen Sie bitte nicht, das Ausweisen von Raucher- bzw. Nichtraucherzonen in Gaststätten sei ausreichend. Wenn man das tun würde, wäre es so, als würden Sie Pinkelzonen im Schwimmbecken ausweisen.
Durch die Luftzirkulation zieht der Rauch auch in die Nichtraucherzone und die Partikel können sich an den Wänden, am Boden und an den Einrichtungsgegenständen ablagern. Ein Rauchverbot in Arbeitsstätten, das keine Ausnahmen für Gaststätten vorsieht, ist auf alle Fälle die effektivste und kostengünstigste Variante. Diese Regelung wäre durchaus auch im Bund zu treffen, wenn man an der richtigen Stelle eingreift, nämlich beim Arbeitsschutzgesetz und nicht bei der Arbeitsstättenverordnung. Jetzt sind wir als Landesgesetzgeber gefragt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun zum eingangs genannten Aspekt, der Prävention als wichtiger Aufgabe beim Nichtraucherschutz. Die Prävention spricht die Koalition im letzten Punkt ihres Antrages an. Aber warum so vage? An dieser Stelle wird der Abgeordnetenantrag wesentlich deutlicher. Wollen wir Prävention, dann müssen wir die Tabakwerberichtlinie der EU endlich umsetzen, das heißt Werbeverbot für Tabakerzeugnisse in Presse, Rundfunk und Fernsehen.
Am 12. Dezember 2006 hat der Europäische Gerichtshof die deutsche Klage dazu abgewiesen. Der Bundestag hat die Richtlinie bereits umgesetzt. Es stellt sich folgende Frage: Wie wird sich Sachsen dazu im Bundesrat verhalten? Wir geben Jahr für Jahr staatliche Gelder für den Gesundheitsschutz aus. Folgerichtig muss doch sein, dass wir verhindern, dass Kinder und Jugendliche erst zum Glimmstängel greifen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer von Ihnen ab und zu die Zeit findet, ins Kino zu gehen, dem ist in diesem Zusammenhang vielleicht aufgefallen, was eine Studie im Auftrag des Gesundheitsministeriums deutlich macht. In 75 % der Filme, die zwischen 1994 und 2004 in deutschen Kinos erstmalig anliefen, rauchen die Darsteller. Ist das künstlerische Freiheit?
Auffällig ist, dass in deutschen Filmen mehr geraucht wird als in ausländischen Filmen. Damit wird Einfluss ausgeübt. Es muss uns doch allen klar sein, welche Bilder Kinder und Jugendliche dabei im Kopf haben. Der Tabakkonsum ist eben kein wertfreies dramaturgisches Instrument, sondern verleitet Kinder und Jugendliche zur Nachahmung. Zahlreiche Studien belegen diesen Einfluss rauchender Schauspieler auf die Rauchgewohnheiten junger Menschen. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Prävention gehört, den Zugang zu Zigaretten zu erschweren. Deutschland ist das Land mit dem europaweit dichtesten Netz an Zigarettenautomaten. Deshalb ist es ein wichtiger erster Schritt, dass seit dem 01.01.2007 Zigaretten nur noch per ECKarte gezogen werden können.
Die Automatenaufsteller berichten von einem Umsatzrückgang von bis zu 70 % in der ersten Januarwoche, der sich nun bei ungefähr 40% eingepegelt hat. Das ist doch ein Hinweis darauf, dass Kinder und Jugendliche bemüht sind, diese Hürde zu umgehen, und dass sie dabei auch sehr kreativ sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben von den Vorrednern gehört, dass der Blick über europäische Grenzen zeigt, welche Schritte möglich sind und zu welchen Zielen sie führen. Ein Rauchverbot wirkt sich direkt auf die Raucherrate aus – das haben Untersuchungen in anderen Ländern der EU bestätigt, die bereits ein konsequentes Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden sowie in Gaststätten eingeführt haben. Unser Ziel muss doch sein, dass weniger Menschen an den Folgen des
Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. – Es wird nicht gewünscht. Die SPD? – Die Gruppe der Abgeordneten? – Dann die Linksfraktion.PDS; Herr Wehner, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ich noch zu sagen hätte... Frau Nicolaus, bei allem, dass ich es sehr begrüße, dass Ihre Fraktion diesen Antrag heute auf den Weg gebracht hat; bei allem, dass ich auch unterschreiben kann, was Sie heute hier gesagt haben, lassen Sie mich dennoch feststellen, dass ich es einfach unglaublich finde, dass Ihre Fraktion, Herr Dr. Hähle, in der Auseinandersetzung in den Medien darüber, dass Karl Nolle den Antrag der Abgeordneten mit unterschrieben hat – was ich gut finde –, den Bürgerinnen und Bürgern weiszumachen versucht, dass es keines Antrages der Opposition bedarf, um sich für den Nichtraucherschutz einzusetzen.
Einmal abgesehen davon, dass es nicht die Opposition war, behaupte ich, Sie hätten Ihren Antrag nicht eingebracht, wenn es nicht den Antrag der Abgeordneten gegeben hätte,
und zwar deshalb, weil Sie im Grunde überhaupt keine Regelungen zum Nichtraucherschutz haben wollten. So schreiben Sie in Ihrer Koalitionsvereinbarung lediglich die Verringerung des Tabakkonsums in öffentlichen Einrichtungen fest. So gab es bei der Vorbesprechung des Antrages Vorwürfe aus Ihren Reihen, diese Regulierungswut kenne wohl keine Grenzen mehr; denn jeder wisse doch, Rauchen ist gesundheitsschädigend, kein Gesetz vermöge das Nichtrauchen zu regeln und es müsse auf die Einsicht der Raucher gebaut werden, auf das Rauchen zu verzichten. Es nütze wenig, immer mehr Gesetze auf den Weg zu bringen, die in der Praxis kaum kontrollierbar sind.
Ich will aber auch nicht verschweigen, dass es in anderen Fraktionen Skepsis gibt. Meine Damen und Herren, ich kann das nachvollziehen, sind doch unter Ihnen Kollegen, die befangen sind, wie es solche überall in den Fraktionen gibt, weil es eben auch zahlreiche Argumente für das Rauchen gibt.
Hier einige Beispiele: Raucher sind meist die sympathischeren und humorvolleren Menschen. Rauchen fördert die Geselligkeit. Mit der Frage „Hast du mal Feuer?“ kommt man bereits ins Gespräch. Raucher haben keine Langeweile, man hat immer etwas zu tun, ob beim Autofahren, beim Fernsehen, beim Auf-den-Bus-Warten usw.
Immer kann man rauchen, soweit es gerade erlaubt ist. Die armen Nichtraucher müssen einfach auf den Bus warten und können das gar nicht genießen – ein Raucher schon, der hofft vielleicht sogar, dass der Bus noch nicht gleich kommt. Oder: Rauchen wirkt beruhigend. Wenn man zehn Aufgaben vor sich hat, kann man beim Rauchen in aller Ruhe Prioritäten setzen und dann eins nach dem anderen abarbeiten, und schließlich: Bei manchem ist die Zigarette die beste Freundin. Sie ist immer da, Tag und Nacht, 24 Stunden lang, rund um die Uhr. Sie hilft bei allem. Bei Stress verschafft sie Luft. Ist man traurig, sorgt sie sogar dafür, dass man sich wieder besser fühlt. Will man sich vor etwas drücken, ist sie die praktische Ausrede. Ist man wütend, beruhigt sie und man kann wieder tief durchatmen. Ist etwas peinlich, hilft sie meisterhaft, diese Situation zu retten. Hat man Angst, stärkt sie. Man kann sich immer an ihr festhalten, sie ist einem so vertraut.
Diese beispielhaft beschriebenen guten Gründe zu rauchen sind für viele Menschen ausgesprochen wertvoll, und sie möchten die Zigarette auf gar keinen Fall missen. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht. Als ich vor vielen Jahren aufhören wollte, musste ich erkennen, dass es diese positiven Seiten des Rauchens wirklich gibt. Man mag darüber denken, was man will. Für einen aktiven Raucher ist dies die subjektive persönliche Wirklichkeit. Ich meine, für Menschen, die nie geraucht haben, ist das Nichtrauchen so normal wie zu atmen, nicht zu schreien, nicht zu rülpsen oder – ich darf das so sagen – nicht zu hinken und stets aufzustehen, wenn es die Etikette erwartet. Bei der Gesundheit ist es ähnlich. Ihren Wert erkennt man erst, wenn sie bedauerlicherweise fehlt.
Doch leider lassen die meisten Raucher bei abwägenden Betrachtungen zwischen dem Rauchen und dem Nichtrauchen ganz schnell die Rollläden herunter. Die Gründe sind verschieden. Einige lassen einfach nichts an sich heran, das ihnen das geliebte Nikotin vermiesen könnte. Andere haben ziemliche Enttäuschungen mit der Raucherentwöhnung hinter sich und möchten das nicht noch einmal erleben. Das finde ich schon schade.
Wir haben heute einiges über die Schädlichkeit des Rauchens gehört und darüber, dass auch die Nichtraucher erheblichen Gefährdungen ausgesetzt sind. Wenn ich mit Wilhelm Busch schließe: „So geht’s mit Tabak und Rum, erst bist du froh, dann fällst du um“, dann deshalb, weil ich davon ausgehe, Sie schließen sich unserem Antrag an. Es geht nicht darum, die Raucher zu diskriminieren, sondern darum, an ihr eigenes Wohl und das der anderen, die sich selten wehren können, zu appellieren.
(Beifall bei der Linksfraktion.PDS, der SPD und der Abg. Georg Hamburger, CDU, sowie Kristin Schütz und Dr. Andreas Schmalfuß, FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wehner, ich gratuliere Ihnen zu dem, was Sie gerade vorgetragen haben. Aber wenn Sie hier ausgeführt haben, dass die Zigarette in jeder Lebenslage der gute Partner oder die gute Freundin ist, muss ich sagen, dann trägt dies vielleicht auch zu den Schäden, die ich vorhin vorgetragen habe, bei. Insbesondere zu dem einen Punkt muss ich sagen: Man ist als Raucher eigentlich ein armer Tropf.
Ich bedaure sehr, dass man seitens der Abgeordneten, die den Antrag im Einzelnen eingebracht haben, darauf abstellt, dass wir als Koalition erst der Hilfe bzw. eines solchen Anstoßes bedurft hätten, um einen eigenen Antrag einzubringen. Ich hatte in meinem Eingangsstatement bereits vorgetragen: Am 21. Juli in der großen Suchtdebatte in diesem Hohen Hause hatten wir uns als Koalition schon dafür ausgesprochen, dass ein effektiver Nichtraucherschutz beschlossen wird und das Rauchen in allen öffentlichen Einrichtungen verboten werden soll, und dies ist, denke ich, weit vor Ihrem Antrag geschehen; es war ein halbes Jahr vorher.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Dann hätten Sie doch einen Antrag gestellt! Warum haben Sie keinen Antrag gestellt?)
Ich denke, es gehört auch zur Redlichkeit und man kann es hier nicht wegdiskutieren. Natürlich hat die Diskussion auf Bundesebene die Abgeordneten, die den Antrag eingebracht haben, beflügelt, das ist ganz klar. Vielleicht stünden wir heute auch nicht hier, weil sie wüssten, dieser effektive Nichtraucherschutz würde am Ende auch umgesetzt werden. Wir sind sehr froh, dass wir diese Initiative auf Bundesebene haben – von der wir auch beflügelt sind –, Fragen der Prävention und des effektiven Nichtraucherschutzes in diesem Hohen Hause anzustoßen und, so hoffe ich, dann auch gemeinschaftlich beschließen zu können.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir hier zu einem Konsens kommen und dass Sie sich unserem Antrag anschließen, der von Ihnen aus meiner Sicht in einigen Punkten, denke ich, nicht mitgetragen werden kann.
Dafür bitte ich einfach um Verständnis. Aber es ist auch nicht hilfreich immer zu sagen – das will ich auch nicht weiter verschärfen –, wer der echte war. Ich bin – da bin ich meinem Kollegen Johannes Gerlach außerordentlich dankbar, dass er es so vorgebracht hat. Auch meinen Kollegen in der Fraktion, den Rauchern in der Fraktion, bin ich sehr dankbar, dass sie letztendlich gesagt haben: Okay, wir sehen das ein;
wir wollen unserem Rauchen weiterhin frönen, aber wir wollen auch die Nichtraucher entsprechend wenig be
lasten. Es ist nicht selbstverständlich, dass man sich auf diese Position zurückzieht. Also, herzlichen Dank.