Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Damit sich die Aufregung vielleicht wieder legt, mache ich Ihnen ein Friedensangebot, was wir Ihnen sowieso machen: Sie können ja schließlich zum Ausdruck bringen, dass Ihnen der Nichtraucherschutz über alle Parteiräson hinweg wichtig ist. Denn Sie haben die Möglichkeit, unserem Teil II des Antrags zum Punkt 1, der da lautet, „dass die Fraktionen des Sächsischen Landtages gemeinsam das Ziel verfolgen, eine deutliche Verbesserung des Nichtraucherschutzes in Sachsen gesetzlich zu regeln“, und im Punkt 2, „dass der Sächsische Landtag mit gutem Beispiel vorangehend das Rauchverbot in allen Sitzungsräumen, gastronomischen Einrichtungen und Verkehrsflächen bei Einrichtung von Raucherinseln umgehend umsetzt“, zuzustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe in meinem Bekanntenkreis einen Fall, der mich sehr bewegt. Dem Mann wurde vor einigen Wochen ein Bein abgenommen. Bei einem Besuch im Krankenhaus sagte er mir: Ich bin ein lebendes Beispiel dafür, wohin das Rauchen letztendlich führen kann. Ganze Schulklassen könnte man an meinem Bett vorbeiführen.
Ich persönlich bin schon immer eine konsequente Nichtraucherin. Aber dieses persönliche Erlebnis machte mir noch einmal deutlich, wie wichtig es ist, Maßnahmen gegen das Rauchen und zum Schutz der Nichtraucher im Freistaat Sachsen auf den Weg zu bringen.
Heute liegen dem Plenum zwei Anträge zu diesem Thema vor, wobei der parteiübergreifende Antrag der weiter gehende ist und mit dafür sorgen könnte, dass es nicht nur zu einem bloßen Verbot des Rauchens in öffentlichen Einrichtungen kommt, sondern flankierend eine ganze Reihe von Maßnahmen fordert, die von der Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie zum Tabakwerbeverbot bis zur Harmonisierung der Tabaksteuersätze reicht; denn ein Verbot allein wird das Rauchen nicht wesentlich einschränken. Deshalb sollte der Prävention und Aufklärung – wie im Antrag der Koalition angedeutet und im parteiübergreifenden deutlich formuliert – viel mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Als besonderen Schwerpunkt sehe ich die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Ohne erhobenen Zeigefinger, aber klar und deutlich sollte man jungen Menschen die Schädlichkeit des Rauchens vor Augen führen, nicht nur für den eigenen Körper, sondern auch für Freund oder
Freundin, die passiv mitrauchen. Ich denke dabei an bereits bestehende Aktionen mit Infomobilen auf Schulhöfen, an Wettbewerbe um das Prädikat „Nikotinfreier Jugendklub“ oder an wirksame Werbespots im Kino anstelle von „Marlboro – der Geschmack von Freiheit und Abenteuer“.
Nur in der Einheit von wirksamen, kontrollierbaren Verboten in öffentlichen Einrichtungen und einer offensiven, die Köpfe erreichenden Aufklärung werden wir den Nichtraucherschutz im Freistaat erhöhen; denn der Preis des Rauchens ist möglicherweise höher als bisher angenommen, sagt der „Spiegel“.
Würden Zigarettenraucher alle Kosten zusammenrechnen, die ihnen durch den Qualm entstehen, müssten sie für den Kauf einer Schachtel Zigaretten rund 34 Euro kalkulieren. Dies ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Arbeit der Uni Hamburg, die für Deutschland die Langzeitkosten zu errechnen versucht. Danach summieren sich die Kosten für einen heute 24-jährigen Raucher in Deutschland im Laufe seines Lebens auf ungefähr 144 000 Euro.
Viel mehr als das Geld für Zigaretten schlagen dabei die Kosten und Einbußen durch, die für die Behandlung typischer Raucherkrankheiten und Körperbehinderungen anfallen. Bezogen auf den derzeitigen Anteil der Raucher an der Bevölkerung gibt die Untersuchung die Kosten des Qualmens pro Geburtsjahrgang mit 55 Milliarden Euro an. In diese Gesamtrechnung fließt ein, dass der Staat auf der Habenseite Tabaksteuer kassiert und außerdem pro Schachtel 1,11 Euro spart, weil Raucher früher sterben und damit nicht so lange Rente beziehen wie Nichtraucher.
Dass Mitglieder des Landtages parteiübergreifend mit gutem Beispiel vorangehen, kann ich deshalb nur begrüßen. Deshalb bitte ich Sie, diesem parteiübergreifenden Antrag „Nichtraucherschutz in Sachsen gewährleisten“ auch zuzustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es besteht ja kein Zweifel daran, dass sowohl das aktive Rauchen als auch das Passivrauchen zu Gesundheitsschäden führt. Selbst die Raucher unter uns wissen das ganz genau. Sie gestehen es sich im Normalfall auch ein. Worin liegt also das Problem?
Das Problem beginnt dort, wo es an Einsicht und gegenseitiger Rücksichtnahme mangelt. Einsicht und gegenseitige Rücksichtnahme lassen sich nicht per Gesetz oder
Verordnung einfach herstellen. Sie bestimmen sich danach, unter welchen Bedingungen die Menschen in einer Gemeinschaft zusammenleben. In einer Gemeinschaft, in der es ein Gefühl der Zusammengehörigkeit gibt, achtet jeder selbst darauf, was er seinen Mitmenschen antut. Die sogenannte moderne Gesellschaft, die wir heute in Deutschland haben, ist aber vor allem dadurch gekennzeichnet, dass bei den meisten Menschen das Individualinteresse im Vordergrund steht: Jeder macht seins; was die anderen tun, ist egal.
Meine Damen und Herren! In Schulen, Kindergärten und anderen Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche verkehren, müsste es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Das Gleiche gilt für Krankenhäuser und vergleichbare öffentliche Gebäude. Dazu bedarf es aber nicht unbedingt eines neuen Gesetzes. Es muss einfach einmal gehandelt werden.
So könnte es schon lange an Schulen ein Rauchverbot geben, hätten Sie unserem Antrag, der genau dieses forderte, im Mai 2005 zugestimmt.
Ein gesetzliches Rauchverbot in Gaststätten oder vergleichbaren Einrichtungen halten wir aber für falsch. Viele Gaststätten verfügen heute schon über getrennte Raucher- und Nichtraucherbereiche. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hat zu Recht darauf hingewiesen, dass gerade kleinere Restaurants und Kneipen mit Umsatzeinbußen zu rechnen haben. Entsprechende Erfahrungen dazu gibt es beispielsweise in Belgien und anderen Staaten.
Die nicht endende Debatte zum Rauchverbot sorgt bei den Gastwirten für Verunsicherung und demotiviert die Leute noch zusätzlich in einer ohnehin wirtschaftlich schwierigen Lage. Für ein Ausflugslokal, in dem das Geld am Wochenende mit Tagesausflüglern verdient wird, wird das Rauchverbot weit weniger Auswirkungen haben als für die Eckkneipe nebenan. Ein Raucher wird sich tatsächlich überlegen, ob er abends für ein Bier Geld ausgeben wird, wenn er dann zum Rauchen vor die Tür gehen muss.
Zudem, meine Damen und Herren, ist es äußerst fraglich, ob der Staat wirklich bis in den letzten Winkel der Freizeitgestaltung mit der Gesetzgebung eingreifen sollte. Wenn sich ein Staat das Recht herausnimmt, in das Privatleben der Menschen hineinzuregieren, dann grenzt es an Heuchelei, wenn er sich in anderen Bereichen völlig seiner Verantwortung entzieht.
So dürfen in Deutschland Großkonzerne völlig horrende Gewinne auf Kosten der Bürger erzielen und dabei noch Steuern sparen. Kartelle dürfen ungestraft die Bürger abzocken und Kapitalgesellschaften dürfen ohne Schranken Arbeitsplätze vernichten und werden dafür noch mit Fördergeldern belohnt.
Meine Damen und Herren! Zum Schluss sei noch erwähnt, dass ich es interessant finde, wer zum Beispiel die Unterzeichner des Abgeordnetenantrages sind. So hat es
Frau Bonk bereits auf die Titelseite der Zeitungen geschafft, indem sie allen Ernstes die Freigabe von Heroin und sämtlichen anderen Drogen gefordert hatte. Wenn die Sache nun keinen so ernsten Hintergrund hätte, könnte man darüber eigentlich nur lachen, dass nämlich ausgerechnet jene Frau Bonk zu den Unterzeichnern dieses Antrages gehört.
Frau Bonk, was immer Sie auch rauchen mögen, ab heute bitte nur noch zu Hause oder hier in Ihrem Büro, aber dann bitte die Tür schließen.
Dem Antrag von CDU und SPD werden wir zustimmen, dem anderen Antrag nicht, weil uns dieser zu weit geht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Freiheit und Verantwortung sind die beiden Seiten ein und derselben Medaille. Meine eigene Freiheit auch in meinem Verhalten ist mir unendlich wichtig. Ich weiß aber auch, dass ich damit Verantwortung für mich und andere übernehme. „Die eigene Freiheit endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt“, waren die eindringlichen Worte des Professors für Staatsrecht in meinem Studium. Um diese Grenzfindung der Freiheit von Rauchern und Nichtrauchern geht es augenblicklich in der mittlerweile gesellschaftlich geführten Diskussion.
Wenn jedes Jahr über 3 000 Menschen an den Folgen des Passivrauchens, an der Inanspruchnahme der Freiheit der anderen, an dem Verhalten der Mitbürger sterben, dann kann uns dies nicht egal sein. Wenn man bei Behördengängen ungewollt Zigarettenrauch inhalieren muss, dann kann uns das nicht egal sein. Wenn auf Schulhöfen geraucht wird, ältere Jugendliche und Erwachsene den Kindern ein vermeintlich schickes Image, was eigentlich ein schlechtes Beispiel ist, vermitteln, dann kann uns das eben nicht egal sein.
Politiker, die in die Entscheidungsfreiheit erwachsener Menschen eingreifen und diese erziehen wollen, instrumentalisieren den Schutz für Nichtraucher. Um Menschen vom Rauchen abzuhalten, reichen Verbote nicht.
Ich möchte eines klarstellen: Der Schutz von Nichtrauchern genießt oberste Priorität. Niemand soll gezwungen sein, den Zigarettenrauch anderer einzuatmen.
Ich setze mich ebenso dafür ein, dass Kinder rauch- und zigarettenfrei aufwachsen. Dort, wo sich Kinder in Schu
len und Kindergärten aufhalten, haben Zigaretten nichts verloren. Wer den Nichtraucherschutz ernst nimmt, muss damit leben können, dass Menschen als Raucher wider besseres Wissen Dinge tun, die nicht förderlich sind. Jegliche Ideologie, die Raucher diskriminiert, wird das Projekt „Nichtraucherschutz“ zum Scheitern bringen. Nichtraucherschutz muss nicht durch Verbote durchgesetzt werden, sondern ich denke, Respekt, Achtung und gegenseitige Rücksichtnahme sind dabei die geeigneteren Verhaltensweisen.
Gastwirten könnte ich die Empfehlung geben, „rauchfrei“ als Qualitätsmerkmal in ihrem Angebot als Wettbewerbsfaktor einzusetzen. Ich kann Ihnen als Nachfragerin in dem Augenblick versichern: Dieses rauchfreie Angebot werde ich begeistert annehmen. Dort, wo es noch nicht angeboten wird, werde ich verstärkt nachfragen.
Des Weiteren sollten wir eine Studie nicht ignorieren, welche Rauchverbote im Bereich der Gaststätten als kontraproduktiv hinsichtlich des Schutzes von Kindern ansieht. Kein Gesetz kommt an den Bereich heran, in dem Kinder und Jugendliche besonders stark unter dem Rauch leiden: der Privatsphäre.
Deshalb ist es wichtig, gerade Eltern und werdende Eltern davon zu überzeugen, wie sehr sie Kinder durch ihr Rauchverhalten gefährden. Untersuchungen des RobertKoch-Institutes zeigen – dieser Ausflug sei mir gestattet –, dass Rauchen stark mit dem sozialen Status assoziiert ist. Rauchen und auch die Belastung durch Passivrauchen ist bei niedrigem Einkommen, niedrigem Schulabschluss, bei Arbeitslosigkeit und bei Erhalt von Transferleistungen deutlich höher. Uns stehen also noch größere Aufgaben im Nichtraucherschutz bevor.
Sehr geehrte Damen und Herren! Was mir am Herzen liegt, ist der Schutz von Kindern und Nichtrauchern. Den Versuch der Erziehung erwachsener Menschen durch Verbote halte ich dagegen für verfehlt. Wer hier etwas erreichen will, muss Anreize für gesundes Verhalten setzen, muss und sollte als Politiker selbst Vorbild sein. Gesundes Leben ist ein lohnenswertes Ziel, übrigens nicht nur beim Rauchen, sondern auch bei der Ernährung. Jeder Raucher sollte sich vielleicht selbst fragen, warum er zu Bioprodukten für das Essen greift, um wissentlich die Schadstoffaufnahme im Blut zu verringern, beim Rauchen aber Teer und Nikotinablagerungen in der Lunge billigend in Kauf nimmt.
Ich weiß, dass es zum Thema Nichtraucherschutz verschiedene Meinungen über die Fraktionen hinweg gibt. Für meine Fraktion gibt es daher keine Empfehlung zum Abstimmungsverhalten.