Von völkerrechtlich bindenden Verträgen halten Sie auch nichts. Die kennen Sie anscheinend nicht. Was Sie hier als Erweiterungsstopp bezeichnen, ist gar nicht notwendig; als gäbe es eine automatische Erweiterung der EU in irgendwelche unbestimmte Richtungen. Die gibt es nicht. Nein, jede Aufnahme eines neuen Mitgliedsstaates bedarf eigener völkerrechtlicher Verträge einschließlich der Zustimmung der jeweiligen Mitgliedsstaaten und ihrer Parlamente.
Das ist bei uns auch nicht vorgesehen, weil wir nämlich eine repräsentative Demokratie haben, Herr Gansel. Aber
das haben Sie auch noch nicht mitbekommen. Wer die ganze Zeit von irgendwelchen völkischen oder Volksgemeinschaftsveranstaltungen träumt, der übersieht eben die bei uns herrschenden Regelungen der repräsentativen parlamentarischen Demokratie.
Was wollen Sie übrigens mit einem generellen Aufnahmestopp? Ich kann mir vorstellen, wohin das zielt: Türkei, Kroatien.
Aber wieso generell? Was wäre denn, wenn die Schweiz mit ihrem Geld kommen würde oder Norwegen mit seinem hoch arischen Erdöl? Dagegen hätten Sie doch nichts, oder? Na ja.
Der Binnenmarkt, meine Damen und Herren, seit 1992 in Kraft, hat – Frau Weihnert hat es dankenswerterweise ausgeführt – erheblichen Wohlstand innerhalb der EU geschaffen. Ihn zurückzudrehen wäre auch rechtlich unmöglich, denn er hat bereits bei uns im Land in vielen Fällen für Unternehmen eigentumsrechtlich verfestigte Positionen geschaffen, die ohne Enteignung überhaupt nicht aufzulösen wären.
Das übersehen Sie. Das erzählen Sie auch nicht Ihren Wählern, aber hier drin verkünden Sie es mal eben schnell so. Das bleibt nicht unwidersprochen.
Ihre Anträge sind widersprüchlich. Einerseits wollen Sie die Grenzen dichtmachen und die Binnenmarktregelungen zum Teil aufheben. Gleichzeitig bitten Sie dann aber darum, dass wir unsere Außenpolitik gegenüber Amerika bitte schön doch koordinieren sollen. Was wollen Sie jetzt? Die vielen Nationalstaaten oder eine koordinierte Außenpolitik, am besten gegenüber Russland und Amerika gleichzeitig auch noch einmal? Nein, so wird das nichts, meine Damen und Herren.
Die Kritik, die Sie hier vorbringen, ist unehrlich. Sie ist verlogen, sie geht fehl. Sie spielen mit der Angst der Menschen, ohne ihnen zu sagen, welche Vorteile sie von der Europäischen Union haben.
Im Regierungsbezirk Chemnitz – ganz kurz dazu – hatten 1 300 Betriebe des verarbeitenden Gewerbes rund 101 000 Beschäftigte im Jahre 2004. Sie hatten eine Exportquote von insgesamt über 35 %, in manchen Wirtschaftszweigen wie dem Fahrzeugbau von über 52 %. Während im Regierungsbezirk Chemnitz die Umsätze im Ausland im Jahre 1991 bei 682 Millionen Euro lagen, betrugen sie 2005 rund 6,3 Milliarden Euro, meine Damen und Herren.
Es ist klar, wenn diese Binnenmarktregelungen zurückgedreht würden, dann wären allein im Regierungsbezirk Chemnitz 36 000 Arbeitsplätze unmittelbar betroffen, die entfallen würden, einschließlich der unternehmensnahen Dienstleistungen sogar 55 000 Arbeitsplätze.
Das sollten Sie Ihren möglichen Wählern einmal klar und deutlich erzählen. Die würden Ihnen dann ganz schnell abhanden kommen.
Ich frage die Fraktion GRÜNE: Wird das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann die NPD-Fraktion; Herr Dr. Müller, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Martens, Sie sprachen davon, wir spielten mit der Angst der Menschen.
Das ist falsch. Sie haben das nur noch nicht erkannt. Wir sind das Sprachrohr der Mehrheit der Menschen in diesem Land, gerade, was die europapolitischen Dinge betrifft.
(Beifall bei der NPD – Widerspruch bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)
Deswegen scheuen Sie sich ja immer und immer wieder, irgendwann einen Volksentscheid zu diesen Themen zu machen.
Aber jetzt komme ich zu dem, was ich Ihnen eigentlich sagen wollte, meine Damen und Herren. Am 14. Januar 2007 erschien in der Zeitung „Welt am Sonntag“ ein Aufsatz des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog, den man nur als eine riesengroße Sensation bezeichnen kann. Herzog unterzog in seinem Aufsatz den Prozess der sogenannten europäischen Integration einer fundamentalen Kritik und wagte es, Positionen zu formulieren, die bislang in Bezug auf die Europäische Union nur von der NPD oder von Wissenschaftlern wie den Professoren Schachtschneider und von Arnim vertreten worden sind.
Herzogs Kernsatz, der in der politischen Klasse eigentlich ein schweres Erdbeben und danach einen radikalen Umdenkprozess auslösen müsste, lautete – ich zitiere –: „Es stellt sich die Frage, ob man die Bundesrepublik Deutschland überhaupt noch uneingeschränkt als parlamentarische Demokratie bezeichnen kann.“
„Die Politik der Europäischen Union leidet“ nach Herzog und seinem Co-Autor Gerken, dem Leiter des Zentrums für Europäische Politik, „in besorgniserregender Weise unter einem Demokratiedefizit und einer faktischen Aufhebung der Gewaltenteilung.“ Das war übrigens wieder ein Zitat.
Der Bundestag sei in die von Deutschland relevante EUGesetzgebung nicht so eingebunden, wie es das Grundgesetz für das deutsche Parlament verlange. Viele Bundestagsabgeordnete seien über diese Entwicklung ebenfalls beunruhigt, scheuten aber davor zurück, dieses öffentlich zu äußern. Hinzu komme, dass die EU immer weitere Kompetenzen erlange, obwohl diese sachlich oft nicht angebracht seien. Die heutigen politischen Strukturen, die der – ich zitiere – „schleichenden Zentralisierung“ Einhalt gebieten sollen, hätten versagt. Das Wort von der faktischen Aufhebung der Gewaltenteilung bedeutet nichts anderes als die Feststellung, dass Artikel 20 Grundgesetz und damit die sogenannte freiheitlich-demokratische Grundordnung – abkürzt FdGO – in Deutschland außer Kraft gesetzt worden ist, genau wie wir Nationaldemokraten es schon seit Jahren wiederholt festgestellt haben, nicht zuletzt in diesem Landtag.
Sie haben immer wieder den Begriff der „freiheitlichdemokratischen Grundordnung“ weihevoll beschworen. Wie schamlos haben Sie ihn gleichzeitig als Totschlagskeule gegen die nationale Opposition missbraucht. Jetzt reibt Ihnen der ehemalige Bundespräsident und ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Roman Herzog, das Sterbeattest, eben diese FdGO, unter die Nase. Wenn über 80 % der Gesetze de facto nicht von der gewählten deutschen Legislative, sondern von der Exekutive im Bund mit überstaatlichen Seilschaften beschlossen werden, dann ist diese freiheitlich-demokratische Grundordnung mausetot und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland im Wesentlichen Makulatur.
Etwas anderes kann man der Feststellung Herzogs über den Zustand der parlamentarischen Demokratie in Deutschland nicht entnehmen. Herzog und Gerken lassen auch an ihrer Ablehnung des EU-Verfassungsvertrages keinen Zweifel. Im Großen und Ganzen bestätigen sie eindeutig die Position, die der von der NPD-Fraktion geladene Experte Prof. Karl-Albrecht Schachtschneider in der Anhörung zu der Frage der Vereinbarkeit der EUVerfassung mit dem Grundgesetz geäußert hat.
Aber, meine Damen und Herren, bedarf es denn immer erst des Urteils hochkarätiger Experten, bevor wir uns Klarheit über ein Problem verschaffen können? Auch im Falle des Prozesses der sogenannten europäischen Integration waren die Bürgerinnen und Bürger der Politik weit voraus. Die Ablehnung der Europäischen Verfassung durch die Franzosen und die Niederländer und die Aussetzung der Referentenentwürfe in Großbritannien und in anderen Ländern waren Paukenschläge, die überdeutlich gemacht haben, dass die Völker ein Europa, das sie entmündigt, sie aller politischen Mitbestimmungsmöglichkeiten und aller sozialen Rechte beraubt, nicht wollen.
Neben dem Votum über die Verfassung spielten sicherlich auch andere Motive für die Entscheidung der Niederländer und der Franzosen eine Rolle, so der Ärger über die Überversorgung sämtlicher europäischer Amtsträger und Funktionäre, die grotesken Missbräuche bei der Spesen
abrechnung der Mitglieder des Europäischen Parlaments, die anstehende Angleichung ihrer Gehälter auf hohem Niveau und die kürzlich eingeführte Subventionierung europäischer politischer Parteien aus dem EU-Haushalt.
Diese Mängelliste könnte beliebig verlängert werden, beispielsweise um die Aufblähung des Parlaments, der Kommission und anderer Organe der EU zu ungebührlicher Größe, die ihre Arbeitsfähigkeit schon längst zum Erliegen gebracht hat, über die überproportionale Vertretung der Bürger kleiner Staaten in den EU-Organen, die diesen ein Gewicht gibt, das in keinem Verhältnis zu ihrer geringen Bevölkerungszahl steht, bis hin zur Milliarden verschlingenden europäischen Agrar- und sonstigen Subventionspolitik.
Sie zeigt aber vor allem eines: nämlich, dass es ein Weiter so! nicht mehr geben kann und wir deshalb die Bundesregierung davon überzeugen müssen, nicht länger in die Rolle einer Erfüllungsgehilfin der Eurokratie und deren mächtigen Drahtzieher im Hintergrund zu schlüpfen.
Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Wenn das nicht der Fall ist, dann bitte ich, dass die NPD-Fraktion das Schlusswort hält; Herr Abg. Apfel, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Höhepunkt der deutschen Ratspräsidentschaft soll die Unterzeichnung der Berliner Erklärung am 25. März 2007 sein, da sich an diesem Tag die Unterzeichnung der Römischen Verträge, mit denen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft begründet wurde, zum 50. Mal jährt. Die EU-Größen sollen an diesem Tag in der deutschen Hauptstadt ein Dokument unterzeichnen, das Auskunft über die viel zitierten Werte der Europäischen Union geben soll.
In ungewohnt generöser Weise wird für den Steuerzahler, der das ganze Politspektakel wieder einmal bezahlen muss, parallel zum Berliner Gipfel ein großes Bürgerfest organisiert. Wenn der Bürger schon nichts zu sagen hat, wenn er denn schon aller demokratischen Mitbestimmungsrechte beraubt wurde, so soll er doch wie zur Zeit des Feudalismus wenigstens eine sich selbst feiernde abgehobene politische Pseudo-Elite devot bejubeln dürfen.
Die Berliner Erklärung dürfte dann, wie viele andere Papiere in der EU-Geschichte auch, zu einer Aneinanderreihung von diplomatischen Floskeln und inhaltsleeren Absichtserklärungen verkommen.
Als Abgeordnete dieses Landtages sollten wir aber wenigstens alles dafür tun, dass es anders kommt. Anders käme es dann, wenn am 25. März 2007 auf die gefährli
che Aushöhlung der Souveränität der Nationalstaaten hingewiesen würde, auf die Risiken des unseligen Türkeiabenteuers und auf Roman Herzogs Analyse, dass die Bundesrepublik wegen des Prozesses der Europäischen Integration eben nicht mehr als parlamentarische Demokratie bezeichnete werden kann. Aber nicht nur deshalb. Wenn der Berliner Gipfel einen solchen Durchbruch zu den existierenden europapolitischen Realitäten brächte, dann, und erst dann, meine Damen und Herren, gäbe es etwas zu feiern.
Setzen wir uns wenigstens hier im Landtag dafür ein, dass Europa abkommt, abkommt vom Irrweg einer Überbürokratisierung, einer Geldverschwendung, einem Erweiterungswahn und dem ständigen Abbau nationaler Souveränitätsrechte. Wer den europäischen Gedanken vor vollständiger Diskreditierung bewahren will, muss endlich die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernster nehmen, die Sorge vor einem Verlust des Arbeitsplatzes, vor einer Verschlechterung ihrer sozialen Lage durch den