Protokoll der Sitzung vom 26.01.2007

Sowohl von der Wirtschaft als auch von großen Teilen der Altparteien wird der Artenschutz immer noch als Bedrohung angesehen und so auch ins Volk transportiert. Das Resultat ist eine völlig falsche Einstellung vieler Menschen zur Notwendigkeit des Artenschutzes. Der Feldhamster wird zum Todfeind der Autoindustrie erklärt und die meisten Menschen sehen im Bau von Amphibientunneln eher eine Steuergeldverschwendung als eine für das Überleben der Arten notwendige Investition.

Auch wenn heute die finanziellen Möglichkeiten für den Naturschutz alles andere als zufriedenstellend sind, so ist es dringend geboten, die vorhandenen Potenziale optimal zu nutzen.

Die bestehenden Agrar-, Umwelt- und Naturschutzprogramme müssen stärker für den Artenschutz genutzt und spezieller darauf ausgerichtet werden. Gleichzeitig muss die Nutzung der Landschaft deutlich besser an die Nutzung der gefährdeten bzw. vom Aussterben bedrohten Arten angepasst werden. Als Beispiel möchte ich die jährliche Pflege von Stilllegungsflächen ansprechen. Wir von der NPD haben uns zu Beginn des vorigen Jahres gegen die Verkürzung des Sperrzeitraumes für die Bearbeitung von Brachflächen zum Wohle der darauf lebenden seltenen Arten ausgesprochen. Durch diese vergleichsweise geringe Einschränkung bei der Flächenbewirtschaftung wird ohne zusätzliche Finanzmittel ein großer Beitrag für den Erhalt der verschiedenen Arten geleistet.

Die einzelnen Punkte des vorliegenden Antrages werden von unserer Fraktion durchweg unterstützt. Die Einsparung personeller und finanzieller Ressourcen durch die gemeinsame Umsetzung von Natura 2000 und der Wasserrahmenrichtlinie ist sinnvoll und aufgrund der angespannten Haushaltslage dringend notwendig. Insbesondere beim Hochwasserschutz werden in Sachsen enorme Mittel verbaut, ohne positive bzw. sogar mit negativer Wirkung auf Natur und Arten.

Die Schaffung eines Biotopverbundes auf 15 % der Landesfläche unterstützen wir ebenfalls. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Lebensraumansprüche aller relevanten Arten in ausreichendem Maße bei der Auswahl der Flächen des Verbundes berücksichtigt werden. Für besonders wertvolle Lebensräume gefährdeter Arten muss es aus unserer Sicht die Möglichkeit geben, dass diese Flächen durch Ankauf dauerhaft gesichert werden. Unsere Fraktion hatte dafür Haushaltsmittel gefordert.

Der Staat darf sich beim Artenschutz aber nicht seiner Verantwortung entledigen und lediglich zum Verwalter der Umwelt werden. Strategien, Pläne und Programme

sind dabei nur eine Seite; die tatsächliche Umsetzung durch gesetzgeberisches Handeln und die Bereitstellung finanzieller Mittel sind die andere und viel wichtigere Seite.

Gerade in Anbetracht dieser Tatsache werden wir als NPD-Fraktion unser größtmögliches Augenmerk auf die bevorstehende Novellierung des Naturschutzgesetzes legen. Darin werden die wirklich wichtigen Weichen für die Zukunft der heimischen Arten gestellt.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Herr Lichdi, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will auf das eingehen, was die bisherigen Redner gesagt haben, und verspreche Ihnen, auf das Schlusswort zu verzichten. Ich habe jetzt aber mehr Zeit als beim Schlusswort.

Herr Prof. Mannsfeld, ich möchte es Ihnen noch einmal ganz klar und in aller Öffentlichkeit sagen: Sie haben in Ihrem Redebeitrag wieder – wie auch gestern – so getan, als ob wir die Erfolge, die in der sächsischen Naturschutzpolitik unbestritten seit dem Jahre 1990 erzielt worden sind, nicht würdigen würden. Ich habe diese sowohl gestern gewürdigt, und es ist auch in unserem gestern eingereichten Entschließungsantrag explizit nachzulesen. Meine Kollegin Günther-Schmidt hat heute auch in diesem Sinn gesprochen. Ich bitte Sie doch wirklich herzlich, diese Unterstellungen nicht mehr vorzutragen.

Zum zweiten Punkt. Sie haben kritisiert, dass wir Probleme bei der FFH-Gebietsausweisung bemängelt hätten. Daran halten wir in der Tat fest. Ich darf Sie nur an die Ihnen bekannte Geschichte der FFH-Gebietsausweisung erinnern. Erst wollte der Freistaat überhaupt nicht melden, dann wurde er im Jahre 2000 von der EU dazu angehalten, aber er wollte immer noch nicht. Dann musste Ministerpräsident Biedenkopf nach Brüssel fahren, um dort sozusagen das Auffahren schwerer Geschütze, also die Streichung von Fördermitteln, zu verhindern. Das ist gelungen. Dann wurde nachgemeldet und es gab eine NABU-Schattenliste. Das wissen Sie alles. Dieser Schattenliste ist man dann mehr oder weniger gefolgt.

Dann hatte diese Geschichte mit der Meldung in 2006 seinen Abschluss gefunden, wobei ich gern zugebe, dass der Freistaat Sachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern durchaus gut dasteht. Aber die Geschichte endet nicht mit der Meldung, sondern sie geht mit der Ausweisung weiter.

Ich hatte es gestern bereits erwähnt, dass wir dieses Grundschutzgesetz aus dem Jahre 2005 haben. In diesem steht, dass wir keine Ausweisung der FFH-Gebiete bis zum Jahre 2009 vornehmen. Genau das kritisieren wir. Deswegen hat meine Kollegin zu Recht davon gespro

chen, dass bei den FFH-Gebieten nicht befriedigend gearbeitet wird.

Zu Punkt 3. Herr Mannsfeld, Sie haben den Prozessschutz angesprochen. Auch dort wird wieder versucht, einen Widerspruch zwischen unserer Position und der Position der CDU herzustellen. Der Prozessschutz ist das moderne Mittel des Naturschutzes und wir stehen natürlich hinter dem Gedanken des Prozessschutzes. Aber das wiederum in einen Gegensatz zu unserer Forderung zu bringen, eine entschiedene Biodiversitätspolitik zu betreiben, kann ich nicht nachvollziehen.

Es wird jetzt vielleicht zu fachlich, aber auch ich habe diesen interessanten Vortrag von Herrn Prof. Haber gelesen. Dieser wirft natürlich die Frage auf, welche Arten, wie und was wir schützen. Diese Problematik ist mir bekannt. Deshalb sprechen wir nach meinem Verständnis von Artenvielfalt. Darin ist bereits enthalten, dass Arten auf natürliche Weise aussterben. Wir haben aber ein anderes Phänomen. Wir sprechen nicht über die natürliche Aussterberate, sondern über diese weit erhöhte Rate aufgrund der menschlichen Nutzung, die dort stattgefunden hat. Hierbei sehe ich überhaupt keine Konfliktlinie, wie Sie sie aufmachen.

Großschutzgebiete in Sachsen: Sie haben zu Recht die Einheit von Schutz und Nutzung gefordert. Richtig! Genau das wollen wir auch. Deswegen wollen wir die InWertsetzung, wie es das BfN zu Recht nennt, bei den Großschutzgebieten erreichen. Deshalb haben wir in der Großen Anfrage nachgefragt, was Sie gestern kritisiert haben. Der Staatsminister hatte uns auf die Große Anfrage geantwortet, wie sich die Besucherzahlen erhöht haben. Aber welche Instrumente eingesetzt und welche wirtschaftlichen Effekte erzielt worden sind, konnte er nicht beantworten. Genau darum geht es aber; um die Einheit von Schutz und Nutzung.

Wir können doch nur dann dem Naturschutz einen wirklichen Dienst erweisen und die Bedeutung bzw. Stellung des Naturschutzes in der Öffentlichkeit steigern, wenn wir den Menschen klarmachen können: Hört mal zu, ihr habt etwas davon, und zwar in Heller und Pfennig! Diese Beispiele aus Brandenburg habe ich nur genannt, weil es dort gute Modelle gibt, die auf ihre wirtschaftlichen Folgen hin untersucht worden sind. Nichts anderes regen wir für Sachsen an.

Von verschiedenen Rednern wurde hier des Öfteren die Verfristung kritisiert. Ich gebe zu, der Punkt 5 ist verfristet. Wir haben den Antrag im Juni eingereicht. Das sei Ihnen zugestanden. Die anderen Punkte sind allerdings nicht verfristet. Frau Kagelmann, Sie haben zu Recht auf den Punkt 1 mit dem Ziel 2010 hingewiesen. Frau Astrid Günther-Schmidt hat es dargestellt und die anstehende Vertragsstaatenkonferenz genannt. Das ist ein topaktuelles Thema. Leider hat sich die Staatsregierung dem noch nicht gewidmet.

Ich möchte besonders auf Punkt 3 hinweisen. Der NABU hat die Ausweisungsliste kritisiert. Wenn wir sehen, dass die jetzige Ausweisungsliste im Grunde genommen zu

großen Teilen auf der NABU-Schattenliste fußt, dann halte ich es schon für richtig, dieses Thema weiter offenzuhalten. Deshalb haben wir das aufgenommen, um die öffentliche Aufmerksamkeit darauf zu lenken.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, keine Scheingefechte aufzumachen; denn es sollte doch darum gehen, gemeinsam dem Naturschutz eine größere Bedeutung in der Öffentlichkeit zuzubilligen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wird von der Staatsregierung das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Tillich, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie können sich darauf verlassen, dass ich nicht lange sprechen werde. Ich gehe im Wesentlichen nur auf die Bemerkungen der Vorredner ein und gebe den Rest der Rede zu Protokoll.

Zum Ersten. Die rechte Seite hat heute wieder einmal eine „toughe“ Rede in Sachen Umwelt und Naturschutz abgeliefert. Ich wusste nicht, dass der Feldhamster und die Amphibien mittlerweile Freunde der NPD geworden sind. Ich glaube, sie wollen es aber gar nicht sein. So viel zu dem, was dazu inhaltlich gekommen ist. Ansonsten rate ich Ihnen: Setzen Sie sich in der Tat mit diesem Thema einmal inhaltlich auseinander.

Zum Zweiten. Herr Lichdi, ich war damals mit Herrn Ministerpräsident a. D. Prof. Biedenkopf und meinem Amtsvorgänger, Herrn Flath, drüben bei Frau Kommissarin Wallström. Im Unterschied zu Ihnen weiß ich, was bezüglich der Anmeldung der FFH-Gebiete und der Anerkennung seitens der Europäischen Union geschehen und was miteinander besprochen worden ist. Deshalb kann ich Ihre Kritik in dieser Angelegenheit nicht teilen. Ich habe es Ihnen gestern gesagt: Die FFHGebietsausweisung hat seitens der Europäischen Kommission auch in der Anerkennung von Herrn Gabriel im Jahre 2005 eine Bestätigung erfahren.

Herr Lichdi, ich möchte Ihnen noch Folgendes sagen: Alles das, was Sie nicht wissen, bedeutet nicht automatisch, dass es das nicht gibt. Nach wie vor sieht die Sächsische Verfassung explizit die Trennung von Exekutive und Legislative vor. Ich glaube, es wird immer so sein, dass Sie als Oppositionspolitiker zwar von Ihrem Fragerecht Gebrauch machen können und einiges erfahren dürfen, aber nicht alles wissen müssen, was in den Köpfen innerhalb der Verwaltung gerade vorbereitet bzw. umgesetzt wird.

Außerdem möchte ich einen Satz sagen: Ich lasse mich nicht dafür kritisieren, dass wir noch keine Landesstrategie zum Artenschutz haben. Ich habe zumindest bis jetzt, der Logik gehorchend, immer gesagt – und dazu stehe ich nach wie vor –: Wenn es eine nationale Artenschutzstrategie gibt – diese ist innerhalb der Bundesressorts zurück

genommen worden und befindet sich jetzt in einer neuen Abstimmung – und wir erkennen können, in welche Richtungen es geht, dann werden wir uns mit diesem Thema auch befassen und es danach letztlich in eine Landesstrategie einfließen lassen.

Herr Prof. Mannsfeld, ich bin Ihnen ausdrücklich dankbar. Sie haben gestern bereits die Frage gestellt und sie heute wiederholt. Wenn es eine Kritik am Artensterben gibt, so ist diese zum Teil berechtigt. Aber nur zum Teil; denn ich stelle mir die Frage zum Beispiel in meiner Heimat, der Lausitz. Ich bin froh darüber, dass es nun ein sich entwickelndes Lausitzer Seenland und eine Rekultivierung nach dem Braunkohlentagebau gibt. Dementsprechend wird damit ein Verschwinden bestimmter Arten einhergehen, die sich in genau dieser Umgebung und dieser einmaligen Natur, die wir eigentlich alle als Mondlandschaft bezeichnet haben, wohl gefühlt haben, und ich halte es per se für die Menschen, die dort leben müssen bzw. leben wollen, für keinen schlimmen Zustand, wenn diese Arten aus dieser Gegend letztendlich wieder verschwinden.

Was die Landschaftspläne betrifft, Herr Lichdi, so halte ich es für ein Land wie den Freistaat Sachsen für legitim und gut, dass wir eine Abdeckung von 65 % durch Landschaftspläne haben. Wenn Sie nun einfordern, dass alle Kommunen diese haben sollen, so hat Ihnen Herr Prof. Mannsfeld darauf eine richtige Antwort gegeben. Aber ich will Ihnen deutlich sagen, dass Sie eines vergessen haben: dass sich die Regionalpläne zurzeit in Abstimmung befinden und darüber hinaus in den Landschaftsplänen genau diese Ergänzung bringen werden, die Sie immer als die wichtige Voraussetzung für den Biotopverbund ansehen.

(Unruhe im Saal – Glocke der Präsidentin)

Zu Frau Kagelmann wollte ich noch eine Bemerkung machen. Sie haben es angesprochen: Herr Lichdi fordert 15 %, Sie fordern 20 %. Solange Sie sich nicht einig sind, bleiben wir bei dem, was im Gesetz steht, nämlich mindestens 10 %, und wir schauen dann einmal, was in der Praxis im Ergebnis herauskommt, aber wir müssen nicht mehr ins Gesetz hineinschreiben.

(Zuruf der Abg. Kathrin Kagelmann, Linksfraktion.PDS)

Mindestens 10 % ist unsere gesetzliche Verpflichtung, und diese werden wir übererfüllen, das wissen Sie, darüber haben wir uns bereits unterhalten.

Was das Wolfsbüro betrifft, so will ich zuletzt noch bemerken: Es ist ja nicht so, dass es 2007 dem „Aussterben“ oder Auslaufen ausgeliefert ist. Nachdem nach den Kommunen, dem Bund und dem Freistaat Sachsen auch Brandenburg Interesse an einem solchen Wolfsmanagement und einer solchen Wolfsinformation bekundet hat, bin ich zuversichtlich, dass es einen Anschluss für das Jahr 2007 geben wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Herr Staatsminister, ich mache eine Ausnahme, da wir in den letzten Tagen mehrfach eine Ausnahme gemacht haben. Aber ich möchte einmal grundsätzlich darauf hinweisen: Entweder man beginnt und beendet eine Rede oder man gibt sie zu Protokoll. Aber ein Stück einer Rede zu halten und danach etwas zu Protokoll zu geben ist nach der Geschäftsordnung eigentlich nicht erlaubt. Wir haben das in den letzten Tagen ab und zu gemacht, würden es aber nicht unbedingt fortsetzen wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Die Fraktion der GRÜNEN hat auf das Schlusswort verzichtet, das habe ich richtig verstanden. Ich möchte noch einmal fragen: Frau Kagelmann, wollen Sie punktweise Abstimmung? Dann sollten Sie es beantragen.

(Kathrin Kagelmann, Linksfraktion.PDS: Nein!)

Nein. Ich lasse nun über die Drucksache 4/5527 abstimmen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Dafür-Stimmen ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Erklärungen zu Protokoll

Liebe GRÜNEN-Fraktion! Gut, dass wir Sie hier im Plenum haben und jetzt auch noch über Artenvielfalt sprechen dürfen. Nach den Debatten zum Naturschutz und zum Klimawandel hatte ich diesen Antrag schon erwartet. Nach neueren Umfragen gehören Sie selbst ja auch zur Spezies der „bedrohten Arten“.

Die biologische Vielfalt gilt als eine der Grundvoraussetzungen für die Stabilität der weltweiten Ökosysteme. Allerdings ist Vielfalt nicht in allen Fällen mit Stabilität gleichzusetzen. Als Standard-Gegenbeispiel werden oft die relativ artenarmen Fichtenwälder genannt, die zum