In der Großen Anfrage standen auch die staatlichen Instrumente, die dazu eine Rolle spielen. Aber wir können uns nicht hier hinstellen und im Grunde genommen solche Forderungen unterstützen, denn – das will ich noch einmal betonen und das war auch gestern mein Credo, wenn ich das so sagen darf – es muss uns noch besser gelingen, die Einheit von Schutz und Nutzung unserer Naturreichtümer, zu der wir die Artenvielfalt rechnen, letztlich sicherzustellen. Auf diesem Wege müssen wir vorankommen, wenn wir im Sinne der Punkte 1 und 2 des Antrages erfolgreich sein wollen. Wir müssen also noch besser Arten- und Biotopschutz in die Form der Flächennutzung integrieren.
Das ist das, was mir eben auffiel. Solche konstruktiven Ansätze – und für mein und unser Verständnis sind es die einzig zielführenden, die uns an den Punkt kommen lassen, was wir auch im Artenschutz erreichen wollen – lese ich in Ihrem Antrag herzlich wenig, um nicht zu sagen: eigentlich keine Zeile. Deshalb bleibt das Fazit: Dieser Antrag, abgesehen von den quasi verfristeten Punkten, die darin stehen, helfen dem Problem nicht weiter und er ist somit nicht zustimmungsfähig.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Es ist schon erstaunlich, wie intensiv wir uns allein in den letzten zwei Tagen mit der Artenvielfalt in Sachsen beschäftigt haben, und das, wenn ich zum Beispiel an heute Morgen, an die Hochschuldebatte denke, sogar außerhalb der Fachzuständigkeit. Ohnehin werden wir uns künftig stärker mit Umweltschutzthemen auseinandersetzen. Die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen bedingen dies einfach. Insofern stelle ich mich jeder Möglichkeit des Gedankenaustausches. Häufig ist der Weg das Ziel, gerade wenn man aus der Position einer Oppositionspartei heraus agiert. Ich sage das deshalb so deutlich, weil – hier muss ich Prof. Mannsfeld leider recht geben – über die meisten Punkte des Antrages inzwischen die Zeit hinweggegangen ist.
Die späte Einbringung ist beispielsweise bei Punkt 5, in dem es um die Programmplanungen von ELER und EFRE für die Förderperiode 2007 bis 2013 geht, bedauerlich, weil an dieser Stelle spätestens am 10. November 2006 alle Messen gesungen waren. Na klar, das war immer unsere Kritik im Ausschuss: ohne die Stimmen der Parlamentarier dabei zu berücksichtigen.
Aber der Entwicklungsplan „Ländlicher Raum“ auf Grundlage des ELER liegt inzwischen bei der EU und ist mit der Beschlussfassung zum Haushalt inzwischen finanziell durch den Landtag sanktioniert.
Ähnlich verhält es sich mit Punkt 3. Im Sommer reagierte die Sächsische Staatsregierung endlich mit der Meldung weiterer 57 Vogelschutzgebiete nach Brüssel auf ein gegen Deutschland angedrohtes EU-Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit dem europäischen Schutzgebietsnetz „Natura 2000“.
Als Kreisrätin im NOL weiß ich sehr wohl, dass die Ausweisung vor Ort alles andere als Freudentaumel hervorgerufen hat. Dabei war es vor allem der nutzungsrechtliche Schwebezustand, der seit Anfang der Neunzigerjahre durch die Sächsische Staatsregierung selbst über eine Verzögerungs- und Verhinderungstaktik gegenüber der EU befördert wurde, der die Emotionen erst hochschaukelte, die man später angestrengt zu glätten versuchte.
Zunächst ist die Meldung weg und die rechtliche Festsetzung ist ebenso erfolgt. Aber es ist dennoch möglich, dass an dieser Stelle ein Votum für die noch ausstehende Beschlussfassung zum Sächsischen Naturschutzgesetz abgegeben wird. Das betrifft insbesondere Punkt 1, das Biotopverbundsystem, das bereits gestern Gegenstand der Debatte war.
Die im Antrag vorgeschlagenen 15 % Biotopverbundsfläche halte ich für eine angemessene Zielstellung. Ich könnte mir durchaus auch eine Zielmarke von 20 % vorstellen; denn auch diese Größe ist bereits realisiert, zählt man die Flächen aller im Gesetz für den Biotopver
bund genannten Schutzgebietstypen zusammen. Entscheidend ist aber, diese Schutzgebiete zu vernetzen, und zwar nicht nur, um einem Naturschutzgesetz Genüge zu tun, sondern weil nur über den Austausch zwischen den Biotopen die Stabilität von Populationen gewährleistet werden kann. Genau darauf stellen fachliche Stellungnahmen ab, unter anderem vom NABU Sachsen, die eine gesonderte und zusätzliche prozentuale Ausweisung speziell von Biotopverbundflächen vorschlagen. Auch das ist eine interessante Anregung.
Auf alle Fälle, Herr Staatsminister Tillich, sollte man sich durchaus etwas ambitionierter geben und die Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes nach oben reißen. Dieser Punkt wäre auf alle Fälle abstimmungsfähig.
Aus dem gleichen Grunde halte ich es auch für sinnvoll, noch in der Entwurfsphase einer nationalen Biodiversitätsstrategie mit der Erarbeitung eines eigenen Landesprogramms zu beginnen. Ein solcher Vorlauf ist geradezu zwingend, wenn ich daran denke, welche Umsetzungszeiträume zwischen EU-, Bundes- und Landesebene die Norm sind.
Ich möchte noch auf zwei weitere Probleme im Zusammenhang mit der biologischen Artenvielfalt eingehen. Gegenwärtig ziehen aus naturschutzfachlicher Sicht auch an anderer Stelle dunkle Wolken auf. Da soll nämlich über das Konstrukt Artikelgesetz in das Sächsische Naturschutzgesetz hineinregiert werden, speziell in den Regelungsbereich der kommunalen Baumschutzsatzung. Seit Sommer letzten Jahres gehen regelmäßig Petitionen bei den Abgeordneten ein, die sich für die Beibehaltung der bisherigen Regelung zum Baumschutz einsetzen.
Herr Staatsminister Mackenroth – jetzt kommt er gerade –, es mag ja schmerzlich sein, wenn der Bürokratieabbauhammer zum Hämmerchen verkommt. Aber das ist mit uns nun wirklich nicht zu machen, weil es naturschutzfachlich schlicht falsch ist. Verantwortung für biologische Artenvielfalt, Herr Mackenroth, darf eben nicht am privaten Gartenzaun aufhören; eigentlich fängt sie dort erst an.
Zum Schluss, werte Damen und Herren, noch ein kleiner Werbeblock für einen interessanten illegalen Einwanderer aus Polen: den Wolf. In der Dezemberberatung meines Heimatkreistages, dem Niederschlesischen Oberlausitzkreis, führte eine simple Projektinformation zu heller Aufregung.
Das Projekt, um das es dabei ging, war das Kontaktbüro Wolf, und in der Debatte feierte das Rotkäppchensyndrom feierlich Urständ. Ein Stück weit konnten Sie ja den Lupus-Schlagabtausch in der landesweiten Presse mitverfolgen.
Ich kann Ihnen aus eigenem Erleben versichern: In solchen Auseinandersetzungen geht es wenig heimelig zu. Nun ist das vom Land finanzierte Kontaktbüro eigentlich Teil eines professionellen Konfliktmanagements in
Aber, Herr Staatsminister Tillich, Konfliktmanagement braucht Zeit und Kontinuität. Vertrauen muss wachsen können. Deshalb appelliere ich bereits heute an Sie, Herr Tillich, in Ihrem Hause darüber nachzudenken, wie die dringend notwendige professionelle Aufklärungs- und Moderationsarbeit des Kontaktbüros Wolf über das Jahr 2007 hinaus durch das Land gefördert werden kann.
Ich hätte der GRÜNEN Fraktion gern vorgeschlagen, dass sie punktweise abstimmen lassen sollte. Ich halte Punkt 1 und Punkt 2 durchaus für abstimmungsfähig. Meine Fraktion würde sehr gern zustimmen. Die restlichen Punkte halte ich ebenfalls für verfristet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf der 8. UN-Konferenz über den Erhalt der biologischen Vielfalt im März 2006 wurde festgestellt, dass auf unserem Planeten noch nie so viele Tiere und Pflanzen ausgestorben sind wie gegenwärtig. Arten sterben und Arten entstehen neu. Das ist ein dynamischer Prozess und an sich etwas Normales.
Nicht normal ist allerdings das beschleunigte Aussterben von Tier- und Pflanzenarten, welches durch den Menschen und seinen Einfluss auf die Umwelt verursacht wird. Schließlich muss uns allen klar sein, dass die Erhaltung der Vielfalt des Lebens und der Gesundheit der Ökosysteme die Grundlage für unseren Wohlstand und unser Wohlergehen ist.
Ein altbekanntes Sprichwort lautet: Die Natur braucht uns nicht, aber wir brauchen die Natur. Dabei graben wir uns von zwei Seiten her die Lebensgrundlage ab: zum einen durch den Klimawandel und zum anderen durch die Zerstörung der Lebensräume für viele Tiere und Pflanzen. Das Problem geht deshalb nicht nur Natur- und Umweltschützer etwas an, sondern betrifft viele Bereiche. Von daher sind große Anstrengungen erforderlich, um diesem globalen Trend etwas entgegenzusetzen.
Mit dem europäischen Aktionsplan zur sogenannten Biodiversität hat die EU-Kommission im Mai 2006 energische Schritte zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Europa gefordert. Die EU-Kommission stellt vier zentrale Forderungen, die ich hier kurz nennen möchte:
Erstens. Am wichtigsten sind die europäischen Schutzgebiete und die Bewahrung der vorhandenen Artenvielfalt. Dazu muss das Natura-2000-Netzwerk vervollständigt werden.
Zweitens. Biodiversität muss die internationale Handelspolitik stärker bestimmen. Konkret heißt das zum Bei
spiel, auf Importe von Produkten zu verzichten, die im Zusammenhang mit dem Abholzen der Tropenwälder stehen.
Viertens. Die Wissensbestände müssen wachsen. Die EU wird daher in der neuen Förderperiode bis 2013 in die Forschung und in den Ausbau entsprechender Archive investieren.
Wenn wir den Blick auf Sachsen richten, dann ist gestern und heute hierzu schon viel gesagt worden. Da kann man nur ergänzen: Es ist nur noch nicht von jedem gesagt worden. Insofern verzichte ich hier auf weitere Ausführungen.
Auch zu den Punkten, die schon verfristet sind, möchte ich mich nicht noch einmal äußern. Es bleibt mir nur, noch einmal zu betonen: Wenn wir uns über den Biotopverbund auseinandersetzen, dann können wir in quantitativer Hinsicht durchaus diese 15 % fordern, die von den GRÜNEN hier im Antrag stehen.
Das ist richtig. Aber wir haben uns in der Koalition verständigt, dass wir Gesetze eins zu eins umsetzen, und bleiben aus diesem Grund bei den 10 %, die allerdings eine Mindestanforderung sind. Natürlich können wir darüber hinausgehen. Die FFH-Meldeliste ist im Prinzip mit den 15 % schon erfüllt. Auch bei den Vogelschutzgebieten haben wir von der Fläche her 13,5 %. Das Problem ist aus meiner Sicht der qualitative Aspekt bei der Errichtung des Biotopverbundes.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die verschiedenen bei uns in Sachsen lebenden Tier- und Pflanzenarten haben alle ihre besondere Eigenart und Schönheit. Jedes Lebewesen fügt sich auf seine Art in die Gesamtheit des Naturhaushaltes ein.
den Wert der Artenvielfalt umfassend zu beschreiben. Die verschiedenen Pflanzen und Tiere sind für uns nicht nur Teile der Natur, sondern sie sind auch Teile unserer Heimat. Nicht zuletzt aus der Verantwortung für kommende Generationen muss dem Erhalt der heimischen Arten deutlich mehr Bedeutung beigemessen werden, als das bisher der Fall ist.
Wenn ich von Bedeutung spreche, meine ich damit nicht nur das Aufstellen von Plänen oder die Erfassung der Bestände, sondern konkrete Maßnahmen, die dem Artensterben deutlich entgegenwirken. Dort stellt sich dann die Frage: Was dürfen die für den Artenschutz notwendigen Maßnahmen heute kosten? Dabei ist entscheidend, welche Beziehungen die Menschen zur Natur und zu den Lebewesen haben.
Sowohl von der Wirtschaft als auch von großen Teilen der Altparteien wird der Artenschutz immer noch als Bedrohung angesehen und so auch ins Volk transportiert. Das Resultat ist eine völlig falsche Einstellung vieler Menschen zur Notwendigkeit des Artenschutzes. Der Feldhamster wird zum Todfeind der Autoindustrie erklärt und die meisten Menschen sehen im Bau von Amphibientunneln eher eine Steuergeldverschwendung als eine für das Überleben der Arten notwendige Investition.