Das wurde auch während der Behandlung des Berichtes durch den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss deutlich, die am 27. Februar dieses Jahres stattfand – zufällig einen Tag nach der Auszeichnung des deutschen Filmes „Das Leben der Anderen“ mit dem Oscar, dem international wohl am höchsten angesehenen Filmpreis. Dieser Film, der in Deutschland bereits viele Millionen Zuschauer in Ost und West erschüttert hat,
wird nun auch weltweit dabei helfen, die Geschichte vom Spitzelstaat DDR bekannt zu machen. Denn trotz einiger Ungenauigkeiten ist es dem jungen Regisseur Henckel von Donnersmarck mit den künstlerischen Mitteln des
Spielfilms hervorragend gelungen, die beklemmende Atmosphäre der Zeit vor 1989 deutlich zu machen – wie sie viele von uns Älteren leider noch zu gut in Erinnerung haben.
Auch in der Debatte des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses zu diesem Bericht habe ich diese Beklemmung wieder gespürt, als der Sprecher der Linksfraktion.PDS dem Sächsischen Landesbeauftragten in einer unangemessenen Aggressivität vorwarf, seinen gesetzlichen Auftrag zu überschreiten, weil er in seine Untersuchungen auch Vorgänge in der sowjetischen Besatzungszone einbezogen habe – als ob zu dieser Zeit nicht die Grundlagen dafür geschaffen wurden, die den stalinistischen Charakter der DDR prägten.
Als diese unbegründeten Argumente von Herrn Beleites mit ruhiger Sachlichkeit zurückgewiesen wurden, versuchte man seitens der Linksfraktion.PDS das Ganze ins Lächerliche zu ziehen – wie Sie es auch jetzt wieder versuchen –; eine Situation, die an Peinlichkeit nicht zu überbieten war. Obwohl es sich um eine geschlossene Ausschusssitzung gehandelt hat, möchte ich mich namens meiner Fraktion noch einmal ausdrücklich von diesem Auftreten distanzieren und bei Herrn Beleites entschuldigen, der sich zeitweise wie vor einem DDR-Tribunal vorgekommen sein muss.
Meine Damen und Herren von der Linksfraktion.PDS! Ihre Legitimation als demokratische Partei steht so lange infrage, wie Sie nicht Ihr Verhältnis zur Stasi ehrlich klären –
ist es doch bezeichnend, dass, wann immer dieses Thema nur angesprochen wird, einige von Ihnen zur Hochform auflaufen.
Warum registriert der Landesbeauftragte im vorliegenden Bericht Zusammenarbeit und Beratung mit Arbeitskreisen und Abgeordneten der Landtagsfraktionen von CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aber nicht mit der Linksfraktion.PDS? Besteht für Sie kein Beratungsbedarf zu dieser Problematik?
Meine Damen und Herren, neben der Auflistung zahlreicher Ausstellungen, Vorträge, Veranstaltungen und Publikationen widmet sich der Bericht auch dem Problem der Rehabilitierung von Opfern des Stalinismus und erwähnt deren Klage, dass bestehende gesetzliche Regelungen zur Rehabilitierung von den Ämtern nicht im Sinne der Betroffenen ausgelegt werden und der vorhandene Ermessensspielraum unberücksichtigt bleibt. Es ist Beamten, die nie in einer Diktatur gelebt haben, wohl schwer zu erklä
ren, dass die Schergen des Regimes wohlweislich keine justiziablen schriftlichen Unterlagen über ihre Untaten hinterlassen haben – genauso wie die Henker der Demokratie in Argentinien, Chile und Uruguay.
Erschwerend kommt hinzu, dass in den Verfahren zur Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden die Beweislast bei den Opfern liegt. Das bedeutet für die Betroffenen zermürbende Begutachtungsverfahren, da ein Kausalzusammenhang zwischen Haft und Gesundheitsschaden selten nachweisbar ist.
In umfassender Kenntnis der Stimmung und Lage der in der DDR politisch Verfolgten erwartet der Landesbeauftragte eine symbolische Wirkung der vom Bundestag zu beschließenden Opferpension und führt aus: „In einer Zeit, in der DDR-Systemträger höhere Renten erhalten und ehemalige Stasioffiziere zunehmend die Tätigkeit des MfS öffentlich bagatellisieren, muss eine wirksame Opferentschädigung auch die im Verborgenen verfolgten Opfer einbeziehen,
und die beabsichtigte Wiedergutmachung muss für die Gesellschaft erkennbar sein – für das Umfeld der Betroffenen ebenso wie für die breite Öffentlichkeit.“
Die tiefe Resignation unter den Verfolgten des Stalinismus, die im letzten Teil des Berichtes zum Ausdruck kommt, sollte alle demokratischen Entscheidungsträger betroffen machen und Grund für intensivere Anstrengungen sein, wirksamere gesetzliche Instrumentarien zu schaffen, um diese unbefriedigende Situation zu überwinden. Denn, meine Damen und Herren, dass wir heute hier in diesem Hohen Hause Demokratie praktizieren dürfen, haben wir auch denen zu verdanken, die dafür irreparable seelische und körperliche Schäden in Kauf genommen haben.
Dem Sächsischen Landesbeauftragten sei herzlicher Dank dafür gesagt, dass er uns mit seinem Tätigkeitsbericht mit Eindringlichkeit auf bestehende Defizite in der Rehabilitations- und Entschädigungspraxis aufmerksam gemacht hat.
Entsprechend der Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses bitte ich, den 14. Tätigkeitsbericht des Sächsischen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zustimmend zur Kenntnis zu nehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zumindest beim Einstieg hatten Sie recht, Herr Schowtka: Der Umstand, dass wir heute bereits den 14. Tätigkeitsbericht des
Um gleich etwaigen Ängsten und Unterstellungen zu begegnen: Wir fordern heute nicht ihre Auflösung. Ich erinnere daran, dass wir, die Fraktion der PDS, es waren, die sich, als im April 2000 die Änderungen am ursprünglichen Landesbeauftragtengesetz vom Juni 1992 behandelt worden sind, dagegen aussprachen, dass der Landesbeauftragte in seiner ursprünglichen, der dem Datenschutzbeauftragten in mancherlei Hinsicht vergleichbaren Stellung heruntertransformiert wird in eine Landesbehörde, die dem Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz zugeordnet ist.
Herr Kollege, ich sage: allerdings in Anführungsstrichen. Man muss sich doch etwas dabei denken, wenn man als Behörde „Tag der Befreiung“ in Anführungsstrichen schreibt.
Nach der Erwähnung, dass der 8. Mai 1945 auch „Endpunkt der Nazi-Diktatur“ war, begnügt sich der Rest der Veranstaltungsschilderung damit darzustellen, dass quasi die erinnerungswürdigen Ereignisse nach dem 8. Mai – Zitat – „die Errichtung von sowjetischen Lagern und die ‚demokratische Bodenreform’“ waren und dass die Landesbehörde für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes in Veranstaltungen am 6. September 2005 der Bodenreform, am 7. September 2005 der Errichtung sowjetischer Speziallager und am 17. Oktober 2005 der Errichtung von sowjetischen Speziallagern in der SBZ vor 60 Jahren gedachte.
Das hatte von vornherein – eingeschlossen die damit verbundenen Personalkürzungen – den Anschein von Wollen, aber nicht so recht Können, und mit dem Abstand der seither vergangenen sieben Jahre ist umso mehr zu fragen, weshalb überhaupt die Zuordnung zum Geschäftsbereich der Justiz erfolgte, wenn nach Ausweis des hier vorliegenden 14. Tätigkeitsberichtes mit Ausnahme vielleicht noch der Beratung zu Fragen der Akteneinsicht zur Bewertung von Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes bzw. von einzelnen Überprüfungsfragen der Landesbeauftragte offenkundig alles Mögliche macht, nur nicht das, was gemeinhin dem justiziellen Bereich zugeordnet ist; im Übrigen auch alles Mögliche, was nicht zu seinem gesetzlichen Auftrag gehört. Darüber wird noch zu reden sein, Herr Schowtka.
Angesichts dessen sagen wir schon – wir bleiben auch dabei –: Was das alles mit dem durch Gesetz dieses Landtages vom 30. Juni 1992 in der Fassung des Gesetzes vom 25. August 2003 vorgegebenen Gegenstand bzw. der Aufgabenbeschreibung für den Landesbeauftragten in § 3 zu tun hat, die sich an sich auf die Unterrichtung der Öffentlichkeit über Struktur, Methoden und Wirkungsweise des Staatssicherheitsdienstes als Instrument der SED, auf Beratung von Anspruchsberechtigten nach §§ 13 bis 17 StUG zur Wahrnehmung ihrer Rechte, auf die Beratung und Information von natürlichen Personen sowie von nicht öffentlichen und öffentlichen Stellen zur Anwendung des StUG im Einzelfall sowie auf die Unterstützung und Ergänzung von anderen nicht öffentlichen und öffentlichen Stellen des Freistaates durchgeführten Dokumentationen zur Bildungs- und Forschungstätigkeit richtet, ist für uns unerfindlich. Das ist eine Tatsache.
Den größten Teil des 51-seitigen Berichts über die Tätigkeit der vierköpfigen Landesbehörde – wohlgemerkt: vierköpfig, inklusive Sekretärin – machen dann auch die in epischer Breite geschilderte sogenannte Öffentlichkeitsarbeit und politische Bildung aus.
Von Seite 11 bis Seite 24 wird der Abgeordnete informiert: über jeden Pressebeitrag; über jede Publikation, die in den Medien erschien; über die Tatsache, welche Zeitung darüber berichtete; mit wem man wann wo worüber gemeinsam referierte oder gemeinsam aus Büchern las. Erwähnt wird etwa die Lesung in Dresden am 27. April 2006 mit Prof. Dr. Peter Bohley aus „Sieben Brüder auf einer fliegenden Schildkröte“, Außenstelle; vergleiche Blatt 14 des Berichts.
Wir haben das im Verfassungs- und Rechtsausschuss moniert respektive die Bindung einer jeden Behörde an die ihr von Gesetzes wegen vorgegebenen Aufgaben und Kompetenzen eingefordert, vermochten allerdings nicht das Ohr unserer ansonsten nicht selten stringent Gesetzestreue einfordernden Kolleginnen und Kollegen Rechtspolitiker aus anderen Fraktionen zu erreichen.
Besonders angetan war unser Landesbeauftragter offenkundig vom Filmwerk „Das Leben der Anderen“, das Kollege Beleites in einer Vielzahl von im Bericht im Einzelnen wiedergegebenen Diskussionsrunden begleitet hat. Ob dies zur Erringung des Oscars beitrug, ist freilich nicht belegbar.
Mit Erstaunen liest der Abgeordnete auch über die Veranstaltungen der Landesbehörde für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes aus Anlass – wie es in der Rhetorik der Landesbehörde heißt – „des 60. Jahrestages des Ende des 2. Weltkrieges“. Zwar kommt eingangs des Artikels die Formulierung vom „Tag der Befreiung“ zur Erwähnung, allerdings in Anführungsstrichen.
Interessant auch, wenngleich ebenso wenig vereinbar mit der Unterstellung der Behörde unter die Dienstaufsicht des Justizministeriums, sind die ausführlichen Darstellungen des Berichterstatters über die Aktivitäten im Bereich des Dokumentations-, Forschungs- und Bibliothekswesens sowie zu Bildungsarbeit und Projektarbeit an Schulen. Spätestens bei der hier offenkundig direkten Einbindung der Behörde in die Entwicklung der Bildungspläne für die Schulen im Freistaat Sachsen – auf meine Nachfrage lautete zumindest die Antwort des Landesbeauftrag
ten, dass man konsultativ die entsprechenden Gremien berät, die die Bildungspläne für Schulen erarbeiten – hört für uns der Spaß auf. Auch unter Berücksichtigung des Verfassungsartikels 101 Abs. 2, wonach für den Freistaat Sachsen gilt, dass Erziehung und Bildung der Kinder zu bestimmen das natürliche Recht der Eltern ist und dies gewissermaßen Grundlage des Erziehungs- und Schulwesens sein muss, verbitten wir uns schon, dass der Landesbeauftragte die Deutungshoheit dafür hat, welches DDRBild an den Schulen des Freistaates Sachsen vermittelt wird. Das kann nicht Aufgabe einer Behörde sein, die beim Ministerium der Justiz angebunden ist.
Aus unserer Sicht unannehmbar ist zum Beispiel ein von ihm – und wohl vom Kultusministerium – initiiertes Schülerprojekt an den sächsischen Schulen mit dem Namen „Der ‚Fall’ in der Tasche“. Auf Seite 20 des Berichts heißt es dazu: „Bei dem Schülerprojekt erkunden die Schüler den Alltag DDR-Jugendlicher in den 80er Jahren. Sie erhalten dazu einen Koffer mit verschiedenen Materialien, die sie in Kleingruppen durcharbeiten. Anhand von Fallbeispielen und mit Hilfe von StasiDokumenten, Hintergrundinformationen, Photos und Originalgegenständen erfassen die Schüler folgende Themen:
Die ideologische Beeinflussung und Gleichschaltung der Kinder und Jugendlichen in Schule und Freizeit durch staatliche Massenorganisationen,