Protokoll der Sitzung vom 14.03.2007

gierte und unverzichtbare Arbeit. Unser Dank gilt zugleich allen, die in Opferverbänden und in Aufarbeitungsinitiativen im Geiste dieses Berichtes gearbeitet haben.

Ich möchte an dieser Stelle einen Ausflug zu den Ausführungen von Herrn Bartl machen. Ich hätte nicht gedacht, dass wir heute in eine solche Diskussion kommen. Ich erlebe hier die dritte Debatte zu einem Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten. In den vorangegangenen Jahren war Kollege Friedrich am Rednerpult, der durchaus auch positive Worte gefunden und sich dem Bericht mit Respekt genähert hat. Jetzt sprach Kollege Bartl, der in bekannter Weise zum offenen Angriff übergegangen ist. Gemeinsam haben beide in meiner Erinnerung und im heutigen Erleben eines: nämlich dass sie dem Landesbeauftragten in seinem Bericht viel Klein-Klein vorwerfen, aber in der Art eines Wachhundes den Landesbeauftragten umkreisen, um auf kleinlichste Art und Weise darauf zu achten, dass er innerhalb seiner Grenzen bleibt.

Wenn ich dazu an die Presseerklärung von Kollegen Hahn erinnere, die er anlässlich der Versuche von Angelika Barbe, aus dem Schoße der Landeszentrale für politische Bildung heraus Intrigen gegen die Ernennung der Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst zu spinnen, gemacht hat, dann erinnere ich mich, dass dort auch reflexartig sofort danach gefragt wurde, ob da nicht der lenkende Arm des Landesbeauftragten gewirkt hat – in völliger Verkennung aller Tatsachen! Und mit diesem Eindruck, mit dieser Erinnerung und mit den heutigen Worten bin ich überzeugt davon bzw. habe ich den Eindruck gewonnen, dass es der Linksfraktion.PDS nicht um die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen geht, sondern dass ihnen die ganze Behörde des Landesbeauftragten und ihre Arbeit ein Dorn im Auge ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Woher nehmen Sie das? Das ist Ihre Behauptung!)

Wir sehen das anders. Wir wissen, wie notwendig die Arbeit dieser Behörde ist, wie notwendig allein die Beratungsarbeit ist. Das zeigt schon allein das starke Interesse an Beratungsterminen, das im Bericht dokumentiert ist. Während die Beratungstätigkeit in Dresden auf hohem Niveau blieb, hat sich der Zuspruch in den Regionen verdreifacht. Das ist nicht nur ein Zeichen für ein wachsendes Interesse am Bespitzelungs- und Repressionsinstrument Staatssicherheit, sondern auch eine bemerkenswerte Bestätigung der dezentralen Beratungsinitiative, durch die im Jahr 2005 immerhin 23 Städte erreicht wurden.

Unsere Fraktion begrüßt es ausdrücklich, dass im Bereich der Bildung die Arbeit der Behörde in den Schulen intensiver und vielfältiger geworden ist. Für viele von uns in diesem Saal ist die DDR-Vergangenheit Teil unserer eigenen Biografie. Für die heutigen Schülerinnen und Schüler ist sie einfach Geschichte. So gering wie das Wissen darüber oft noch ist, so sehr dominiert auch DDRNostalgie. Dabei spielen die Kindergärten eine große

Rolle. Ich erlebe aber in Gesprächen auch ein wachsendes Interesse an der gesamten DDR-Geschichte. Berichte in den Medien, ein Film wie „Das Leben der Anderen“ führen bei vielen jungen Leuten zu Fragen: Wie konnte in der DDR ein solches System der Bespitzelung und der Repression geschaffen werden? Wie konnte es erhalten werden? Aber auch andere Fragen: Wie war unter einem solchen System Widerstand möglich und wie konnte man in der DDR trotz fehlender Freiheitsrechte und trotz Staatssicherheit glücklich sein?

Für die Beantwortung solcher Fragen ist die Bildungsarbeit des Landesbeauftragten mit ihrem ganzen Spektrum von Projektarbeit, von Vorträgen, von Zeitzeugengesprächen und von Diskussionen innerhalb und außerhalb von Schulen von besonders großer Bedeutung.

Wir vertrauen darauf, dass dieser Bereich in den kommenden Jahren weiter ausgebaut wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich unter dem Gesichtspunkt Öffentlichkeitsarbeit noch ein Beispiel aus den Publikationen herausgreifen. In der Schriftenreihe ist als neuer Band „Druckstellen – Die Zerstörung einer Künstler-Biografie durch die Stasi“ erschienen. Auf bewegende Weise ist nachzulesen, wie der international beachtete Dresdner Mail-Art-Künstler Jürgen Gottschalk über seine künstlerische Arbeit in die Fänge der Staatssicherheit geriet, wie deren zielgerichtete Zersetzungsmaßnahmen zuerst zur Zerstörung seiner beruflichen Existenz und schließlich zur Haft unter unmenschlichen Bedingungen führten. Gegenübergestellt werden in diesem Buch dem Bericht des Künstlers Auszüge aus der Diplomarbeit des für ihn zuständigen StasiOffiziers, in der die Zersetzungsmaßnahmen quasi wissenschaftlich geplant wurden. Wer dieses sehr persönlich gehaltene, zeitgeschichtlich authentische Dokument noch nicht kennt, dem möchte ich seine Lektüre ausdrücklich ans Herz legen.

Zurück zum Bericht des Landesbeauftragten. Er äußert sich auch in diesem Bericht in bewährter Weise zu aktuellen Aspekten der Aufarbeitung der SED-Diktatur. Eine besondere Rolle spielt dabei seit Jahren die Notwendigkeit einer verbesserten Rehabilitierung von Opfern politischer Verfolgung. Seit Langem haben sich die Verfolgtenverbände für eine Opferpension eingesetzt. In den vergangenen Jahren ist stets die Gefahr gewachsen, dass bei einigen Betroffenen die Enttäuschung über das Ausbleiben einer solchen Entschädigung im Rechtsstaat in Radikalisierung umschlägt. Ich lese diesen Auszug aus dem Brief des GULag-Häftlings als erschreckendes Beispiel einer solchen Radikalisierung.

Was einst Schwarz-Gelb unter Kanzler Kohl und später auch Rot-Grün unter Kanzler Schröder nicht gelungen ist, das hat jetzt die Große Koalition in Berlin mit Eckpunkten auf den Weg gebracht. Wir in unserer Fraktion freuen uns darüber und begrüßen es, dass die Menschen, die unter dem SED-Regime gelitten haben, eine materielle Hilfe und zugleich eine symbolische Anerkennung erhalten werden.

Wir sind jedoch der Auffassung, dass der Kreis der Berechtigten nicht auf Menschen beschränkt werden darf, die mehr als sechs Monate zu Unrecht inhaftiert waren. Auch Opfer von Zersetzungsmaßnahmen, die nicht – wie vorhin am Beispiel von Jürgen Gottschalk geschildert – in Haft geworfen wurden, sondern die auf andere Weise beruflich, familiär und sozial benachteiligt und zerstört wurden, müssen in eine solche Opferpension einbezogen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Arbeit des Landesbeauftragten und seiner Behörde wird noch lange unverzichtbar sein. Es ist eine Arbeit, die sich aus einer diktatorischen Vergangenheit speist, aber wichtig ist für das Verständnis und für die Gestaltung einer freiheitlichen und demokratischen Gegenwart und Zukunft.

Wir nehmen den Tätigkeitsbericht zustimmend zur Kenntnis und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit. Dem Landesbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wünschen wir viel Kraft für die weitere Arbeit. Er hat dabei die Unterstützung unserer Fraktion und – wie ich meine – auch der Mehrheit des Sächsischen Landtages.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der SPD, der FDP und der Staatsregierung)

Danke schön. – Die Ansicht der Staatsregierung wird vorgetragen durch Herrn Staatsminister Mackenroth.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 29. Dezember 2006 trat das Siebte Stasi-UnterlagenÄnderungsgesetz in Kraft. Dadurch wurde die Verwendung der Stasi-Unterlagen auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz wurde sozusagen für die nächsten Jahre fit gemacht. Daneben erhielt in den vergangenen Wochen auch die Debatte um ein drittes SED-Unrechtsbereinigungsgesetz und damit vor allem die Einführung einer Opferpension neuen Schwung.

Ich freue mich, dass diese durch den Freistaat Sachsen seit Langem geforderte Initiative nunmehr in ihrem Kern erfüllt wird, auch wenn ich ebenfalls Nachbesserungsbedarf wie etwa in der Frage der Bedürftigkeit erkenne. Offenbar hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es trotz der bisherigen Leistungen an die Opfer des SEDUnrechts, insbesondere durch die Rehabilitierungsgesetze, noch Lücken zu schließen gilt.

Diese beiden Beispiele zeigen, dass die Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR auch 17 Jahre nach der friedlichen Revolution im Herbst 1989 noch nicht abgeschlossen ist. Allein dies ist ein wichtiges Signal an die Opfer des SED-Unrechts und auch für die, die es in Vergessenheit geraten lassen wollen. Für einen Schlussstrich – wenn es ihn überhaupt geben kann – ist es jedenfalls noch Jahre zu früh.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Im Übrigen finde ich Schlussstrichdebatten gefährlich, weil sie gelegentlich eine historische Entwicklung, die noch nicht abgeschlossen ist, forciert beenden.

Die Arbeit des Landesbeauftragten. dient auch der Aufarbeitung. Er hat seinen Sachverstand über die Funktionsweise des Staatssicherheitsdienstes und das Erfahrungswissen aus seiner langjährigen Tätigkeit in die Beratungen zu diesen Initiativen einfließen lassen und selbst wertvolle, ergänzende Vorschläge unterbreitet.

Die öffentliche Diskussion über diese gesetzlichen Neuregelungen schlägt sich mittelbar in der sonstigen Arbeit des Landesbeauftragten nieder. So gewann die individuelle Beratung von Bürgerinnen und Bürgern im Zusammenhang mit dem Zugang zu den vom Staatssicherheitsdienst zu ihrer Person gespeicherten Daten und Informationen und den bestehenden Rehabilitierungsmöglichkeiten im Berichtszeitraum erkennbar an Bedeutung.

Neben dieser Aufgabe stellt die Dokumentation der Geschichte des Staatssicherheitsdienstes und nicht der gesamten DDR weiterhin einen Schwerpunkt der Tätigkeit des Landesbeauftragten dar.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS)

Vor allem die Arbeit mit und in den Schulen verdient dabei, wie ich finde, besondere Anerkennung und ist vom gesetzlichen Auftrag des Landesbeauftragten ohne Zweifel umfasst.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Günther Schneider, CDU)

Gerade die nachwachsenden Generationen müssen wir mit den für sie historischen Ereignissen des Herbstes 1989 und der Zeit davor konfrontieren. Die Erinnerung daran, verbunden mit dem Wissen um die Funktionsweise und die Folgen von Diktaturen, kann dazu beitragen, demokratiefeindlichen Bestrebungen den Nährboden zu entziehen. – Dass hierzu die NPD nicht klatscht, habe ich erwartet.

Selbstverständlich, meine Damen und Herren, gehören Öffentlichkeitsarbeit und politische Bildungsarbeit dazu. Der Landesbeauftragte hat seinen Arbeitsauftrag dabei nicht überschritten. Zur Vermeidung von Wiederholungen darf ich auf das Protokoll der Ausschusssitzung verweisen.

Wenn ich mir einen ganz kleinen Ansatz von – selbstverständlich positiver – Kritik erlauben darf: Ob es wirklich so geschickt war, den bereits mehrfach zitierten Brief des GULag-Überlebenden völlig unkommentiert stehen zu lassen, müssen wir vielleicht noch einmal überlegen. Es sind nicht nur Historiker, die um die Zusammenhänge wissen, die einen solchen Bericht lesen. In jedem Fall danke ich Ihnen, Herr Beleites, und Ihren Mitarbeitern namens der Staatsregierung für die im Berichtszeitraum geleistete Arbeit. Sie können sich auch weiterhin auf Unterstützung durch die Staatsregierung verlassen.

Ich bitte Sie, der Beschlussempfehlung zu folgen und den 14. Tätigkeitsbericht zustimmend zur Kenntnis zu nehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Ich bedanke mich. – Meine Damen und Herren, somit kommen wir zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses in der Drucksache 4/8109. Wer ihr seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei wenigen Enthaltungen und einer Anzahl von Gegenstimmen mit übergroßer Mehrheit angenommen. – Dieser Tagesordnungspunkt ist damit beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 21

Berichterstattung an die Landtage Mitteldeutscher Rundfunk (MDR) – Geschäftsjahr 2005

Drucksache 4/7506, Unterrichtung durch den Intendanten des Mitteldeutschen Rundfunks

Drucksache 4/8111, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien

Hierzu gibt es wiederum den Vorschlag von 10 Minuten Redezeit pro Fraktion. Die CDU-Fraktion hat keine Redezeit angekündigt, die SPD ebenfalls nicht, die NPDFraktion? – Aber die FDP hatte sich angekündigt. –

(Zuruf von der FDP: Wir verzichten!)

Die GRÜNEN tun dasselbe. Die Staatsregierung? – Herr Winkler ist auch solidarisch und demzufolge, meine

Damen und Herren, können wir zur Abstimmung schreiten. Wenn Sie die Berichterstattung zur Kenntnis genommen haben, bitte ich bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Enthaltungen ist die Drucksache 4/8111 mit großer Mehrheit angenommen und der Tagesordnungspunkt ist demzufolge beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 22

Nachträgliche Genehmigungen gemäß Artikel 96 Satz 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen zu über- und außerplanmäßigen Ausgaben und Verpflichtungen

Drucksache 4/8113, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses

Es ist keine allgemeine Aussprache vorgesehen. Möchte sich dennoch jemand äußern? – Dies möchte niemand; deshalb bitte ich bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Niemand. Wer enthält

sich der Stimme? – Einige. Die Drucksache wurde mit übergroßer Mehrheit angenommen. – Der Tagesordnungspunkt ist beendet.