Protokoll der Sitzung vom 16.03.2007

Lehnt die CDU die Effizienzziele ab? Herr Mannsfeld, ich habe Sie jetzt so verstanden, dass das nicht der Fall ist. Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie die im Energieprogramm von Herrn Jurk niedergelegten Energieeffizienzziele teilen, ja oder nein?

Wenn Sie die Effizienzziele ausschließlich auf den Braunkohlensektor beziehen wollen, reden wir im Grunde genommen aneinander vorbei; denn all die anderen, speziell die erneuerbaren Energien können auch erhebliche Beiträge leisten, wenn wir dort unter der Überschrift Effizienzsteigerung entsprechende Substitutionen zustande bringen. Ich weiß nicht, was das Problem ist.

Hat der Landtag dieses Energieprogramm als Drucksache, ja oder nein?

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion.PDS: Nein!)

Danke. Dann können wir erst darüber befinden und entsprechende Beschlüsse fassen, wenn es uns vorliegt. Alles andere gehört für mich nicht in den parlamentarischen Kontext.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Danke, Kollege Mannsfeld. – Ich dachte, dass wir uns als Fachleute einig sind, worüber wir reden. Wenn ich die Energieeffizienz anspreche, dann spreche ich vor allem den Endenergiebereich, also den Strombereich und den Gebäudebereich, an und eben nicht den Kraftwerksbereich.

Herr Lichdi, Sie dürfen hier keinen Beitrag halten, sondern müssen eine Frage stellen.

Für mich stellt sich die Frage, ob Sie bei diesem Bereich Endenergie und Gebäude die dort niedergelegten Effizienzziele von Herrn Jurk teilen: ja oder nein?

Die dort niedergelegten Ziele sind zweifellos ein Beitrag zur notwendigen Reduzierung von Emissionen und ein Beitrag zur Substitution von fossilen Brennstoffen. Aber Sie dürfen auch zur Kenntnis nehmen, dass wir innerhalb unserer Fraktion bei der Aufteilung von Redeblöcken unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Ich bin mir sicher, meine Kollegin, die noch zu Wort kommt, wird zu diesem Punkt auch etwas sagen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Da bin ich gespannt!)

Also, falls wir die Kurve wieder bekommen: Wir haben über die Effizienzsteigerung gesprochen, über die ganze Palette dessen, was notwendig ist, um das Ziel zu erreichen. Wir müssen aufgrund der Entwicklungen bei klimatischen Vorgängen und des Klimasystems über die Einsparung von Treibhausgasen hinaus nachdenken. Dazu möchte ich in dieses Auditorium sagen: Bitte, lasst uns nicht immer nur über CO2 reden. Angesichts wesentlich höherer Gefährdungsgrade müssten wir gleichwertig auch über Methan, Ozon, Stickstoffoxid – manche kennen das als Lachgas –, Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe und anderes sprechen.

Welche Ziele haben wir denn? Dazu muss ich zunächst einmal feststellen, dass in Sachsen der Energieträger Braunkohle längerfristig nicht zur Disposition steht, obwohl die technischen Versuche, CO2 von den Abgasen aufzufangen und in geologische Strukturen zu verpressen, erst am Anfang stehen, allerdings auch keine generelle Lösung versprechen. Für einzelne Braunkohlenkraftwerke wären sie durchaus ein sinnvoller Beitrag. Aber auch aus wirtschaftlichen Gründen – und so weit sind wir noch nicht – ist die Braunkohlenprivilegierung beim künftigen Emissionshandel unverzichtbar.

(Beifall des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Also müssen wir stärker auf die erneuerbaren Energien achten.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

(Zuruf von der CDU: Bitte nicht!)

Vielen Dank, Herr Kollege Mannsfeld. – Ist Ihnen bekannt, dass die laufenden Braunkohlenkraftwerke mit dieser CCS-Technologie, die Sie gerade angesprochen haben, also diese angeblich CO2-freien Kraftwerke, nicht nachrüstbar sind und dass insbesondere das Kraftwerk Boxberg IV, das kürzlich genehmigt worden ist und sich nunmehr im Bau befindet, eben auch nicht nachrüstbar ist?

Es ist möglich, dass das für Sachsen in der technischen Entwicklung noch nicht zutrifft. Aber wir können das Ganze sowieso nicht sektoral zuspitzen. Wir haben von einem solchen Braunkohlenwerk in Brandenburg gelesen, bei dem man das macht. Ja, das ist ein Modell, aber es summiert sich doch im Grunde genommen all das, was nützlich und gut ist, letztlich zugunsten reduzierter Emissionen. Wenn das in Sachsen noch nicht so weit ist, kann ich nur wiederholen, was ich schon zum Ausdruck gebracht habe: Wir können aus wirtschaftlichen Gründen, auch wenn wir eine Kompensation durch die erneuerbaren Energien schaffen, so nicht hinkommen.

Ich habe den Eindruck, dass meine Redezeit jetzt etwas schneller abgelaufen ist. Lassen Sie mich aber doch noch zwei, drei Sätze sagen.

Die Windkraft in Sachsen ist vor allem von den geeigneten Standorten abhängig. Wir befinden uns hier an einer Sättigungsgrenze. Die angestrebten 10 % Stromverbrauch sind letztlich nur durch Repowering zu erreichen, was technisch wie planungsrechtlich nicht ohne Probleme abgeht. Die Möglichkeiten der Wasserkraftnutzung sind in Sachsen weitestgehend ausgereizt. Lediglich an den landeseigenen Talsperren wären noch zusätzliche Kapazitäten zu gewinnen. Aber dafür haben wir echte Wachstumsbereiche, etwa bei der Biomasse oder bei der Solarthermie und bei der Fotovoltaik. Hinsichtlich der Geothermie kann man noch kein so verfestigtes Bild zeichnen.

Lassen Sie mich noch sagen, dass gerade hinsichtlich der Biomasseverwertung nicht nur zur Stromerzeugung, sondern auch zur Wärmenutzung das SMUL ein richtiges Zeichen setzt, indem es bei der Förderung der Elektroenergiegewinnung aus Biogas zur Förderbedingung macht, dass auch die Wärme genutzt wird.

Bitte zum Schluss kommen!

Meine Damen und Herren, es wäre eine Illusion, wenn wir glauben würden, dass der Anteil der erneuerbaren Energien in kürzester Zeit so gesteigert werden könnte, dass wir die Grundlast unserer Versorgung substituieren können. Damit würden falsche Hoffnungen geweckt. Aber hinsichtlich der ehrgeizigen Ziele, die in der vergangenen Woche von der EU beschlossen worden sind, – –

Bitte zum Schluss kommen!

– nämlich eine Steigerung um 15 % bei den erneuerbaren Energien und eine Senkung um 20 % bei den Emissionen, ist Sachsen eigentlich auf einem guten Weg, auch wenn ich das aufgrund der vielen Zwischenfragen nicht mehr konsistent vortragen konnte.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich erteile der Linksfraktion.PDS das Wort. Frau Dr. Runge.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordneten! Der Streit zwischen CDU und SPD in der Sächsischen Staatsregierung um ein neues Energieprogramm wirft nicht nur ein Licht auf das Versagen der Staatskanzlei bei der Koordination ihrer Politikangebote, sondern hat handfeste inhaltliche Gründe, und hier unterscheide ich mich in der Wahrnehmung von Frau Hermenau.

Das noch unter Federführung der alleinigen CDURegierung 2004 vorgelegte Energieprogramm wurde in einer Anhörung im Mai 2005 von allen anwesenden Energieexperten heftig kritisiert. Die Kritik bezog sich auf die einseitige Fixierung der CDU auf die Braunkohlenwirtschaft, auf die in sich widersprüchlichen Aussagen im Energieprogramm, aber vor allem auf die Tatsache, dass sich die Sächsische Staatsregierung keine messbaren Ziele vornimmt.

In dem jetzt gültigen Programm fehlen Ziele in Bezug auf die CO2-Reduktion, hinsichtlich der anteiligen Zusammensetzung des künftigen Energiemixes und auch Aussagen zu den Strukturen der Energiewirtschaft. Weiter wurde kritisiert, dass der Energiedialog – er hat mit enormer wissenschaftlicher Begleitung über ein Jahr stattgefunden; ich selbst habe teilgenommen – im Programm nicht abgebildet wird.

Die erneuerbaren Energien werden zwar erwähnt wie das Vorhaben, neue Technologien zu fördern; aber es wird mit keiner Silbe ein Ziel für den künftigen Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergiemix genannt. Ich habe es noch einmal gründlich gelesen.

Ich hoffe, dass nach der neuerlichen Übereinkunft auf dem EU-Gipfel zu den Zielen, den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix in Europa bis 2020 auf 20 % zu erhöhen und den CO2-Ausstoß – ebenfalls um 20 % – zu reduzieren, nun auch die sächsische CDU zum Umdenken veranlasst wird.

Kurz: Das Programm von 2004 ist nicht zeitgemäß und liest sich wie im Kontext des 20. Jahrhunderts. Während Kommissionspräsident Barroso euphemistisch die dritte industrielle Revolution, die nur eine ökologische sein kann, ausruft, CSU-Generalsekretär Markus Söder mittlerweile von „grüner Marktwirtschaft“ philosophiert, der Stern-Bericht für die Regierung Blair zu einem ambitio

nierten Gesetzentwurf in Großbritannien geführt hat und Frau Merkel verbindliche Klimaschutzziele auf dem EUGipfel durchgesetzt hat, beharrt die sächsische CDU dagegen strukturkonservativ und provinziell auf dem Status quo.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Sie nimmt sogar billigend in Kauf, dass nach den Planungen von Vattenfall weitere Ortschaften im sorbischen Siedlungsgebiet abgebaggert werden sollen. Verehrte CDU-Abgeordnete aus der Lausitz, wo bleibt Ihr Aufschrei und Ihr Engagement?

Sie befürworten sogar einen weiteren exzessiven Ausbau der Tagebaufelder, indem Sie die angeblich Wunder wirkende CCS-Technologie zur CO2-Abscheidung und -speicherung fördern. Mit den Pilotverfahren in Schwarze Pumpe und im brandenburgischen Ketzin befördern Sie eine energieaufwendige, teure Technologie mit Risiken für die Bevölkerung, die heute überhaupt nicht abschätzbar sind, wie es in einem Bericht des Umweltbundesamtes heißt.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Sie setzen damit auf Verbesserungen einer Dinosauriertechnologie, welche die energetische Basis der ersten industriellen Revolution im 19. und 20. Jahrhundert war. Die Anforderungen an eine langfristig angelegte, notwendige Energiewende und die damit verbundenen Veränderungen der gesamten technologischen Basis moderner Gesellschaften werden Sie so verschlafen. CO2-freie Energietechnologien bilden den Markt der Zukunft bereits heute an der Börse ab. Auf diesem weltweiten Wachstumsmarkt hat Deutschland zurzeit klare Wettbewerbsvorteile, die durch stur auf dem Status quo beharrende Politik kurzfristig verspielt werden können.

Bitte zum Schluss kommen.

Sachsen könnte bei einem entsprechenden politischen Klima im Lande von dieser Entwicklung profitieren; es kann aber auch zurückfallen.

Bitte zum Schluss kommen.

Ich bedanke mich und komme noch einmal zurück.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS sowie des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort. Herr Gerlach, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über den Entwurf eines Energieprogramms, dessen einziger Mangel darin besteht, dass es – nach Meinung seiner offiziellen Kritiker – aus dem falschen Haus kam.

Deshalb brauchte man eigentlich auch nicht fachlich zu reagieren; denn alle Fachministerien haben zugestimmt.