Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

Meine Damen und Herren, ich habe es eingangs ausgeführt: Das Zuwanderungsgesetz stellt einen Paradigmenwechsel für unser Land dar, einen Wechsel, der nicht nur zum Nutzen der in unserem Land lebenden Ausländerinnen und Ausländer geht, sondern einen Wechsel zum Nutzen aller und einen Wechsel, den wir auch in gemeinsamer Verantwortung nicht allein mit diesem Gesetz gestalten wollen und müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte Herr Staatsminister Mackenroth.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Nach intensiven Diskussionen in Arbeitskreisen und Ausschüssen liegt Ihnen nunmehr der Entwurf des Gesetzes zur Ausführung des Zuwanderungsgesetzes zur Beschlussfassung vor.

Dieses Gesetz ist erforderlich aufgrund des sogenannten Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004. Danach traten zum 1. Januar 2005 grundlegende Änderungen ausländerrechtlicher Vorschriften in Kraft. So wurden namentlich das Aufenthaltsgesetz erlassen und das Asylbewerberleistungsgesetz geändert. Die bestehenden landesrechtlichen Vorschriften müssen an diese Änderungen angepasst werden. Dies ist mit dem Gesetzentwurf in Verbindung mit dem Änderungsantrag der Regierungskoalition gut gelungen.

Besonders die Frage, ob für Ausländer mit einem humanitären Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes eine Unterbringungspauschale an die Landkreise und kreisfreien Städte zu zahlen ist, war Gegenstand der öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Görlich ist der Freistaat in diesem Punkt nicht verpflichtet, einen Mehrbelastungsausgleich zu zahlen. Auch der Vertreter des Sächsischen Landkreistages bestätigte dies aus rechtlicher Sicht.

Im Ländervergleich erstatten sieben Länder die Pauschale nicht, fünf Länder erstatten ihren Landkreisen und kreisfreien Städten diesen Betrag. Die Entscheidung, für diesen Personenkreis keine Unterbringungspauschale zu erstatten, ist sachgerecht. Dem Anliegen der Landkreise und kreisfreien Städte auf eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung des Gesetzes bezüglich der Krankheitskosten wird dadurch Rechnung getragen, dass eine Evaluation für den Zeitraum 2006 und 2007 vorgesehen ist. Diese Evaluation war in der Anhörungsphase mit den kommunalen Verbänden vereinbart worden, weil das vorliegende Zahlenmaterial eben noch keine schlüssige Antwort darauf ermöglichte, ob das bisherige System Erstattungsdefizite bewirkt oder zu einer ungerechten Verteilung der Erstattungssummen führt.

Das Ergebnis dieser Evaluation wird unter Beteiligung des Sächsischen Städte- und Gemeindetages, des Sächsischen Landkreistages und des Staatsministeriums der Finanzen auf einen eventuellen Anpassungsbedarf hin ausgewertet, und zwar so rechtzeitig, dass die Ergebnisse gegebenenfalls in den Beratungen zum Doppelhaushalt 2009/2010 berücksichtigt werden können.

Die von der Opposition geforderte verstärkte dezentrale Unterbringung kann nicht umgesetzt werden, da sie nach der bundesgesetzlichen Vorgabe hier in diesem Gesetz nicht zulässig ist. Das Sächsische Flüchtlingsaufnahmegesetz regelt nicht das Verhältnis zwischen Unterbringungsbehörden und Betroffenen, sondern das Verhältnis zwischen Land und Kommunen.

Im Übrigen – die Abgeordneten Bandmann und Bräunig haben darauf hingewiesen – haben die Kommunen de lege lata entsprechende Möglichkeiten.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Selbstverständlich.

Bitte, Frau Dr. Ernst.

Herr Staatsminister, ich würde ganz gern wissen, was Ihrer Meinung nach eine Gemeinschaftsunterkunft ist. Wo ist das juristisch festgeschrieben, wer oder was eine Gemeinschaftsunterkunft ist?

Da müssen wir in die Kommentierung der entsprechenden

Gesetze schauen. Sicherlich gibt es Kommentierungen dazu. Notfalls wird das die Rechtsprechung ausführen. Es entspricht normaler Gesetzestechnik, dass ein Oberbegriff geschaffen wird, der hinterher durch die Praxis ausgeführt wird.

Das können wir auch machen!

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Soweit, meine Damen und Herren, für die Schaffung von Ausreiseeinrichtungen eine Regelung per Gesetz gefordert wird, ist zu berücksichtigen, dass damit ein Verlust an Handlungsflexibilität verbunden wäre. Dieser Vorschlag ist daher, so glaube ich, zutreffenderweise nicht aufgegriffen worden.

Ich bitte insgesamt um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Bevor wir das tun, frage ich den Berichterstatter des Ausschusses, Herrn Dr. Martens, ob er noch das Wort wünscht. – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, über die Artikel abzustimmen, wenn es keinen Änderungsantrag im Artikel gibt. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Aufgerufen ist das Sächsische Gesetz zur Ausführung des Zuwanderungsgesetzes; wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Innenausschusses, Drucksache 4/8615. Wer der Überschrift nach der Beschlussempfehlung des Gesetzes zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist dem zugestimmt worden.

Ich lasse abstimmen über Artikel 1 Gesetz über die Zuständigkeit zur Ausführung des Aufenthaltsgesetzes und ausländerrechtliche Bestimmungen und andere Gesetze im Freistaat Sachsen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist dem Artikel 1 mehrheitlich zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Artikel 2. Hier gibt es eine ganze Reihe von Änderungsanträgen. Artikel 2 ist „Gesetz zur Aufnahme und die Unterbringung von Flüchtlingen im Freistaat Sachsen“. Im Abschnitt 1 bis 4 gibt es zum § 3 einen Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 4/8691. Ich bitte um Einbringung; Frau Herrmann.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Änderungsantrag betrifft genau die dezentrale Unterbringung. Wenn – wie im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss ausgeführt worden ist – unter „sonstige Unterkünfte“ auch Wohnungen fallen, dann kann man das ins Gesetz hineinschreiben.

Die dezentrale Unterbringung ist nach unserer Meinung auch aufgrund der psychischen und sozialen Lage der Flüchtlinge dringend erforderlich. Sie ist möglich. Im Gegensatz zu dem, was die Staatsregierung immer wieder erklärt, erlaubt das Bundesgesetz die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen. Nach § 53 Aufenthaltsgesetz dürfen die Länder bei Ausübung ihres Ermessens und unter Beachtung des Grundsatzes sparsamer Haushaltsführung eben wirklich eine Ermessensentscheidung treffen. Damit dürfen sie dezentral unterbringen. Diese Unterbringung ist auch angesichts des Wohnungsleerstandes in Sachsen möglich und nötig.

Bisher, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen die Kommunen nach einem Erlass des Innenministeriums bei jeder dezentralen Unterbringung im Einzelfall die Zustimmung des Regierungspräsidiums einholen. Wir werden einen Regelvorschlag einbringen, der für die Kommunen Transparenz schafft, und eben diese Unterbringung ins Gesetz hineinschreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wird dazu das Wort gewünscht? – Das ist nicht der – – Doch, Herr Bandmann, bitte.

Herr Präsident, ich bitte zu entschuldigen, dass ich etwas langsam war.

Der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss hat diese Frage, die eben von der Abgeordneten aufgeworfen worden ist, ausführlich diskutiert.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Es wurde deutlich gemacht, dass durch die jetzige gesetzliche Regelung das, was hier im Antrag begehrt wird, umfasst ist. Was im Änderungsantrag zu § 3 Nr. 3 gefordert wird: „…haben die Gemeinden mitzuwirken und... Gebäude und Wohnungen zur Nutzung zur Verfügung zu stellen oder zu benennen“ und Notquartiere zu dulden, ist ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Den Kommunen ist dies freigestellt. Der Kollege Bräunig und ich haben das bereits hier im Plenum dargestellt. Wir haben Ihnen das ausführlich im Ausschuss erläutert. Dieser Antrag stellt keine neue Rechtsqualität dar, sodass ich nur sagen kann: Durch Wiederholen wird es nicht besser. Wir müssen dies ablehnen.

(Beifall des Abg. Enrico Bräunig, SPD)

Wird weiterhin das Wort gewünscht? – Frau Dr. Ernst, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Das ist natürlich Quark, was jetzt

Herr Bandmann hier erzählt hat. Was die GRÜNEN hier vorgeschlagen haben, ist ja nicht als etwas Verfassungswidriges eingestuft worden. Es wurde gesagt, unter sonstige Unterkünfte gehören beispielsweise auch Wohnungen. Na und? Da können wir auch „sonstige Unterkünfte“ streichen. Wir könnten auch „Gemeinschaftsunterkünfte“ streichen.

Ich denke, es ist ziemlich deutlich geworden, dass es darum geht, von dieser zentralen Asylbewerberheimaufbewahrung wegzugehen und dezentrale Möglichkeiten zu schaffen. Mit diesem Antrag werden verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen. Unterschiedliche Möglichkeiten sind hier denkbar. Insofern unterstützen wir das, auch wenn unsere Regelung etwas anders formuliert ist. Aber, wie gesagt, das ist jetzt dabei nicht entscheidend.

Noch ein Wort zu den Gemeinschaftsunterkünften. Es ist nirgendwo so festgeschrieben: Eine Gemeinschaftsunterkunft muss ein Asylbewerberheim mit 200 Leuten sein. – Das ist es eben nicht. Deswegen kann man das sehr schön auslegen und widerspricht eine Unterbringung in Wohnungen überhaupt nicht dem gesetzlichen Rahmen. Es wäre wichtig, hierbei einen Kurswechsel vorzunehmen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Frau Dr. Ernst, ist damit Ihr Änderungsantrag schon eingebracht?

Ich kann das gleich machen.

Ja, bitte.

Wir haben einen darauf abgestellten Änderungsantrag eingebracht, und zwar im § 3 Abs. 2, indem wir nicht die Formulierung „Gemeinschaftsunterkunft und sonstige Unterkünfte“ und dergleichen antasten, sondern gesagt haben, dass bei der Auswahl und Schaffung von Einrichtungen und Unterkünften nach Abs. 1 die dezentrale Unterbringung der Ausländer generell sichergestellt werden sollte.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird dazu das Wort gewünscht? – Herr Bandmann, bitte.

Wir haben die Situation, dass Ausländer und Flüchtlinge kommen, die teilweise nicht der deutschen Sprache mächtig sind. Auf die Frage, wie die Situation dann ist, wenn sie in dezentralen Unterkünften untergebracht werden und der deutschen Sprache, Rechtskultur und Rechtsnormen nicht kundig sind, gibt es keine Antwort. Deswegen sind die Instrumente, die derzeit im Freistaat Sachsen angeboten werden, eine Hilfe und ein Schutzraum für die Betroffenen. Oftmals sind es Leute, die auf ihrer Flucht schlimme Erfahrungen gemacht haben. Die Fluchtgründe werden in den Medien hinreichend dargestellt. Diese Unterkünfte, die in Sachsen in hoher Qualität vorhanden sind, bieten einen Schutzraum für die Betroffenen, um hier sachgerecht und quali