Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

In der Sache: Wir haben als Gesetzgeber dieses Gesetz im Jahre 1999 verabschiedet, und bis zum heutigen Tage gab es dazu keine kritischen Äußerungen. Es ist von den Betroffenen und von der kommunalen Ebene angenommen und hier im Landtag von niemandem kritisiert worden, dass die Staatsregierung in ihrer Begründung, einer Hypothese folgend, gesagt hat – –

(Zurufe von der Linksfraktion.PDS)

Moment! – Es gibt hier im Raum niemanden, der damals Gesetzgeber war und dieses Gesetz kritisiert oder für verfassungswidrig gehalten hätte. Ich habe nochmals das Gespräch geführt und es wurde mir bestätigt: Natürlich haben wir eine Analogie zu ehrenamtlichen Richtern verfolgt. Aber wir haben diese Analogie niemals gleichgesetzt, und das ist der Fehler des Justizministeriums, uns zu unterstellen, dass wir eine Analogie gleichgesetzt haben. Sie, Herr Kollege, berufen sich – genauso wie der Antrag der GRÜNEN – auf genau diese Begründung der Staatsregierung.

(Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Herr Schiemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage. – Noch einmal: Wir haben uns in zwei Beratungen im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss damit befasst und es gab zweimal die Möglichkeit – auch für Sie, Herr Kollege Dr. Gerstenberg –, daran teilzunehmen und die Diskussion kritisch zu führen, die nun hier mit viel Pomp geführt wird. Wir wollen nicht mit dem Kopf durch die Wand.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sie wollen die Wand weghaben! – Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS: Die Wand muss weg! – Zuruf des Abg. Heinz Eggert, CDU)

Wir sind nach wie vor der Meinung – auch zu der Diskussion aus dem Jahre 1999 –, dass das Amt des Friedensrichters eine besondere Bedeutung hat und seine Stellung in der Gemeinde entsprechende Beachtung und Bewertung finden muss.

(Beifall bei der CDU)

Ich muss nun unterbrechen und gehe davon aus, dass ich mich noch einmal zu Wort melden darf.

Gibt es aus den Fraktionen weiteren Redebedarf? – Herr Dr. Gerstenberg.

Sehr geehrter Kollege Schiemann, ich beteilige mich an dieser Debatte, weil wir dem Vorwurf aus dem Weg gehen wollten, dass sich mein Kollege Lichdi, der die Diskussion im Ausschuss miterlebt und mitgestaltet hat, als „Zugewanderter“ aus dem Westen bei diesem Thema zurückhalten sollte. Wir vertreten hier eine Position der Fraktion, und dies tun wir arbeitsteilig im Ausschuss sowie im Plenum.

Zum Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS möchte ich allerdings sagen, dass wir ihn nicht unterstützen. Die Ursache liegt darin, dass ein Punkt darin auftaucht, auf den Kollege Bartl nicht eingegangen ist. In § 4 soll im Abs. 4 die Nr. 3 gestrichen werden. Nr. 3 im Abs. 4 des Schiedsstellengesetzes lautet aber, dass „als Friedensrichter nicht geeignet ist, wer „gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder die Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat“. Dies halten wir jedoch nach wie vor für richtig und bewahrenswert.

(Beifall der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Als Nächstes hatte sich Herr Abg. Bartl noch einmal gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Schiemann, bei Fragen der Verfassungswidrigkeit gibt es keine Aktualität oder Zurückliegensdauer. Entweder ist die Sache verfassungswidrig, oder sie ist es nicht, und wenn sie sieben Jahre lang verfassungswidrig war, muss dies noch lange nicht bedeuten, dass wir nun, im achten Jahr, diese Verfassungswidrigkeit fortsetzen. Wenn wir nun zusammenkommen, um ein Änderungsgesetz zu diesem Gesetzentwurf zu beschließen, muss spätestens jetzt der Gesetzgeber den verfassungskonformen Zustand herstellen.

(Beifall der Abg. Prof. Dr. Peter Porsch und Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS)

Dass dies so sein muss, hat das Bundesverfassungsgericht am Prinzip der Normenklarheit judiziert. Dazu hat Herr Justizminister einfach nicht recht. Es gibt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes und es gibt Ent

scheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, in denen definitiv gesagt wird: „Wenn ein Gesetz nicht selbst den gesetzlichen Tatbestand festlegt, sondern auf andere Normen verweist, muss es, um den Anforderungen der Rechtssicherheit zu genügen, für den Rechtsunterworfenen klar erkennen lassen, was rechtens sein soll.“ Wenn im Stasi-Unterlagen-Gesetz etwas anderes als im Schiedsstellengesetz steht, so ist das Schiedsstellengesetz nicht mit Bundesrecht vereinbar und wir haben ein rechtsunklares Gesetz und damit – wegen Verstoßes gegen die Rechtsklarheit – ein nicht verfassungskonformes Gesetz. Ende der Durchsage. Kleines Einmaleins für jeden Jurastudenten; auch für einen Justizminister mit Gewissheit eingängig, wenn er rechtlich herangeht – und nicht politisch. – Punkt 1.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Punkt 2 – und noch einmal ganz klar wiederholt, Kollege Schiemann –: Die Frage ist doch nicht, ob Sie es als Analogie oder als Gleichsetzung haben wollen. Sie haben sich darauf berufen zu sagen: Wir behandeln die Friedensrichter wie die ehrenamtlichen Richter, sprich: die Schöffen und Laienrichter. Wir nehmen die Analogie auf, und Analogie heißt – aus dieser wollten Sie die Ermächtigung haben, Kollege Schiemann –, dass Sie auch die Friedensrichter überprüfen lassen. Dazu sagt die Staatsregierung, dies sei keine zulässige Analogie. Wenn Sie die Analogie bemühen, aber diese nicht funktioniert, wie es die Staatsregierung sagt, so ist es doch letztendlich borniert zu sagen: Wir lassen sie drin, wir gehen nach Leipzig und holen uns die nächste Niederlage; der Steuerzahler bezahlt es ja, es ist völlig wurst, es kostet im Prinzip nur wieder, wenn wir einen Anwalt nehmen, 10 000 oder 15 000 Euro, das machen wir mit allem Chic und Charme; die Kosten trägt der Freistaat Sachsen.

Wenn Sie dann noch behaupten, nachdem Sie eine Niederlage nach der anderen kassiert haben – zuletzt mit dem Untersuchungsausschuss –, Sie seien nicht schlicht und ergreifend beratungsresistent, es sei Ihnen nicht völlig wurst – das halte ich Ihnen vor, was das Verfassungsgericht sagt; Sie ziehen Ihre politisch ideologische Nummer durch –, so sage ich Ihnen: Das passt nicht zur Feierstunde zum 15. Jahrestag der Verfassung am 24. Mai. Das muss Ihnen doch einmal eingehen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Darauf möchte Herr Schiemann erwidern. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier gibt es ja nur den Vorwurf und die Vermutung – von der PDSFraktion vorgetragen –, die immer mehr erhärtet wird, dass etwas nicht verfassungsgemäß sein sollte. Ich denke schon, dass der Gesetzentwurf verfassungemäß ist und die Verfassungsmäßigkeit dieses geltenden Rechtes gegeben war.

Mit der Änderung, die wir vollziehen, wollen wir sagen: Nach geltender Rechtslage hat der Friedensrichter, Bewerber oder Vorgeschlagene seine Einwilligung zu erteilen, Auskünfte zu Ausschlussgründen beim Beauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes einzuholen. Dies stellt die Verpflichtung dar, die Auskunft über die frühere Mitarbeit beim Staatssicherheitsdienst selbst zu beantragen und der für die Ernennung zuständigen Gemeinde vorzulegen. Es handelt sich hierbei sozusagen auch um eine Selbstauskunft, die zulässig ist.

(Widerspruch der Abg. Klaus Bartl und Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Sie ist zulässig. Es ist nach § 3 Abs. 2 und nach § 4 Abs. 1 Stasi-Unterlagen-Gesetz zulässig, Unterlagen, die vom Antragsteller – „Friedensrichter, Bewerber oder Vorgeschlagene“, heißt es hier – „bei der Unterlagenbehörde selbst eingeholt worden sind, bei einer anderen Behörde vorzulegen. Diese können von dieser Behörde auch verwendet werden. Es gibt deshalb keine Notwendigkeit, einem Streichungsbegehren zuzustimmen. Entgegenstehende Urteile gibt es nicht.“

(Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Die kürzliche Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes hat darauf keine Auswirkungen.

Nun möchte ich Ihnen noch einmal ins Gedächtnis zurückrufen, welches wichtige Amt der Friedensrichter begleitet: „Der Friedensrichter muss nach seiner Persönlichkeit und seinen Fähigkeiten für das Amt geeignet sein.“ – Kein Widerspruch an dieser Stelle. „Friedensrichter kann nicht sein, wer als Rechtsanwalt zugelassen oder als Notar bestellt ist, – zweitens – die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig ausübt, das Amt eines Berufsrichters oder Staatsanwaltes ausübt oder als Polizei- oder Justizbediensteter tätig ist.

Friedensrichter kann ferner nicht sein, wer die Fähigkeit zur Begleitung öffentlicher Ämter nicht besitzt oder durch gerichtliche Anordnung in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt ist.

Friedensrichter soll nicht sein, “ – ich betone: Friedensrichter soll nicht sein – „wer erstens bei Beginn der Amtsperiode das 30. Lebensjahr noch nicht oder das 70. Lebensjahr schon vollendet haben wird, zweitens nicht in dem Bezirk der Schiedsstelle wohnt, drittens gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat, insbesondere die im Internationalen Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte vom 19.12.1966 gewährleisteten Menschenrechte oder die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948 enthaltenen Grundsätze verletzt hat, oder für das frühere Ministerium für Staatssicherheit oder Amt für Nationale Sicherheit tätig war.“

Ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Ich glaube, meine Redezeit ist abgelaufen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich verweise auf die jetzt bestehende Rechtslage und insbesondere auf Abs. 5 und Abs. 6.

Bitte zum Schluss kommen!

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Wir sind der Meinung, dass wir mit dieser Regelung zum eigenen Auskunftsersuchen und zur Vorlage vor der Gemeinde diesen Gesetzentwurf als verfassungsmäßig ansehen, und werben nochmals dafür, die Änderungsanträge der PDS-Fraktion und der Fraktion der GRÜNEN abzulehnen. – Entschuldigung, Frau Präsidentin, dass ich überzogen habe.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt einen weiteren Redebeitrag für die Linksfraktion.PDS. Herr Abg. Bartl.

Frau Präsidentin, man soll die Hoffnung nie aufgeben. Wenn wir jetzt noch fünf Minuten reden, sparen wir uns vielleicht – was weiß ich? – drei Wochen Schriftwechsel über Anwälte und zwei Tage Verhandlung vor dem Verfassungsgericht.

Herr Schiemann, wenn ich Sie richtig verstehe, wollen Sie Folgendes:

(Marko Schiemann, CDU: Sie kommentieren schon wieder!)

Na, selbstverständlich! Das ist Ihre Meinung und Sie verkünden die Fraktionsmeinung.

Der Friedensrichter – so verstehe ich das jetzt – soll das Führungszeugnis beibringen, und dann gibt es noch ein zweites Führungszeugnis, nämlich das Führungszeugnis der Birthler-Behörde.

(Zuruf des Abg. Heinz Eggert, CDU)

Wie denn sonst? Sie sehen die Selbstauskunft praktisch dahin gehend, dass Sie jedem, der kandidieren will, aufgeben, erstens ein Führungszeugnis von der Polizei, vom Meldeamt und zweitens einen Persilschein von der Birthler-Behörde beizubringen. Wo haben Sie denn her, dass das rechtens sein soll?

(Zuruf des Abg. Heinz Eggert, CDU)

Herr Eggert, ich könnte so viel dazu sagen, wenn Sie etwas dazwischenrufen, aber das lasse ich lieber stecken.

(Zuruf des Abg. Heinz Eggert, CDU)