Protokoll der Sitzung vom 10.05.2007

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Herr Wehner, wünschen Sie im Rahmen der Debatte noch einmal zu sprechen? – Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf unseren Antrag eingehen und Sie bitten, diesem zuzustimmen; denn er tut Ihnen überhaupt nicht weh. Ich könnte mir vorstellen, meine Damen und Herren von der Koalition, Sie haben ein schlechtes Gewissen und fühlen sich hier gar nicht wohl. Auf der einen Seite bekennen Sie sich

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion.PDS und der FDP)

zur Sicherung der Teilhabe und der selbstbestimmten Lebensführung – und nichts anderes will dieser Antrag –, und dann sagen Sie schlechthin, dem können Sie nicht zustimmen. Sie können ihm nicht zustimmen, weil er von der Linksfraktion.PDS kommt. Das halte ich für überhaupt nicht stark, das ist einfach nicht sachlich, und damit müssen Sie sich infrage stellen lassen, ob Sie tatsächlich Integration und Sicherung der selbstbestimmten Lebensführung und Teilhabe wollen. Alles andere sind leere Worthülsen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Über die Verlautbarungen gewisser Menschen hier und deren menschenverachtendes Menschenbild haben wir heute gehört. Dazu kann man einfach keine Worte verlieren.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS, der FDP und den GRÜNEN)

Ich kann nun von den Fraktionen keine Wortmeldungen mehr erkennen und frage Frau Staatsministerin Orosz. – Sie möchten sprechen. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich komme noch einmal auf den Ursprung unserer heutigen Debatte zurück, den Antrag der Linksfraktion.PDS. Die Stellungnahme der Staatsregierung vom 20. März 2007 liegt Ihnen vor. Ich möchte noch einiges ergänzen, da es zwischenzeitlich einige Neuigkeiten zur Ratifizierung der UN-Konvention für Menschen mit Behinderung gibt.

Es ist heute zwar bereits angeklungen, aber nehmen Sie es bitte trotzdem noch einmal zur Kenntnis: Die Bundesrepublik Deutschland hat am 30. März 2007 in New York als eines der ersten zehn Länder das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte behinderter Menschen unterzeichnet.

Deutschland wurde durch den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Herrn Franz Thönnes, und durch die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Frau Karin Evers-Meyer, vertreten. Sie wissen das, Herr Wehner.

Im Zusammenhang mit dieser Unterzeichnung haben – gestatten Sie mir bitte, dass ich zitiere – beide dort erklärt: „Nachdem mit der Unterzeichnung der erste Schritt zur Geltung des Übereinkommens in Deutschland gegangen wurde, wird die Bundesregierung das Verfahren zur Ratifizierung so schnell wie möglich einleiten, damit die Regelungen in Deutschland rechtlich verbindlich werden. Eine besondere Rolle kommt der Bundesrepublik im Rahmen der deutschen EU-Präsidentschaft zu.“

Ich glaube, diesem Zitat kann man sich unbesehen anschließen. Selbstverständlich wird sich auch Sachsen im Rahmen der rechtlichen Kompetenzordnung beteiligen,

wenn sich aus dieser Konvention Bedarf zur Änderung bundesrechtlicher Bestimmungen ergibt. Wir können im Moment noch nicht umfassend abschätzen, ob sich daraus Handlungsbedarf auch für das sächsische Landesrecht ergibt. Wenn ja, wird die Staatsregierung selbstverständlich entsprechende Änderungsentwürfe zeitnah erarbeiten, und sie wird dabei natürlich auch frühzeitig den Beauftragten der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen einbeziehen. – So weit zu Ihnen, so weit zum Antrag der Linksfraktion.PDS.

Nun zum Antrag der Koalition. Auch hierzu liegt Ihnen, meine Damen und Herren Abgeordneten, eine schriftliche Stellungnahme der Staatsregierung vor. Gestatten Sie mir deswegen nur noch eine kurze Zusammenfassung.

Das Persönliche Budget ist aus Sicht der Sächsischen Staatsregierung ein wichtiges Instrument, um Menschen mit Behinderungen tatsächlich eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Es ist ganz im Sinn des Sächsischen Integrationsgesetzes und natürlich auch im Sinn unserer teilhabeorientierten Politik für Menschen mit Behinderungen. Die Einführung des trägerübergreifenden Persönlichen Budgets wird im Rahmen eines Bundesmodellprojektes vorbereitet. Das ist heute schon erwähnt worden. Sächsische Rehabilitationsträger haben sich seinerzeit leider nicht für eine Teilnahme an diesem Modellprojekt entschieden.

Mit Beginn des nächsten Jahres besteht ein grundsätzlicher Anspruch auf die Gewährung von Leistungen in Form eines Persönlichen Budgets. Darauf sollte Sachsen vorbereitet sein. Deshalb hat mein Haus den Rehabilitationsträgern das Angebot unterbreitet, in diesem Prozess als Moderator tätig zu sein und eine Plattform für die gesetzlich vorgeschriebenen Abstimmungen zwischen den Trägern zur Verfügung zu stellen.

Im November 2006 wurden alle Rehabilitationsträger zu einem ersten Austausch eingeladen. Dieser Austausch stand unter dem Motto „Selbstbestimmt und individuell – Sachsen auf dem Weg zum Persönlichen Budget“. Dabei wurden die bereits bestehenden Erfahrungen einzelner Leistungsträger ebenso thematisiert wie die Möglichkeiten eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets.

Zu einer zweiten Veranstaltung im Februar dieses Jahres haben sich, Herr Wehner, die Rehabilitationsträger über den Bericht der Bundesregierung und zu den vorläufigen Handlungsempfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation zum Persönlichen Budget ausgetauscht. Es wurden konkrete Probleme thematisiert, die aus Sicht der Reha-Träger bei der Einführung trägerübergreifender Persönlicher Budgets zu erwarten sind.

Mein Haus hat bei dieser Veranstaltung angeregt, einen gemeinsamen Verhandlungsleitfaden für die praktische Arbeit der Reha-Träger zu erstellen. Außerdem haben wir vorgeschlagen, dass sich die Rehabilitationsträger bei der Problematik des trägerübergreifenden Persönlichen Budgets zu einer Kooperation entschließen. Und wir haben vorgeschlagen, die heute schon zitierte gemeinsame Arbeitsgruppe einzurichten.

Diese Anregungen wurden von den Leistungsträgern dankend zur Kenntnis genommen. Selbstverständlich wird mein Haus die Rehabilitationsträger bei den notwendigen Abstimmungen und Vereinbarungen weiter begleitend unterstützen und selbstverständlich werden wir dem Sächsischen Landtag auch gern und zeitnah konkrete Ergebnisse mitteilen.

Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, ist das Sozialministerium selbst kein Rehabilitationsträger und kann insofern bei der Umsetzung der Bundesvorgaben nicht unmittelbar mitwirken. Aber unter fachlichen und behinderungspolitischen Gesichtspunkten sind wir natürlich sehr daran interessiert, dass die ergänzenden Möglichkeiten der Gewährung von Leistungen zur Teilhabe in Form eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets in Sachsen zeitgerecht und so gut wie möglich zum Laufen kommen.

Ich möchte Sie deshalb bitten, im Rahmen Ihrer Möglichkeiten bei den Rehabilitationsträgern und bei den zugehörigen Verwaltungsgremien für die Einführung dieses trägerübergreifenden Persönlichen Budgets zu werben und damit sichtbar für diese Form der selbstbestimmten Hilfegestaltung für Menschen mit Behinderungen aktiv einzutreten.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP sowie des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Wir kommen zu den Schlussworten. Es beginnt die Linksfraktion.PDS. Herr Abg. Wehner, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie werden jetzt vielleicht etwas überrascht sein. Frau Staatsministerin Orosz ist in ihrem heutigen Redebeitrag auf unseren Antrag eingegangen und hat erklärt: Für den Fall, dass es Änderungsbedarf gibt, wird dieser auch auf den Weg gebracht werden. – Nichts anderes haben wir gewollt. Wir kennen die Frau Staatsministerin als eine Frau, die man ernst nehmen kann bei den Worten, die sie verkündet. Um Ihnen von der Koalition die Peinlichkeit zu ersparen, hier anders abzustimmen und unseren Antrag abzulehnen, erkläre ich den Antrag damit für erledigt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Vielen Dank. – Somit kommen wir zum Schlusswort der Koalitionsfraktionen. Frau Nicolaus.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass Sie, Herr Wehner, den Antrag für erledigt erklären.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das glaube ich!)

Wir werden natürlich an diesem Thema dranbleiben. Wir sind in der Sache nahe beieinander. Das habe ich Ihnen vorhin schon gesagt.

Hinsichtlich des Antrags der Koalition möchte ich es jetzt ganz kurz machen. Wir sind auf dem Weg, wir sind auf einem guten Weg, der straff gepflastert ist.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Wichtig ist das Ziel!)

Wir möchten mit diesem Antrag das Persönliche Budget für die Menschen mit Behinderungen noch einmal unterstützen und natürlich alle Träger aufrufen, hier mitzutun, wie es die Ministerin gerade ausgeführt hat, um den Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. – Ganz herzlichen Dank. Jetzt bitte ich Sie um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsministerin Helma Orosz)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung.

Auf Wunsch und Antrag der Linksfraktion.PDS wurde die Drucksache 4/8044 für erledigt erklärt.

Deshalb stimmen wir lediglich über den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drucksache 4/7001 ab. Ich bitte Sie bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dieser Antrag einstimmig beschlossen worden und wir können diesen Tagesordnungspunkt beenden.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 4

Bundesweites Korruptionsregister

Drucksache 4/8181, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Korruption beim Bau von Bundesautobahnen in Sachsen – Verwicklung von Behörden des Freistaates in die Skandale

Drucksache 4/7936, Antrag der Linksfraktion.PDS

Initiative für ein bundesweites Korruptionsregister ergreifen

Drucksache 4/7846, Antrag der Fraktion der FDP

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, SPD, Linksfraktion.PDS, FDP, NPD, GRÜNE und die Staatsregierung.

Ich erteile der CDU-Fraktion bzw. der SPD-Fraktion das Wort. Für die Koalition spricht Herr Schiemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unbestechlichkeit gehört zu den Grundfesten unserer Gesellschaft und ist Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens. Durch Korruption wird diese Funktionsfähigkeit bedroht. Korruption verletzt Grundwerte des sozialen und demokratischen Rechtsstaates, blockiert Entwicklung und Innovation und führt zu einem Verlust des Vertrauens in die Integrität und Rechtmäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit von staatlichem Verwaltungshandeln, aber auch von Handeln der Wirtschaft.