Protokoll der Sitzung vom 08.06.2007

Umso erfreulicher klingen heute die neuesten Nachrichten vom G8-Gipfel. Das ist wohl das eigentlich Aktuelle an der heutigen Debatte, aber das Thema ist natürlich wichtig.

(Zuruf des Abg. Rolf Seidel, CDU)

Wichtig ist insbesondere, sich auf die Klimaveränderungen einzustellen. Das gilt für den Wald als komplexes Ökosystem in besonderem Maße.

Meine Damen und Herren! Wald ist von essenzieller Bedeutung für viele Bereiche. Er ist Erholungsort für stressgeplagte Stadtbewohner, Lebensraum für Flora und Fauna, ein übrigens oft unterschätzter Wirtschaftsfaktor und er erfüllt zum Beispiel Funktionen beim Hochwasserschutz. Für das heutige Thema ist besonders seine Fähigkeit von Bedeutung, den Klimawandel zu bremsen. Wald ist ein riesiger Kohlendioxidspeicher. Durch sein Wachstum nimmt er Kohlendioxid aus der Luft auf und bindet es langfristig in seiner Biomasse und im Boden.

Holz als nachwachsender Rohstoff wird aber immer mehr auch für die Nutzung als erneuerbare Energiequelle vorgesehen. Auch das trägt zum Klimaschutz bei, denn dann wird fossile Energie eingespart. Biomasse kann nur so viel CO2 abgeben, wie sie gespeichert hat. Aber: Klimaneutralität haben wir nur dann, wenn zwischen der Nutzung von Holz und der Speicherung von CO2 ein ausgewogenes Verhältnis hergestellt werden kann.

Die Folgen, die der Klimawandel für den sächsischen Wald haben wird, sind schon jetzt absehbar. Ich möchte einmal vier Punkte benennen:

1. Heimische Baumarten werden verschwinden;

2. Wassermangel wird sich verstärken;

3. Vegetationszonen verschieben sich nach Norden;

4. Wetterextreme werden zunehmen.

Welche Strategie hat Sachsen bisher verfolgt, um den Wald fit für das Klima zu machen? Der Waldumbau ist hier an erster Stelle zu nennen. Die sächsischen Forste

sind immer noch weit von stabilen naturnahen Wäldern entfernt. Es herrschen die Nadelhölzer Kiefer und Fichte vor. Seit 1994 wurden deshalb in den sächsischen Wäldern jedes Jahr 900 Hektar Wald umgebaut. Der Umbau erfolgte vor allem durch das Pflanzen von Bäumen, die wärmeangepasster und trockenheitstoleranter sind. Ziel ist es, durch die Erhöhung des Laubholzanteils zu Mischbeständen zu kommen, die eine Waldnutzung auch dann zulassen, wenn der Klimawandel in der erwarteten Härte zuschlägt.

Allerdings ist fraglich, ob diese Sichtweise noch den aktuellen Notwendigkeiten entspricht; denn die Beschleunigung des Klimawandels macht einen beschleunigten Umbau der bestehenden Wälder notwendig.

Der Waldumbau hinkt also der aktuellen Entwicklung hinterher und es bedarf erhöhter Anstrengungen, hier aufzuholen.

Bitte zum Schluss kommen.

Meine Damen und Herren, um den Wald in Sachsen bestmöglich auf die Klimaveränderungen vorzubereiten, muss die Wissenschaft kleinräumig besser und genauer prognostizieren, wie sich die Bedingungen für den Wald verändern. Ich glaube aber, da ist Sachsen dran. Das erhöht die Planungssicherheit und macht für den Forstwirt die Entscheidung, welchen Baum er heute pflanzen soll, sicherer.

Frau Dr. Deicke, bitte den Schlusssatz!

Gut. – Der Forstwirt muss heute wissen, welchen Baum er in 30 Jahren pflanzen kann.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Thomas Schmidt, CDU)

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort; Herr Dr. Müller, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der voranschreitende Klimawandel und die Prognosen für die Zukunft sind für die Bewirtschaftung der Wälder zweifellos von erheblicher Bedeutung und stellen die gesamte Forstwirtschaft vor eine immense Aufgabe. Weil bei der Anbauplanung in der Forstwirtschaft lange Zeiträume von mehreren Jahrzehnten betrachtet werden müssen, besteht die größte Herausforderung im Moment darin, Handlungskonzepte zu entwickeln, die den Wald bei allen potenziell eintretenden Entwicklungen stabil und ertragreich halten.

Dieser Aufgabe müssen sich die Forstwirtschaft und natürlich auch die Politik annehmen, um jetzt die Weichen für die Zukunft zu stellen.

Die Auswirkungen der Klimaveränderung auf den Wald und die Wirksamkeit der jetzt ergriffenen oder auch nicht ergriffenen Maßnahmen werden aber letztendlich erst die

nachfolgenden Generationen abschließend beurteilen können.

Unbestritten ist jedoch, dass der Waldumbau schneller erfolgen muss, als dies bisher der Fall war. Die mittelfristige Verjüngungsplanung sieht für den Landeswald eine Gesamtfläche des Waldumbaus von 775 Hektar pro Jahr vor. Dies ist eindeutig zu wenig, um den Herausforderungen der Klimaveränderung allein auf 200 000 Hektar Landeswald in einem überschaubaren Zeitraum gerecht zu werden.

Wichtig ist auch, dass der Waldumbau bei allen Waldeigentumsformen gleichermaßen vorangetrieben wird. Der hohe Anteil an Privatwald in Sachsen, der durch eine starke Besitzzersplitterung gekennzeichnet ist, erfordert dabei besonderes Augenmerk. Gerade aus diesem Grund sind die im Zuge der Verwaltungs- und Funktionalreform geplante Zerschlagung des Staatsbetriebes Sachsenforst und die damit verbundene Kommunalisierung forstlicher Aufgaben höchst kontraproduktiv.

Wir von der NPD-Fraktion hatten in unserem Antrag zum Erhalt des Sachsenforstes im Juni vergangenen Jahres bereits darauf hingewiesen. Die fachliche Beratung und die Unterstützung der privaten Waldbesitzer in Bezug auf notwendige Waldumbaumaßnahmen werden die Landkreise in der bisherigen Qualität und im bisherigen Umfang nicht leisten können. Die nachhaltige Bewirtschaftung und Entwicklung der Wälder bedarf einer umfassenden Fachkenntnis und einer langfristigen Planung, um den langen Entwicklungszeiträumen im Ökosystem Wald Rechnung tragen zu können.

Das können Privatwaldbesitzer allein erfahrungsgemäß schwer leisten. Viele Privatleute ziehen sich sogar ganz aus der Bewirtschaftung ihres Besitzes zurück. Das führt dazu, dass dort ein Umbau hin zu klimastabilem Wald gar nicht erst erfolgen kann.

Die Zerschlagung des Staatsbetriebes Sachsenforst würde die gleichwertige Waldbewirtschaftung in allen Waldbesitzarten zukünftig weiter erschweren. Das kann keinesfalls das Ziel einer verantwortungsvollen Landespolitik sein und wir werden als Nationaldemokraten diesem Vorhaben auch weiterhin vehement widersprechen.

Negative Folgen der Zerschlagung von Sachsenforst werden auch im Bereich der Mobilisierung von Holz sichtbar werden. Der Holzeinschlag bleibt besonders im Privatwald noch hinter dem jährlichen Zuwachs zurück. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die verstärkte Nutzung von einheimischem Holz eine der einfachsten und günstigsten Anpassungsstrategien an den Klimawandel darstellt. Zum einen sind jüngere Bestände durch natürliche Selektion und eine deutlich bessere Adaptionsfähigkeit eher in der Lage, sich an Klimaveränderungen anzupassen; zum anderen sind die finanziellen Erlöse der Forstwirtschaft aus dem Holzverkauf die Grundlage, um den Waldumbau und die Anpassung an die Zukunft finanzieren zu können.

Stürme wie zuletzt der Orkan Kyrill, aber auch anhaltende Trockenperioden werden sich angesichts der Klimaprognosen in Zukunft häufen. Die Anpassung der Waldbestände an längere Trockenperioden und wärmere Standorte wird dabei eine der Hauptaufgaben beim Waldumbau bleiben.

Speziell möchte ich dabei auf die Probleme in FFH- und anderen Schutzgebieten eingehen. Gerade dort gibt es immer noch erhebliche Konflikte bei Waldumbaumaßnahmen, weil einzelne Arten vom Anbau ausgeschlossen werden. Douglasien und Roteichen seien dabei nur als Beispiel genannt. Es ist die Aufgabe der Staatsregierung, hier für klare Verhältnisse zu sorgen.

Die wesentlichste Aufgabe der Staatsregierung liegt aber darin, die Ziele und Grundsätze der Waldbewirtschaftung in Sachsen noch stärker an die Erfordernisse der Klimaveränderung anzupassen. Dies gilt auch für das Selbstverständnis der Forstwirtschaft. Begriffe wie Umtriebszeit und Altersklasse werden bei fortschreitendem Waldumbau in den Hintergrund treten müssen, weil sie auf naturnahe stabile Mischwälder mit breiter Altersstruktur nicht mehr anwendbar sind.

Dass der Waldumbau lange Zeiträume erfordert und die Aufgabe mehrerer Generationen sein wird, ist unbestritten. Die Aktivitäten dazu müssen aber schon heute deutlich intensiviert werden, damit wir den zukünftigen Generationen einen stabilen und ertragreichen Wald hinterlassen können.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort; Herr Günther, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich zum fachlichen Teil meiner Rede komme, noch einmal kurz zum Titel der Debatte: „Der sächsische Wald im Klimawandel“. Der sächsische Wald war schon immer dem Klimawandel ausgesetzt – schon immer, selbst bevor der Wald in diesem Gebiet noch nicht einmal sächsischer Wald war.

(Beifall bei der FDP – Heinz Eggert, CDU: Sehr richtig!)

Klimawandel gab es schon immer, nur dass jetzt der Mensch hinzufügt und ihn beschleunigt. Der sächsische Wald wurde seit Hunderten von Jahren von Menschen geprägt. Zum Beispiel wurde der erzgebirgische Wald durch den Bergbau und das Glashüttenwesen im Mittelalter fast gänzlich abgeholzt und dann mit der Fichtenmonokultur aufgeforstet.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Natürlich.

Bitte schön, Frau Herrmann.

Geben Sie mir recht, Herr Günther, dass das Aktuelle am Klimawandel gerade ist, dass durch die kurzfristigen Veränderungen ein Ökosystem wie der Wald sich eben nicht anpassen kann, wie es bei den Veränderungen, die in der Vergangenheit über längere Zeiträume stattgefunden haben, sicher leichter möglich war?

Es ist schon eine ziemlich neue Erkenntnis, dass der warme Winter und der heiße Sommer in diesem Jahr zu der Aktuellen Debatte beitragen, die Sie hier beantragt haben. Aber ob aufgrund einer Aktuellen Debatte, die wir jetzt hier führen, der sächsische Wald sofort gerettet werden kann, das bezweifle ich.

Nun möchte ich auf das Fachliche zurückkommen. Nur gesunde und stabile Mischwälder bieten die Garantie, dass in Sachsen der Wald seinen vielfältigen Aufgaben, zum Beispiel als CO2-Senker, Wasserspeicher, für Bodenschutz, im Freizeitbereich und nicht zuletzt und ganz maßgeblich als Holzproduzent, was ich sehr begrüße, weiter erfüllen kann. Wir brauchen gelebte Nachhaltigkeit im Wald. Wir wissen seit 120 Jahren, dass der Umbau unserer Wälder notwendig ist. Seit 120 Jahren! Es hat immer wieder neue Ansätze gegeben, die oft an einseitigen Interessen gescheitert sind, sodass in der Vergangenheit immer wieder viele instabile Monokulturen aus Fichten und Kiefern entstanden.

Die guten Ansätze des Waldumbaus in den Neunzigerjahren sind beispielsweise durch die Ausgestaltung des Jagdgesetzes und die größer werdenden Forstreviere wieder zum Erliegen gekommen. Es wird zukünftig auch von entscheidender Bedeutung sein, ob in den sächsischen Wäldern eine standortgemäße Verjüngung mit einem großen Anteil von Laubbäumen stattfindet.

Der derzeitig geringe Erfolg des Umbaus zeigt sich nach Meinung von Forstfachleuten in den großen Verbissraten, vor allem bei Laubbäumen und Tannen, die fast schon wieder so hoch sind, wie vor 20 Jahren. Viele Verbissschäden können im Moment im sächsischen Wald gar nicht mehr gezählt werden, denn die Wildtiere reißen die kleinen Pflanzen im Ganzen raus, sodass sie in der Verbisszählung nicht vorkommen.

Deshalb muss die Jagd ihren gesamtgesellschaftlichen Verpflichtungen nachkommen und mit dafür sorgen, dass die Waldverjüngung mit standortgerechten Bäumen möglich wird. Dieses für die Klimavorsorge so wichtige Ziel wird heute nach Auskunft der Fachleute ohne schützenden Zaun um die sächsischen Jungwälder nicht mehr erreicht. Stichwort: Wald hinter Gittern. Waldverjüngung mit Einzäunung erfordert Investitionen von circa 7 000 Euro pro Hektar, bis sie als gesichert angesehen werden kann. Dabei muss man wissen, dass in der Vergangenheit auch der Zaunbau gefördert wurde und somit wenig Veranlassung bestand, die Wilddichte ernsthaft zu reduzieren.

Die Jagdpachtverträge müssen zukünftig so gestaltet werden, dass der heimische Jungwald in befriedigender