Protokoll der Sitzung vom 04.07.2007

(Beifall des Abg. Tino Günther, FDP)

In der Debatte zum Jahresbericht 2005 hat das Thema hier schon einmal eine Rolle gespielt. Der Petitionsausschuss hatte in dieser Hinsicht geplant, im letzten Jahr eine Reise nach Schottland zu unternehmen, um insbesondere das dort maßgeblich entwickelte Modell der öffentlichen Petition zu studieren. Leider ist diese Reise nicht wie geplant zustande gekommen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Geld?)

Was allerdings nicht bedeutet, dass das Thema damit vom Tisch sei, sondern eher im Gegenteil.

Der Deutsche Bundestag, meine Damen und Herren, nutzt seit geraumer Zeit erfolgreich die Möglichkeiten der neuen Medien. Seit dem 1. September 2005 besteht dort die Gelegenheit, Petitionen per E-Mail durch Nutzung eines im Internet abrufbaren Formulars einzureichen. Auch wir werden mit der planmäßig anstehenden Erneuerung des Internetauftritts des Sächsischen Landtags im

kommenden Jahr die technischen Voraussetzungen schaffen, um künftig eben auch in Sachsen E-Mail-Petitionen nach dem Vorbild des Bundes zu ermöglichen. Hierzu besteht fraktionsübergreifend in diesem Hohen Hause Einigkeit.

Der Deutsche Bundestag bietet auch im Rahmen eines Modellversuchs die Möglichkeit, öffentliche Petitionen einzureichen. Die Petitionen werden dabei im Einverständnis mit den Petentinnen und Petenten und nach Maßgabe des Persönlichkeitsschutzes in das Internet eingestellt. Danach hat jedermann die Möglichkeit, diese Petitionen zu unterstützen, indem er sie über ein WebFormular mitzeichnet. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, einen Kommentar zu den Petitionen abzugeben, wofür wiederum eine eigene Diskussionsplattform im Internet zur Verfügung steht.

Das, meine Damen und Herren, ist zeitgemäße Bürgerbeteiligung und nicht zuletzt auch ein wirksames Instrument zur Stärkung der repräsentativen Demokratie.

In der letzten Woche – diese Information will ich Ihnen nicht vorenthalten – haben sich die Petitionsobleute der SPD-Bundestagsfraktion und der SPD-Fraktionen der Landesparlamente zu einer Konferenz getroffen. Im Ergebnis dieser Konferenz haben wir uns insbesondere auch aufgrund der überaus positiven Resonanz dafür ausgesprochen, diesen Modellversuch des Bundestages auf die Länderparlamente zu übertragen.

Ich würde mich freuen, wenn wir in Sachsen diese Entwicklung mit begleiten würden und die Innovationen, welche damit verbunden sind, mit breiter Mehrheit – vielleicht sogar noch im Laufe dieser Legislaturperiode – umsetzen.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch kurz auf ein Thema eingehen, das ebenfalls schwerpunktmäßig auf der von mir erwähnten Konferenz letzte Woche diskutiert wurde. Es ist das Thema Petitionsrecht von Kindern und Jugendlichen. Die Diskussion stand unter dem Motto „Auch Kleine haben große Anliegen“. Dabei ist festgestellt worden, dass diesem Thema in der praktischen Arbeit zu wenig Bedeutung zukommt. Genau das soll sich ändern. Wir wissen, das Petitionsrecht gilt für jedermann, also auch für Kinder und Jugendliche.

Jetzt stellen Sie sich vor, Sie sind ein Kind, das auf seine Eingabe hin einen Petitionsbericht zugeschickt bekommt, der in der üblichen Verwaltungssprache gespickt mit juristischen Fachbegriffen abgefasst ist. Sie werden wohl, ohne jemanden zu finden, der Ihnen das kindgerecht übersetzt, wenig damit anfangen können.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Ein Motiv, Jura zu studieren!)

Eine kindgerechte Ansprache findet in der Regel nicht statt. Das ist aber eine Hürde, die man aus meiner Sicht abbauen kann.

Die „Sendung mit der Maus“, die sicherlich jeder kennt, ist ein gutes Vorbild. Denn genau dort, in dieser Sendung

werden Lebenssachverhalte so erklärt, dass auch ein Kind sie versteht.

Warum soll eine derart kindgerechte Ansprache nicht auch bei Petitionen möglich sein? Das ist eine Frage, die ich hier einfach einmal in den Raum stellen will und bei der ich dazu aufrufen möchte, sich darüber Gedanken zu machen. Es soll heute nicht mehr als ein Denkanstoß sein. Ich würde mich aber freuen, wenn wir uns im Ausschuss zu gegebener Zeit diesem Thema widmen könnten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und des Abg. Tino Günther, FDP)

Die NPD-Fraktion erhält das Wort. Frau Schüßler, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist eine schöne Tradition, dass bei der Vorstellung des Jahresberichtes die Obleute der Fraktionen noch einige Worte sagen. Ich mache das ausgesprochen gern.

Der Petitionsausschuss ist ja der Ausschuss, an den sich die Bürger direkt mit ihren Anliegen, Bitten oder Beschwerden an die Politik wenden können. Diese Möglichkeit, die auch in der Sächsischen Verfassung verankert ist, wird von den Bürgern wieder zunehmend in Anspruch genommen. Gegenüber dem Jahr 2005 mit insgesamt 840 Petitionen hatten wir im vergangenen Jahr 926 zu bearbeiten.

Die Übersicht ist im Bericht auf Seite 17 dargestellt. Ich möchte das nicht im Einzelnen vortragen – es ist auch schon oft genug darüber gesprochen worden –, sondern die Abgeordneten dieses Hauses, die sächsischen Volksvertreter also, lieber auffordern, den Bericht selbst durchzulesen, und zwar gründlich. Denn hier kann man auf direktem Weg erfahren, was die Bürger im Freistaat bewegt. Schulschließungen, die Abschaffung des Astronomieunterrichts, Hartz-IV-Themen, aber auch das immergrüne Thema der Rundfunkgebühren waren die Schwerpunkte in diesem Jahr.

Der Aufbau des Berichtes ist insgesamt sehr übersichtlich gestaltet mit vielen Grafiken und sorgfältigen Erklärungen. Ein wenig gewundert hat mich allerdings, dass auf der Rückseite ein Plenarfoto aus der 3. Legislatur zu finden ist. War denn wirklich kein aktuelleres da? Eines, auf dem alle Fraktionen zu sehen sind? Das wäre aber auch wirklich die einzige Kritik, die ich anbringen kann.

Ein Lob hingegen hat auch in diesem Jahr die Ausschussvorsitzende, die Frau Abg. Simon, für ihre kompetente und unparteiische Arbeit verdient. Wie ich bereits im letzten Jahr an dieser Stelle gesagt habe: Im Petitionsausschuss werden parteipolitische und ideologische Grenzen weitgehend zurückgestellt, um im Interesse der Bürger zu entscheiden. Frau Simon hat an dieser konstruktiven Arbeitsatmosphäre einen entscheidenden Anteil, und deshalb mein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der NPD)

Natürlich muss auch die Arbeit des Petitionsdienstes unter Leitung des Herrn Scholz erwähnt werden, der im Hintergrund fachkompetent und ungeheuer fleißig den Abgeordneten zuarbeitet.

Meine Damen und Herren! Der Jahresbericht liegt Ihnen allen vor. Ich kann Ihnen nur empfehlen, ihn mit aller Geduld und Aufmerksamkeit zu lesen. Sie finden – ich sagte es schon – in diesem Bericht wie in keiner anderen Drucksache dieses Hauses Sorgen und Nöte unserer Mitbürger in komprimierter Form. Das reicht vom Empfinden einer Behördenungerechtigkeit bis hin zu essenziellen Fragen, die unser Verständnis vom Rechtsstaat berühren. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass jeder hier im Haus diese Sorgen zur Kenntnis nimmt.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Günther, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Was lange währt, wird gut – so auch die langen Bemühungen der Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Frau Simon. Nun ist es ihr tatsächlich gelungen, den Bericht des Petitionsausschusses am ersten Plenartag auf die Tagesordnung setzen zu lassen.

(Beifall bei der FDP, der Linksfraktion, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

In meinem Redemanuskript, das ich vorher ausgearbeitet hatte, stand noch drin: noch vor dem Mittagessen. Leider haben die Diskussionen heute früh dafür gesorgt, dass wir das nach hinten schieben mussten.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Dank auch von mir an das Präsidium und an die PGFs, die dafür gesorgt haben. Es ist für die Arbeit der Berichterstatter und des Petitionsdienstes eine Wertschätzung.

(Beifall bei der FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich ein Zitat von Cicero bringen: „Der Staatsdienst muss zum Nutzen derer geführt werden, die ihm anvertraut werden, nicht zum Nutzen derer, denen er anvertraut ist.“ Das gilt nach 2 000 Jahren noch immer oder erst recht. 40 227 Bürgerinnen und Bürger haben sich mit ihrer Unterschrift unter einer Petition mit Bitten, Beschwerden oder Ersuchen an den Sächsischen Landtag gewandt – 40 227 Bürgerinnen und Bürger, die sich mit ihren ganz persönlichen Problemen, mit Problemen im unmittelbaren Umfeld, in den Kommunen, Institutionen und Vereinen an den Petitionsdienst wenden, weil sie sich eben durch den Staatsdienst nicht recht behandelt fühlen.

2006 gingen in Sachsen beim Referat Petitionsdienst 1 243 Schreiben ein, von denen es sich bei 926 um

Petitionen handelte. Dies ist wiederum ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Sächsische Bürgerinnen und Bürger haben erkannt, dass sie mit ihren Petitionen auf die Politik einwirken können und müssen. Gründe für das gestiegene Bedürfnis nach Mitsprache in öffentlichen Dingen gibt es in Sachsen schließlich genug.

Deutlich wird das besonders an den Petitionen, in denen sich die Bürgerinnen und Bürger gegen die Schließung ihrer Schule wenden. Diese Menschen sehen für ihren Ort, ihre Gemeinde oder ihre Stadt nicht nur den Verlust der Schule. Sie sehen die Verschwendung von Steuergeldern, wenn sanierte Schulen geschlossen werden. Sie sehen, dass mit der Schließung der Schule auch ein Stück Vereinsleben, Kultur und Zusammenhalt in der Gemeinschaft stirbt. Allein 117 Petitionen von 926 – also reichlich 12,6 % – hatten dieses Problem zum Thema.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört!)

Auf einem weiteren Gebiet – nämlich wenn es um Gebühren geht, wovon die Sachsen unmittelbar betroffen sind – nutzen sie ihre direktdemokratischen Entscheidungschancen und wenden sich mit Petitionen gegen die Erhöhung der Strompreise, der Preise für Wasser und Abwasser und auch recht deutlich gegen die GEZ-Gebühren. Diese sind meiner Meinung nach so ungerecht, dass ich als Politiker dies nicht erklären und der Verbraucher es erst recht nicht verstehen kann.

Noch intensiver als aus den Petitionen heraus kann man nicht erfahren, wie sich Gesetze auf den Bürger auswirken. „Seismograf des Parlaments“ nennt sich deshalb auch der Petitionsausschuss des Bundestages.

Wie es vorhin schon Kollege Bräunig angesprochen hat, müssen wir hier in Sachsen selbstverständlich dafür sorgen, dass Petitionen per E-Mail – mit dem modernen Medium – an den Sächsischen Landtag herangetragen werden können. Es kann ja wohl nicht wahr sein: Seit 2004 – seit meiner Wahl in den Petitionsausschuss – reden wir über die Möglichkeit der E-Mail! Im normalen Leben, in der Wirtschaft hier in Sachsen, sind E-Mails etwas ganz Normales. Warum sollten wir im Petitionsausschuss diese Möglichkeit nicht nutzen? Ich bin deshalb dankbar, dass wir 2008 die Möglichkeit schaffen werden, eine Petition per E-Mail einreichen zu können.

(Beifall des Abg. Enrico Bräunig, SPD)

Die Bearbeitung der Petitionen braucht sehr viel Zeit für Erkenntnisgewinn und Recherche. Dies sollte aus meiner Sicht am Willen des Petenten orientiert sein.

Herr Günther, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wo und wie?

Von Frau Pfeiffer.